Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 744,43 EUR (darin 124,07 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Der Antrag der klagenden Partei auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens wird zurückgewiesen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist Trägerin des Internationalen Schiedsgerichts der Wirtschaftskammer Österreich. Der Kläger war in einem dort geführten Verfahren als Schiedsrichter tätig geworden und hatte aus Vorschüssen der Parteien ein vom Generalsekretär des Schiedsgerichts festgesetztes Honorar erhalten. Im vorliegenden Verfahren streiten die Parteien über die Frage, ob die Beklagte zu einer weiteren Zahlung verpflichtet ist.
Grundlage für die Tätigkeit des Klägers war die Schiedsordnung der Beklagten („Wiener Regeln“, idF WR). Sie enthält keine ausdrückliche Regelung der Frage, ob der Honoraranspruch des Schiedsrichters gegenüber den Parteien oder gegenüber der Trägerin des Schiedsgerichts besteht. Art 1 WR („Die Institution“) lautet auszugsweise wie folgt:
(1) Das Internationale Schiedsgericht der Wirtschaftskammer Österreich in Wien (Wiener Internationales Schiedsgericht, im folgenden „Schiedsgericht" genannt) trägt Vorsorge für die schiedsgerichtliche Erledigung von Streitigkeiten, bei denen nicht alle Vertragsparteien, welche die Schiedsvereinbarung geschlossen haben, zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung ihren Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatten [...].
(2) Haben die Parteien die Zuständigkeit des Schiedsgerichts vereinbart, so gilt damit die Anwendung dieser Schiedsordnung (im folgenden „Wiener Regeln") in der bei Einleitung des Schiedsverfahrens geltenden Fassung als vereinbart. [...]
Regelungen zur Bestellung der Schiedsrichter enthalten die Art 7 und 14 WR. Sie lauten auszugsweise wie folgt:
Art 7. (1) Den Parteien steht die Bestimmung der Schiedsrichter frei. Schiedsrichter kann ‑ ungeachtet der Staatsbürgerschaft ‑ jede geschäftsfähige Person sein, soweit die Parteien keine besonderen zusätzlichen Qualifikationserfordernisse vereinbart haben. [...]
Art 14. (1) Die Parteien können vereinbaren, dass ihr Rechtsstreit von einem Schiedsrichter oder von einem aus drei Schiedsrichtern bestehenden Schiedsrichtersenat entschieden werden soll.
(2) Liegt eine solche Vereinbarung nicht vor und einigen sich die Parteien nicht auf die Zahl der Schiedsrichter, so bestimmt das Präsidium, ob der Rechtsstreit von einem Schiedsrichter oder einem Schiedsrichtersenat zu entscheiden ist. Hiebei berücksichtigt das Präsidium insbesondere die Schwierigkeit des Falles, die Höhe des Streitwertes und das Interesse der Parteien an einer raschen und kostengünstigen Entscheidung.
(3) Die Entscheidung des Präsidiums nach Abs 2 wird den Parteien mit der Aufforderung mitgeteilt, sich in den Fällen, in denen auf ein Verfahren vor einem Schiedsrichter entschieden wurde, binnen 30 Tagen ab Zustellung der Aufforderung auf einen Schiedsrichter zu einigen und dessen Namen und Adresse bekannt zu geben. Erfolgt innerhalb dieser Frist keine solche Mitteilung, so wird der Schiedsrichter vom Präsidium bestellt. [...]
Im konkreten Fall hatten sich die Parteien des Schiedsverfahrens auf den Kläger als Schiedsrichter geeinigt und dies der Beklagten mitgeteilt. Diese übermittelte dem Kläger folgende Erklärung, die er unterfertigte:
„Ich bin bereit, als Schiedsrichter nach den Bestimmungen der Schiedsordnung des internationalen Schiedsgerichts der Wirtschaftskammer Österreich (Wiener Regeln) vom 1. Juli 2006 tätig zu werden und unterwerfe mich den Bestimmungen dieser Schiedsordnung. Den Leitfaden für Schiedsrichter nehme ich zur Kenntnis. […]
Ich nehme zur Kenntnis, dass die Festsetzung des Kostenvorschusses und die Bestimmung der Honorare der Schiedsrichter und der sonstigen Kosten des Verfahrens ausschließlich durch den Sekretär des Schiedsgerichts gemäß Art 34 und 36 der Schiedsordnung erfolgen, und ich anerkenne dessen Entscheidung als für mich bindend.
Ich nehme zur Kenntnis, dass keine Maßnahmen mit finanziellen Auswirkungen, wie etwa die Entsendung von Experten, verfügt werden dürfen, bevor die erforderliche Deckung vorhanden ist.“
Die in der Erklärung genannten Kostenregeln lauten auszugsweise wie folgt:
Art 34. (1) Die Schiedsgerichtskosten werden vom Generalsekretär am Ende des Verfahrens bestimmt.
(2) Der Generalsekretär setzt den Kostenvorschuss für die voraussichtlichen Schiedsgerichtskosten fest. Dieser ist vor Übergabe der Unterlagen zum Fall an den Schiedsrichter (Schiedsrichtersenat) von den Parteien binnen 30 Tagen ab Zustellung der Aufforderung zu gleichen Teilen zu erlegen.
(3) Langt der auf den Kläger (Widerkläger) entfallende Anteil trotz Nachfristsetzung nicht innerhalb der gesetzten Frist ein, so wird die Klage (Widerklage) nicht weiter behandelt. Der Generalsekretär hat dies den Parteien mitzuteilen.
(4) Langt der auf den Beklagten (Widerbeklagten) entfallende Anteil nicht innerhalb der gesetzten Frist ein, so teilt der Generalsekretär dies dem Kläger (Widerkläger) mit und fordert ihn auf, den fehlenden Teil des Vorschusses binnen 30 Tagen ab Erhalt der Aufforderung zu bezahlen. Langt dieser Betrag nicht innerhalb der gesetzten Frist ein, so wird die Klage (Widerklage) nicht weiter behandelt. Der Generalsekretär hat dies den Parteien mitzuteilen.
(5) Wird im Laufe des Verfahrens wegen einer Erhöhung des Streitwertes eine Erhöhung des Kostenvorschusses erforderlich, so ist analog den Bestimmungen der Abs 2 bis 4 vorzugehen. Bis zum Erlag des zusätzlichen Vorschusses ist die Klagsausdehnung, die zur Erhöhung des Streitwertes geführt hat, im Schiedsverfahren nicht zu berücksichtigen. [...]
Art 36. (1) Die Verwaltungskosten des Schiedsgerichts und die Schiedsrichterhonorare werden aufgrund des Streitwertes nach der Tabelle der Verfahrenskosten (Anhang 1) berechnet. Bei vorzeitiger Beendigung des Verfahrens kann der Generalsekretär die Schiedsrichterhonorare entsprechend dem Verfahrensstand nach billigem Ermessen ermäßigen. [...]
(3) Für Forderungen, die im Wege der Aufrechnung gegen Klagsansprüche eingewendet werden (Gegenforderungen) und die mit den Klagsansprüchen (Hauptforderungen) in keinem rechtlichen oder tatsächlichen Zusammenhang stehen, sind so wie für Widerklagen die gesondert berechneten Schiedsgerichtskosten zu entrichten. Für die Vorschreibung von Kostenvorschüssen ist Art 34 sinngemäß anzuwenden. Bis zum vollständigen Erlag der zusätzlichen Kostenvor-schüsse sind die Gegenforderungen im Verfahren über die Hauptforderungen nicht zu behandeln. [...]
(7) Die in der Tabelle für Schiedsrichterhonorare angegebenen Sätze vergüten auch alle Teil- und Zwischenentscheidungen, wie z.B. Schieds-sprüche über die Zuständigkeit, Teilschieds-sprüche, Entscheidungen über die Ablehnung von Sachverständigen, Anordnung sichernder und vorläufiger Maßnahmen, sonstige Entscheidungen und verfahrensleitende Verfügungen. […]
Die Tabelle im Anhang zur Schiedsordnung enthält streitwertabhängige Pauschalhonorare.
Im Schiedsverfahren forderte die in Österreich ansässige Schiedsklägerin 71.003,48 EUR aus einem mit der Schiedsbeklagten ‑ einem in England ansässigen Unternehmen ‑ geschlossenen Vertrag. Über Aufforderung des Generalsekretärs erlegten die Schiedsparteien Kostenvorschüsse von insgesamt 11.000 EUR, daraufhin wurde der Akt dem Kläger übermittelt. In weiterer Folge focht die Schiedsbeklagte den der Klage zugrunde liegenden Vertrag einredeweise an und wandte eine nicht konnexe Gegenforderung in Höhe der Klageforderung ein. Nach mehrfachen Interventionen durch den Kläger stellte der Generalsekretär den Gesamtstreitwert mit 342.006,96 EUR fest (71.003,46 EUR Klageforderung; 200.000 EUR Einrede der Irrtumsanfechtung; 71.003,46 EUR Gegenforderung) und ersuchte die Schiedsparteien auf dieser Grundlage um ergänzende Vorschüsse von insgesamt 13.000 EUR. Diesem Verlangen kamen die Schiedsparteien nicht nach, sondern teilten noch vor Durchführung der ersten Verhandlung mit, von der Fortsetzung des Schiedsverfahrens Abstand zu nehmen. In weiterer Folge bemaß der Generalsekretär das Honorar des Klägers mit 1.874,49 EUR. Grundlage dafür war jener Betrag, der sich nach dem Anhang der Schiedsordnung als Pauschalhonorar für den (ursprünglichen) Streitwert ergeben hätte (4.260,21 EUR); diesen kürzte der Generalsekretär wegen der vorzeitigen Beendigung des Verfahrens auf 40 % (1.704,08 EUR). Dazu kamen 20 % Umsatzsteuer aus der Hälfte dieses Betrags (170,40 EUR). Das so bemessene Honorar wurde dem Kläger überwiesen.
Im gerichtlichen Verfahren begehrt der Kläger, hilfsweise zu einem inzwischen rechtskräftig abgewiesenen Feststellungs- und Rechtsgestaltungsbegehren, die Zahlung von 8.728,95 EUR samt Zinsen.
Der Generalsekretär habe die Streitwertbemessung verspätet vorgenommen und den ergänzenden Kostenvorschuss in sorgfaltswidriger Weise nicht allein der Schiedsbeklagten, sondern beiden Schiedsparteien abverlangt, weshalb die Schiedsklägerin das Interesse an der Verfahrensfortsetzung verloren habe. Bei der Honorarfestsetzung habe sich der Generalsekretär über seine eigene Streitwertbemessung, auf deren Basis sich ein Bruttohonorar von 15.912 EUR errechne, hinweggesetzt. Die vom Kläger im Schiedsverfahren erbrachten Einzelleistungen rechtfertigten ein Bruttohonorar von 10.603,44 EUR. Abzüglich der erhaltenen 1.874,49 EUR seien daher 8.728,95 EUR offen. Für das Honorar hafte die Beklagte, weil (nur) sie Auftraggeberin des Klägers gewesen sei; jedenfalls habe sie aber für das Fehlverhalten des Generalsekretärs einzustehen. Der „Vertrauensschaden“ des Klägers wäre nicht entstanden, wenn der Generalsekretär sofort über den Streitwert abgesprochen und sich dann an diese Entscheidung gehalten hätte, statt dem Kläger den Akt verfrüht zu übermitteln. Zudem sei Umsatzsteuer für das gesamte Honorar, nicht bloß für die Hälfte zu zahlen.
Die Beklagte wendet ein, zwischen den Streitteilen habe kein Vertragsverhältnis bestanden, in dessen Rahmen sie für das Honorar oder für allfällige Pflichtwidrigkeiten ihres Generalsekretärs einzustehen habe. Zudem habe der Generalsekretär korrekt gehandelt. Mangels Erlags weiterer Kostenvorschüsse habe er den ursprünglichen Streitwert zugrunde zu legen gehabt. Die Kürzung des sich danach ergebenden Honorars auf 40 % folge aus der vorzeitigen Beendigung des Schiedsverfahrens. Da Schuldner des Honorars die Parteien seien, von denen eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig sei, falle österreichische Umsatzsteuer nur für die Hälfte des Honorars an.
Das Erstgericht wies auch das hilfsweise gestellte Zahlungsbegehren ab. Zwischen den Streitteilen bestehe kein Vertragsverhältnis, weswegen die Beklagte weder für das Honorar noch für allfällige Fehlleistungen des Generalsekretärs hafte.
Das Berufungsgericht gab der nur gegen die Abweisung des Zahlungsbegehrens gerichteten Berufung des Klägers nicht Folge, ließ aber die ordentliche Revision zu.
Der Schiedsrichter stehe nach einhelliger Ansicht nicht nur zu den Schiedsparteien, sondern auch zur Schiedsinstitution in einem Vertragsverhältnis. Diese habe daher für Sorgfaltsverstöße ihrer Organe gemäß § 1313a ABGB einzustehen. Solche lägen aber nicht vor. Der Streitwert des Schiedsverfahrens habe zunächst unstrittig der Klageforderung von 71.003,48 EUR entsprochen. Die Rechtsansicht des Generalsekretärs, wonach die von der Schiedsbeklagten erhobene Einrede der Irrtumsanfechtung den Streitwert um 200.000 EUR erhöht habe, sei von der Schiedsordnung nicht gedeckt, weil es sich dabei weder um eine Widerklage noch um eine Aufrechnung iSd Art 36 Abs 3 WR gehandelt habe. Bei der Honorarfestsetzung sei der Generalsekretär an seine diesbezügliche Mitteilung aber nicht gebunden gewesen. Die nicht konnexe Gegenforderung von 71.003,48 EUR sei nach Art 36 Abs 3 Satz 3 WR nicht zu behandeln gewesen, weil die Schiedsparteien die zusätzlichen Kostenvorschüsse nicht erlegt hätten. Welche Auswirkungen ein solcher Nichterlag auf den Streitwert und damit auf das Schiedsrichterhonorar habe, sei zwar in der Schiedsordnung nicht ausdrücklich geregelt. Eine vom Schiedsrichter nicht zu behandelnde und daher auch keinen Arbeitsaufwand verursachende Gegenforderung könne aber nicht in die Bemessungsgrundlage für dessen Honorar einbezogen werden. Den Vorschuss habe der Generalsekretär nach der Schiedsordnung zutreffend beiden Parteien aufgetragen. Vor dessen Erlag habe der Kläger allfällige (weitere) Leistungen auf eigenes Risiko erbracht. Die Reduktion des Pauschalhonorars wegen vorzeitiger Beendigung des Schiedsverfahrens sei nach Art 36 Abs 1 WR unbedenklich. Der Kläger habe seine Leistung nicht für die Beklagte, sondern im Rahmen eines Werkvertrags für die Schiedsparteien erbracht. Daher unterliege jene Hälfte des Honorars, die auf die in Großbritannien ansässige Schiedsbeklagte entfalle, nach § 3a Abs 6 UStG 1994 (idF BGBl I 2010/34) nicht der österreichischen Umsatzsteuer.
Die Revision sei wegen des Fehlens von Judikatur zu den Fragen zuzulassen, ob (a) zwischen den Parteien ein Vertrag bestanden habe, (b) die Beklagte in diesem Fall für Sorgfaltsverstöße ihres Generalsekretärs einzustehen habe und (c) gegebenenfalls ein solcher Sorgfaltsverstoß darin gelegen sei, dass der Generalsekretär den Streitwert der Gegenforderung nicht berücksichtigt habe.
In seiner gegen diese Entscheidung gerichteten Revision hält der Kläger an seiner im Verfahren vertretenen Rechtsansicht fest und beantragt zudem die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung des Schiedsrichterhonorars. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Zu den Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien
1.1. Unstrittig ist, dass bei nicht institutionellen Schiedsgerichten ‑ allenfalls konkludent ‑ ein Schiedsrichter-vertrag zwischen (allen) Schiedsrichtern und (allen) Parteien des Schiedsverfahrens zustande kommt (Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 § 587 ZPO Rz 194 ff mwN). Dabei handelt es sich um einen Werkvertrag mit Elementen der Geschäftsbesorgung, der, soweit dem nicht seine Eigenart entgegensteht oder die Zivilprozessordnung abweichende Regelungen enthält, nach den Regeln der §§ 1165 ff, 1002 ff ABGB zu beurteilen ist (1 Ob 764/76 = JBl 1978, 155; RIS‑Justiz RS0021668; zuletzt etwa 6 Ob 207/06v = Zak 2007, 75). Hauptpflichten dieses Vertrags sind die Durchführung des Schiedsverfahrens und ‑ bei im Zweifel anzunehmender Entgeltlichkeit (6 Ob 207/06v mwN) ‑ die Zahlung des Honorars. Honorarschuldner sind mangels anderer Vereinbarung alle Parteien des Schiedsverfahrens (Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 § 587 ZPO Rz 222 mwN).
1.2. Die Besonderheit des vorliegenden Falls liegt darin, dass das Schiedsverfahren im Rahmen eines institutionellen Schiedsgerichts abgewickelt wurde. Hier kommt jedenfalls auch ein Vertrag zwischen den Parteien und dem Schiedsgericht (dessen Träger) zustande (Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 § 587 ZPO Rz 264 mwN). Dieser Vertrag bezieht sich jedenfalls auf die Organisation des Schiedsverfahrens (Hausmaninger aaO; ausführlich Wolf, Die institutionelle Handelsschiedsgerichtsbarkeit [1992] 83, 228 ff). Strittig ist jedoch, mit wem Schiedsrichter in einem solchen Fall in einem Vertragsverhältnis stehen.
(a) In 1 Ob 253/97f (= SZ 71/76) nahm der Oberste Gerichtshof an, dass auch bei Beteiligung einer Schiedsinstitution der Schiedsrichtervertrag zwischen den Schiedsparteien und den Schiedsrichtern zustande komme, und zwar auch dann, wenn der Vorsitzende des Schiedsgerichts von der Institution bestellt werde (ebenso OLG Wien 14 R 202/05m für die hier zu beurteilende Schiedsinstitution). Diese Auffassung wird auch in der Lehre vertreten (Heller, Die Rechtsstellung des Internationalen Schiedsgerichts der Wirtschaftskammer Österreich, wbl 1994, 105 [113 f]; Schwarz/Konrad, The Vienna Rules [2009] Rz 1‑021; Zeiler, Schiedsverfahren [2006] 143; Gal, Die Haftung des Schiedsrichters in der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit [2009] 113 ff; Schütze, Schiedsgerichtsbarkeit und Schiedsverfahren4 [2007] Rz 63), und zwar insbesondere für die Schiedsinstitution der Beklagten (Heller, Schwarz/Konrad, Zeiler aaO). Dogmatische Probleme in Bezug auf Zustandekommen des Schiedsrichtervertrags lösen diese Autoren meist durch die Annahme einer in der Schiedsordnung ‑ in der Regel implizit ‑ enthaltenen Ermächtigung der Institution zum Vertragsabschluss namens der Parteien.
(b) Nach anderen Autoren kann der Vertrag mit der Institution auch die Durchführung des Schiedsverfahrens als solche erfassen. Die Schiedsrichter würden dann nicht im Auftrag der Parteien, sondern ‑ aufgrund eines weiteren Vertrags ‑ in jenem der Schiedsinstitution tätig und hätten auch (nur) dieser gegenüber einen Honoraranspruch (Fasching, Kostenvorschüsse zur Einleitung schiedsgerichtlicher Verfahren, JBl 1993, 545 [548]; Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 § 587 ZPO Rz 300; Aden, Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit [2003] 90 [für das Schiedsgericht der IHK; anders für die hier strittigen WR, aaO 506]; Geimer in Zöller, ZPO29 [2012] § 1035 Rz 23; Münch in MüKo ZPO3 Vor § 1034 Rz 68; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit2 [1989] Rz 491; Voit in Musielak, ZPO8 [2011] § 1035 Rz 22). Als maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob trotz Einschaltung einer Schiedsinstitution eine direkte Vertragsbeziehung zwischen den Schiedsrichtern und den Schiedsparteien zustande komme, wird meist die konkrete Ausgestaltung der Schiedsordnung angesehen (Fasching, Hausmaninger, Aden, Münch aaO).
(c) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Eine abstrakte Beantwortung der Frage nach den Rechtsbeziehungen ist schon deshalb unmöglich, weil es von der privatautonomen Entscheidung der Beteiligten abhängt, welche Vereinbarungen in Zusammenhang mit einem Schiedsverfahren bestehen. Da in der institutionellen Schiedsgerichtsbarkeit Individualabreden selten sind, hat die Schiedsordnung, die aufgrund zumindest konkludenter Vereinbarung das Verhältnis zwischen allen Beteiligten regelt, entscheidende Bedeutung.
1.4. Die hier anwendbare Schiedsordnung enthält keine ausdrückliche Regelung zu den vertraglichen Beziehungen zwischen den Beteiligten. Die besseren Argumente sprechen jedoch für das Bestehen eines Schiedsrichtervertrags zwischen den Parteien und den Schiedsrichtern.
(a) Die Aufgabe des „Internationalen Schiedsgerichts“ der Beklagten wird in Art 1 Abs 1 WR umschrieben. Danach trägt es „Vorsorge“ für die schiedsgerichtliche Vereinbarung von Streitigkeiten. Seine Aufgabe ist daher die Organisation der Abläufe, nicht die Entscheidung selbst (Schwarz/Konrad, Vienna Rules Rz 1‑009 f: „administration of arbitral proceedings“). Letztere obliegt unmittelbar den Schiedsrichtern, die dabei nicht als Organe der Institution handeln. Für dieses Verständnis spricht auch die von der Beklagten im Zusammenhang mit der Schiedsordnung empfohlene Schiedsklausel, die von einer Entscheidung durch die nach den Wiener Regeln ernannten „Schiedsrichter“, also nicht durch das von der Beklagten eingerichtete „Internationale Schiedsgericht“ spricht. Die Bezeichnung „Schiedsgericht“ ist daher ‑ anders als die englische Bezeichnung „International Arbitral Center“ ‑ durchaus missverständlich (Schwarz/Konrad, Vienna Rules Rz 1-010).
(b) Als wesentliches Element für die Beurteilung der Frage, ob die Schiedsrichter im Auftrag der Parteien oder der Institution handeln, wird in der Literatur der Einfluss der Institution auf deren Bestellung genannt (Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 § 587 ZPO Rz 300; Heller, wbl 1994, 114). Das liegt nahe, ist doch nicht anzunehmen, dass die Schiedsinstitution (ua) die Verpflichtung zur Zahlung des Honorars an einen Schiedsrichter übernehmen will, auf dessen Auswahl sie wenig oder keinen Einfluss hat. Dieser Einfluss ist nach den Wiener Regeln gering: Nach Art 7 Abs 1 WR steht den Parteien die Bestimmung der Schiedsrichter frei, ohne dass es dabei ‑ abgesehen von anderslautenden Vereinbarungen ‑ besondere Qualifikationserfordernisse gäbe. Eine Befugnis der Beklagten, die von den Parteien bestimmten Schiedsrichter abzulehnen, ist ebenso wenig vorgesehen wie deren formelle Bestellung durch die Beklagte. Dass bei einer unterbliebenen Benennung ‑ etwa bei Nichteinigung auf einen Einzelschiedsrichter (Art 14 Abs 3 WR) ‑ eine Bestellung durch die Beklagte erfolgt, beruht auf der von den Parteien zumindest konkludent vereinbarten Schiedsordnung und lässt sich daher ebenfalls auf deren privatautonome Entscheidung zurückführen.
(c) Zwar setzt der Generalsekretär die Kostenvorschüsse fest, bestimmt das Honorar der Schiedsrichter und zahlt es aus den Vorschüssen aus. Das kann aber auch dahin verstanden werden, dass die Institution auch insofern eine Dienstleistungsfunktion für die Schiedsrichter und die Parteien erfüllt; ein zwingender Grund für die Annahme eines Vertrags zwischen der Beklagten und den Schiedsrichtern, der die Beklagte zur Schuldnerin des Honoraranspruchs der Schiedsrichter und zur Gläubigerin in Bezug auf die Durchführung des Schiedsverfahrens machte, liegt darin nicht. Zudem sind die diesbezüglichen Pflichten des Generalsekretärs in hohem Maße determiniert; lediglich im Fall der vorzeitigen Beendigung des Schiedsverfahrens steht ihm ein gewisses Ermessen zu.
(d) Aufgrund dieser Erwägungen ist anzunehmen, dass auch im vorliegenden Fall ein Schiedsrichtervertrag zwischen dem Kläger und den Parteien des Schiedsverfahrens zustande kam. Die Pflicht zur Zahlung des Honorars trifft daher die Parteien; die Beklagte erbrachte mit der Einforderung und Verwahrung der Vorschüsse und der Bestimmung und Auszahlung des Honorars nur Dienstleistungen an den Kläger und die Parteien. Ein primärer vertraglicher Anspruch des Klägers gegen die Beklagte besteht daher nicht.
2. Ob die Beklagte für eine nach Maßgabe der Schiedsordnung mangelhafte Kostenbestimmung durch den Generalsekretär haftet, kann offen bleiben.
2.1. Bei der Festsetzung des Nettohonorars hat der Generalsekretär weder Bestimmungen der Schiedsordnung verletzt noch seinen nach Art 36 Abs 1 WR bestehenden Ermessensspielraum überschritten. Die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichts treffen uneingeschränkt zu.
(a) Die Wiener Regeln sehen ein streitwertabhängiges Pauschalhonorar vor (Art 36 Abs 1 iVm Anhang I WR), wobei sich aus den Bestimmungen über die Kostenvorschüsse und die Abhängigkeit der schiedsrichterlichen Tätigkeit von deren Erlag (Art 34 Abs 3 ‑ 5 WR für Klage, Widerklage und Klageausdehnung; Art 36 Abs 3 WR für nicht konnexe Gegenforderungen) zwingend ergibt, dass eine Streitwerterhöhung ‑ hier wegen Erhebens einer Gegenforderung ‑ erst mit Erlag des insofern aufgetragenen Kostenvorschusses wirksam wird. Damit ist unerheblich, dass der Generalsekretär auch die Irrtumseinrede der Schiedsbeklagten als streitwerterhöhend angesehen und dies den Parteien bekannt gegeben hatte. Selbst wenn diese Auffassung aufgrund eines weiten Verständnisses des Begriffs „Widerklage“ zugetroffen haben sollte, hätte sie sich kostenmäßig erst bei Erlag der insofern aufgetragen Vorschüsse ausgewirkt. Bemessungsgrundlage war daher ausschließlich der Wert des Klagebegehrens.
(b) Bei vorzeitigem Ende des Verfahrens kann der Generalsekretär die Schiedsrichterhonorare nach Art 36 Abs 1 WR entsprechend dem Verfahrensstand nach billigem Ermessen mäßigen. Haftungsbegründend könnte hier ‑ wenn überhaupt ‑ nur ein Ermessensmissbrauch sein. Ein solcher ist aber nicht erkennbar, bestand doch die Tätigkeit des Klägers bis zur Beendigung des Verfahrens nur in der Vorbereitung der Beweisaufnahme sowie ‑ wenngleich wohl im eigenen Interesse ‑ im Versuch, den Generalsekretär von einer Streitwerterhöhung zu überzeugen. Unter diesen Umständen ist die Reduktion des für ein vollständig durchgeführtes Verfahren gebührenden Pauschalhonorars um 60 % nicht zu beanstanden. Es mag zutreffen, dass dies zu einem geringen Stundensatz führt. Da aber die Beweisaufnahme und das Verfassen des Schiedsspruchs ‑ zumindest nach den Erfahrungen in der ordentlichen Gerichtsbarkeit ‑ erheblich mehr Zeit erfordert hätten als das vom Kläger geführte Vorverfahren, wäre sein Stundensatz ohne vorzeitige Verfahrensbeendigung, also bei Bestimmung des Honorars in voller Höhe, sogar noch geringer gewesen.
2.2. Auch die Frage der Umsatzsteuer hat der Generalsekretär richtig gelöst. Auch insofern hat das Berufungsgericht die Rechtslage richtig beurteilt.
(a) Der Kläger hat den Parteien des Schiedsverfahrens eine sonstige Leistung iSv § 3a Abs 1 UStG erbracht. Der Umsatzsteuer unterliegt eine solche Leistung nach § 1 Abs 1 Z 1 UStG nur dann, wenn sie im Inland ausgeführt wurde. Wo der Ausführungsort liegt, ergibt sich aus § 3a Abs 6 UStG idF BBG 2009. Danach wird eine sonstige Leistung an Unternehmer vorbehaltlich hier nicht relevanter Ausnahmen an jenem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Es gilt daher das Bestimmungslandprinzip (Bürgler/Pleininger/Six in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON 2.02 UStG § 3a Rz 87). Grundlage dafür sind die Art 44 und 45 RL 2006/112/EG (MwSt-SystRL) in der durch die RL 2008/8/EG geänderten Fassung.
(b) Volle österreichische Umsatzsteuer wäre daher nur dann angefallen, wenn der Kläger seine Leistung tatsächlich der Beklagten erbracht hätte. Das traf aber aus den bereits dargelegten Gründen nicht zu (oben 1.). Maßgebend sind vielmehr jene Orte, an denen die Schiedsparteien ihre Unternehmen betreiben. Damit lag kein in Österreich steuerbarer Umsatz vor, soweit der Kläger seine Leistung der in Großbritannien ansässigen Schiedsbeklagten erbrachte; die Steuerschuld ging hier nach Art 196 MwSt-SystRL auf den Leistungsempfänger über (Bürgler/Pleininger/Six aaO § 3a Rz 92; vgl zur auf derselben unionsrechtlichen Grundlage beruhenden Rechtslage in Deutschland Risse/Meyer-Burow, Umsatzsteuerpflicht von Schiedsrichterleistungen, SchiedsVZ 2009, 326 [330 ff]).
(c) Die der Entscheidung des Generalsekretärs zugrunde liegende Auffassung, die Leistungen des Klägers seien den Schiedsparteien je zur Hälfte zuzurechnen, ist nicht zu beanstanden. Damit war aber auch nur die Hälfte des Umsatzes in Österreich steuerbar. Die Kostenbestimmung durch den Generalsekretär kann daher auch in diesem Punkt keinen Schadenersatzanspruch begründen.
(d) Das vom Kläger in diesem Zusammenhang beantragte Vorabentscheidungsersuchen ist aufgrund der eindeutigen Rechtslage nicht erforderlich. Sein Antrag ist im Übrigen schon aus formalen Gründen zurückzuweisen, weil allein das Gericht von Amts wegen zu entscheiden hat, ob der Gerichtshof der Europäischen Union nach Art 267 AEUV anzurufen ist. Die Parteien können ein solches Ersuchen nur anregen (RIS-Justiz RS0058452 [T1, T14, T16]).
2.3. Aus diesen Gründen muss die Revision des Klägers jedenfalls scheitern. Damit kann offen bleiben, ob die Beklagte überhaupt für ein Fehlverhalten ihres Generalsekretärs einzustehen hätte und welche Einwände sie gegen einen diesbezüglichen Anspruch erheben könnte.
3. Die diese Entscheidung tragenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden: Wurde die Zuständigkeit des Internationalen Schiedsgerichts der Wirtschaftskammer Österreich vereinbart, so kommt der Schiedsrichtervertrag nach der Schiedsordnung dieser Institution („Wiener Regeln“) zwischen den Schiedsparteien und dem oder den Schiedsrichtern zustande.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.
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