OGH 4Ob187/12x

OGH4Ob187/12x28.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Dr. A***** M*****, vertreten durch Mag. Claudia Vitek, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. J***** G*****, vertreten durch den Sachwalter Dr. D***** G*****, dieser vertreten durch Dr. Thomas Würzl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 11. Juni 2012, GZ 40 R 460/11k-36, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Nach Lehre und Rechtsprechung besteht zwischen einer Räumungsklage und einer dasselbe Objekt betreffenden Aufkündigung keine Streitanhängigkeit. Das gilt schon deshalb, weil die Begehren verschiedenartig sind: Die Räumungsklage bezweckt die sofortige Räumung des Bestandobjekts, während die Aufkündigung auf Übergabe des Bestandgegenstands zu einem bestimmten Zeitpunkt abzielt (Lovrek in Fasching/Konecny 2 IV/1 § 560 ZPO Rz 53 mN).

2. Es kann dem Kündigenden nicht verwehrt sein, im Bereich solcher besonderer Verfahren, in welchen die das Verfahren einleitende Handlung oder Erklärung - wie die Aufkündigung im Bestandverfahren - nicht mit Hilfsanträgen verknüpft werden kann, einen Rechtsstandpunkt einzunehmen, der ihm im zur gleichen Zeit anhängigen anderen Verfahren abträglich wäre, müsste er doch sonst stets die rechtskräftige Erledigung eines dieser Verfahren abwarten, ehe er in einem weiteren Verfahren den ihm an sich weniger günstigen Erfolg anstreben dürfte; diese Benachteiligung ist durch nichts zu rechtfertigen (1 Ob 549/93 = wobl 1993, 185 [Würth]).

3. Leitet der Kündigende ein Bestandverfahren zu einem Zeitpunkt ein, in dem er ein anderes mit unterschiedlichem Ziel bereits eingeleitet hat, so muss er, um die Gefahr eines Präjudizes zu vermeiden, klarstellen, dass er im anderen Verfahren einen mit der hier vertretenen Auffassung nicht zu vereinbarenden Rechtsstandpunkt einnimmt und auch weiterhin einnehmen wird (1 Ob 549/93 = wobl 1993, 185 [Würth]; vgl RIS-Justiz RS0044811).

4. Eine derartige Klarstellung hat die kündigende Partei in der vorliegenden Aufkündigung getroffen. Sie hat nämlich eingangs der Aufkündigung auf das bereits anhängige Verfahren auf Räumung wegen titelloser Benützung beim Erstgericht zu 10 C 1356/08w (betreffend dieselben Parteien und dasselbe Bestandobjekt) verwiesen und dazu ausgeführt, sie stehe dort auf dem Rechtsstandpunkt, dass ein befristetes Mietverhältnis geendet habe, während die Beklagte die Wirksamkeit der vereinbarten Befristung bestreite. Die kündigende Partei sei daher gezwungen, unpräjudiziell ihres im Räumungsverfahren vertretenen Standpunkts diese Aufkündigung gegen die Beklagte als Mieterin der Wohnung (Punkt 2. des Schriftsatzes) einzubringen und stütze sich auf einen als wichtigen Kündigungsgrund nach § 30 MRG ausdrücklich vereinbarten Sachverhalt.

5. Die gekündigte Partei hat als richtig zugestanden, Mieterin des aufgekündigten Bestandobjekts zu sein. Damit liegt die widerspruchslose Behauptung eines Bestandvertrags als Voraussetzung eines Bestandverfahrens (vgl RIS-Justiz RS0044714) vor. Das anhängige Räumungsverfahren stand - wie eingangs ausgeführt - dem Verfahren über die Aufkündigung nicht entgegen.

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