Spruch:
Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben, wohl aber der Revision der beklagten Partei.
Das angefochtene Urteil wird in seinem abändernden Ausspruch dahin abgeändert, dass das Ersturteil zur Gänze wiederhergestellt wird. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.055,55 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 587,59 EUR Umsatzsteuer und 530 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte ist ein 1998 gegründeter Verein. Seine Statuten sehen ua Folgendes vor:
"§ 2. Zweck
Der Verein, dessen Tätigkeit im Sinne der BAO gemeinnützig und nicht auf Gewinn gerichtet ist, bezweckt die Prävention von Gewalttaten im sozialen Nahraum und die Einrichtung von Interventionsstellen für die Opfer familiärer Gewalt, insbesondere für Frauen, die Gewalt erleiden, und ihrer Kinder.
Aufgaben dieser Interventionsstellen sind Opferschutz und Gewaltprävention durch
° Schaffung von gesetzlichen Grundlagen zur Errichtung von Interventionsstellen.
° Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, ua auch durch Einbeziehung familiärer Gewalttaten in das Rechtssystem. °Information und Beratung ua in behördlichen Verfahren, das Angebot, eine geschützte Unterkunft zu organisieren, sowie die Förderung des Schutzes der Opfer sowie ihrer Fähigkeit zum Selbstschutz. °Einleiten sowie Unterstützung bei der Durchsetzung geeigneter rechtlicher und sozialer Maßnahmen.
°Koordination aller mit dem Fall befasster Behörden und Institutionen und Steigerung der Effizienz aller Interventionen.
° Öffeltichkeitsarbeit und Durchführung von Schulungen.
§ 3. Tätigkeit zur Verwirklichung des Vereinszwecks
Der Vereinszweck soll durch die in den Abs 1 und 2 angeführten Tätigkeiten, ideellen und materiellen Mittel verwirklicht werden.
1) Als ideelle Mittel dienen:
- a) Einrichtung und Betrieb der Interventionsstelle Salzburg
- b) Öffentlichkeitsarbeit, Schulungen und Veranstaltungen
- c) Durchführung von Forschungsprojekten sowie
Dokumentationen, wissenschaftliche Beratung
und Publikationen
2) Die erforderlichen materiellen Mittel sollen aufgebracht werden durch:
Finanzierung, Subventionen, Aufträge und Förderungen der
öffentlichen Hand, Mitfraubeiträgen,
Erträgnissen aus Veranstaltungen, Spenden,
Vermächtnisse, Stiftungen und sonstige Zuwendungen."
Geldmittel flossen dem Beklagten von 1998 bis 2000 ausschließlich aufgrund von Förderungsverträgen zu, die zwischen ihm und dem Bundesminister für Inneres sowie der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz als Förderungsgeber abgeschlossen wurden. Im Dezember 2000 wurde sodann zwischen dem Beklagten und der durch den Bundesminister für Inneres und den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen vertretenen Republik Österreich ein "Auftragsvertrag" mit einer Laufzeit von fünf Jahren (Beginn 1. 1. 2001) abgeschlossen.
Das in den Jahren 1998 und 1999 geförderte Projekt "Interventionsstelle Salzburg" wurde in der Anlage A zum Förderungsvertrag vom 31. 12. 1997/20. 1. 1998 wie folgt beschrieben:
"1. Ziele der Interventionsstelle
1.1. Schaffung von gesetzlichen Grundlagen zur Errichtung von Interventionsstellen.
1.2. Opferschutz und Gewaltprävention durch Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen; ua auch durch Einbeziehung familiärer Gewalttaten in das Rechtssystem.
1.3. Opferschutz und Gewaltprävention durch Information und Beratung sowie das Angebot, eine sichere Unterkunft zu organisieren.
1.4. Opferschutz und Gewaltprävention durch Einleiten rechtlicher und sozialer Maßnahmen, um die Opfer zu schützen und die Täter von weiteren Gewalttaten abzuhalten.
1.5. Opferschutz und Gewaltprävention durch Zusammenarbeit aller mit dem Fall befassten Behörden und Institutionen.
2. Zielgruppe
Alle von innerfamiliärer Gewalt betroffenen Frauen und deren Kinder sowie die Gewalttäter. Die örtliche Zuständigkeit beschränkt sich auf den Sprengel des Bezirksgerichts Salzburg.
3. Status und Organisationsform
Die Interventionsstelle soll eine Opferschutzeinrichtung sein. Als Träger der Interventionsstelle wird die Rechtsform des Vereins gewählt.
4. Tätigkeitsbereiche
(....)
4.5. Unterstützung und Intervention
4.5.1. Kontaktaufnahme mit Opfern, nämlich mit den betroffenen Frauen und ihren Kindern
4.5.2. Rechtliche und soziale Beratung und Betreuung
4.5.3. Begleitung der betroffenen Frauen zu Gericht, Polizei usw und Erarbeitung eines Sicherheitsplans, der auch als Grundlage für gerichtliche Weisungen und Maßnahmen dienen kann.
Für betroffene Kinder: Kontaktherstellung mit Jugendamt und Kinder- und Jugendanwaltschaft verbunden mit Rückmeldung.
4.5.4. Unterstützungsgruppen für Frauen.
4.5.5. Nachbetreuung
4.5.6. Kontaktgespräche mit gewalttätigen Männern zur Abklärung der Bereitschaft zur Beendigung des gewalttätigen Verhaltens u. der Bereitschaft bzw Eignung zur Teilnahme an Trainingskursen.
4.5.7. Durchführung von Trainingskursen für Männer."
Ähnlich beschrieben sind die vom Beklagten zu erbringenden Leistungen im Auftragsvertrag vom Dezember 2000 (Laufzeit 1. 1. 2001 bis 31. 12. 2005), wobei eine Anlehnung an die Leistungsbeschreibung des Vertrages vom Dezember 1999 gegeben ist:
"1. Vertragsgegenstand
Die Auftraggeberin beauftragt den Auftragnehmer gemäß § 25 Abs 3 SPG mit dem Betrieb einer Interventionsstelle als Opferschutzeinrichtung. Die hiebei zu erbringenden Leistungen sind Punkt 3. des Vertrages zu entnehmen.
(.....)
3. Leistungsarten
3.1. Der Auftragnehmer verpflichtet sich nach Maßgabe der ihm verfügbaren Ressourcen zur Unterstützung von Opfern von Gewalt in der häuslichen Sphäre (gemäß Punkt 3.1.1.), zur Beobachtung der Kooperation zwischen der Exekutive, den Interventionsstellen, der Familien- und Strafgerichtsbarkeit sowie der Jugendwohlfahrt, um die wirksame Anwendung des Gewaltschutzgesetzes zu sichern und zum Ausbau der Vernetzung zwischen den oben genannten Akteuren (gemäß Punkt 3.1.2.) beizutragen.
3.1.1. Intervention in Fällen von Gewalt in der Privatsphäre, Beratung und immaterielle Unterstützung der in der häuslichen Sphäre von Gewalt bedrohten Menschen; dies umfasst:
Kontaktaufnahme mit Betroffenen
Erarbeitung eines Krisen-(Sicherheits)planes,
rechtliche und psychosoziale Beratung und Unterstützung,
Vermittlung an andere Einrichtungen und Fachleute,
Koordination des Interventionsprozesses,
sowie andere Maßnahmen der Gewaltprävention.
(....)".
Dem Beklagten wurden in den Jahren 1998 und 1999 vom Förderungsgeber Budgetmittel in Höhe von je 2,607.000 S, im Jahr 2000 solche von 3,030.000 S zur Verfügung gestellt. Für das Jahr 2001 wurde ein "Maximalentgelt" von 3,800.000 S vereinbart.
Der Beklagte war anfangs nur im Sprengel des Bezirksgerichts Salzburg und ist nun im gesamten Bundesland Salzburg tätig. Die Entlohnung der Mitarbeiterinnen des Vereins erfolgt ausschließlich aus Fördergeldern. Die Unterstützung der betreuten und Hilfe suchenden Frauen wird unentgeltlich durchgeführt.
Aus dem Arbeitsbericht des Beklagten für das Jahr 1999 ergibt sich, dass der Beklagte im Jahr 1998 11 und im Jahr 1999 36 Antragstellungen vor Bezirksgerichten im Land Salzburg vorgenommen hat. Für 36 Frauen hat der Beklagte 1999 die Privatbeteiligtenvertretung übernommen, wobei es in drei Fällen zu Berufungsverhandlungen vor dem Oberlandesgericht Linz gekommen war. Soweit freie Mitarbeiterinnen des Beklagten vor Gericht als Privatbeteiligtenvertreterinnen auftraten, wurde ihnen jeweils von den betreuten Frauen für den konkreten Fall schriftlich Vollmacht erteilt. Im Rahmen der Privatbeteiligtenvertretung nehmen die Mitarbeiterinnen des Beklagten an Hauptverhandlungen teil, legen die zur Begründung des Privatbeteiligtenanspruchs erforderlichen Urkunden vor, stellen Fragen und erstatten zusammen mit den von ihnen vertretenen Personen Gegenäußerungen zu Rechtsmitteln. In zivilrechtlichen Angelegenheiten leiten sie die Betreuten zur Stellung von Verfahrenshilfeanträgen an, begleiten sie zu Gericht zwecks Erhebung von Protokollarklagen oder -anträgen - insbesondere in Familienrechts- und Bestandsachen - und als Vertrauenspersonen. Weiters leiten sie bei körperlichen Übergriffen in der Familie und bei Drohungen Frauen zu Anträgen auf Erlassung einstweiliger Verfügungen nach § 382b EO an. Sie formulieren den Antrag mit der Angegriffenen oder Bedrohten, die diesen dann selbst bei Gericht einbringt. Über die Hilfe in gerichtlichen Angelegenheiten hinaus werden die Frauen psychologisch gestützt und es wird versucht, ihnen aus ihrer "Opferposition" herauszuhelfen.
Mit der Behauptung, dass der Beklagte mit seiner Vorgangsweise gegen die Winkelschreibereiverordnung, gegen Art IX Abs 1 Z 4 EGVG sowie gegen das Vertretungsmonopol der Rechtsanwälte nach § 8 Abs 2 RAO und damit gleichzeitig gegen die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG) verstoße, begehrt der klagende, die wirtschaftlichen Interessen von Rechtsanwälten vertretende Verein, den Beklagten schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, schriftliche Eingaben in Vertretung anderer Personen an Gerichte und Behörden zu verfassen und vor diesen in rechtsfreundlicher Vertretung von Parteien einzuschreiten, namentlich es zu unterlassen, Unterhaltsklagen oder -anträge, Obsorgeanträge, Scheidungsklagen, Räumungsklagen und Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO einzubringen bzw zu stellen sowie in außerstreitigen und streitigen, weiters in Strafverfahren als Privatbeteiligtenvertreter einzuschreiten. Ferner stellt der Kläger ein Veröffentlichungsbegehren. Die Tätigkeit des Beklagten sei schon allein deshalb als entgeltlich zu werten, weil die tätig werdenden Mitarbeiter eine monatliche Entlohnung vom Beklagten erhielten. Darüber hinaus richte sich die Höhe der vom Beklagten bezogenen Fördermittel ua nach der Anzahl der vorgenommenen Vertretungshandlungen, sodass ihm durch sein Verhalten unmittelbar ein wirtschaftlicher Vorteil - nämlich der Fortbestand als solcher und der Bezug von Fördergeldern - erwachse.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Er sei nach seinen Vereinsstatuten auf ideelle Zwecke und nicht auf Gewinn ausgerichtet. Seine Aufgabe sei ua die unentgeltliche Rechtsberatung und Unterstützung, die erforderlichenfalls auch durch Vorsprache und durch Kontaktaufnahmen bei und mit Behörden, Gerichten und anderen Beratungseinrichtungen geleistet werde. Die Rechtsberatung oder -vertretung erfolge für die Gewaltopfer vollkommen kostenlos. Die Berechtigung für seine Verhaltensweise leite der Beklagte aus § 25 Abs 2 und 3 SPG sowie aus den mit den zuständigen Ministerien abgeschlossenen Förderungs- und Auftragsverträgen ab. Es werde daher weder gegen die Winkelschreibereiverordnung noch gegen Art IX Abs 1 Z 4 EGVG noch gegen das Vertretungsmonopol der Rechtsanwälte nach § 8 Abs 2 RAO verstoßen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Hauptziel des Beklagten sei nicht die rechtliche Beratung und Vertretung der Gewaltopfer vor Gericht, sondern die Verbesserung der Gesamtsituation der Opfer. Bei den von den Mitarbeiterinnen des Beklagten erbrachten Leistungen handle es sich um Auskunftserteilungen für juristische Beratungen und Beistandsleistungen, die nicht unmittelbar oder mittelbar dem Zweck wirtschaftlicher Vorteile des Beklagten oder seiner Mitarbeiterinnen dient. Es sei kein sachlicher Grund erkennbar, warum der Beklagte anders beurteilt werden sollte als Konsumentenschutzvereine oder Kraftfahrorganisationen, die auf ihren Gebieten ebenfalls rechtsberatend tätig seien und die daher unter den Ausnahmekatalog des § 8 Abs 3 RAO fielen. Sowohl die Abfassung von Anträgen auf Erlassung einstweiliger Verfügungen nach § 382b EO als auch die Privatbeteiligtenvertretung dienten der möglichst umfassenden Verhütung von Gewalt in der häuslichen Sphäre gemäß § 22 Abs 2 SPG. Damit lägen aber keine der vom Kläger geltend gemachten Verstöße durch den Beklagten vor.
Das Berufungsgericht erkannte den Beklagten schuldig, es zu unterlassen, in gerichtlichen Strafverfahren als Privatbeteiligtenvertreter einzuschreiten, bestätigte im Übrigen aber das Ersturteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Nach § 8 Abs 2 RAO sei die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung im Sinn des § 8 Abs 1 RAO den Rechtsanwälten vorbehalten. Damit verstieße zunächst der Beklagte durch die vom Erstgericht festgestellten Tätigkeiten gegen das Vertretungsmonopol der Rechtsanwälte. Zu prüfen sei demnach, ob sich der Beklagte auf die Ausnahmebestimmung des § 8 Abs 3 RAO berufen könne, ob es sich also beim Beklagten um eine zur "Auskunftserteilung oder Beistandsleistung berechtigte Vereinigung" handle. Der Beklagte sehe seine Rechtsgrundlage in § 25 SPG. Er übe seine Tätigkeit aufgrund von Verträgen aus. Im Förderungsvertrag vom 31. 12. 1997/7. 1./20. 1. 1998 seien die rechtliche und soziale Beratung und Betreuung sowie die Begleitung der betroffenen Frauen zu Gericht, Polizei usw als Tätigkeitsbereiche des Beklagten angeführt worden, während im Auftragsvertrag ausdrücklich auf § 25 Abs 3 SPG Bezug genommen und als Leistungen ua die rechtliche und psychosoziale Beratung und Unterstützung sowie die Vermittlung an andere Einrichtungen und Fachleute erwähnt seien. Als Vereinszweck seien in den Statuten des Beklagten ua die Information und Beratung in behördlichen Verfahren sowie das Einleiten und die Unterstützung bei der Durchsetzung geeigneter rechtlicher und sozialer Maßnahmen festgehalten. Weder nach § 25 SPG noch nach den weiteren angeführten vertraglichen oder statutarischen Bestimmungen bestehe eine Grundlage für eine Tätigkeit des Beklagten als Parteienvertreter, also für eine rechtsfreundliche Vertretung vor Gericht oder einer anderen Behörde. Wenngleich der Sinn des § 25 Abs 3 SPG reichlich unklar sei, könne doch eine Vertretungstätigkeit schwer unter den dort gebrauchten Begriff "Beratung" eingeordnet werden. Damit bilde § 25 Abs 3 SPG aber keine "sonstige gesetzliche Bestimmung", die eine Durchbrechung des Vertretungsmonopols der Rechtsanwälte nach § 8 Abs 1 und 2 RAO rechtfertigen könnte, soweit es um die Entfaltung von Parteienvertretungstätigkeiten in irgendwelchen Verfahren gehe. Auch aus § 8 Abs 3 RAO könne zugunsten des Beklagten nichts gewonnen werden, weil auch vergleichbaren anderen Vereinen nur die Auskunftserteilung und Beistandsleistung, nicht aber die Parteienvertretungstätigkeit vor den Gerichten zustehe. Dem Beklagten sei daher die Vertretung von Privatbeteiligten in Strafverfahren zu untersagen. Daran vermöge auch § 50 Abs 1 StPO nichts zu ändern, welcher zwar vorsieht, dass sich Privatbeteiligte auch eines anderen Bevollmächtigten als eines Rechtsanwaltes bedienen könnten, beziehe sich doch diese Bestimmung nicht auf einen "gewerbsmäßig" tätigen Vertreter, der insofern im Wettbewerbsverhältnis zu Rechtsanwälten stehe. Der - nicht Gesetz gewordene - Vorschlag, in § 69 Abs 3 StPO vorzusehen, dass auch eine Opferschutzeinrichtung Privatkläger, die einen privatrechtlichen Anspruch gegen den Beschuldigten geltend machen wollten, vertreten könnte, lasse keine Schlüsse im Sinne des Beklagten zu; vielmehr könnte daraus im Gegenteil geschlossen werden, dass ohne eine solche Bestimmung eine Privatbeteiligtenvertretung durch eine Opferschutzeinrichtung im Strafverfahren nicht vorgesehen sei. Obgleich diese Überlegungen auch für Zivilverfahren zu gelten hätten, sei insoweit die Klageabweisung zu bestätigen, weil die Mitarbeiterinnen des Beklagten nach den Feststellungen lediglich Verfahrenshilfeanträge, Protokollarklagen und -anträge sowie Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO mit den betroffenen Parteien vorbereiteten und sie bei der Überreichung der Schriftsätze begleiteten, nicht jedoch als deren Vertreter, sondern lediglich als deren Vertrauenspersonen aufgetreten seien. Für eine Klageführung habe der Beklagte insofern keine Veranlassung geboten. Da diese Tätigkeiten sowohl von § 25 Abs 3 SPG als auch von § 8 Abs 3 RAO erfasst seien, bedürfe es keiner weiteren Prüfung, ob die Tätigkeit der Beklagten entgeltlich sei. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der erkennende Senat eine Entgeltlichkeit ohnehin nicht annehmen würde, weil die die Leistungen des Beklagten in Anspruch Nehmenden weder den Mitarbeiterinnen des Beklagten, noch auch dem Beklagten selbst eine Zahlung zu leisten hätten. Eine Rechtfertigung für die Veröffentlichung des stattgebenden Spruchs sei nicht zu sehen.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen den bestätigenden Teil erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt; die gegen den abändernden Teil erhobene Revision des Beklagten ist hingegen berechtigt.
Der Kläger hat seine Klagebefugnis damit begründet, dass er eine Unternehmensvereinigung "iSd § 15 UWG" (gemeint: § 14 UWG) sei, in deren satzungsgemäßen Aufgabenbereich ua die Verfolgung von Unterlassungsansprüchen nach dem UWG fällt. Er wirft dem Beklagten vor, "zum Zweck des Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr" rechtswidrig und schuldhaft" gegen die Winkelschreiberei-Bestimmungen und gegen das Vertretungsmonopol der Rechtsanwälte nach § 8 Abs 2 RAO verstoßen zu haben, weshalb ihm ein Unterlassungsanspruch im Sinn des § 1 UWG und ein Anspruch auf Urteilsveröffentlichung im Sinn des § 25 UWG zustehe. Aus einem anderen Rechtsgrund als dem des § 1 UWG kann der Kläger seine Ansprüche nicht ableiten. Ganz abgesehen davon, dass nach ständiger Rechtsprechung Unterlassungsansprüche außerhalb von Schuldverhältnissen nur aus absoluten Rechten und in den vom Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Fällen erhoben werden können (ÖBl 1983, 9 - Krankenhausambulanz; MR 1991, 243 - Anstaltsambulatorium ua), hat der Kläger kein Vorbringen erstattet, aus dem sich seine Berechtigung ergäbe, andere als Wettbewerbsansprüche geltend zu machen. Ein Gesetzesverstoß ist nach ständiger Rechtsprechung dann sittenwirig iSd § 1 UWG, wenn er subjektiv vorwerfbar und geeignet ist, einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Kein sittenwidriges Handeln liegt vor, wenn die Auffassung des Beklagten über die Auslegung der angeblich verletzten Norm durch das Gesetz soweit gedeckt ist, dass sie mit gutem Grund vertreten werden kann. Ist das der Fall, so kann eine auf dieser Auslegung beruhende Tätigkeit nicht mehr als eine gegen das Anstandsgefühl der betroffenen Verkehrskreise verstoßende Handlung angesehen werden (stRsp ua ÖBl 1998, 9 - SN-Presseförderung; ÖBl 2001, 63 - Teppichknoten; ÖBl 2001, 261 - Hausdruckerei uva). Steht (objektiv) die Rechtsauffassung des Beklagten nicht im Gegensatz zu einem klaren Gesetzeswortlaut, zur offenkundigen Absicht des Gesetzgebers oder zu einer feststehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung (ÖBl 1994, 213 - Haushaltsübliche Reinigungsarbeiten; ÖBl 2001, 261 - Hausdruckerei ua), kommt es nicht weiter darauf an, aufgrund welcher subjektiven Umstände er gerade zu dieser Rechtsauffassung gelangt ist (ÖBl - LS 01/1 - Vermietung durch Immobilienmakler; ÖBl 2001, 261 - Hausdruckerei). Im Vorbringen des Beklagten, die beanstandeten Handlungen stünden mit dem Gesetz im Einklang, steckt auch der - von ihm nicht ausdrücklich erhobene - Einwand, seine Auffassung sei jedenfalls mit guten Gründen vertretbar, sodass er nicht sittenwidrig handle. Dem ist auch zu folgen:
Nach den Feststellungen ist der Beklagte eine Interventionsstelle im Sinn des § 25 Abs 3 SPG, die von den dort erwähnten zuständigen Bundesministern vertraglich beauftragt ist, "Menschen, die von Gewalt bedroht sind, zum Zwecke ihrer Beratung und immateriellen Unterstützung anzusprechen". Er betreut unentgeltlich von Gewalt bedrohte oder betroffene Frauen ua auch dadurch, dass er sie im Zusammenhang mit gerichtlichen Verfahren unterstützt. Soweit der Beklagte in zivilrechtlichen Angelegenheiten tätig wird, treten seine Mitarbeiterinnen nicht als Vertreter der schutzbedürftigen Frauen auf, sondern leisten diesen nur Unterstützung bei der Vorbereitung von Verfahrenshilfeanträgen, bei Protokollarklagen und -anträgen sowie Sicherungsanträgen nach § 382b EO; sie begleiten auch als Vertrauenspersonen die betreuten Frauen zu Gericht. Auch wenn sie den Text eines Sicherungsantrags verfassen, wird dieser doch von der betreffenden Frau selbst eingereicht. Die vom Beklagten und dem Berufungsgericht vertretene Auffassung, dass all diese Handlungen eine gesetzliche Grundlage in § 8 Abs 3 RAO iVm § 25 Abs 3 SPG finden, ist jedenfalls mit guten Gründen vertretbar:
Von der gemäß § 8 Abs 1 RAO grundsätzlich den Rechtsanwälten vorbehaltenen Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung vor allen Gerichten und Behörden der Republik Österreich und in allen gerichtlichen und außergerichtlichen sowie in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten (§ 8 Abs 1 RAO) macht das Gesetz Ausnahmen. In der nur demonstrativen (Tades, Bemerkungen zum Rechtsanwaltsprüfungsgesetz, AnwBl 1985, 619 [624]) Aufzählung des § 8 Abs 3 RAO sind auch die "Auskunftserteilung oder Beistandsleistung durch Personen oder Vereinigungen" enthalten, "soweit sie nicht unmittelbar oder mittelbar dem Ziel wirtschaftlicher Vorteile dieser Personen oder Vereinigungen dienen". Es trifft zwar zu, dass die Mitarbeiterinnen des Beklagten - von ihm - ein Entgelt erhalten; er selbst erhält aber (ebenso wie seine Mitarbeiterinnen) kein Entgelt von den betreuten Frauen. Für diese schreitet der Beklagte unentgeltlich ein. Dass er von der Republik Österreich Subventionen erhält, für deren Höhe - nach der Behauptung des Klägers - auch der Umfang seiner Vertretungstätigkeiten ausschlaggebend ist, bewirkt nicht die Entgeltlichkeit seiner Tätigkeit. Er ist ein nicht auf Gewinn ausgerichteter gemeinnütziger Verein, der zwar angeblich mehr staatliche Unterstützung erhält, wenn er mehr Vertretungsleistungen erbringt; für seine Vertretungsleistungen hat er aber entsprechende Aufwendungen (ua durch Gehaltszahlungen an seine Mitarbeiterinnen) zu machen. Würde seine Vertretungstätigkeit zurückgehen, bekäme er zwar wohl weniger Subventionen, hätte aber auch geringere Auslagen. Die Auffassung, dass seine Handlungen nicht seinem wirtschaftlichen Vorteil dienen, ist daher - zumindest - mit guten Gründen vertretbar. Nach § 57 Abs 2 RAO begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unbefugt eine durch die RAO den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig anbietet oder ausübt. Diese Bestimmung geht - wie sich aus § 57 Abs 2 Satz 2 RAO und Art IX Abs 3 EGVG ergibt - dem Art IX EGVG vor (Konecny in Fasching, Kommentar² II Art IV EGZPO Rz 91). Da nach § 57 Abs 3 RAO die genannte Bestimmung nicht anzuwenden ist, wenn die danach strafbare Handlung zugleich den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung bildet, verdrängt § 1 WinkelschreiberV - der die gerichtliche Strafbarkeit des dort beschriebenen Verhaltens vorsieht - den Tatbestand des § 57 Abs 2 RAO (Konecny aaO mit Hinweis auf Keinert, Gerichtlicher Charakter der Strafe nach der Winkelschreibereiverordnung 1857, BeitrZPR III 101 [106]; derselbe, Winkelschreiberei durch unbefugte Hilfe in Steuersachen, BeitrZPR III 135 [144 f]; Zierl, Zur Winkelschreiberei gem § 57 RAO, AnwBl 1988, 196 [198 f]). Ein Verstoß gegen den - hier allein in Frage kommenden - Tatbestand des § 1 lit b WinkelschreiberV kann nach dem oben Gesagten mit guten Gründen verneint werden, weil dieser voraussetzt, dass es der Einschreiter "zu seinem Geschäftsbetriebe macht", Rechtsurkunden oder gerichtliche Eingaben in und außer Streitsachen für Parteien zu verfassen. Der hier verwendete Begriff "Geschäftsbetrieb" ist mit dem heute gängigen Begriff "Gewerbsmäßigkeit" gleichzusetzen (Konecny aaO Rz 59); Voraussetzung ist also, dass der Einschreiter ein Entgelt, also irgendwelche geldwerte Vorteile (EvBl 1987/206), erhält, wobei Entgelt jede Art von Vermögenswert sein kann (Konecny aaO Rz 60). Die Auffassung, dass der Beklagte kein Entgelt für seine Tätigkeit erhält, ist, wie schon ausgeführt, mit guten Gründen vertretbar. Fehlt es aber an der Entgeltlichkeit, dann kommt allfälligen weiteren Tatbestandselementen, wie etwa Planmäßigkeit, keine Bedeutung zu. Mit Recht hat daher das Berufungsgericht das abweisende Ersturteil, soweit es die Maßnahmen des Beklagten im Zivilbereich betrifft, bestätigt; die Revision des Klägers muss somit erfolglos bleiben. Dem Beklagten ist aber auch zu folgen, wenn er sich in seiner Revision gegen das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot wendet, in gerichtlichen Strafverfahren als Privatbeteiligtenvertreter einzuschreiten:
Es trifft zwar zu, dass in § 25 Abs 3 SPG von "Beratung" und "immaterieller Unterstützung" von Gewalt bedrohter Menschen durch die Interventionsstellen die Rede ist und auch im Schrifttum - soweit überblickbar - die Zulässigkeit der Vertretung von betroffenen Personen durch den Beklagten oder dessen Mitarbeiterinnen nicht ausdrücklich bejaht wurde. So spricht Rangger (Das österreichische Gewaltschutzgesetz 217) nur von der Belehrung der bedrohten und misshandelten Frauen über die Möglichkeit bestimmter Antragstellungen, vom gemeinsamen Erarbeiten eines Antrags mit der Klientin, der Begleitung der Gewaltopfer durch die Mitarbeiterinnen als Vertrauenspersonen zu Strafverhandlungen und die Vorbereitung der Opfer auf alle mit eventuellen Prozessen im Zusammenhang stehende Abläufe; "dazu gehört im Konkreten der Anschluss der Klientin als Privatbeteiligte an das Strafverfahren.....".
Dennoch kann dem Beklagten nicht der Vorwurf einer sittenwidrigen Verhaltensweise gemacht werden. Nach § 8 Abs 3 RAO bleiben nämlich von dem in § 8 Abs 2 RAO festgeschriebenen Vertretungsmonopol der Rechtsanwälte auch Parteienvertretungen aufgrund sonstiger gesetzlicher Bestimmungen unberührt. Nach § 50 Abs 1 StPO können Privatbeteiligte ihre Sache selbst führen; sie können sich auch eines in der Verteidigerliste eingetragenen Rechtsbeistands oder eines anderen Bevollmächtigten bedienen. Für die Vertretung der Privatbeteiligten gilt demnach nicht die Anwaltspflicht. Wer also, ohne Rechtsanwalt zu sein, eine Privatbeteiligte in einem Strafverfahren vertritt, verstößt damit - solange er nicht gewerbsmäßig handelt - nicht gegen das Vertretungsmonopol der Rechtsanwälte.
Soweit der Beklagte (durch Mitarbeiterinnen) die Vertretung von Privatbeteiligten übernommen hat, handelte er mangels Entgeltlichkeit nicht gewerbsmäßig.
Mit guten Gründen lässt sich die Auffassung vertreten, dass die Vorgangsweise des Beklagten durchaus dem Zweck des § 25 SPG entspricht. Nicht selten werden von Gewalt betroffene Frauen kaum imstande sein, selbst vor Gericht zu handeln und bedürfen daher eines Vertreters. Da in der StPO aber die Beigebung eines kostenlosen Rechtsbeistands für Privatbeteiligte nicht vorgesehen ist (EvBl 2000/8 mwN), müssen sie sich selbst einen Vertreter wählen. Können sie sich einen Rechtsanwalt nicht leisten, liegt es durchaus nahe, wenn sie eine Mitarbeiterin des Beklagten, zu der sie Vertrauen gefasst haben, mit ihrer (unentgeltlichen) Vertretung betrauen. Aus diesen Erwägungen ist in Stattgebung der vom Beklagten erhobenen Revision das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Ersturteil zur Gänze wiederhergestellt wird.
Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Dabei wird - entgegen der Kostenverzeichnung des Beklagten - für die Revision des Beklagten von einem Wertansatz von einem Viertel des mit 21.801,85 EUR bewerteten Unterlassungsanspruchs und für dessen Revisionsbeantwortung von drei Vierteln des gesamten Klageanspruchs ausgegangen.
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