Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig, die beklagte Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
In der Ausgabe Nr. 41/90 der "ÖSTERREICHISCHEN BAUZEITUNG" vom 13.10.1990 erschien auf Seite 25 folgende Werbeeinschaltung der Klägerin:
Abbildung nicht darstellbar!
Auf Seite 21 derselben Ausgabe fand sich folgendes Inserat der Beklagten:
Abbildung nicht darstellbar!
Eine gleiche Werbeankündigung der Klägerin war schon - im Format einer halben Seite - im "Keferfeld-Oed-Journal Nr. 4/1989" und - in wesentlich kleinerem Format - in der "Österreichischen Bürgermeister-Zeitung Nr. 35/36" vom 20.12.1989 veröffentlicht worden.
Anders als in den nur in schwarzer Farbe gedruckten Inseraten der Klägerin waren im Inserat der Beklagten die Buchstabenkombination "KHD" samt den rechts und links davon waagrecht verlaufenden Seitenlinien, die in die Rohre gesetzten Abbildungen und Schriften sowie die Worte "Umwelt-Spezialist" und "Tiefbau-Produkte" samt ihrer Unterstreichung in blauer Farbe gehalten. Das Inserat der Klägerin war vom Gatten der Beklagten, Ing.Gerhard D*****, während seiner Tätigkeit als Angestellter der Klägerin für diese entworfen worden. In der Werbeeinschaltung im "Keferfeld-Oed-Journal Nr. 4/1989" hatte sich deshalb in der Öffnung des rechten Rohres statt der Wasserwelle der Name "ING.D***** befunden.
Mit der Behauptung, daß die Beklagte ihr Inserat jenem der Klägerin bewußt bis ins letzte Detail nachgebildet habe, um bei den einander überschneidenden Kundenkreisen der Parteien Verwechslungen herbeizuführen und so von der langjährigen Bekanntheit der Klägerin und ihrer Produkte Vorteile zu ziehen, begehrt die Klägerin - unter Berufung auf "alle erdenklichen Rechtsgründe, insbesondere auf § 1 UWG" - zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, Inserate veröffentlichen zu lassen, wenn diese den Werbeeinschaltungen der Klägerin nachgestaltet oder ähnlich sind, insbesondere Inserate unter dem Titel "Umwelt-Spezialist für Tiefbau-Produkte", in deren Mitte in charakteristischer Weise eine Rohrleitung dargestellt ist und in denen zwei Balken, die in der Mitte durch zwei symbolisierte Rohre, in deren Innerem sich Wasserwellen befinden, charakteristisch gestaltet sind.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Angesichts der Unterschiede zwischen den Inseraten der Streitteile bestehe weder die Gefahr von Verwechslungen, noch liege eine sittenwidrige Ausbeutung der Leistung der Klägerin vor. An dem Inserat der Klägerin stünden dem Gatten der Beklagten Urheberrechte zu, welche die Klägerin in keiner Weise abgegolten habe.
Der Erstrichter erließ die einstweilige Verfügung. Die Beklagte habe ein charakteristisches Inserat der Klägerin bewußt und auf Täuschung berechnet nachgeahmt und dadurch bei den beteiligten Verkehrskreisen die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt, obwohl eine andersartige Gestaltung durchaus zumutbar gewesen wäre; sie habe daher gegen § 1 UWG verstoßen.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Von einem sittenwidrigen Nachahmen fremder Werbemethoden oder Werbemittel könne hier nicht gesprochen werden: Die Gefahr von Verwechslungen sei deshalb nicht gegeben, weil dem Inserat der Klägerin keine ins Gewicht fallende wettbewerbliche Eigenart zukomme und nicht gesagt werden könne, daß dieses Inserat einen solchen Grad von Bekanntheit erlangt hätte, daß man von einem Fortleben im Gedächtnis des Publikums sprechen könnte. Auch eine unmittelbare Übernahme einer fremden Leistung liege im Hinblick auf die zum Teil doch unterschiedliche Gestaltung der Inserate nicht vor. Das Gestalten solcher Inserate beruhe nach allgemeiner Kenntnis weder auf besonders mühevollen noch auf besonders kostspieligen Leistungen, und es komme ihm auch keine ins Gewicht fallende Originalität zu.
Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstrichters wiederherzustellen.
Die Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen der Meinung der Beklagten zulässig, weil gerade im Immaterialgüterrecht der Oberste Gerichtshof seiner Leitfunktion nur dann gerecht werden kann, wenn er nicht nur die richtige Wiedergabe von Leitsätzen der Judikatur prüft, sondern dort, wo es nach Lage des Falles die Rechtssicherheit, die Rechtseinheit oder die Rechtsentwicklung erfordern, auch die richtige Konkretisierung der unbestimmten Gesetzesbegriffe durch die Vorinstanzen nachvollzieht (ÖBl 1984, 104; ÖBl 1988, 41 und 75; MR 1989, 97 uva); der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.
Die Klägerin hat zwar ihren Unterlassunganspruch in erster Instanz vor allem damit begründet, daß die Beklagte mit dem Nachahmen des mehrfach erwähnten Inserates die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Streitteilen herbeizuführen beabsichtigt habe; sie hat sich aber darauf nicht beschränkt, sondern auch ins Treffen geführt, daß sowohl planmäßiges Handeln als auch die unmittelbare Übernahme eines fremden Werbemittels Sittenwidrigkeit begründen könne (S. 11). Ihren Revisionsrekursausführungen ist insoweit zuzustimmen, als hier tatsächlich eine unmittelbare Leistungsübernahme vorliegt:
Wer ohne jede eigene Leistung, ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen ganz oder doch in erheblichen Teilen glatt übernimmt, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen, macht sich in jedem Fall schmarotzerischer Ausbeutung fremder Leistung schuldig und verstößt damit gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG (SZ 53/35; ÖBl 1981, 16; ÖBl 1987, 95 ua; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 563 Rz 498 zu § 1 dUWG). Das gleiche gilt für die unmittelbare Übernahme eines fremden Werbemittels (ÖBl 1981, 16; ÖBl 1983, 75; Baumbach-Hefermehl aaO 574 ff Rz 532 ff). Ein solches Verhalten ist der Beklagten hier vorzuwerfen: Die Klägerin hatte ein Inserat herstellen lassen, das sich nicht in der bloßen Ankündigung bestimmter Leistungen erschöpfte; vielmehr hatte sie der Werbeeinschaltung eine besondere, graphisch gestaltete und damit stärker ins Auge fallende Gestaltung verliehen. Die Beklagte hat dieses Inserat im wesentlichen übernommen. Sie hat nur an die Stelle des Firmenschlagwortes ("G*****") und der daneben kleingedruckten Firma der Klägerin ihre eigene schlagwortartige Unternehmensbezeichnung gesetzt, statt der Anschriften und Telefonnummern der Klägerin ihre eigenen angeführt, an den beiden daneben gezeichneten Rohren nur ganz geringe Änderungen vorgenommen sowie die werbende Selbstbezeichnung als "UMWELT-SPEZIALIST für TIEFBAU-PRODUKTE" voll übernommen und nur mit blauen statt schwarzen Buchstaben geschrieben und blau unterstrichen; in gleicher Weise hat sie links von der - das Inserat beherrschenden - Abbildung eines "Hobas"-Rohrs die - weitgehend
gleichlautenden - Anwendungsbereiche und rechts das - ebenfalls fast zur Gänze übereinstimmende - "Lieferprogramm" angegeben und dabei jeweils die verwendeten Begriffe - im Gegensatz zur Klägerin - unterstrichen. Von einem eigenen, ins Gewicht fallenden Schaffungsvorgang der Beklagten kann dabei gewiß nicht gesprochen werden. Daß die Gestaltung dieses Inserates für die Klägerin mit Mühe und Kosten verbunden war, ist offenkundig, so daß es dazu keiner ins einzelne gehenden Feststellungen bedarf. Der Einwand der Beklagten, daß ihr Ehegatte, Ing.Gerhard D*****, das Inserat der Klägerin als deren Angestellter entworfen habe, ohne daß seine Urheberrechte abgegolten worden wären, ist rechtlich ohne Bedeutung. Wenn Ing.Gerhard D***** als Angestellter der Klägerin seine Arbeitskraft (ua) zum Entwerfen eines Inserates eingesetzt hat, dann ist das Inserat auf Kosten der Klägerin, welche ja ihren Angestellten zu bezahlen hatte, hergestellt worden. Ob Ing.Gerhard D***** noch irgendwelche Ansprüche gegen die Klägerin hat, ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Ob die (durch einen ihrer Angestellten erbrachte) Leistung der Klägerin besonders mühevoll und kostspielig war und der Klägerin durch das Nachahmen ihres Inserats tatsächlich ein größerer Schaden entstanden ist, ist deshalb unbeachtlich, weil die bei der Beurteilung gebotene Interessenabwägung (Baumbach-Hefermehl aaO 565 Rz 501) zugunsten der Klägerin ausfallen muß, bestand doch für die Beklagte überhaupt keine Notwendigkeit, die Werbeeinschaltung der Klägerin in so weitem Umfang zu übernehmen, ohne auch nur einen ernstzunehmenden Versuch zu machen, trotz der unbeschränkt großen Zahl möglicher Gestaltungen von diesem Vorbild ausreichend Abstand zu halten.
Ist schon aus diesem Grund das beanstandete Verhalten der Beklagten sittenwidrig, dann bedarf es keiner Prüfung der Frage, ob die Beklagte auch die Gefahr von Verwechslungen mit der Klägerin herbeigeführt hat, weil deren nachgeahmte Werbung im Verkehr schon einen solchen Grad von Bekanntheit erlangt hatte, daß man von einem Erinnerungsbild, von einem geistigen Fortleben der Werbung im Gedächtnis des Publikums, sprechen könnte (ÖBl 1988, 41 ua).
Aus diesen Erwägungen war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten der Beklagten stützt sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, 40, 50, 52 ZPO, jener über die Rechtsmittelkosten der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO.
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