Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Am 21.10.1983 kam es zwischen der Klägerin als Vermieterin und der Beklagten (damals Ma***** GmbH) als Mieterin zum Abschluß eines schriftlichen Mietvertrages über die Räumlichkeiten in W*****.
Dem Vertragsabschluß waren Gespräche mit Aristides I*****, einem ehemaliger Geschäftsführer der Klägerin, vorausgegangen, der ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, daß eine Vermietung als Wohnung wegen der baurechtlichen Widmung der Räumlichkeiten als Büro nicht in Frage komme und außerdem die Mietzinsbildung bei Geschäftsräumen für den Vermieter günstiger sei. Aristides I***** war bereits 1981 als Geschäftsführer der Klägerin ausgeschieden.
Die Unterfertigung des Mietvertrages erfolgte schließlich nach Besprechung und Besichtigung auf Seiten der Klägerin durch den damaligen Geschäftsführer D***** sowie auf Seiten der Beklagten durch den damaligen Geschäftsführer Mohamed A*****. Noch am selben Tag wurde von beiden Parteien ein Nachtrag zum Mietvertrag unterfertigt, wodurch § 1 des Mietvertrages dahin abgeändert wurde, daß Mietgegenstand nicht wie in Punkt 1 die Wohnung, sondern laut Punkt 3 Geschäftsräume seien.
Die gemieteten Räumlichkeiten wurden anfangs vorwiegend als Büro verwendet; ein Raum diente als Schlafgelegenheit für die Gesellschafter und damaligen Geschäftsführer. Nach dem Ausscheiden von Mohamed A***** aus der beklagten Gesellschaft übersiedelte Mohamed J***** Ende 1985 mit seiner Gattin in das aufgekündigte Objekt. Seither wird dieses als Wohnung verwendet, lediglich ein Raum dient als Büro.
Bereits im Jahre 1985 wurde der Betrieb der Beklagten nahezu stillgelegt, eine Reaktivierung erfolgte nach dem Eintritt des zweiten Geschäftsführers Aiman M*****, schließlich wurde auch der Sitz der Beklagten nach Wien 17., Veronikagasse 42 verlegt.
Aristides I***** hatte mit Mohamed J***** wiederholt Kontakt, doch stellten die nunmehrigen Geschäftsführer der Klägerin Alfred B***** und Dr.Georg I***** erst anläßlich eines Besuches im Oktober 1993 fest, daß die vermieteten Räume als Wohnung verwendet wurden.
Am 17.Mai 1995 kündigte die Klägerin der Beklagten das gemietete Geschäftslokal aus den Kündigungsgründen des § 30 Abs 2 Z 4 und 7 MRG gerichtlich auf und beantragte, der Beklagten aufzutragen, ihr den Bestandgegenstand geräumt zu übergeben. Die Beklagte habe den Mietgegenstand gänzlich an nicht eintrittsberechtigte Personen weitergegeben und benötige diesen in naher Zeit nicht mehr dringend für sich. Außerdem werde das gekündigte Mietobjekt nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet.
Die Beklagte erhob dagegen fristgerecht Einwendungen. Der Klägerin sei bereits bei Abschluß des Mietvertrages bekannt gewesen, daß das Bestandobjekt als Wohnung benützt werden würde. Das habe die Klägerin seit vielen Jahren geduldet. Sie sei damit einverstanden gewesen, daß das aufgekündigte Mietobjekt als Wohnung für den Geschäftsführer der Beklagten Mohamed J*****und dessen Familie diene. Die Klägerin selbst habe das Bestandobjekt im Verfahren 4 C 70/93 als Wohnung bezeichnet. Eine Weitergabe an dritte Personen habe nicht stattgefunden.
Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung vom 17.Mai 1994 für rechtswirksam und verpflichtete die Beklagte zur geräumten Übergabe des Bestandobjektes. Die Beklagte habe das angemietete Geschäftslokal ihrem nicht gemäß § 14 Abs 3 MRG eintrittsberechtigten Geschäftsführer überlassen und dadurch den Kündigungsgrund des ersten Falles des § 30 Abs 2 Z 4 MRG verwirklicht. Zudem habe der Geschäftsführer nur einen Raum als Büro, die weiteren Zimmer des Bestandobjektes aber zu Wohnzwecken verwendet, sodaß auch der Tatbestand des § 30 Abs 2 Z 7 MRG erfüllt sei. Die Klägerin habe erst im Oktober 1993 von der vereinbarungswidrigen Benützung des Mietobjektes erfahren. Die Vermieterin habe hiezu keine Zustimmung erteilt. Eine frühere Kenntnis oder Zustimmung durch Aristides I***** sei der Klägerin nicht zuzurechnen, weil er nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer im Jahr 1981 gesellschaftsrechtlich nicht mehr vertretungsbefugt gewesen sei.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf, trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die Nichterledigung des Antrages auf Einvernahme des Zeugen Aristides I***** durch das Erstgericht sei ein primärer Verfahrensmangel. Das Tatsachenvorbringen der Beklagten sei nämlich so weit strittig geblieben, als es die Frage der Kenntnis und Zustimmung der Klägerin, das angemietete Geschäftslokal zu Wohnzwecken zu verwenden, betroffen habe. Der Beweisantrag sei ausreichend bestimmt und für den Ausgang des Verfahrens auch wesentlich. Die Einvernahme des Zeugen Aristides I***** werde daher im fortgesetzten Verfahren erforderlichenfalls unter Beachtung des § 335 ZPO nachzuholen sein.
Bei sachgemäßer Vertragsauslegung nach der Übung des redlichen Verkehrs gemäß § 914 ABGB bedeute die Verwendung des Mietgegenstandes durch den Geschäftsführer - ebenso wie eine Verwendung durch Gesellschafter oder Dienstnehmer der GmbH - keine Weitergabe nach § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG bedeute. Der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 7 MRG sei hingegen dann verwirklicht, wenn die vermieteten Räume nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden. Werden daher die zu geschäftlichen Zwecken in Bestand gegebenen Räume als Wohnung benützt und werde lediglich ein Zimmer als Büro verwendet, bilde diese Umwidmung den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 7 MRG. Der vereinbarte Verwendungszweck könne jedoch nachträglich - so etwa durch Billigung der Benützung zu Wohnzwecken - einvernehmlich abgeändert werden. Zu einer derartigen Vertragsänderung sei nicht nur ein (alleinvertretungsbefugter) Geschäftsführer, sondern jede bevollmächtigte Person berechtigt; diese Vollmacht könne auch kraft äußeren Tatbestandes begründet werden. Wenn nun die Beklagte nach den Regeln des redlichen Verkehrs auf eine Bevollmächtigung des Verhandlungspartners zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen schließen dürfte, so hätte die Klägerin nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht für einen solchen äußeren Tatbestand einzustehen. Bei der Feststellung einer etwaigen Kenntnis der Klägerin von der Nutzung des Bestandobjektes als Wohnung werde zu prüfen sein, ob die Klägerin die ihr bekannten Kündigungsgründe ohne unnötigen Aufschub geltend gemacht habe, weil sie sonst nicht mehr als wichtig im Sinne des § 30 Abs 1 MRG gewertet werden könnten. Das Verhalten der Klägerin könnte dann als Verzicht auf die Geltendmachung dieser Kündigungsgründe gemäß § 863 ABGB anzusehen sein. Bei der Beurteilung der Annahme eines stillschweigenden Verzichts nach § 863 ABGB sei jedoch ein strenger Maßstab anzulegen und besondere Vorsicht geboten. Im Zweifel werde daher ein von der Vermieterin konkludent erklärter Verzicht, dessen tatsächliche Grundlage vom Mieter nachzuweisen wäre, nicht anzunehmen sein. Lediglich dann, wenn keine besonderen Gründe dafür vorlägen, daß die Aufkündigung erst im Mai 1994 eingebracht wurde, wäre ein Zuwarten von mehr als einem Jahr mit der Geltendmachung eines der Vermieterin in allen relevanten Voraussetzungen bekannten Kündigungsgrundes als stillschweigender Verzicht auf das Recht zur Aufkündigung zu werten.
Um der Klägerin Kenntnisse des Aristides I***** zurechnen zu können, sei weder dessen gesellschaftsrechtliche Position noch eine ihm erteilte Vollmacht von Bedeutung. Soweit nämlich die Klägerin mit der Beklagten nicht selbst in rechtsgeschäftlichen Kontakt trat, sondern die Vertragsverhandlungen durch einen Dritten führen ließ, habe sie dadurch die Rechtsposition ihres Vertragspartners nicht verschlechtern können. Schon der hinter dem Zurechnungsprinzip stehende Gedanke, eine Benachteiligung Dritter durch die Spaltung in ein handelndes und ein daraus berechtigtes Objekt zu vermeiden, lasse eine Einschränkung auf bestimmte Gehilfenpositionen nicht zu. Es wäre ein sonderbares Ergebnis, wenn in dem Fall, daß der Verhandlungsführer, der eine Vorstellung des Partners veranlaßt hat oder kennen mußte, danach auch als Stellvertreter den Vertrag abschließt, eine Zurechnung stattfindet, nicht jedoch, wenn die Perfektion des Rechtsgeschäftes von einem anderen vorgenommen wird. Es könne daher keine Rolle spielen, von wem der ausgehandelte Vertragstext zum Rechtsgeschäft erhoben wird, um eine Zurechnung rechtfertigen zu können.
Auch das Auftreten des Aristides I***** als Empfangsbote der Klägerin würde zu keinem anderen Ergebnis führen. Wird ein Bote eingeschaltet, komme es für die Empfangnahme von Mitteilungen auf das Verständnis des Adressaten und nicht des Übernehmers an, weil ein Bote die inhaltliche Bedeutung lediglich weiterzuleiten habe. Eine fehlerhafte Weiterleitung der Mitteilung durch einen Empfangsboten gehe dabei nicht zu Lasten des Erklärenden. Überläßt ein Kontrahent die Anbahnung des Geschäftskontaktes und die Vorbereitung des Vertragsabschlusses einer Hilfsperson, ohne daß diese dann auch selbst den rechtsgeschäftlichen Teil vollzieht, so würden durch diese Kompetenzspaltung die für die Bedeutung der später abgegebenen Willenserklärung maßgeblichen Umstände unter den Tisch fallen, wenn man nur das Wissen oder Wissenmüssen des selbst kontrahierenden Geschäftsherrn oder seines Stellvertreters für relevant erachtete. Dadurch hätte eine Vertragspartei einen eingeschränkteren Empfängerhorizont als jemand, der alle zum Geschäftsabschluß führenden Schritte selbst vornimmt. Die Interessenlage der Parteien spreche daher für eine Einbeziehung auch solcher bei der Geschäftsanbahnung eingeschalteter Gehilfen, die nicht als Stellvertreter tätig werden.
Die Kenntnis von Erklärungen, die Aristides I***** zugegangen sind, bzw die er gegenüber der Beklagten bei den Vertragsbesprechungen abgegeben hat, seien daher unabhängig von dem seiner Tätigkeit zugrunde liegenden internen Rechtsverhältnis unmittelbar der Klägerin zuzurechnen.
Rechtliche Beurteilung
Dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu.
Dem Berufungsgericht ist nicht darin zu folgen, daß das Erstgericht den Zeugen Aristides I***** zu vernehmen gehabt hätte. Die Beklagte hat diesen Zeugen nur für ihre Behauptung (S. 4) geführt, der Klägerin sei schon bei Abschluß des Mietvertrages ("damals") bekannt gewesen, daß der Mietgegenstand von der Beklagten als Wohnung benützt werde(n), hat sie doch ihren Beweisantrag damit begründet, daß der Zeuge "die Vertragsverhandlungen mit den Geschäftsführern der beklagten Partei ... geführt habe" (S. 101). Daß Aristides I***** nachher noch Wahrnehmungen über die Art der Benützung des Mietobjektes durch die Beklagte gemacht hätte, hat diese im Verfahren erster Instanz nicht behauptet; dazu wäre daher der Zeuge auch nicht zu befragen. Selbst wenn aber Aristides I***** bei den Vertragsverhandlungen nicht nur die - festgestellten - Äußerungen gemacht haben sollte, daß das Bestandobjekt wegen seiner baurechtlichen Widmung als Büro und im Hinblick auf die für den Vermieter von Geschäftsräumen günstigere Mietzinsbildung nicht als Wohnung vermietet werden könne, sondern gleichzeitig auch gesagt haben sollte, daß die Beklagte das Objekt dennoch als Wohnung benützen dürfe und nur im Mietvertrag (zum Schein) von Geschäftsräumen die Rede sein müsse, wäre daraus für die Beklagte nichts zu gewinnen. Zu dieser Zeit war nämlich Aristides I***** nicht (mehr) Geschäftsführer der Klägerin, also nicht ihr gesetzlicher Vertreter. Daß er von den Organen der Klägerin zu solchen Zusagen ermächtigt wurde, hat die Beklagte nicht einmal behauptet. Sie hat sich in erster Instanz auch nicht darauf berufen, daß die Klägerin damit, daß sie Aristides I***** die Vertragsverhandlungen führen ließ, einen äußeren Tatbestand verwirklicht habe, im Vertrauen auf den sie eine solche Vollmacht angenommen habe. Tatsächlich kann ja daraus, daß Aristides I***** mit der Beklagten verhandelt hat, um sie dann zwecks Vertragsunterfertigung zum Geschäftsführer der Klägerin zu schicken, nicht der Schluß gezogen werden, er habe eine Abschlußvollmacht oder doch eine Vollmacht zu der maßgeblichen Erklärung. Daß aber - wie die Beklagte im Rechtsmittelverfahren behauptet - Aristides I***** in der klagenden Gesellschaft "das alleinige Sagen" habe, ist eine unzulässige Neuerung, weil die Beklagte im Verfahren erster Instanz das nicht vorgebracht hat. Die rechtlichen Erwägungen des Gerichtes zweiter Instanz gehen daher über das Parteivorbringen hinaus; der von ihm herangezogene Aufhebungsgrund ist zu verneinen.
Dennoch ist die Sache nicht spruchreif. Die Beklagte hat nämlich geltend gemacht (S. 4), daß die Klägerin "seit vielen Jahren zur Kenntnis genommen" habe, daß sie das Bestandobjekt als Wohnung benütze. Das Erstgericht hat dazu aber lediglich festgestellt, daß die nunmehrigen Geschäftsführer der Klägerin Alfred B***** und Dr.Georg I***** erst im Oktober 1993 von der tatsächlichen Benützung der vermieteten Räume als Wohnung erfahren hätten. Daß eine solche Kenntnis der früheren Geschäftsführer nicht festgestellt werden könne, hat das Erstgericht nicht gesagt; vielmehr fehlt eine Feststellung über das Wissen der früheren Geschäftsführer. Eine solche Feststellung ist aber, wie zu zeigen sein wird, rechtlich von Bedeutung. Im Hinblick auf diesen Feststellungsmangel auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung (§ 496 Abs 1 Z 3 ZPO) ist eine Ergänzung des Verfahrens notwendig, so daß es bei der Aufhebung zu verbleiben hat.
Im fortgesetzten Verfahren wird zu prüfen sein, ob und - bejahendenfalls - wann frühere Geschäftsführer der Klägerin von der Benützung des Bestandobjektes als Wohnung Kenntnis erlangt haben. Sollte eine solche Kenntnis nicht zu erweisen sein, so wäre die Aufkündigung als rechtswirksam zu erkennen.
Soweit jedoch das Erstgericht zur Feststellung gelangen sollte, daß die Geschäftsführer der Klägerin schon vor Oktober 1993 von der tatsächlichen Benützung des Mietgegenstandes durch die Beklagte gewußt haben, so wäre dieses Wissen ihrer Organe der Klägerin zuzurechnen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist ein Kündigungsgrund ehestens geltend zu machen (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 30 MRG und Rz 3 zu § 33 MRG mwN). Bei Unterlassung einer Kündigung durch längere Zeit trotz Kenntnis des den Kündigungsgrund bildenden Sachverhaltes kann nämlich ein stillschweigender Verzicht des Vermieters auf diesen Kündigungsgrund nach § 863 ABGB angenommen werden, wenn das Zuwarten des Vermieters mit der Aufkündigung unter Umständen erfolgt, aus denen mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln übrig bleibt, daß der Vermieter den ihm bekannten Sachverhalt nicht mehr als Kündigungsgrund geltend machen will (MietSlg 34.483, 34.484, 35.568; 39.441; SZ 61/42; WoBl 1992/15; MietSlg 45.403 uva). Bei der Prüfung des Vorliegens eines konkludenten Kündigungsverzichtes ist jedoch besondere Vorsicht geboten (SZ 61/42 mwN; JBl 1989, 649; WoBl 1992/15 uva) und ein strenger Maßstab anzulegen (MietSlg 27.425, 29.370 ua). Erforderlich ist, daß der Mieter weiß oder aus dem Verhalten des Vermieters mit Recht ableiten kann, dieser kenne den vollen Sachverhalt, der die Kündigung rechtfertige, und daß dem Mieter keine Umstände bekannt sind, die ein Zuwarten des Vermieters mit der Kündigung aus einem anderen Grund als dem eines Verzichtes auf das Kündigungsrecht erklärlich erscheinen lassen (MietSlg 28.393 ua).
Der Oberste Gerichtshof hat schon des öfteren ausgesprochen, daß bei Vorliegen eines Dauertatbestandes - wie er ja auch hier zweifellos gegeben ist - der Grundsatz, daß Kündigungsgründe ohne unnötigen Aufschub geltend gemacht werden müssen, nicht anzuwenden sei, weil in einem solchen Fall nicht auf einen Verzicht auf die Geltendmachung dieses Kündigungsgrundes geschlossen werden könne (MietSlg 8.272, 21.428, 36.399; WoBl 1992/15 uva). Dieser Grundsatz, der vor allem zum Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 MRG vertreten wurde, kann aber nicht ganz allgemein dahin verstanden werden, daß in einem solchen Fall ein stillschweigender Kündigungsverzicht überhaupt nicht in Frage komme; vielmehr ist hier nur ein besonders strenger Maßstab anzulegen (MietSlg 34.410; SZ 61/42; WoBl 1992/15 ua).
Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, trifft den Vermieter weder eine Obliegenheit zur Anstellung von Nachforschungen noch zur Ermittlung der tatsächlichen Voraussetzungen für die erfolgreiche Geltendmachung eines Kündigungsgrundes (WoBl 1992/15). Allfällige Verschleierungshandlungen des gekündigten Mieters schließen die Annahme eines konkludenten Verzichtes des Vermieters auf das Kündigungsrecht aus (Würth aaO Rz 4 zu § 30 MRG; vgl WoBl 1993/25).
Im Zweifel wird daher ein konkludenter Verzicht des Vermieters auf das Kündigungsrecht nicht anzunehmen sein. Die Beweislast für das Vorliegen eines solchen Verzichtes trifft den Mieter (MietSlg 41.349).
Bei der Beurteilung, ob ein schlüssiger Kündigungsverzicht vorliegt, ist zu beachten, daß dem Vermieter nicht zugemutet werden kann, ohne entsprechende Grundlage eine Aufkündigung einzubringen und sich den Kostenfolgen eines verlorenen Rechtsstreites auszusetzen (MietSlg 34.483, 34.484; SZ 61/42 ua).
Da derzeit mangels der erforderlichen Feststellungen noch nicht beurteilt werden kann, ob ein Kündigungsverzicht der Klägerin vorliegt, mußte der Rekurs erfolglos bleiben. Bemerkt sei noch, daß das Berufungsgericht zu Recht den Kündigungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 4 MRG verneint hat, weil von einer Weitergabe des Bestandobjektes an einen Dritten dann keine Rede sein kann, wenn - wie hier - die als Mieterin auftretende juristische Person das Objekt durch ihr Organ benützen läßt (vgl 1 Ob 639/94).
Der Ausspruch über den Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO. Da der Rekurs zu einer Änderung des Ergänzungsauftrages geführt hat, diente er der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.
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