OGH 4Ob207/98i

OGH4Ob207/98i28.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef R*****, vertreten durch Dr. Peter Kunz und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei S***** Bank AG, ***** vertreten durch Dr. Nikolaus Topic-Matutin und Mag. Ralf Staindl, Rechtsanwälte in Salzburg, und die auf seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten 1. Dr. K***** Gesellschaft mbH, ***** 2. Dr. Hubert K*****, beide vertreten durch Dr. Georg Kahlig und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen S 1,455.000,-- sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 24. April 1998, GZ 2 R 11/98w-19, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Beurteilung der strittigen Haftungserklärung Beilage B als abstrakte Bankgarantie steht ungeachtet der in der Revision dagegen erhobenen Einwände mit Gesetz und Rechtsprechung im Einklang:

Der wesentliche Text der von der beklagten Bank ausgestellten und vom Kläger am 20. 7. 1995 nachweislich übernommenen Urkunde Beilage B lautet:

"Wie uns bekannt ist, hat die Firma Dr. K***** GmbH ... laut Beratungsvertrag vom 23. 5. 1995 betreffend die Effizienzverbesserung der Unternehmensbereiche laut Punkt III des Beratungsvertrages als Sicherstellung für die Wirksamkeit der Beratungstätigkeit eine Bankgarantie in der Höhe von ATS 2,910.000 beizubringen.

Dies vorausgeschickt übernehmen wir hiermit auftrags und für Rechnung der o.a. Firma ab 16. 10. 1995 die Haftung bis zum Höchstbetrag von ATS 2,910.000, indem wir uns verpflichten, Ihnen jeden Betrag, höchstens jedoch ATS 2,910.000 insgesamt, welchen Sie gegen unseren vorerwähnten Kunden aus obgenanntem Titel geltend machen sollten, entsprechend dem zugrundeliegenden Beratungsvertrag nach Abschluß der dort definierten Prüfung der Beratungsleistung und Prüfung der Konformität mit dem Grundgeschäft, binnen acht Tagen ab Einlangen Ihrer schriftlichen Aufforderung zu überweisen. ...

Unsere Haftung erlischt ... spätestens am 31. 10. 1996. ..."

Rechtliche Beurteilung

In der Präambel der Erklärung ist sohin als deren Zweck die Beibringung einer Bankgarantie als Sicherstellung für die Wirksamkeit der Beratungstätigkeit (das ist: für die Gewährleistungsverpflichtung der Nebenintervenienten bei Ausbleiben des zugesicherten Beratungserfolges bis zur Höhe des Beratungshonorars) genannt, sodaß davon ausgegangen werden muß, daß die beklagte Bank in Kenntnis und Durchführung dieser Verpflichtung ihres Kunden eine Bankgarantie ausstellen wollte und auch ausstellte (SZ 50/32 uva) und nicht etwa nur eine (für sie leicht anders zu formulierende) Bürgenverpflichtung auf Haftung für einen als berechtigt nachzuweisenden Anspruch des Klägers gegen die Nebenintervenienten übernahm. Zwar fehlen in der vorliegenden Haftungsurkunde die üblichen, auf die Abstraktheit der Bankgarantie hinweisenden Formulierungen wie "auf erste Anforderung ... ohne Prüfung des Rechtsgrundes ...", sondern wird - offenbar mit Vorbedacht der Nebenintervenienten - auf den der Garantieerstellung zugrundeliegenden Vertrag zwischen Kläger und Nebenintervenienten Bezug genommen. Der Einschub "..., entsprechend dem zugrundeliegenden Beratungsvertrag nach Abschluß der dort definierten Prüfung der Beratungsleistung und nach Prüfung der Konformität mit dem Grundgeschäft ..." kann aber im Zusammenhang mit dem übrigen, ihn umgebenden Garantietext bei Auslegung der Urkunde nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs nur dahin verstanden werden, daß im Zeitpunkt der Abforderung der Garantie die im Beratungsvertrag für die Gewährleistungsverpflichtung der Nebenintervenienten detailliert geregelte Prüfung bereits erfolgt sein muß. Die Bezugnahme auf den Beratungsvertrag weist somit nur eine zeitliche Komponente auf. Daß diesem Einschub nicht der Sinn beigelegt werden müßte, eine Inanspruchnahme der Haftung komme nur bei nachgewiesener Berechtigung des Gewährleistungsanspruchs des Klägers gegenüber den Nebenintervenienten in Betracht, beruht somit jedenfalls auf vertretbarer Auslegung der Urkunde durch die Vorinstanz. Sollte der Kläger mit der vorliegenden Haftungserklärung nicht geradezu "hereingelegt" werden, dann ist nach redlicher Verkehrsauffassung auch nur eine Beurteilung der Urkunde als abstrakte, nach Durchführung der (Miß-)Erfolgsprüfung der Beratungstätigkeit durch die Nebenintervenienten abrufbare Bankgarantie denkbar. Dafür sprechen insbesondere die Voranstellung der Verpflichtung zur Beibringung einer Bankgarantie und die zeitliche Begrenzung der Zahlungs-(Haftungs-)verpflichtung der beklagten Bank.

Selbst wenn die Vorinstanzen die von der Beklagten in ihrer Berufung vermißten Feststellungen zur Parteiabsicht (S. 103 f) getroffen hätten, würde das eine andere Auslegung der Haftungserklärung nicht rechtfertigen. Maßgeblich kann nur sein, wie die Erklärung der Beklagten vom Kläger unter Berücksichtigung aller Umstände objektiv verstanden werden mußte (Koziol/Welser10, I 90). Auf die Gespräche zwischen dem zweiten Nebenintervenienten und dem Angestellten der Beklagten kommt es demnach nicht an. Aus den Aussagen der Zeugen M*****, Dipl. Ing. Ferdinand H***** und des zweiten Nebenintervenienten - die sich alle nur auf deren jeweilige eigenen Vorstellungen oder auf das Verhältnis zwischen der Beklagten und ihrem Auftraggeber beziehen - war somit nichts zu gewinnen. Aus den Angaben des Klägers über den Zweck der Bankgarantie läßt sich aber gleichfalls nicht der rechtliche Schluß ziehen, die von der Beklagten abgegebene schriftliche Erklärung wäre objektiv als akzessorische Haftungserklärung zu verstehen gewesen.

Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, muß eine allfällige Undeutlichkeit der Haftungserklärung deshalb zu Lasten der Beklagten gehen, weil sie deren Text zu verantworten hat, stammt er doch jedenfalls nicht vom Kläger (§ 915 ABGB).

Diese Erwägungen führen zur Zurückweisung der außerordentlichen Revision der Beklagten.

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