European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00211.16G.1122.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Am Tag der Scheidung der Ehe der Streitteile am 27. 4. 2004, wobei ausgesprochen wurde, dass den Kläger das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe im Sinn des § 61 Abs 3 EheG treffe, schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem sich der Kläger zur monatlichen Unterhaltsleistung in Höhe von 965 EUR an die Beklagte verpflichtete. Ausdrücklich festgehalten wurde ein jährliches Nettodurchschnittseinkommen des Klägers von 55.151,14 EUR für das Jahr 2003 samt drei Sorgepflichten und kein Einkommen auf Seiten der Beklagten. Auch hinkünftig sollte ein geringfügiges Einkommen der Beklagten keine Rolle spielen und der Kläger Ehegattenunterhalt „nach der 33 %‑Methode“ leisten. Sollte die Beklagte zukünftig mehr als ein geringfügiges Einkommen beziehen, „gilt zur Berechnung die 40 %‑Methode“.
Am 17. Februar 2011 modifizierten die Streitteile den seinerzeitigen Unterhaltsvergleich im Hinblick auf den Pensionsantritt des Klägers. Hiebei wurde festgehalten, dass die Beklagte monatliche Einnahmen von 350 EUR aus der Vermietung einer ihr gehörenden Liegenschaft bezieht und Einnahmen bis zu diesem Betrag für die Unterhaltsbemessung außer Betracht bleiben. Die Beklagte verpflichtete sich, den Kläger im Fall höherer Einnahmen umgehend zu informieren.
Davon ausgehend wies das Berufungsgericht das Rückzahlungsbegehren des Klägers im Ausmaß von 25.607,49 EUR sA wegen in der Vergangenheit nach Ansicht des Klägers überhöht geleisteter Unterhaltsbeträge sowie das Begehren auf Feststellung des Erlöschens der Unterhaltspflicht für einen korrespondierenden Zeitraum in der Vergangenheit ab und stellte (nur) fest, dass die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber der Beklagten in Abänderung der genannten Vergleiche für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 2014 nur mehr monatlich 919 EUR, für die Zeit vom 1. Jänner bis 30. September 2015 nur mehr 386 EUR und ab 1. Oktober 2015 nur mehr 406 EUR betrage. Das Berufungsgericht legte dabei seiner Entscheidung die zwischen den Streitteilen im Berufungsverfahren nicht mehr strittigen von den Streitteilen einander gegenseitig nachgewiesenen Erwerbs‑ und Pensionseinkommen zugrunde, lehnte aber eine vom Kläger ins Treffen geführte Berücksichtigung der Wohnkostenersparnis der Beklagten ab. Dem Kläger sei bereits bei Abschluss des ursprünglichen Unterhaltsvergleichs bekannt gewesen, dass der Beklagten aufgrund des gleichzeitig geschlossenen Aufteilungsvergleichs die kaum belastete Ehewohnung verbleibe. Es sei daher gegenüber der Situation bei Abschluss des ursprünglichen, aber auch des modifizierenden Unterhaltsvergleichs keine Änderung der Verhältnisse eingetreten. Auch die Rechtsprechung zur Berücksichtigung einer allfälligen Kostenersparnis habe sich nicht geändert. Darüber hinaus sei die Beklagte auch auf kein höheres Einkommen aus Vermietung oder Verpachtung anzuspannen. Die Beklagte habe dargelegt, dass sie die von ihr einstweilen vermietete Liegenschaft für ihre Kinder zur Verfügung halten wolle und sich daher nur mit Mieteinnahmen von 350 EUR monatlich (zzgl Betriebskosten) begnüge, auch weil die Mieter auf ihre Kosten die laufende Wartung und Betreuung der Liegenschaft übernommen hätten. Der entsprechende Mietvertrag sei dem Kläger überdies bereits seit 2007 bekannt gewesen, er habe sich bei Modifizierung der ursprünglichen Vereinbarung im Jahr 2011 mit den geringen Einkünften aus Vermietung abgefunden. Auf einen durch die Übernahme der Wartung des Hauses durch den Mieter für die Beklagte entstehenden Vermögensvorteil habe sich der Kläger in erster Instanz nicht berufen. Die beiderseits möglichen Kapitaleinkünfte hätten die Streitteile bei Vergleichsabschluss offensichtlich nicht berücksichtigen wollen.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger vermag in seiner außerordentlichen Revision, mit der er sein bislang abgewiesenes Klagebegehren weiterverfolgt, keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs seit 1994 (RIS‑Justiz RS0047248, RS0047254) ist der fiktive Mietwert einer dem Unterhaltsberechtigten überlassenen Wohnung wegen der damit verbundenen Verminderung des Unterhaltsbedarfs ganz oder teilweise als Naturalunterhalt anzurechnen. Diese von älteren Entscheidungen (vgl RIS‑Justiz RS0013521) abweichende Auffassung wurde in der Literatur praktisch einhellig begrüßt (4 Ob 42/10w; 9 Ob 45/16g, je mwN). Eine vom Kläger ins Treffen geführte „tiefgreifende Änderung der bisherigen Rechtsprechung“ zur angemessenen Berücksichtigung der Wohnversorgung des Unterhaltsberechtigten ist ungeachtet vereinzelt gebliebener und in der Literatur kritisierter Entscheidungen nicht zu erkennen, weshalb von Vornherein nicht von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse gesprochen werden kann, die eine Anpassung des vergleichsweise festgelegten Unterhaltsanspruchs rechtfertigen könnte (vgl RIS‑Justiz RS0018984, RS0047398).
2. Ob die Voraussetzungen für eine Anspannung des Unterhaltspflichtigen vorliegen, ist immer aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und bildet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0007096 [T7]). Im Hinblick auf die festgestellte Kenntnis des Klägers von der Vermietung der Liegenschaft der Beklagten, deren ausdrückliche Berücksichtigung in der Modifikation des Unterhaltsvergleichs (Einordnung als geringfügig) und der einvernehmlich getroffenen Regelung, ohne Änderung der Mietzinshöhe die Vermietung bei der Unterhaltsbemessung unberücksichtigt zu lassen, bildet es keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung, eine die Anpassung des Unterhaltsvergleichs rechtfertigende Änderung zu verneinen und von einer Anspannung der Beklagten (Erzielung höherer Mieteinnahmen) abzusehen.
Dies gilt auch für die Ablehnung des Berufungsgerichts, vom Kläger ins Treffen geführte Kapitaleinkünfte oder damit im Zusammenhang stehende Steuergutschriften der Beklagten zu berücksichtigen. Nach den getroffenen Feststellungen war den Streitteilen das Kapitalvermögen wechselseitig aus der Aufteilung der ehelichen Ersparnisse bekannt, sie ließen dieses bzw die daraus jeweils zu beziehenden Erträge bei der vergleichsweise geregelten Unterhaltsbemessung aber außer Betracht. Es liegt nahe, daraus zu schließen, dass jeweils erzielte oder mögliche Kapitaleinkommen auf die Unterhaltsbemessung keinen Einfluss haben sollten.
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