OGH 4Ob23/75

OGH4Ob23/7510.6.1975

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichteshofes Dr. Wurzinger, Dr. Friedl, Dr. Resch und Dr. Kuderna als Richter in der Rechtssache des Klägers W*, Kammersänger, * Italien, vertreten durch Dr. Ludwig Riemer sen. und jun., Rechtsanwälte in Wien wider die beklagte Partei Republik Österreich (Österreichischer Bundestheaterverband), vertreten durch die Finanzprokuratur, *, wegen S 600.000,-- samt Anhang infolge Rekurses der klagenden und der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS. Wien als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 13. Februar 1975, GZ. 44Cg 16/75‑35, womit das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 24. Juni 1974, 4 Cr 1521/73‑21 auf gehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0040OB00023.75.0610.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Parteien haben die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.

 

Begründung:

Der Kläger behauptet, er habe mit der Direktion der Wiener Staatsoper im Jänner 1971 einen Vertrag für die drei Spielzeiten 1971 bis 1974 abgeschlossen. Danach habe er für einen Zeitraum von jeweils 3 1/3 Monaten an 20 Abenden mit einem Honorar von S 30.000,‑‑ pro Abend zur Verfügung stehen sollen. In der Spielzeit 1971/72 habe der Kläger 20 Abende an der Wiener Staatsoper gesungen und hiefür das Honorar von jeweils S 30.000,‑‑ erhalten. In der Spielzeit 1972/73 sei der Kläger aus Verschulden der beklagten Partei nicht beschäftigt worden, weshalb ihm das Honorar für diese Spielzeit in der Höhe von S 600.000,‑‑ zustehe.

Die beklagte Partei beantragt Abweisung dieses Begehrens, da mit dem Kläger kein 3-Jahresvertrag abgeschlossen worden sei, weil Prof. G* einem solchen Vertragsabschluß nicht zugestimmt habe. Am 5. 1. 1971 habe Frau M* dem Kläger lediglich telefonisch mitgeteilt, daß seine Gagenforderung von S 30.000,‑‑ für den in Aussicht genommenen Jahresvertrag 1971/72 angenommen werde. Hofrat Dr. R* habe dem Kläger einen 3-Jahresvertrag angeboten, eine Einigung sei wegen der Gagenforderung des Klägers nicht zustandegekommen. Hofrat Dr. R* sei nicht befugt gewesen, ohne schriftliche Zustimmung von Prof. G* Verträge über seine Direktionszeit hinaus abzuschließen. In dem mit dem Kläger für die Spielzeit 1970/71 abgeschlossenen Bühnendienstvertrag vom 8. 6. 1970 sei überdies Schriftlichkeit für Änderungen und Ergänzungen zwischen den Parteien vereinbart worden. Ein allfälliger Irrtum von Hofrat Dr. R*über die Dauer des Bühnendienstvertrages sei dem Kläger gegenüber noch rechtzeitig, nämlich vor Beginn der Spielzeit 1972/73, durch ein Schreiben des Generalsekretariates des Österr. Bundestheaterverbandes vom 10. 12. 1971, durch eine Erklärung vom 20. 1. 1972, den Vertrag nicht zu verlängern, und in einer Besprechung vom 17. 4. 1972 aufgeklärt worden. Der Kläger müsse sich die erzielten Gagen während der Spielzeit 1972/73 anrechnen lassen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest:

Der Kläger, ein international bekannter Baß‑Bariton, kam während der Direktion H* an die Wiener Staatsoper. Erstmals sang er im November 1964 und wurde dann auf Grund mehrerer schriftlicher Einjahresverträge verpflichtet. Auch während der Direktion von Hofrat Dr. R* schloß er mehrere Einjahresverträge mit der Staatsoper ab; es wurde lediglich die Abendgage des Klägers wegen nötiger Einsparungen von S 30.000,‑‑ auf S 28.000,‑‑ einvernehmlich herabgesetzt. Mit Vertrag vom 8. 6. 1970 wurde der Kläger dann für die Spielzeit 1970/71 (auf Zeit 1. 9. 1970 bis 31. 8. 1971) für 18‑maliges Auftreten für einen Zeitraum von 3 Monaten für eine Abendgage von S 28.000,‑‑ (für die Rolle des Falstaff von S 35.000,‑‑) verpflichtet.

Im Jahre 1970 erfuhr der Kläger, daß in der Wiener Staatsoper ein Direktionswechsel bevorstehe.

Als Nachfolger des Ende der Spielzeit 1971/72 aus dem Amt scheidenden Direktors Hofrat Dr. R* war Prof. R*, bis dahin Generalsekretär der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, designiert, welcher ab 1. 9. 1972 die Operndirektion führen sollte. Es bestand eine Ministerweisung, daß Hofrat Dr. R* lediglich bis zum Ende der Spielzeit 1971/72 disponieren solle und hinsichtlich weiterreichender Maßnahmen das Einvernehmen mit Prof. G* schriftlich gepflogen werden müsse.

Ende des Jahres 1970 und auch noch Anfang 1971 fanden zwischen Hofrat Dr. R* und Prof. G* mehrere Besprechungen betreffend Engagements des künstlerischen Personals statt. Bei einer dieser Besprechungen – noch vor dem 4. 1. 1971 – kam Hofrat Dr. R* auch auf den Kläger zu sprechen und schlug vor, mit diesem einen Dreijahresvertrag abzuschließen. Obwohl Prof. G* in seinen schriftlichen Unterlagen, die er bei diesen Besprechungen verwendete, beim Namen des Klägers einen Vermerk machte, daß er mit diesem keinen Vertrag abschließen wollte, hat Hofrat Dr. R* in seinen Notizen neben dem Namen des Klägers während einer solchen Besprechung folgenden Vermerk gemacht: „= 3 J, 20 A, Gage gleich“, das heißt: Dreijahresvertrag, für 20 Abende in einer Spielzeit bei gleicher Gage. Möglicherweise auf Grund eines Irrtums nahm Hofrat Dr. R* an, Prof. G* wäre mit dem Abschluß eines Dreijahresvertrages mit dem Kläger einverstanden, obwohl dieser gegen ein Engagement des Klägers war. Das (vermeintliche) Einverständnis von Prof. G* zu einem solchen Mehrjahresvertrag war erforderlich, weil das zweite und dritte Vertragsjahr bereits in die neue Direktion hineinreichen sollte. Sowohl Hofrat Dr. R* als auch Prof. G* verstanden die Ministerweisung, es solle schriftlich das Einvernehmen erzielt werden, dahin, daß sie sich jeweils in ihren Besprechungsunterlagen Notizen machten, ohne diese aber – wie es offensichtlich dem Sinn der Weisung, um Mißverständnisse zu vermeiden, entsprochen hätte – auszutauschen oder miteinander abzustimmen.

Auf Grund einer telefonischen Aufforderung von Hofrat Dr. R* sprach der Kläger am 4. 1. 1971 in der Direktion vor. Hofrat Dr. R* bezog sich dem Kläger gegenüber auf das mit Prof. G* erzielte Einvernehmen und bot ihm den Abschluß eines Dreijahresvertrages an. Schon vorher hatte der Kläger nämlich angedeutet, daß er einen Mehrjahresvertrag anstrebe. Es ist üblich, daß bei Direktionswechsel die Künstler bemüht sind, sich frühzeitig abzusichern. Der Kläger war mit diesem Anbot eines Dreijahresvertrages einverstanden, bat jedoch, daß ihm wieder die Gage in früherer Höhe von S 30.000,‑‑ pro Abend gewährt werde. Hofrat Dr. R* konnte diesbezüglich noch keine Zusage machen, weil er mit Prof. G* das Einvernehmen hinsichtlich einer Abendgage von S 28.000,‑‑ erzielt zu haben glaubte, sagte ihm aber zu, er werde mit Prof. G* über den Gagenwunsch des Klägers sprechen.

Der Kläger wäre auch bereit gewesen, um eine Abendgage von S 28.000,‑‑ in den folgenden drei Spielzeiten aufzutreten, dies im Hinblick auf den besonderen Ruf der Wiener Staatsoper, obwohl er an anderen Opernhäusern ein Mehrfaches dieser Gage erzielen kann.

Im Zuge der Besprechung am 4. 1. 1971 wurde zwischen dem Kläger und Hofrat Dr. R* Einigung darüber erzielt, daß der Kläger einen Dreijahresvertrag (1971 bis 1974) erhalten und an 20 Abenden in je 3 1/2 Monaten pro Spielzeit auftreten solle. Die Frage der Gagenhöhe, S 28.000,‑‑ oder S 30.000,‑‑, wurde noch offen gelassen, und wollte Hofrat Dr. R* dem Kläger darüber erst nach Rücksprache mit Prof. G* Bescheid geben.

Nach dieser Unterredung diktierte Hofrat Dr. R* seiner Sekretärin F* den Aktenvermerk vom 4. 1. 1971 (Beil./B) mit folgendem Wortlaut: „Wien, am 4. Jänner 1971, Dr. R/fm, Aktenvermerk , Besprechung mit Herrn G* bezüglich neuen Vertrag.“

Die Direktion schlägt im Einvernehmen mit Prof. G* vor drei Jahre (1971‑1974) mit 20 Abenden in 3 1/3 Monaten a S 28.000,‑‑. Herr G* will unbedingt die Wiederherstellung seines früheren Honorars von S 30.000,-- haben. Dr. R* erklärt, daß er im Augenblick diesbezüglich keine Zusage machen kann, da die Übereinstimmung mit Prof. G* auf der Basis von S 28.000,-- erzielt wurde. Dr. R* wird aber noch im Laufe dieser Woche mit Prof. G* sprechen und feststellen, ob auch von seinem Standpunkt aus die Möglichkeit besteht, ein Abendhonorar von S 30.000,‑‑ zu garantieren.

Ferner wird Dr. R* Prof. G* fragen, ob Herr G* für die Neuinszenierung Don Giovanni im Jahre 1972 in Aussicht genommen ist, damit Herr G* sich die entsprechenden Termine freihalten kann, Herr G* ersucht um Antwort auf obige Fragen vor seiner Abreise am 12. Jänner 1971." Dieser Aktenvermerk wurde von Hofrat Dr. R* paraphiert; der Kläger erhielt eine Ausfertigung zugemittelt. Obwohl es der Sachlage nach geboten gewesen wäre, eine weitere Ausfertigung dieses Aktenvermerkes auch Prof. G* zukommen zu lassen, hat Hofrat Dr. R* eine Kopie lediglich für sich und für das künstlerische Betriebsbüro vorgesehen.

Wenige Tage nach dem 4. 1. 1971 teilte F* namens Hofrat Dr. R* in einem Telefonat dem Kläger mit, daß die Gage wieder auf S 30.000,‑‑ erhöht werde. Hofrat Dr. R* glaubte mit Prof. G* bei einer mittelbaren Rücksprache das Einvernehmen hinsichtlich der Gagenerhöhung erzielt zu haben und gab daraufhin F* den Auftrag, dem Kläger mitzuteilen, daß die Abendgage wieder auf die ursprüngliche Höhe von S 30.000,‑‑ erhöht werde. Weiters teilte F* dem Kläger mit, er könne sich eine schriftliche Ausfertigung des Aktenvermerkes über die Besprechung vom 4. 1. 1971 beim Portier des Bühneneinganges K*straße abholen. Die schriftliche Ausfertigung des Vertrages sollte erfolgen, nachdem die für die Spielzeit 1971/72 vorgesehenen Abende fixiert waren. Da dann der Kläger für die Neuinszenierung der Oper „Manon“ (J. Massenet) in der Partie des Comte des Grieux mitwirken sollte, waren mehrfache Terminverschiebungen nötig, sodaß sich die schriftliche Ausfertigung des Vertrages verzögerte. Später unterblieb dann die schriftliche Ausfertigung des Vertrages, weil es zwischen Hofrat Dr. R* und Prof. G* zu unterschiedlichen Auffassungen darüber kam, ob dieser jenem sein Einverständnis dazu erteilt hat, dem Kläger einen Dreijahresvertrag zu geben.

In der Spielzeit 1971/72 erhielt der Kläger zwanzigmal die erhöhte Gage von S 30.000,‑‑ ausbezahlt, obwohl er nicht an 20 Abenden auftrat; es wurde ihm nämlich die verlängerte Probezeit für die Neuinszenierung von „Manon“ teilweise dadurch abgegolten, daß ihm dafür auch Abendgagen gewährt wurden.

Der Kläger drängte nicht auf die vorgesehene schriftliche Ausfertigung des mit ihm mündlich vereinbarten Dreijahresvertrages, weil er glaubte, sich im Hinblick auf den Ruf der Wiener Staatsoper auf die mündliche Zusage von Hofrat Dr. R* in Gegenwart von F* verlassen zu können, zumal ihm auch eine schriftliche Ausfertigung des Aktenvermerkes vom 4. 1. 1971 (Beil./B) zugemittelt worden war.

Im Dezember 1971 richtete der Kläger ein Schreiben an Prof. G*, in welchem er seine besondere Freude über den ihm angebotenen Zweijahresvertrag ausdrückte, sein Rollenverzeichnis mitteilte und bat, den Guglielmo („Cosi fan tutte“) und den Warlam („Boris Godunow“) singen zu dürfen. In diesem Schreiben bezieht sich der Kläger gegenüber Prof. G* auf den „ihm angebotenen Zweijahresvertrag“. Der Kläger wußte zwar, daß er auf Grund der Vereinbarung vom 4. 1. 1971 vertraglich für zwei Jahre der Direktion Prof. G* gebunden sei, doch gebrauchte er aus Höflichkeitsgründen im Verkehr gegenüber einer hochgestellten Person wie dem Operndirektor den Ausdruck „Anbot“.

Im Jänner 1972 überbrachte Generalsekretär J* Hofrat Dr. R* eine Menge von vorgeschriebenen Erklärungen, daß diverse mit dem 31. August 1972 ablaufende Verträge nicht verlängert werden. Diese Schreiben wurden in Gegenwart von F* von beiden unterzeichnet. Als Hofrat Dr. R* zu dem an den Kläger gerichteten Schreiben kam, machten sowohl dieser als auch F* den Einwand, daß diese Erklärung sachlich unrichtig sei, weil mit dem Klägerin ein Dreijahresvertrag abgeschlossen worden sei. Da solche Erklärungen vielfach routinemäßig abgegeben werden und im Falle ihrer Unrichtigkeit relativ leicht rückgängig gemacht werden, unterfertigte Hofrat Dr. R* schließlich dieses Schreiben, welches folgenden Wortlaut hat:

„Sehr geehrter Herr G*!

Die Direktion der Wiener Staatsoper beehrt sich, Ihnen mitzuteilen, daß Ihr am 31. August 1972 ablaufender Vertrag in der bisherigen Form nicht verlängert wird.

Die designierte Direktion wird bemüht sein, mit Ihnen über den Abschluß eines neuen Vertrages unter geänderten Bedingungen zu verhandeln.

Es wird daher um Ihren werten Besuch bei dem ab 1. Feber 1972 tätigen Leiter des Künstlerischen Betriebsbüros, H*, gebeten.

Mit vorzüglicher Hochachtung

österreichischer Bundestheaterverband

Direktion der Wiener Staatsoper.“

Als der Kläger dieses Schreiben erhielt, nahm er an, der Direktion der Wiener Staatsoper sei ein Irrtum unterlaufen, zumal er schon seit mehreren Jahren für diese künstlerisch tätig und er auch im Besitz eines Schriftstückes über einen Dreijahresvertrag war (AV vom 4. 1. 1971, Beil./B). Der Kläger maß dem also keine besondere Bedeutung bei, wesentlich erschien ihm nur, er solle beim Leiter des Künstlerischen Betriebsbüros, Herrn S*, vorsprechen.

Am 17. April 1972 fand eine Besprechung zwischen dem Kläger, Generalsekretär J* und Vizedirektor S* statt. Bei dieser Besprechung wurden die unterschiedlichen Auffassungen des Klägers einerseits und von Generalsekretär J* und Herrn S* andererseits, welche sich auf die ihnen von Prof. G* erteilten Informationen bezogen, besprochen, ohne daß eine Einigung erzielt werden konnte. Der Kläger wies auf den ihm zugemittelten AV vom 4. 1. 1971 hin und beharrte auf seinem Standpunkt, es sei mit ihm ein Dreijahresvertrag bis einschließlich 31. August 1974 abgeschlossen worden.

Noch vor dieser Besprechung vom 17. 4. 1972 richtete der Kläger ein Schreiben an Prof. G*, welches am-12. 4. 1972 bei ihm einlangte, wobei er deutlich darauf hinwies, daß er von der Wiener Staatsoper für drei Jahre verpflichtet worden sei und nochmals um Bekanntgabe der für die nächste Spielzeit in Aussicht genommenen Termine bat. In diesem Schreiben bezog sich der Kläger auch auf seinen Brief vom Dezember 1971 an Prof. G*, auf den er keine Antwort erhalten hatte.

Nach der Besprechung vom 17. 4. 1972 wandte sich der Kläger an seinen Rechtsvertreter, der gegenüber Prof. G* und Generalsekretär J* nochmals den Standpunkt des Klägers geltend machte; hingegen wandte sich der Kläger zur Beseitigung der aufgetretenen Unklarheiten nicht an Hofrat Dr. R*, und zwar wollte er aus Gründen eines gewissen Stolzes sich nicht in der Lage eines Bittstellers an diesen wenden.

In den früheren Jahren hat der Kläger die schriftliche Ausfertigung der Verträge teils beim Portier K* behoben, teils an seine Mailänder Anschrift zugestellt bekommen, teils wurden sie ihm persönlich in der Direktion übergeben. Die Vertragsausfertigungen erhielt er zum Teil vor der betreffenden Spielzeit, zum Teil auch erst nach deren Beginn.

Im Artikel 12 der Allg. Engagement‑Bedingungen, welche einen wesentlichen Bestandteil der früher mit dem Kläger abgeschlossenen Verträge bilden, ist ein Vorbehalt der Schriftform enthalten (Beil./1: „Alle wichtigen geschäftlichen Verhandlungen zwischen der Direktion und den Mitgliedern sind schriftlich zu pflegen, es entfällt daher jede Berufung auf wirkliche oder angebliche mündliche Zusicherungen auf beiden Seiten“). Obwohl diese Engagementbedingungen die Schriftform vorsehen, wurde der Vertrag des Klägers in der Spielzeit 1971/72 ohne schriftliche Ausfertigung erfüllt; es kommt in etwa 10 % der Zahl der gastierenden Sänger vor, daß diese an der Wiener Staatsoper auftreten, ohne daß eine schriftliche Ausfertigung des Vertrages vorhanden ist.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß zwischen den Streitteilen ein 3‑Jahresvertrag abgeschlossen worden sei. Dabei habe es sich nicht um eine Verlängerung des früheren, auf 1 Jahr befristeten, Vertrages vom 8. 6. 1970 gehandelt, sodaß für den neuen Vertrag die im Vertrag vom 8. 6. 1970 vorgesehene Schriftform nicht erforderlich gewesen sei. Hofrat Dr. R* habe auch nicht seine Amtsgrenzen durch Abschluß des Vertrages überschritten, sondern lediglich eine ihm intern durch Ministerweisung gesetzte Schranke seiner Befugnisse nicht beachtet. Diese interne Beschränkung seiner Befugnisse habe aber auf die Rechte eines Dritten keinen Einfluß. Schließlich sei der der beklagten Partei zuzurechnende Irrtum des Hofrat Dr. R*, er habe mit Prof. G* Einverständnis über den dem Kläger zu gewährenden Dreijahresvertrag erzielt, nicht rechtzeitig aufgeklärt worden. Die Nichtverlängerungserklärung vom 20. 1. 1972 sei, da sie nur wenige Monate vor Beginn der Spielzeit 1972/73 abgegeben worden sei, nicht als Irrtumsaufklärung, sondern als verfristete Vertragsbeendigungserklärung (Kündigung) aufzufassen, welche die Rechtsfolgen einer zeitwidrigen Kündigung bzw. unbegründeten Entlassung nach sich ziehe. Nach der außer Streit gestellten Kollektivvertragsbestimmung habe eine Anrechnung im Sinne des § 40 Abs. 2 Schauspielergesetz erst bei einem 4 1/2 Monate übersteigenden Zeitraum zu erfolgen. Da der Kläger der beklagten Partei in der Spielzeit 1972/73 an 20 Abenden innerhalb eines Zeitraumes von 3 1/3 Monaten habe zur Verfügung stehen sollen, sei keine Anrechnung vorzunehmen, weshalb dem Kläger das geforderte Entgelt ohne Einschränkung zustehe.

Über Berufung der beklagten Partei hob das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf und trug diesem neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Berufungsgericht übernahm nach Neudurchführung der Verhandlung gemäß § 25 Abs. 1 Z. 3 ArbGerGes die Feststellungen des Erstgerichtes. Rechtlich teilte es zunächst die Auffassung des Erstgerichtes, daß zwischen den Streitteilen bei der Besprechung vom 4. 1. 1971 ein Bühnendienstvertrag auf 3 Jahre mit 20 Auftritten des Klägers in 3 1/3 Monaten pro Spielzeit gegen eine Gage von S 30.000,‑‑ pro Abend rechtswirksam abgeschlossen worden sei. Hiebei habe es sich um den Abschluß eines neuen Vertrages und nicht um die Verlängerung des früheren Vertrages (vom 8. 6. 1970) gehandelt, weil nach dem Parteiwillen für die Zeit ab der Spielzeit 1971/72 ausdrückliche Vereinbarungen getroffen worden seien, sodaß eine stillschweigende oder fiktive Verlängerung des früheren Vertrages, die an sich möglich gewesen wäre, nicht in Frage komme. Die Vereinbarung der Schriftform habe sich nur auf den früheren Vertrag bezogen, sodaß sie für den Abschluß des neuen Vertrages belanglos sei. Der Vertrag sei vom Kläger auch mit dem vertretungsbefugten Organ der beklagten Partei abgeschlossen worden. Interne, nicht publizierte Ermächtigungsschranken könnten dem Kläger nicht entgegengehalten werden. Selbst wenn Dr. R*ein Irrtum über die Zustimmung von Prof. G* zum Abschluß eines 3‑Jahresvertrages unterlaufen sein sollte, könnte eine darauf gestützte Anfechtung des Vertrages mit dem Kläger keinen Erfolg haben, weil der „Irrtum„ keineswegs rechtzeitig aufgeklärt worden sei, da der Kläger den Vertrag während der ersten der 3 vorgesehenen Spielzeiten bereits erfüllt habe. Die Erklärung der beklagten Partei vom 20. 1. 1972 sei nicht als Kündigung (eines unbefristeten Dienstverhältnisses), sondern als Ablehnung des (ausdrücklichen oder stillschweigenden) Antrages des Dienstnehmers, den mit Ende der Spielzeit befristeten Dienstvertrag zu verlängern, zu verstehen gewesen. Der Wille des Dienstgebers sei nämlich nicht auf vorzeitige Beendigung eines auf längere Zeit vereinbarten Dienstverhältnisses, sondern darauf gerichtet gewesen, eine Verlängerung des seiner irrigen Meinung nach mit Ende der Spielzeit befristeten Dienstvertrages zu verhindern. Dasselbe gelte für die Erklärungen bei der Besprechung vom 17. 4. 1972. Dem Kläger stehe daher gemäß §§ 50 SchauSpGes. 1155 ABGB das Entgelt für die durch Umstände auf Seiten des Dienstgebers nicht zustande gekommenen Dienstleistungen in der Spielzeit 1972/73 zu, doch müsse er sich anrechnen lassen, was er infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt habe. Da die beklagte Partei eingewendet habe, der Kläger müsse sich die während der Spielzeit 1972/73 erzielten Gagen anrechnen lassen, müsse noch geprüft werden, ob und in welchem Ausmaß der Kläger Ersparnisse oder einen Erwerb hatte, für welche das Unterbleiben der vereinbarten Dienstleistungen ursächlich war.

Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes wenden sich die Rekurse beider Teile. Der Kläger beantragt die Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes, allenfalls die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Auftrag zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht. Die beklagte Partei beantragt Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Auftrag an das Berufungsgericht, in der Sache neuerlich zu entscheiden.

Die Rekurse sind nicht berechtigt.

Der Kläger macht geltend, daß die beklagte Partei durch ihre Erklärung vom 20. 1. 1972 klar zu erkennen gegeben habe, daß der mit dem Kläger geschlossene Bühnendienstvertrag mit Ende der Spielzeit 1971/72 beendet sein soll. Die beklagte Partei habe als Folge dieser Erklärung eine weitere Beschäftigung des Klägers abgelehnt. Diese Erklärung sei daher vom Erstgericht richtig als Entlassungserklärung gewertet worden, sodaß eine Anrechnung eines anderweitigen Dienstes auf das zustehende Entgelt mit Recht abgelehnt worden sei. Eine solche Anrechnung sei aber auch deswegen nicht möglich, weil der Zeitraum, während dessen der Kläger der Wiener Staatsoper zur Verfügung stehen sollte, nicht festgelegt worden sei und daher nicht festgestellt werden könne, während welcher Zeit der Kläger bei Erfüllung des Dienstvertrages tatsächlich dort beschäftigt gewesen wäre. Es müsse aber der Zeitraum, in welchem die Dienstleistungen zu erbringen sind, feststehen, um einen anderweitigen Verdienst anrechnen zu können, weil dafür nur jener in Frage komme, der während dieses Zeitraumes infolge Unterbleibens der vereinbarten Dienste erzielt werden konnte oder zu erzielen gewesen wäre. Der Kläger habe aber durch das Unterbleiben der Dienstleistungen keine Freizeit gewonnen, weil die Termine der vereinbarten Auftritte nicht bekannt gegeben worden seien. Es könne daher nicht gesagt werden, daß ein anderweitiger Verdienst oder eine anderweitige Verdienstmöglichkeit mit der Zeit des Unterbleibens der vereinbarten Dienste zusammengefallen sei. Auf fiktive Zeiträume könne die Anrechnung nicht abgestellt werden, da sonst der Dienstgeber bereichert würde. Die Sache sei daher im Sinne des Klagebegehrens spruchreif.

Die beklagte Partei wendet sich gegen die Auffassung, daß zwischen den Streitteilen ein Bühnendienstvertrag für 3 Jahre zustandegekommen sei. Am 4. 1. 1971 sei noch keine Einigung über die Gage des Klägers, somit einen wesentlichen Bestandteil des Vertrages erzielt worden. Beim Ferngespräch mit der Zeugin M* sei nur über die Höhe der Gage, nicht aber auch über die anderen wesentlichen Vertragspunkte gesprochen worden, sodaß auch hiebei kein Vertrag zustande gekommen sei; überdies sei die Zeugin M* auch nach außenhin erkennbar zum Abschluß eines Vertrages nicht berechtigt gewesen. Mangels einer Nichtverlängerungserklärung sei vielmehr der 1‑Jahresvertrag vom Jahre 1970 um ein weiteres Jahr verlängert worden; darauf habe sich auch die Erhöhung der Gage des Klägers und die Leistung der Dienste während der Spielzeit 1971/72 bezogen. Am 4. 1. 1971 sei somit kein neuer Vertrag geschlossen worden; die Besprechung habe sich auf den automatisch verlängerten bestehenden Vertrag bezogen, sodaß auch das in diesem festgelegten Erfordernis der Schriftform hätte erfüllt werden müssen. Die Aufklärung des Irrtums des Dr. R* über eine Zustimmung Prof. G* sei rechtzeitig erfolgt, da der Kläger nach der Mitteilung des Irrtums im Gespräch vom 17. 4. 1972 über die entfallenden Termine noch anderweitig verfügen konnte. Die Weisung an Dr. R*, über seine Amtszeit hinauswirkende Handlungen nur mit schriftlicher Zustimmung Prof. G* vorzunehmen, sei objektiv auszulegen; da sie nicht beachtet worden sei, sei der geschlossene Vertrag nichtig. Das Klagebegehren sei daher ohne weitere Beweisaufnahmen abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Diese Ausführungen sind nicht stichhältig.

Zur Frage, ob zwischen den Streitteilen ein Bühnendienstvertrag auf 3 Jahre ab der Spielzeit 1971/72 rechtswirksam abgeschlossen wurde, ist zunächst hervorzuheben, daß nach dem Willen der Parteien nicht der bestehende 1‑Jahresvertrag abgeändert oder (um ein weiteres Jahr) verlängert, sondern ein neuer Vertrag abgeschlossen werden sollte. Es wurde bewußt keine bloße Verlängerung des bestehenden Vertrages angestrebt, weil der Kläger angedeutet hatte, daß er einen Mehrjahresvertrag wünsche; dieser Wunsch entsprach der Übung, daß Künstler bei Direktionswechsel bemüht sind, sich abzusichern. Darüber wurde zwischen dem Kläger und Dr. R* auch Einigung erzielt. Die Behauptung der beklagten Partei, die Besprechung vom 4. 1. 1971 habe sich auf eine Verlängerung des bestehenden Vertrages bezogen, steht im Widerspruch zum festgestellten Sachverhalt. Es ist, wie das Berufungsgericht schon hervorgehoben hat, unerheblich, ob man davon ausgeht, daß die Einigung schon bei der Besprechung vom 4. 1. 1971 auf der Grundlage einer Gage von S 28.000,-- je Abend erzielt wurde und der Kläger, der nach den getroffenen Feststellungen bereit gewesen wäre, den Vertrag auch mit dieser Gage anzunehmen, trotz der erzielten Einigung noch den Wunsch äußerte, nach Möglichkeit die Gage auf S 30.000,-- je Abend zu erhöhen, oder ob der Vertragsabschluß erst nach der Zusage dieser gewünschten Höhe der Gage angenommen wird. Über diese wurde nämlich ohnehin auch eine Einigung erzielt, da Dr. R* dem Wunsch des Klägers entsprach. Daß er dies dem Kläger nicht selbst bekanntgab, sondern durch seine Sekretärin mitteilen ließ, ändert nichts daran, daß die Zusage von ihm gemacht wurde. Der Einwand der beklagten Partei, daß die Sekretärin zu einer solchen Zusage nicht berechtigt gewesen sei, ist daher nicht stichhältig, da die Sekretärin die Zusage weder im eigenen Namen noch als Vertreterin der beklagten Partei machte, sondern nur als Botin, die von Dr. R* gegebene Zustimmung an den Kläger weiterleitete. Diese Zusage kann auch nicht, wie die beklagte Partei meint, losgelöst vom Gespräch vom 4. 1. 1971 für sich allein betrachtet werden. Sie war vielmehr eine Ergänzung dieses Gespräches, mit welcher der geschlossene Vertrag hinsichtlich der Höhe der Gage dem Wunsch des Klägers entsprechend geändert oder – falls man davon ausgeht, daß beim Gespräch vom 4. 1. 1971 der Vertrag noch nicht geschlossen wurde – das Gegenangebot des Klägers angenommen wurde. In jedem Fall blieben alle Punkte, über die bei dieser Besprechung schon Einigung erzielt wurde, insbesondere die Bestimmung der Vertragsdauer, Inhalt des Vertrages.

Da den Vertragschließenden klar war, daß ein neuer Vertrag geschlossen und nicht der bestehende Vertrag verlängert oder abgeändert werden sollte, scheidet die Annahme einer stillschweigenden Verlängerung des bestehenden Vertrages, auch wenn eine solche an sich möglich und vorgesehen war, aus. Der Parteiwille war vielmehr darauf gerichtet, anstelle einer Vertragsverlängerung einen neuen Vertrag mit mehrjähriger Dauer abzuschließen. Bei dieser Sachlage bedurfte es keiner Erklärung, den bestehenden Vertrag nicht zu verlängern, um dessen Beendigung mit der Spielzeit 1970/71 eintreten zu lassen. Aus demselben Grunde bedurfte es aber auch zur Gültigkeit der Vereinbarung über den 3‑Jahresvertrag nicht der Einhaltung der Schriftform, die im bestehenden Vertrag für Ergänzungen oder Änderungen vorgesehen war; dieser Formvorbehalt bezog sich nur auf den bestehenden Vertrag, hatte aber für den Abschluß eines neuen Vertrages keine Wirkung.

Die beklagte Partei kann sich aber auch nicht darauf berufen, daß der von Dr. R* für 3 Jahre abgeschlossene Vertrag für sie nicht verbindlich sei, weil die erforderliche Zustimmung seines Nachfolgers, des Prof. G*, gefehlt habe. Dazu ist zu berücksichtigen, daß es zum Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich des Staatsoperndirektors gehörte, Bühnendienstverträge über eine Tätigkeit an der Staatsoper Wien abzuschließen, und Dr. R* zur Zeit der Vereinbarung mit dem Kläger den Posten des Staatsoperndirektors bekleidete. Die Befugnisse des Staatsoperndirektors zum Abschluß von Bühnendienstverträgen waren grundsätzlich nicht an die Zustimmung oder Genehmigung einer anderen Stelle gebunden. Sie waren allerdings zur Zeit des Vertragsabschlusses mit dem Kläger durch die Weisung eingeschränkt, hinsichtlich solcher Maßnahmen, die über die Spielzeit 1971/72 hinausreichen, das schriftliche Einvernehmen mit Prof. G* herzustellen. Das war dem Kläger auch bekannt, da Dr. R* bei der Besprechung vom 4. 1. 1971 den 3‑Jahresvertrag unter Berufung auf das mit Prof. G* erzielte Einvernehmen anbot. Eine Prüfung, ob dieses Einvernehmen tatsächlich bestand, war dem Kläger vernünftigerweise nicht zuzumuten. Er hatte auch keinen Grund an der Richtigkeit der Darstellung des Dr. R* zu zweifeln. Eine derartige nicht kundgemachte und praktisch nicht überprüfbare Beschränkung des Zuständigkeitsbereiches eines an sich vertretungsbefugten Organes der öffentlichen Hand kann einem Vertragspartner, der sie weder kannte noch kennen mußte, nicht entgegengehalten werden (vgl. Just ÖJZ 1952 421 f., Bydlinski JB1 1968 9 ff. insbesondere 16). Dem steht auch nicht entgegen, daß unter Berufung auf § 867 ABGB wiederholt ausgesprochen wurde, daß die Erklärungen eines Organes (Beamten) des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde nur soweit verbindlich sind, als sie innerhalb der dem Organ (Beamten) eingeräumten Vertretungsmacht abgegeben werden (SZ 41/123 EvBl 1974/158 ua.). In diesen Fällen handelte es sich nämlich jeweils um eine Beschränkung der Vertretungsmacht durch „Gesetz“ (z.B. Gemeindeordnung) oder „öffentlich bekannt gemachte Vorschriften“, deren Unkenntnis dem Vertragspartner nicht entschuldigen könne, weil er sich darum kümmern müsse (SZ 8/115). Diese Begründung versagt aber jedenfalls für den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung, wenn im Einzelfalle die dem Organ (Beamten) zustehende Befugnis durch Weisungen beschränkt wird, deren Bestand und Inhalt mangels irgendeiner „Kundmachung“ einem Außenstehenden unbekannt bleibt und bei denen die Überprüfung, ob sie eingehalten wurde, einem Außenstehenden unmöglich oder doch vernünftigerweise nicht zumutbar ist. Es ist somit gegenüber dem gutgläubigen Kläger unerheblich, ob die Weisung über die Herstellung eines Einvernehmens zwischen Dr. R* und Prof. G* beachtet wurde. Es bedarf auch keiner Erörterung der Frage, ob der Irrtum des Dr. R* über eine Zustimmung Prof. G* zum Abschluß eines 3‑Jahresvertrages mit dem Kläger noch rechtzeitig aufgeklärt wurde, da sich dieser Irrtum nicht auf das Rechtsgeschäft mit dem Kläger bezog und schon deswegen unbeachtlich wäre. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß zwischen den Streitteilen ein Bühnendienstvertrag für 3 Jahre ab der Spielzeit 1971/72 rechtswirksam abgeschlossen wurde.

Damit erweist sich der Rekurs der beklagten Partei als unberechtigt.

Der Auffassung des Klägers, daß dieser Vertrag durch die Erklärung der beklagten Partei vom 20. 1. 1972 mit Ende der Spielzeit 1971/72 vorzeitig aufgelöst worden sei, kann nicht zugestimmt werden. Richtig hat das Berufungsgericht darauf verwiesen, daß diese Erklärung der beklagten Partei nicht von der Absicht getragen war, einen mit dem Kläger geschlossenen Bühnendienstvertrag vor Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer zu beenden, sondern den Zweck hatte, einer Verlängerung des Vertrages über die irrtümlich angenommene Dauer von 1 Jahr hinaus, vorzubeugen. Eine Erklärung der vorzeitigen Auflösung eines Dienstvertrages muß aber die ernsthafte Absicht zum Ausdruck bringen, das Arbeitsverhältnis sofort für die Zukunft trotz einer über diesen Zeitpunkt hinaus vorgesehenen und vereinbarten Vertragsdauer durch diese einseitige Erklärung zu beenden (ArbSlg 8.341, JB1 1964 490). Dieses wesentliche Erfordernis einer Erklärung der vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses fehlt aber, wenn die Mitteilung lediglich dahingeht, daß das Dienstverhältnis über die – wenn auch irrtümlich angenommene – vertraglich vorgesehene und vereinbarte Dauer hinaus nicht fortgesetzt werde. In einem solchen Fall wird keine einseitige und vorzeitige Beendigung des Dienstvertrages angestrebt. Eine solche Erklärung kann daher auch nicht als eine „Kündigung“ aufgefaßt werden, weil auch für eine Kündigung der Wille zur einseitigen Beendigung des Dienstverhältnisses wesentlich ist (ArbSlg 7.990). Der Bühnendienstvertrag war daher auch noch während der Spielzeit 1972/73, für die der Kläger sein Entgelt verlangt, aufrecht. Das Begehren des Klägers auf Zahlung dieses Entgeltes ist grundsätzlich berechtigt, weil seine Dienstleistung durch Umstände, die auf Seiten der beklagten Partei lagen, nämlich das Unterlassen der Bekanntgabe von Terminen durch die beklagte Partei, unterblieb.

Auf das ihm zustehende Entgelt muß sich aber der Kläger gemäß §§ 50 SchauSpGes 1155 ABGB das anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Die anzurechnende Ersparnis oder den anrechnungspflichtigen Erwerb muß die beklagte Partei behaupten und beweisen (ArbSlg 7.452, JBl 1959 156). Voraussetzung für die Anrechnung ist, daß das Unterbleiben der Dienstleistung, für die das Entgelt gefordert wird, für die Ersparnis, den anderweitigen Erwerb oder die anderweitige Verdienstmöglichkeit ursächlich war (Adler-Höller-Klang 2 V/286 Martinek Schwarz AngGes. 457, ArbSlg. 7.452). Daß die Zeiten, während welcher die unterbliebenen Dienste zu leisten gewesen wären, genau feststehen müßten, um die Möglichkeit bejahen zu können, daß deren Unterbleiben für den anderweitigen Erwerb oder eine anderweitige Verdienstmöglichkeit ursächlich war, ist in dieser Allgemeinheit nicht richtig (vgl. auch ArbSlg 7.452: "..... solange nichts anderes feststeht, kommt es auf den zeitlichen Zusammenfall des Unterbleibens der Arbeit und des anderweitigen Verdienstes an“). Es ist eine Beweisfrage, ob vom Dienstgeber im Einzelfall anrechnungspflichtige Beträge auch dann nachgewiesen werden können, wenn die Zeit der vorgesehenen, aber dann unterbliebenen Dienste noch nicht festgelegt war. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, daß die Gesamtdauer der vereinbarten Dienste mit 3 1/3 Monaten je Spielzeit feststeht und für die zeitliche Lage der Dienstleistung dadurch ein Rahmen gegeben ist, daß sie während einer Spielzeit zu erbringen war. Es ist durchaus möglich, daß der Kläger, der selbst vorbringt, ein international gefragter und beschäftigter Sänger zu sein, während der Spielzeit 1972/73 wegen des Unterbleibens einer Dienstleistung an der Wiener Staatsoper anderweitig voll beschäftigt war oder doch beschäftigt hätte sein können, woraus notwendig folgt, daß das Unterbleiben der vorgesehenen Dienstleistungen für einen anderweitigen Erwerb oder eine anderweitige Verdienstmöglichkeit ursächlich gewesen sein konnte. Zur Höhe, die allenfalls unter Anwendung der Bestimmung des § 273 ZPO zu bestimmen ist, wird aber die Beweislast der beklagten Partei zu berücksichtigen sein. Die Möglichkeit einer Anrechnungspflicht kann aber entgegen der Ansicht des Klägers vor Klärung des Sachverhaltes noch nicht verneint werden, sodaß auch der Rekurs des Klägers gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes nicht berechtigt ist.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 40, 50, 52 ZPO.

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