Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen. Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Verlegerin der Tageszeitungen "K*****" und "N*****". Die Beklagte ist Medieninhaberin und Herausgeberin der Tageszeitung "Kl*****".
In der Ausgabe der "Kl*****" vom 4. 6. 1998 ist auf Seite 32 ein bezahltes Inserat der Firma A***** (in der Folge: Veranstalterin) abgedruckt. Das Inserat enthält ein Gewinnspiel samt Teilnahmebedingungen und Teilnahmekupon. Angekündigt wird, daß "jetzt jede Woche" ein Einkaufsgutschein im Wert von 1.000 S gewonnen werden kann. Die Teilnahme am Gewinnspiel ist an die Bedingung geknüpft, daß der außen auf der Packung einer 2,5 kg- Packung Mehl der Sorte "Fini's Feinstes" abgedruckte EAN-Code (Strichcode für die Preisangabe) auf den Teilnahmekupon geklebt und der Teilnahmekupon sodann mittels Postkarte an die Veranstalterin eingesendet wird. Auf Anregung der Rechtsabteilung der Beklagten wurde bei den insgesamt zehn folgenden Inseraten dieser Serie der Text dahin abgeändert, daß es zur Teilnahme genügt, eine Postkarte mit aufgeklebtem EAN-Code an die Veranstalterin einzusenden.
Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, bei Herstellung, Verlag und/oder Vertrieb periodischer Druckschriften, insbesondere der "Kl*****", unentgeltliche Zugaben anzukündigen und/oder zu gewähren, wenn der Eindruck erweckt wird, daß der Erwerb der periodischen Druckschrift "Kl*****" zur Erlangung der Zugabe notwendig oder förderlich ist, insbesondere durch Abdruck von Teilnahmebedingungen zu einem durchgeführten Gewinnspiel, in welchem für jede Woche eine Gewinnchance auf einen Einkaufs-Gutschein im Wert von 1.000 S angekündigt ist und als Teilnahmebedingung das Einsenden eines aus der Zeitung auszuschneidenden Kupons vorgesehen ist. Es liege eine gem § 9a Abs 1 UWG verbotene Ankündigung einer unentgeltlichen Zugabe vor.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. In der beanstandeten Ankündigung sei nicht die Auslobung eines Gewinnspieles der "Kl*****", sondern der Veranstalterin zu erblicken. Auch werde keine unentgeltliche Zugabe gewährt, weil die Teilnahme am Gewinnspiel an den Erwerb eines Produktes der Veranstalterin geknüpft sei, das 32,20 S koste. Unmaßgeblich sei, daß dieses Entgelt nicht der Zeitung selbst, sondern (als Kaufpreis einer anderen Ware als der Zeitung) einem Dritten zufließe, entstehe doch für den Durchschnittsinteressenten bei flüchtiger Wahrnehmung kein Eindruck der Unentgeltlichkeit der Nebenleistung.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung antragsgemäß. Ausgehend vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt erwog es in rechtlicher Hinsicht, die Leser der "Kl*****" würden aufgrund der Teilnahmebedingungen im ersten Inserat dazu veranlaßt, weitere Exemplare derselben Ausgabe zu kaufen, um ihre Gewinnchancen zu erhöhen, zumal keine Ausweichmöglichkeit zum abgedruckten Teilnahmekupon bestehe. Der zu erwartende Gewinn sei geeignet, infolge seiner Attraktivität und seines nicht unbeträchtlichen Wertes psychischen Kaufzwang auszuüben. Als Zugabe sei schon das Inserat anzusehen, das jedenfalls eine unentgeltliche Nebenleistung zur Zeitung bilde und objektiv geeignet sei, den Kunden in seinem Entschluß zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen. Demgegenüber trete der Erwerb eines Produktes der Veranstalterin vollkommen in den Hintergrund.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die (wenn auch in einem Inserat enthaltene) Ankündigung, daß derartige Gewinnspiele "jetzt jede Woche" veranstaltet würden, wirke im Hinblick auf die Teilnahmebedingungen als Lockmittel zum Erwerb künftiger Ausgaben der Zeitung der Beklagten. Für den Spielinteressenten bestehe aufgrund der Teilnahmebedingungen im ersten Inserat Anlaß, weitere Exemplare derselben Zeitung nicht nur für sich, sondern auch für Familienangehörige, Freunde usw zu kaufen, zumal der Zeitungspreis zuzüglich des Preises für das zu erwerbende Produkt gegenüber dem Wert des Gewinnes kaum ins Gewicht falle.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
Gem § 9a Abs 1 Z 1 UWG kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbrauchern neben periodischen Druckwerken unentgeltliche Zugaben (Prämien) anbietet, ankündigt oder gewährt. Auch die mit dem Kauf einer Zeitung eröffnete unentgeltliche Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel kann unter anderem dann den Tatbestand einer Zugabe erfüllen, wenn die Teilnahmemöglichkeit vom Warenbezug abhängig ist, ohne daß eine gleichwertige Möglichkeit geboten wird, sich auf anderem Weg am Gewinnspiel zu beteiligen (EvBl 1998/158 = MR 1998, 158 = RdW 1998, 465 - Österreich Millionenspiel mwN) oder wenn das Gewinnspiel so regelmäßig veranstaltet wird, daß durch eine solche Aufeinanderfolge in den angesprochenen Leserkreisen der sichere Eindruck erweckt wird, daß auch in künftigen Ausgaben der Zeitung wieder ein (neues) Gewinnspiel oder die Fortsetzung einer begonnen Gewinnspielserie enthalten sein wird (stRsp ua ÖBl 1994, 160 - Bub oder Mädel II; ÖBl 1997, 287 = MR 1997, 227 = WBl 1997, 440 - Krone Aktion; ÖBl 1998, 250 - NEWS-Gewinnspiele; zuletzt 4 Ob 267/98p).
Inserate, Zeitungsbeilagen oder ähnliche Ankündigungen, mit denen Dritte in einer Zeitung zur Förderung ihres eigenen Unternehmens ein Gewinnspiel (Preisrätsel uä) bekanntgeben, werden dann zu einem auch dem Zeitungsunternehmen zurechenbaren Wettbewerbsverstoß, wenn sie von diesem als Lockmittel zur Förderung des Absatzes der eigenen Zeitung eingesetzt werden; dies ist immer dann der Fall, wenn die Gestaltung der Anzeige (der Zeitungsbeilage) den Eindruck einer Abhängigkeit des vom Dritten angekündigten Gewinnspiels vom Kauf eines Exemplars der Zeitung, in der es angekündigt wird, erweckt (ÖBl 1992, 226 - Verführerschein; WBl 1994, 99 = MR 1993, 235 [Korn] - Schnupperfahrschein; ÖBl 1997, 222 - BILLA-Bons).
Die textliche Gestaltung des am 4. 6. 1998 in der Zeitung der Beklagten abgedruckten Inserates läßt keinen Zweifel daran offen, daß der Leser auch in Folgeausgaben derselben Zeitung mit dem Abdruck weiterer Teilnahmekupons rechnen kann, die er - mangels angebotener Alternative - jedenfalls zur Teilnahme am laufenden Gewinnspiel der Inserentin benötigt. Nach den dargestellten Grundsätzen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zum Zugabeverbot wird damit ein verpönter, weil durch unsachliche Motive bewirkter Kaufreiz beim angesprochenen Leserkreis ausgelöst, der dem Zeitungsunternehmen zugutekommt und ihm deshalb auch wettbewerbsrechtlich zuzurechnen ist.
Die Beklagte vertritt in ihrem Rechtsmittel die Ansicht, das für die Annahme einer unzulässigen Zugabe erforderliche Tatbestandsmerkmal der Unentgeltlichkeit sei hier deshalb nicht erfüllt, weil die Teilnahme am Gewinnspiel an den Eintritt einer Bedingung, nämlich den Ankauf einer bestimmten Packung Mehl (somit die Erbringung einer entgeltlichen Leistung an einen Dritten) geknüpft sei. Daß das Entgelt für den Warenerwerb einem Dritten zufließe, sei unerheblich. Der Kunde müsse für die Teilnahme am Gewinnspiel jedenfalls zahlen; damit liege aber eine unentgeltliche Zugabe iSd § 9a UWG nicht vor.
Baumbach/Hefermehl (UWG20 Rz 43 zu § 1 ZugabeVO mwN zur deutschen Lehre) bejahen den Zugabecharakter eines Preisausschreibens dann, wenn der Preis für eine Leistung in Aussicht gestellt wird, die - mag sie auch mühevoll sein - keinen wirtschaftlichen Wert hat; keine Zugabe sei ein Preisausschreiben hingegen dann, wenn der Preis als Entgelt für eine echte Leistung (zB Suchen eines Werbeverses oder Schlagworts) anzusehen ist, mag auch daneben noch ein Kauf nötig sein. Auch Kapferer (Das österreichische Zugabenrecht 59) unterscheidet - offenbar im Anschluß an die deutsche Lehre - zur Unentgeltlichkeit bei Gewinnspielen danach, ob die Gewinnchance für eine echte Leistung oder für eine Leistung versprochen wird, die - mag sie auch mühevoll sein, wie etwa das Lösen eines Preisrätsels - keinen wirtschaftlichen Wert hat. Die Rechtsprechung hat die Lösung eines Fehlersuchspiels (SZ 45/43 = ÖBl 1972, 128 - M-Familienspiel) oder das Einsenden eines Aufsatzes oder einer Zeichnung (ÖBl 1991, 120 = WBl 1990, 379 [Nitsche] = ecolex 1991, 40 - Gratis-Schwimmkurs) als Leistungen ohne wirtschaftlichen Wert beurteilt.
Der Zweck des Zugabenverbotes wird vornehmlich im Verbraucherschutz gesehen: Die Interessen der Abnehmer und Verbraucher sollen von unsachlicher Beeinflussung durch Zugaben freigehalten werden (Kapferer aaO 42 unter Hinweis auf Mahdi, Die Wettbewerbshandlung im UWG). Das Urteil der Verbraucher soll - etwa bei der Eröffnung einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel - nicht durch Spiellust und das Streben nach Gewinn getrübt werden. Der Kaufentschluß soll im Hinblick auf die Güte und Preiswürdigkeit einer Ware und aufgrund sachgemäßen Warenvergleichs erfolgen, nicht aber mehr oder weniger unbesehen, um den als Köder ausgesetzten Preis zu gewinnen (Baumbach/Hefermehl aaO Rz 155 zu § 1). Im Blick auf diesen Schutzzweck ist die Argumentation der Beklagten nicht überzeugend, daß jede durch den Erwerb einer Zeitung eingeräumte Gewinnchance schon immer dann als entgeltlich (und damit als wettbewerbsrechtlich unbedenklich) zu beurteilen sei, wenn die Teilnahme zusätzlich noch an den Erwerb einer Ware, also eine entgeltliche Leistung, geknüpft sei.
Wird in einem Inserat - wie hier - ein Gewinnspiel eines vom Zeitungsunternehmer verschiedenen Veranstalters angekündigt, an dem teilzunehmen nicht nur den Erwerb der Zeitung, sondern auch einer Ware des Veranstalters erforderlich macht, liegen in Wahrheit zwei Hauptwaren vor, zu denen das Gewinnspiel die Zugabe bildet. Das Tatbestandselement der Unentgeltlichkeit, geht im Verhältnis zwischen dem Zeitungsunternehmen als Abgeber der Hauptware Zeitung und seinen Kunden nicht durch die Notwendigkeit verloren, die Hauptware des Veranstalters entgeltlich zu erwerben.
Auch hier ist zu aber fragen, ob die unentgeltlich gewährte Nebenleistung auch geeignet ist, einen wettbewerbsrechtlich verpönten Anlockeffekt zum Erwerb der Hauptware auszulösen. Dies hängt einerseits davon ab, ob (wie hier zumindest beim ersten Inserat) mangels Alternativen der Erwerb der Hauptware Bedingung der Teilnahme ist, andererseits aber auch davon, ob das Gewinnspiel als attraktiv zu beurteilen ist. Die Attraktivität eines Gewinnspieles, dessen Teilnahme an den Erwerb einer Ware geknüpft ist, wird von verschiedensten Faktoren beeinflußt, darunter etwa die Attraktivität der ausgespielten Preise, die Höhe des Kaufpreises der zu erwerbenden Ware des Veranstalters, aber auch die Art und Verwendbarkeit dieser Ware und der mit ihrem Erwerb verbundenen Aufwand. Diese Kriterien sind im Sinne eines beweglichen Systems in einer Gesamtschau gegeneinander abzuwägen.
Im vorliegenden Fall muß der an der Teilnahme am Gewinnspiel interessierte Leser nur eine Packung eines in praktisch keinem Haushalt fehlenden Grundnahrungsmittels erwerben, das in jedem Lebensmittelgeschäft erhältlich ist und dessen Kaufpreis gegenüber dem als Gewinn ausgespielten Einkaufsgutschein in Höhe von immerhin 1.000 S eine zu vernachlässigende Größe aufweist. Das Gewinnspiel ist daher für große Teile des durch das Inserat angesprochenen Leserkreises als durchaus attraktiv zu beurteilen. Damit ist es aber auch geeignet, einen dem lauteren Wettbewerb widerstreitenden Kaufdruck auf den teilnahmeinteressierten Zeitungsleser auszuüben, der seine Gewinnchance durch mehrere Einsendungen erhöhen will. Es ist den Vorinstanzen daher darin beizupflichten, daß die beanstandete Ankündigung der Beklagten unter das Zugabeverbot des § 9a Abs 1 Z 1 UWG fällt. Dem Revisionsrekurs konnte deshalb kein Erfolg beschieden sein.
Der Ausspruch über die Kosten der Klägerin gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, derjenige über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1, § 52 ZPO.
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