Spruch:
Ansprüche auf Zahlung der Differenz zwischen bezahltem Entgelt und angemessenem Entgelt für Dienstleistungen sind Lohn-, nicht Bereicherungsansprüche. Solche Ansprüche verjähren gemäß § 1486 Z. 5 ABGB. in drei Jahren.
Entscheidung vom 20. Dezember 1960, 4 Ob 174/60.
I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die Klägerin ist mit Dienstvertrag vom 24. Mai 1952 mit Wirkung vom 13. Mai 1952 als Vertragsbedienstete der Entlohnungsgruppe d zur beklagten Republik Österreich in ein privatrechtliches Dienstverhältnis getreten. Sie ist seit 1. Dezember 1952 beim Finanzamt W. Referentin für Gründerwerbssteuer, Erbschaftssteuer und Rechtsgebühren. Diese Tätigkeit ist gehobener Fachdienst. Erst am 28. Februar 1957 wurde sie, nach dem sie über vier Jahre für ihre bwertige Arbeit nach der Entlohnungsgruppe d entlohnt worden war, in die Entlohnungsgruppe b (gehobener Fachdienst) überstellt. Ab 1. Mai 1959 wurde die Klägerin pragmatisiert und kam in die Verwendungsgruppe B. Als die Klägerin den Unterschiedsbetrag zwischen dem Entgelt der Entlohnungsgruppen b und d für die Zeit vom 1. Dezember 1952 bis 28. Februar 1957 forderte, erhielt sie unter Hinweis auf Verjährung einen abweislichen Bescheid. Auch ihr Begehren um Anrechnung ihrer b-wertigen Tätigkeit als Vordienstzeit wurde abgelehnt, weil allein die vertragliche Einordnung von Bedeutung sei. Die Differenz zwischen den der Klägerin bezahlten Bezügen nach Entlohnungsgruppe d und den Bezügen nach Entlohnungsgruppe b beträgt für die Zeit vom 1. Dezember 1952 bis 30. April 1959 (Pragmatisierung) 21.766 S 70 g.
Das Erstgericht hat in Stattgebung der Klage 1.) festgestellt, daß der Klägerin gegenüber der beklagten Partei das Recht auf Entlohnung nach dem Vertragsbedienstetengesetz 1948 in der Zeit vom 1. Dezember 1952 bis 28. Februar 1957 nach Entlohnungsschema I, Entlohnungsgruppe b, zugestanden ist, und hat 2.) die beklagte Partei schuldig erkannt, der Klägerin den Betrag von 21.766S 70 g s. A. zu zahlen.
Auf die Berufung der beklagten Partei hat das Berufungsgericht Punkt
1.) des Ersturteils bestätigt, Punkt 2.) desselben jedoch dahin abgeändert, daß der Klägerin nur der Betrag von 7077 S 60 g s. A. zugesprochen, ihr Mehrbegehren von 14.689 S 10 g jedoch abgewiesen wurde. Nach Ansicht des Erstgerichtes ist die von der beklagten Partei erhobene Einrede der Verjährung verfehlt, weil die Klägerin ihr Begehren auf den Rechtsgrund der Bereicherung stütze, was eine 30jährige Verjährungszeit mit sich bringe. Dieser Rechtsansicht ist das Berufungsgericht mit der Begründung nicht gefolgt, daß sich der Anspruch der Klägerin nicht auf den Titel der Bereicherung, sondern auf den Titel des Dienstvertrages stütze, weshalb die Verjährungsfrist gemäß § 1486 Z. 5 ABGB. drei Jahre betrage. Da die Klage am 22. Juni 1960 eingebracht wurde und die Fälligkeit der Bezüge der Vertragsbediensteten am 15. eines jeden Monats eintrete, könne die Klägerin nur mehr die Differenzbeträge für die Zeit nach dem 15. Juni 1957 in der Höhe von 7077 S 60 g s. A. begehren.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird nur mehr von der Klägerin angefochten, und zwar insofern, als ihr Mehrbegehren abgewiesen wurde. Die Entscheidung über das Feststellungsbegehren und der Zuspruch von 7077 S 60 g s. A. an die Klägerin sind demnach in Rechtskraft erwachsen.
Der Oberste Gerichtshof hat der Revision der Klägerin nicht Folge gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
In der Revision führt die Klägerin aus, daß sie ihr Begehren ausdrücklich auf Bereicherung gestützt habe. Sie verweist auf die oberstgerichtlichen Urteile 4 Ob 2/60 und 4 Ob 105/60, die einen Bereicherungsanspruch in gleichgelagerten Fällen als gegeben angesehen hätten. Für den Bereicherungsanspruch gelte aber die 30jährige Verjährungsfrist.
Die Klägerin hat in der Klage ausdrücklich die Differenz zwischen den erhaltenen Bezügen und dem ihrer Verwendung entsprechenden Entgelt gefordert. Auch ihr Feststellungsbegehren geht dahin, daß ihr Recht auf Entlohnung nach der Entlohnungsgruppe b festgestellt werde. Wohl hat sie in der Streitverhandlung vom 1. Juli 1960 das Klagebegehren auf den Rechtsgrund der Bereicherung gestützt; damit hat sie zwar ausdrücklich, aber nicht ausschließlich den letztgenannten Rechtsgrund geltend gemacht.
Wenn auch in den von der Klägerin genannten Entscheidungen in gleichgelagerten Fällen von einer Bereicherung der beklagten Partei gesprochen wurde, so doch nur von Bereicherung in wirtschaftlichem und nicht in juristischem Sinn, was sich schon daraus ergibt, daß dort Ansprüche, die länger als drei Jahre zurückliegen, nicht erhoben wurden. Es darf auch nicht übersehen werden, daß nicht überall dort, wo wirtschaftlich eine Bereicherung vorliegt, das Gesetz einen Bereicherungsanspruch gibt. Die Verwendungs- (Bereicherungs-)klage ist nach ständiger Rechtsprechung ausgeschlossen, wenn dem Verkürzten ein vertraglicher Anspruch zusteht und als solcher geltend gemacht werden könnte. Sie ist also nur ein subsidiäres Mittel für den Fall, daß ein Vertragsverhältnis oder ein vertragsähnliches Verhältnis zur Beurteilung des Rechtsfalls nicht herangezogen werden kann (vgl. die Entscheidungen zu Nr. 2 bei § 1041 ABGB. in Kapfer, ABGB., 26. Aufl.). Außerdem müßte es sich um eine ungerechtfertigte Bereicherung handeln, also um eine in der Rechtsordnung nicht vorgesehene Bereicherung zum Nachteil eines anderen. Das trifft vor allem dort nicht zu, wo einem Anspruch infolge Verjährung die Klagbarkeit genommen ist (JBl. 1958 S. 522, ferner Klang 2. Aufl. VI 439). Es kann auch nicht gesagt werden, daß der Lohnanspruch seine Natur verändert und zu einem Bereicherungsanspruch oder zu einem Anspruch sui generis wird, wenn eine Lohnzusage nicht eingehalten oder die angemessene Entlohnung nicht gezahlt wird.
Der Anspruch des Dienstnehmers bleibt ein Lohnanspruch. Nicht die Rechtsnatur des Anspruches ist zweifelhaft, sondern nur, ob das vereinbarte Entgelt oder ein angemessener Lohn gebührt (4 Ob 38/58). Dazu kommt im vorliegenden Falle noch die Erwägung, daß zwischen den Parteien rechtskräftig festgestellt wurde, daß der Klägerin ein Entlohnungs- und nicht ein Bereicherungsanspruch zusteht, welche Feststellung die Klägerin auch gegen sich gelten lassen muß.
Steht der Klägerin nur ein Anspruch auf eine ihrer Tätigkeit angemessene Entlohnung und nicht ein Bereicherungsanspruch zu, so beträgt die Verjährungsfrist für diesen ihren Anspruch nach § 1486 Z. 5 ABGB. drei Jahre. Ihrer Revision kann daher nicht Folge gegeben werden.
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