Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wieder hergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 59.213,40 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 5.868,90 Umsatzsteuer und S 24.000,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu zahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin befaßt sich mit dem Import und Großhandel von Krafträdern der Marke K***** deren österreichischer Generalimpoteur sie ist. Seit 1971 ist sie unter der Firma "MOTO M*****GmbH" registriert.
Die Beklagte ist der österreichische Generalimporteur für Kraftfahrzeuge der japanischen Automarke Ma*****. Sie ist auch "Medieneigentümer und Herausgeber" der Zeitschrift "MOTO" ("Das Magazin für M*****-Fahrer"). Diese Zeitschrift enthält vor allem Artikel mit Informationen über und Werbung für die Automarke Ma*****; darüber hinaus werden vor dem Hindergrund des Motorsports auch Mode- und Freizeitthemen behandelt. Das Magazin "MOTO" zieht demnach vornehmlich einschlägige Verkehrskreise wie Kraftfahrzeughändler, aber auch Endabnehmer von Ma*****fahrzeugen und solche an, die sich für die Marke Mazda interessieren.
Die Klägerin verwendet ihren Firmenbestandteil "MOTO" auf sämtlichen Geschäftsunterlagen, insbesondere auf den Bestellformularen, Lieferscheinen, Verkaufspreislisten und Prospekten, wobei das Zeichen "MOTO" gleichsam als Überschrift in Großbuchstaben aufscheint. Unter dieser balkenähnlichen Überschrift folgt jeweils der in klein gedruckter Form geschriebene weitere Firmenwortlaut der Klägerin.
Mit der Behauptung, daß der von der Beklagten gewählte Zeitschriftentitel geeignet sei, Verwechslungen mit ihrem Firmenkern "MOTO", mit welchem sie erhebliche Verkehrsgeltung erlangt habe, herbeizuführen, begehrt die Klägerin, die Beklagte schuldig zu erkennen, ab sofort die Verwendung des Wortes "MOTO" für den Titel des von ihr herausgegebenen "Magazins für den Ma*****-Fahrer" zu unterlassen. Ferner stellt sie ein Veröffentlichungsbegehren.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. "MOTO" bilde für die Klägerin nur einen Firmenzusatz. Dieses Wort sei ebenso wie das Wort "Motor", von dem es offenkundig abgeleitet sei, ein nicht schutzfähiges Freizeichen; die Verkehrsgeltung des Schlagwortes "MOTO" werde bestritten. Der Unterlassungsanspruch sei auch deshalb unberechtigt, weil keine Warengleichartigkeit zwischen dem Titel einer Motorsportzeitung und dem Vertrieb von Krafträdern bestehe.
Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Das Wort "MOTO" stehe in einem so nahen Bezug zu "Motor", daß es für sich allein gesehen nicht geeignet sei, ein Unternehmen zu individualisieren. Überdies befasse sich das Magazin der Beklagten mit Kraftfahrzeugen, insbesondere der Marke Ma*****, und nicht wie die Klägerin mit dem Motorradhandel.
Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung zur Gänze statt und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Da "MOTO" kein Wort des allgemeinen Sprachgebrauches sei, bestehe dafür kein absolutes Freihaltebedürfnis; dem Wort komme auch Unterscheidungskraft zu. Vor allem auf Grund der verschiedenen Phonetik sei "MOTO" auch vom Wort "Motor" klar abgegrenzt. Die Buchstabenfolge "MOTO" bilde den einzigen namensgebenden Bestandteil der Firma der Klägerin. Das Wort habe genügend Phantasiecharakter, um als Indiviualzeichen eines Unternehmens erkannt und im Gedächtnis behalten zu werden. Auf die Frage der Verkehrsgeltung komme es demnach nicht an. Die Gefahr von Verwechslungen des Firmenbestandteils der Klägerin mit dem gleichlautenden Zeitschriftentitel der Beklagten sei zu bejahen. Zwar seien die Kunden beider Parteien in der Regel sachkundig, doch sei zu bedenken, daß nicht nur Kfz-Händler und Zulieferanten, sondern auch Motorsportler und schließlich jeder Endabnehmer von Kraftfahrzeugen, insbesondere von Motorrädern, einerseits als möglicher Kunde mit der Klägerin und andererseits als Leser des Magazins mit der Beklagten in Berührung komme, so daß Irrtümer über die Herkunft der Erzeugnisse keinesfalls ausgeschlossen werden könnten. Dazu komme, daß das Wort "MOTO" in beiden Bezeichnungen graphisch hervorgehoben sei und ins Auge springe. Eine durchgreifende Branchenverschiedenheit bestehe zwischen den Streitteilen nicht. Da dem Zeichen der Klägerin Priorität zukomme, sei der Unterlassungsanspruch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist zulässig und berechtigt.
Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die in § 9 Abs 1 UWG angeführten Bezeichnungen zufolge der ihnen innewohnenden Namensfunktion grundsätzlich schon (aber auch nur) dann schutzfähig, wenn sie Unterscheidungskraft (Kennzeichnungskraft) besitzen, also etwas Besonderes, Individuelles an sich haben, das sie schon ihrer Art nach dazu eignet, ihren Träger von anderen Personen zu unterscheiden (Hohenecker-Friedl 47; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 147; ÖBl 1979, 78; ÖBl 1988, 23; ÖBl 1990, 117; ÖBl 1992, 54 uva). Kommt einer Bezeichnung an sich eine ihren Träger kennzeichnende Unterscheidungkraft nicht zu, dann kann sie trotzdem den Schutz nach § 9 UWG erlangen, wenn und soweit sie Verkehrsgeltung hat (Hohenecker-Friedl aaO; Koppensteiner aaO 149; ÖBl 1986, 7; ÖBl 1990, 117 uva). Der Beklagten ist darin zuzustimmen, daß aber für Wörter der allgemeinen Umgangssprache (wie auch für Ausdrücke einer Fachsprache) ein absolutes Freihaltebedürfnis besteht; sie können nicht der Verwendung im geschäftlichen Verkehr durch Monopolisierung zugunsten einer bestimmten Person entzogen werden (Hohenecker-Friedl aaO 48; Koppensteiner aaO 148; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17, 1237 Rz 39 zu § 16 dUWG; SZ 49/65; SZ 54/1; ÖBl 1990, 117; ÖBl 1990, 165 uva). Absolut schutzunfähig sind - wie nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG als Marke - auch nach Wettbewerbsrecht Zeichen, die zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein gebräuchlich sind; auf sie ist der Geschäftsverkehr zur Bezeichnung dieser Waren oder Dienstleistungen angewiesen, weshalb derartige Wörter nicht zugunsten einer Person monopolisiert werden dürfen (SZ 54/1; ÖBl 1990, 117; ÖBl 1991, 32; ÖBl 1991, 251; 4 Ob 161/93 uva).
Das Wort "MOTO" für sich allein ist innerhalb des deutschen Sprachraumes nur in der Schweiz als Kurzbezeichnung für Motorrad gebräuchlich (Brockhaus-Wahrig, Deutsches Wörterbuch in sechs Bänden, 4. Band 733 linke Spalte), ist aber das französische (Langenscheidts Handwörterbuch Französisch Teil 1 Französisch-Deutsch 390 mittlere Spalte) und italienische (Langenscheidts Handwörterbuch Italienisch Teil 1 Italienisch-Deutsch 317 rechte Spalte) Wort für Motorrad.
Diese Bedeutung des Wortes "MOTO" ist dem Publikum in Österreich aus
den auch hier gebräuchlichen zusammengesetzen Wörtern "Motoball". (=
Motorradfußball), Moto-Gross (= Motorradrennen auf einer abgesteckten
Rundstrecke im Gelände) und Motodrom (= Rundstreckenkurs für
Motorräder; Brockhaus-Wahrig aaO; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in sechs Bänden, 4. Band 1822 rechte Spalte) durchaus geläufig. Gerade den hier von beiden Streitteilen angesprochenen Verkehrskreisen sind diese Begriffe, vor allem aber auch die italienische Motorradmarke "Moto Guzzi" bekannt. Aber selbst wenn man annehmen wollte, daß nur ein unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise in Österreich "Moto" als Bezeichnung für Motorrad versteht, müßte hier dennoch die Schutzfähigkeit dieses Zeichens zur Kennzeichnung eines Unternehmens, das sich mit dem Motorradhandel befaßt, verneint werden:
Wie der Oberste Gerichtshof schon bei der Beurteilung von Warenbezeichnungen ausgesprochen hat, kann im Interesse des Export- und Importhandels, insbesondere des inländischen Absatzes ausländischer Waren, ein Freihaltebedürfnis auch an solchen fremdsprachigen Angaben bestehen, die zwar im Ausland als beschreibend gelten oder dort sogar die allgemein gebräuchliche Bezeichnung einer bestimmten Gattung von (ausländischen) Waren sind, im Inland aber unbekannt sind und hier für Phantasieangaben gehalten werden (ÖBl 1985, 41; ÖBl 1990, 165 mwN). Motorräder sind zwar nicht Waren, die in Österreich unbekannt sind und für welche es keine deutsche Bezeichnung gibt (vgl ÖBl 1985, 41- "Pisang"); aber auch in diesem Fall darf die Monopolisierung des Wortes "MOTO" für die Klägerin nicht dazu führen, daß etwa ein Importeur italienischer oder französischer Motorräder daran gehindert wäre, für diese im geschäftlichen Verkehr die dem Herkunftsland entsprechende fremdsprachige Bezeichnung zu verwenden. Soweit es sich um die Bezeichnung von Waren oder Dienstleistungen handelte, wäre daher eine Markenregistrierung nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG in jedem Falle unzulässig; auch einer etwa behaupteten Verkehrsgeltung käme keine Bedeutung zu (§ 4 Abs 2 MSchG).
Das gleiche muß aber aus denselben Erwägungen auch für ein Firmenschlagwort gelten (diese Frage noch offenlassend ÖBl 1992, 54 - NEMSA). Wollte man dieser Ansicht nicht folgen und die Meinung vertreten, für Firmen (-bestandteile) gebe es keine absolute Freihaltung (vgl Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 1237 f Rz 39 zu § 16 dUWG), wäre für die Klägerin gleichfalls nichts zu gewinnen:
Da aus den dargelegten Gründen ein starkes Bedürfnis besteht, das Wort "MOTO" freizuhalten, könnte die Unterscheidungskraft dieser Bezeichnung nur dann bejaht werden, wenn die Klägerin damit einen ganz besonders hohen Grad an Verkehrsgeltung erlangt hätte. Dies hat sie aber selbst nicht behauptet; vielmehr hat sie sich bloß darauf berufen, daß ihr Firmenschlagwort "insbesondere bei den im Kraftfahrzeughandel tätigen Verkehrskreisen in ganz Österreich eine erhebliche Verkehrsgeltung erlangt habe". Um aber eine in Weltsprachen wie dem Französischen und Italienischen allgemein gebräuchliche Gattungsbezeichnung für ein Unternehmen monopolisieren zu können, wäre ein extrem hohes, bis zur Verkehrsdurchsetzung reichendes Maß an Verkehrsgeltung auch in den Kreisen der Endabnehmer erforderlich (Baumbach-Hefermehl aaO; vgl dieselben, WZG12, 362 Rz 110 zu § 4 dWZG)
Ist aber die Schutzfähigkeit des Firmenschlagwortes der Klägerin zu verneinen, dann ist ihrem Anspruch auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung der Boden entzogen.
Aus diesen Erwägungen war in Stattgebung der Revision das Ersturteil wieder herzustellen.
Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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