European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0040OB00187.21K.1123.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
[1] Die Parteien sind jeweils Medieninhaber einer Website zum Zwecke des Internetauftritts ihrer Tageszeitungen. Auf der Website der Beklagten wurden „o*-Gutscheine“ zum Bezug von Waren bei einem Drittanbieter mit den Worten „100 Euro Rabatt auf alles“ angepriesen. Klickt man diese Ankündigung an, gelangt man auf eine Schaltfläche „Details anzeigen“, über die man zur Website des Drittanbieters weitergeleitet wird. In den dortigen „Angebotsbedingungen“ wird darauf verwiesen, dass sich der Kunde den Betrag von 100 EUR bei einem Einkaufswert ab 600 EUR und 250 EUR bei einem Einkaufswert ab 1.500 EUR erspart.
[2] Das Rekursgericht wies in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung den Antrag der Klägerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab, mit der der Beklagten verboten werden sollte, Vorzüge von „o*-Gutscheinen“ zu behaupten, wenn diese Vorzüge nicht bestehen, insbesondere zu behaupten, der Gutschein gewähre einen Rabatt von 100 EUR auf alle Produkte eines Anbieters, wenn diese Behauptung nicht wahr ist.
Rechtliche Beurteilung
[3] In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[4] 1. Die Frage, ob das Ergebnis einer anderen Entscheidung des Rekursgerichts widerspricht, wirft keine erhebliche Rechtsfrage auf. Ein allfälliges Abweichen des Rekursgerichts von einer eigenen Rechtsprechung oder der eines anderen Gerichts zweiter Instanz lässt die Leitfunktion des Obersten Gerichtshofs unberührt (4 Ob 116/16m mwN).
[5] 2.1 Wie die angesprochenen Kreise eine Werbeaussage verstehen und ob sie demnach zur Irreführung vor Geschäftsabschluss geeignet ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet daher in der Regel ebenso wenig eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung (RS0107771; RS0043000; RS0053112) wie die Frage, ob eine andere Beurteilung vertretbar ist (RS0107768).
[6] 2.2 Für die Irreführung durch Unterlassen kommt es – abgesehen von den allgemeinen Kriterien (Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände, durchschnittlicher Verbraucher etc) – darauf an, a) ob wesentliche Umstände verschwiegen werden, die der Durchschnittsverbraucher zu einer informierten geschäftlichen Entscheidung benötigt, und b) ob sich dies auf sein geschäftliches Verhalten auszuwirken vermag; dabei ist c) den allenfalls beschränkten Möglichkeiten zur Informationsvermittlung Rechnung zu tragen (RS0124472). Insofern erfasst § 2 Abs 4 UWG auch Geschäftspraktiken, die bloß einen durch Irreführung verursachten Anlockeffekt entfalten und bei denen der beim Verbraucher zunächst veranlasste Irrtum durch eine nachträgliche Ergänzung und/oder Richtigstellung der Produktinformation noch vor dem Zeitpunkt seiner endgültigen geschäftlichen Entscheidung aufgeklärt wird (4 Ob 108/16k). Welche Informationen dabei wesentlich sind, richtet sich ebenso nach den Umständen des Einzelfalls wie die Frage, ob die Form der Aufklärung im Anlassfall ausreichend war (4 Ob 203/15d mwN).
[7] 3.1 Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls hat das Rekursgericht auch unter Bezugnahme auf zu vergleichbaren Fällen ergangene Entscheidungen (4 Ob 108/16k [Gutscheinwerbung, bei dem nur in einer kleingedruckten Fußnote darauf verwiesen wurde, dass die Aktion nicht für „Werbepreise“ gilt]) das Vorenthalten wesentlicher Informationen bzw eine damit im Zusammenhang stehende Irreführung jedenfalls vertretbar verneint. Dabei wurde neben dem Umstand, dass das Wort „Rabatt“ als Umschreibung eines bloßen Preisnachlasses verstanden werde, auch berücksichtigt, dass ohnedies alle Gutscheinbedingungen durch naheliegendes Anklicken in Erfahrung gebracht werden konnten.
[8] 3.2 Insoweit die Klägerin die Rechtsansicht vertritt, eine allgemeine Warnung (zB „Achtung: Mindestbestellwert“) hätte genügt, um eine Irreführung auszuschließen, kann auch darauf die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht gestützt werden. Dieses Argument steht im Widerspruch zur unbestritten gebliebenen Schlussfolgerung des Rekursgerichts, dass dem durchschnittlichen Besucher der Website bei der Ankündigung bewusst ist, dass die Vergünstigung nur bei Erreichen einer Mindestbestellmenge gewährt wird. Das Rechtsmittel räumt ausdrücklich ein, dass dies „sein mag“. Auch wenn ein Kunde im Sinne der Ausführungen im Rechtsmittel nicht von einem „so hohen Mindestbestellwert“ ausgehen müsste, bleibt unklar, warum dann die angebliche Irreführung durch einen unmittelbar bei der Ankündigung angebrachten allgemeinen Hinweis (nur) auf die Tatsache des Mindestbestellwerts („Achtung: Mindestbestellwert“) beseitigt werden könnte.
[9] 3.3 Das im Anlassfall gewonnene Ergebnis bedarf daher keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung.
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