OGH 4Ob28/69 (RS0027960)

OGH4Ob28/6925.1.2023

Rechtssatz

Ein Verschulden des Dienstnehmers ist jedenfalls immer dann anzunehmen, wenn der Dienstnehmer die Dienstverhinderung durch sein ungewöhnlich leichtfertiges oder mutwilliges Verhalten herbeigeführt hat, wenn er sich mutwillig Gefahren aussetzt, die erheblich über das bei einer normalen und vernünftigen Lebensweise Übliche hinausgehen. Dies hat namentlich für die durch eine strafbare Handlung verursachte Strafhaft oder mit Recht verhängte Untersuchungshaft und die dadurch bewirkte Dienstverhinderung zu gelten. (Hier: Verwirkung einer für den Fall schuldhafter Nichterfüllung des Dienstvertrages versprochenen Konventionalstrafe bei Verhaftung wegen §§ 81, 312 StG).

Angestellte — Verhinderung — Fortzahlung — Entgelt — Lohn — Gehalt — Mutwillen — Haft — U - Haft — Vertragsstrafe — fahrlässig

 

Normen

ABGB §1154b
ABGB §1336
AngG §8 Abs3 IV

4 Ob 28/69OGH22.04.1969

Veröff: SozM IA/e,765 = Arb 8753 = SZ 42/57; hiezu zustimmend Pfersmann in ÖJZ 1973,314 PJn

8 ObA 77/22iOGH25.01.2023

nur: Ein Verschulden des Dienstnehmers ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn er die Dienstverhinderung durch sein ungewöhnlich leichtfertiges Verhalten herbeigeführt hat, weil er sich mutwillig Gefahren aussetzt, die erheblich über das bei einer normalen und vernünftigen Lebensweise eines Dienstnehmers in dieser Situation hinausgehen. (T1)<br/>Beisatz: Bei Anforderungen an das Verhalten des Dienstnehmers in der Freizeit, die über die behördlich verordneten Verhaltensregeln hinausgehen, ist äußerste Zurückhaltung geboten, weil auch eine Pandemie die Privatsphäre des Dienstnehmers nicht über Gebühr einschränken darf. (T2)<br/>Beisatz: Dass ein Dienstnehmer der COVID-19-Risikogruppe zugehört und im Fall einer Infektion besonders gefährdet ist, kann jedenfalls nicht dazu führen, dass ihm jede Teilnahme am öffentlichen Leben von vornherein versagt wäre. (T3)<br/>Beisatz: Hier: Teilnahme des Klägers, der als Angehöriger der COVID-19-Risikogruppe nach § 735 Abs 3 ASVG dienstfreigestellt war, an einer Sportschützenveranstaltung und Abnehmen der Gesichtsmaske während des Gruppenfotos bei der Siegerehrung, sonst Einhaltung der Sicherheitsvorkehrungen (keine Vertrauensunwürdigkeit). (T4)

Dokumentnummer

JJR_19690422_OGH0002_0040OB00028_6900000_001

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