European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0040OB00251.18T.0129.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Mit seiner auf (soweit für das Revisionsverfahren noch relevant) § 1 Abs 1 Z 1 UWG (Rechtsbruch) gestützten Unterlassungsklage begehrt der Kläger, dem Beklagten das Anbieten einer theoretischen Ausbildung zur Erlangung eines Führerscheins der Klasse A unter Nichteinhaltung der gesetzlich zwingend vorgegebenen Mindestkursdauer zu untersagen.
Das Berufungsgericht wies die Klage ab und ging erkennbar davon aus, dass der klassenspezifische Lehrinhalt auch mit der theoretischen Prüfungsvorbereitung abgedeckt werde, sodass der Beklagte die gebotene Mindestkursdauer einhalte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen zeigt die außerordentliche Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf.
1.1 Nach Ansicht des Klägers lasse das Berufungsurteil offen, ob die Prüfungsvorbereitung auch klassenspezifische Unterrichtseinheiten für den A‑Kurs abdeckte, weshalb das Berufungsurteil derart unzureichend begründet sei, dass es sich nicht überprüfen lasse.
1.2 Die damit geltend gemachte Nichtigkeit ist schon deshalb zu verneinen, weil das Berufungsgericht in seiner Entscheidung eine zeitliche Unterschreitung der vorgeschriebenen Mindestunterrichtszeit ausdrücklich im Zusammenhang mit der abgehaltenen Prüfungsvorbereitung verneinte und damit den (bereits in seiner Entscheidung im Provisorialverfahren begründeten) Rechtsstandpunkt vertrat, dass die fehlende Zeit des (vorangegangen) Theorieunterrichts durch die Prüfungsvorbereitung nachgeholt wurde. Damit ist der zweitinstanzlichen Entscheidung zweifelsfrei zu entnehmen, dass es die vom Kläger im Verfahren vertretene Rechtsansicht ablehnt. Der Vorwurf, das Urteil des Berufungsgerichts sei so mangelhaft gefasst, dass es nicht mit Sicherheit überprüft werden könne (vgl RIS‑Justiz RS0007484) ist unzutreffend und erfüllt daher nicht den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 Fall 1 ZPO.
2.1 Das Berufungsgericht ist von der Richtigkeit der Auslegung des § 64b Kraftfahrgesetz-Durchführungs-verordnung 1967 (KDV) iVm Anlage 10a durch den Beklagten ausgegangen, was die Vertretbarkeit dieser Ansicht im Sinne der Judikatur zum Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch nach § 1 UWG impliziert (RIS‑Justiz RS0124004 [T12]).
2.2 Bei Beurteilung der lauterkeitsrechtlichen Vertretbarkeit einer Rechtsansicht durch den Obersten Gerichtshof sind zwei Prüfungsstufen zu unterscheiden: Schon auf der ersten – für die Beurteilung durch die Vorinstanzen nach § 1 UWG maßgebenden – Stufe geht es nur um die Frage nach einer vertretbaren Auslegung der Normen, um die Verwirklichung eines zurechenbaren Rechtsbruchs bejahen oder verneinen zu können. Auf der zweiten – für die zulässige Anfechtung eines Urteils beim Obersten Gerichtshof gemäß § 502 Abs 1 ZPO hinzutretenden – Stufe geht es sodann nicht um die Frage, ob das Berufungsgericht jene Vertretbarkeitsfrage richtig, sondern nur, ob es sie ohne eine krasse Fehlbeurteilung gelöst hat (RIS‑Justiz RS0124004).
3.1 Für die Beurteilung der Erheblichkeit des Rechtsmittels entscheidende Umstände, warum die lauterkeitsrechtliche Vertretbarkeit vom Berufungsgericht in unvertretbarer Weise angenommen worden sei, zeigt die Revision nicht auf.
3.2 Die KDV ordnet in der Anlage 10a (Kapitel 2 Abschnitt 1.1) den Lehrinhalt „Ablauf der theoretischen Fahrprüfung“ dem klassenspezifischen Lehrinhalt der A‑Klasse (und nicht dem „Basis-Lehrplan“ aller Klassen nach Kapitel 1) zu. Festgestellt wurde, dass der Lehrbeauftragte des Beklagten im Rahmen der Prüfungsvorbereitung auch „erklärt, wie die Computerprüfung abläuft bzw was man bei der Prüfung macht“. Auch diese Feststellung legte das Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde. Wenn es darin – wie oben aufgezeigt – davon ausging, dass die Prüfungsvorbereitung auch klassenspezifische Unterrichtseinheiten für den A‑Kurs abdeckt, hat es im Hinblick auf die Systematik der KDV die Vertretbarkeitsfrage jedenfalls nicht unvertretbar gelöst.
3.3 Schon wegen der referierten Feststellungen zur Prüfungsvorbeitung konnte nämlich vertretbar davon ausgegangen werden, dass diese auch klassenspezifische Lehrinhalte umfasste (nämlich die in der Anlage 10a, Kapitel 2, Abschnitt 1.1 genannten Inhalte). Die sonstigen Feststellungen des Erstgerichts, wonach (gemeint: weitere) Fragen zum A-Kurs (also bezüglich der Abschnitte 1.2 ff, 2 und 3) in den Prüfungsvorbereitungseinheiten nicht beantwortet worden seien, sind zur Klärung des Rechtsbruchs daher nicht von Relevanz. Der Vorwurf, das Berufungsgericht habe entscheidungswesentliche Feststellungen übergangen, kann die Zulässigkeit somit nicht begründen.
4. Die gerügte Mangelhaftigkeit wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). In einer Verfahrensrüge wegen Verletzung der Pflichten des § 182a ZPO hat der Rechtsmittelwerber darzulegen, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er aufgrund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte (RIS‑Justiz RS0037095 [T5]). Mit seinen knappen Ausführungen, dass „der Kläger sein Unterlassungsbegehren selbstverständlich zumindest eventualiter umgestellt bzw ausgedehnt hätte“ erfüllt der Kläger nicht die referierten Anforderungen an die Relevanz einer Mängelrüge.
5. Mangels erheblicher Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)