OGH 4Ob19/88

OGH4Ob19/8812.4.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O*** L***

Gesellschaft m.b.H., Linz, Hauptplatz 9, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger und Dr. Christian Rumplmayr, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei

W***- und G***, Linz,

Raiffeisenplatz 1, vertreten durch Dr. Eduard Saxinger und Dr. Peter Baumann, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert S 300.000,-) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 20. Jänner 1988, GZ 6 R 1/88-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 15.Dezember 1987, GZ 7 Cg 343/87-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit S 10.198,65 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (davon S 927,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin führt für ihr Reisebüro in Linz seit mehr als 25 Jahren die Firma "O*** L***". Der

beklagte Verein ("W***- und G***")

tritt in Linz und in zwölf weiteren Filialen in Oberösterreich unter der Bezeichnung "das Oberösterreichische Raiffeisen-Reisen" auf. Er verwendet diese besondere Unternehmensbezeichnung in der Form, daß die Worte

"das Ober

österreichische"

über zwei Zeilen getrennt geschrieben und hervorgehoben und die Worte "Raiffeisen-Reisen" in einer weiteren Zeile kleingedruckt nachgestellt werden. Zwischen den Wortteilen "Ober" und "österreichische" ist die stilisierte Zeichnung eines auffliegenden Vogels angebracht. Der Beklagte wirbt mit dieser Bezeichnung in Reisebüros sowie in Tages- und Wochenzeitungen, vornehmlich in Oberösterreich, aber auch außerhalb dieses Bundeslandes. Die Klägerin behauptet, ihr Reisebüro habe in Oberösterreich marktbeherrschende Bedeutung; die vom Beklagten verwendete Bezeichnung sei geeignet, Verwechslungen mit der "Wort-Bild-Marke" (gemeint wohl: Firma) der Klägerin herbeizuführen. Die Klägerin begehrt zur Sicherung eines gleichlautenden Unterlassungsanspruches, dem Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr die Wort-Bild-Marke "das Ober-österreichische Raiffeisen-Reisen" zu verwenden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsbegehrens, weil der gemeinsame Wortbestandteil "Oberösterreich" nicht schutzfähig sei. Die Klägerin habe nicht einmal behauptet, daß dieses Wort für sie Verkehrsgeltung erlangt hätte. Eine Verwechslungsgefahr bestehe nicht.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Der Beklagte habe das Kennzeichen der Klägerin mißbraucht. Der Firmenbestandteil der Klägerin "Oberösterreichisches" sei nach § 9 UWG schutzfähig, weil er im kaufmännischen Verkehr zum Schlagwort geworden und so weit verselbständigt sei, daß der geographische Charakter hinter der Wirkung des Slogans zurücktrete. Da der Beklagte den Bestandteil "Oberösterreichische" seiner Geschäftsbezeichnung besonders hervorhebe, bestehe die Gefahr, daß der Durchschnittsleser die beiden Zeichen verwechsle.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten Folge, wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000, aber nicht S 300.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei.

Den Schutz des § 9 Abs 1 UWG genieße nicht nur der volle Firmenwortlaut, sondern auch ein Firmenbestandteil, der für sich allein oder im Zusammenhang mit Zusätzen geeignet sei, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen und es von anderen zu unterscheiden. Der Schutz des § 9 Abs 1 UWG sei von einer besonderen Verkehrsgeltung unabhängig, wenn der betreffende Name oder Firmenbestandteil unterscheidungskräftig sei. Das Wort "Oberösterreichisch" sei aber nicht schutzfähig, weil für diesen geographischen Begriff ein absolutes Freihaltebedürfnis bestehe. Aus der Verwendung dieses Wortes allein könne daher der Klageanspruch nicht abgeleitet werden. Stelle man jedoch die von den Streitteilen verwendeten Unternehmensbezeichnungen in ihrer Gesamtheit gegenüber, so werde eine Verwechslungsgefahr durch die weiteren Zeichenbestandteile "Landesreisebüro" und "Raiffeisen-Reisen" ausgeschlossen. Dasselbe gelte auch, soweit die Klägerin den Schutz für Unternehmenskennzeichen nach § 9 Abs 3 UWG in Anspruch nehme. Ob das Unternehmenskennzeichen "O*** L***"

Verkehrsgeltung erlangt habe oder nicht, könne somit dahingestellt bleiben. Im Hinblick auf das Freihaltebedürfnis der Öffentlichkeit an geographischen Bezeichnungen sei auch ein Verstoß der Beklagten gegen § 1 UWG zu verneinen.

Die Klägerin erhebt Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung der zweiten Instanz dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Der Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs der Klägerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Wer im geschäftlichen Verkehr eine Firma oder die besondere Bezeichnung eines Unternehmens in einer Weise benützt, die geeignet ist, Verwechslungen mit der Firma oder der besonderen Bezeichnung hervorzurufen, deren sich ein anderer befugterweise bedient, kann gemäß § 9 Abs 1 UWG von diesem auf Unterlassung der Benützung in Anspruch genommen werden.

Den Schutz nach § 9 Abs 1 UWG genießt nicht nur der volle Firmenwortlaut, sondern - selbst ohne Verkehrsgeltung (ÖBl 1980, 159; ÖBl 1984, 133; ÖBl 1986, 127) - auch ein Firmenbestandteil, der die Eigenschaft hat, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15 § 16 dUWG Rz 129, 1730 ff;

Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 140, 147; ÖBl 1973, 133; ÖBl 1976, 77; ÖBl 1979, 47; ÖBl 1980, 159; ÖBl 1981, 104; ÖBl 1984, 133;

ÖBl 1986, 127). Der Schutz eines solchen Firmenbestandteils besteht regelmäßig ab Beginn des Gebrauches bzw der (konstitutiven) Eintragung ins Handelsregister (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 44 f; ÖBl 1986, 127). Voraussetzung eines solchen Schutzes ist aber, wie bereits erwähnt, daß der Firmenbestandteil Unterscheidungskraft besitzt, also etwas Besonderes, Individuelles an sich hat und damit geeignet ist, das Unternehmen von anderen zu unterscheiden und auf den Betrieb des Benützers hinzuweisen. Das Zeichen muß also eine Namensfunktion haben (Hohenecker-Friedl aaO 47; Baumbach-Hefermehl aaO 1730; Koppensteiner aaO; ÖBl 1979, 47; ÖBl 1981, 104; ÖBl 1986, 127). Fehlt einem Firmenbestandteil diese Unterscheidungskraft, so beginnt der Schutz erst mit dem Zeitpunkt der Erlangung der Verkehrsgeltung (ÖBl 1986, 127).

Geographische Bezeichnungen sind zwar nicht abolut schutzunfähig; es fehlt ihnen aber im allgemeinen die zur Kennzeichnung eines bestimmten Unternehmens erforderliche Unterscheidungskraft (Koppensteiner aaO 148). Sie sind nur schutzfähig, soweit sie Verkehrsgeltung genießen, die angesprochenen Verkehrskreise also in ihnen einen eindeutigen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen erblicken. Da aber an solchen rein beschreibenden Wörtern ein Freihaltebedürfnis der Allgemeinmeit besteht und jede Anerkennung eines ausschließlichen Benützungsrechtes notwendigerweise den freien Gebrauch durch alle übrigen Mitbewerber einengt, ist an den Nachweis der Verkehrsgeltung in diesem Fall ein strenger Maßstab anzulegen (ÖBl 1978, 40). Die auf den Sitz oder den Wirkungsbereich eines Unternehmens hindeutende geographische Bezeichnung "Oberösterreichische(s)" besitzt für sich allein keinerlei Unterscheidungskraft; sie erlangt erst im Zusammenhang mit dem weiteren Firmenbestandteil "L***" eine das Unternehmen individualisierende (und insbesondere von anderen Landesreisebüros abgrenzende) Namensfunktion; auch dem restlichen, auf § 5 Abs 2 GmbHG beruhenden Firmenwortlaut "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" fehlt naturgemäß jede Kennzeichnungskraft. Daß das Wort "Oberösterreichisches" für sich allein für die Klägerin Verkehrsgeltung erlangt habe, behauptet sie gar nicht, so daß auch die graphische Hervorhebung der Worte "das Oberösterreichische" in der besonderen Unternehmensbezeichnung und nicht registrierten Wortbildmarke der Beklagten "das Oberösterreichische Raiffeisen-Reisen" nicht in den Schutzbereich der Firma der Klägerin eingreift.

Im Zusammenhang mit der Bezeichnung "Landesreisebüro" unterscheidet sich aber die Firma der Klägerin

("O*** L***") von der besonderen Unternehmensbezeichnung des beklagten Vereins ("das Oberösterreichische Raiffeisen-Reisen") durch die allein kennzeichnenden Bestandteile "L***" und "Raiffeisen-Reisen" so deutlich, daß Verwechslungsgefahr nicht besteht, auch wenn die Unterscheidungskraft des Bildteils des Zeichens der Beklagten nur gering ist.

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78, 402 EO, 51, 50 ZPO.

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