OGH 4Ob253/04s

OGH4Ob253/04s21.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch Dr. Bernd Schmidhammer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei T***** , vertreten durch Czernich Hofstädter Guggenberger & Partner Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen EUR 115.515,71 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 7. September 2004, GZ 1 R 40/04y-43, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die richterliche Anleitungspflicht nach § 182 ZPO gilt zwar auch im Anwaltsprozess, bedeutet aber keine Verpflichtung des Gerichts, vertretene Parteien über die mit ihrem Vorbringen verbundenen Rechtsfolgen zu belehren oder zu weiterem, ihrem Rechtsstandpunkt dienlichen Vorbringen zu belehren. Die Grenze der richterlichen Anleitungspflicht liegt nämlich dort, wo der Rahmen des behaupteten Anspruchs (der geltend gemachten Einwendung) überschritten wird und der zur Unparteilichkeit verpflichtete Richter Gefahr läuft, "zum Rechtsfreund einer Partei zu werden" (Fasching, Lehrbuch² Rz 656; Fucik in Rechberger, ZPO² § 182 Rz 1). Es entscheiden immer die Umstände des Einzelfalls.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts war nach den Umständen des hier zu beurteilenden Falls nicht überraschend. Die Beklagte hat im Verfahren erster Instanz selbst auf ihren nach Klageeinbringung erklärten Vertragsrücktritt Bezug genommen. Sie hätte daher (auch ohne ausdrückliche Erörterung vor dem Berufungsgericht) erkennen müssen, dass ihr Vertragsrücktritt - sollte nach dem Vorbringen der Klägerin und den vorliegenden Beweisergebnissen von ihrer Vorleistungspflicht ausgegangen werden - nur dann einen Auflösungsgrund bilden kann, wenn ihr eine weitere Zusammenarbeit mit der Klägerin wegen schwerwiegender Erschütterung des Vertrauens in die Person ihres Vertragspartners nicht mehr zumutbar gewesen wäre. Es wäre daher an ihr gelegen gewesen, ihrer Behauptungs- und Beweislast entsprechend Rechnung zu tragen.

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