Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit der Behauptung, daß die Beklagte - entgegen den Bestimmungen des LadenschlußG idF BGBl. 1988/421 - ihre Filialen in Wien an zwei Samstagen im November 1988 nach 13 Uhr offengehalten und damit nicht nur gegen diese Ladenschlußbestimmungen, sondern auch gegen § 1 UWG verstoßen habe, beantragt der Kläger zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs öfter als einmal im Monat an Samstagen nach 13 Uhr ihre für den Kleinverkauf von Waren bestimmten Betriebseinrichtungen offenzuhalten und den Kleinverkauf von Waren durchzuführen.
Die Beklagte sprach sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus und beantragte, die Verordnung des Landeshauptmannes von Wien vom 21. Oktober 1988 LGBl 38 beim Verfassungsgerichtshof wegen Gesetzwidrigkeit anzufechten und das Verfahren bis zur Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof zu unterbrechen. Das Erstgericht wies den Unterbrechungsantrag der Beklagten ab und erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Auf Grund der im Jahr 1988 geltenden Bestimmungen hätte die Beklagte im November 1988 ihre Verkaufsstellen in Wien nur an einem Samstag länger als bis 13 Uhr offenhalten dürfen; da sie ihre Filialen aber sowohl am 5. November als auch am 26. November 1988 offengehalten habe, habe sie gegen die Ladenschlußbestimmungen und damit auch gegen § 1 UWG verstoßen. Die Bedenken der Beklagten gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien seien nicht so gravierend, daß sie eine Unterbrechung des Provisorialverfahrens gerechtfertigt hätten. Mit dieser Verordnung sei inhaltlich nur festgelegt worden, daß die Verkaufsstellen für den Kleinverkauf von anderen Waren als Lebensmitteln am Nachmittag des vierten Samstages vor Weihnachten nicht offengehalten werden dürfen; die Ermächtigung für eine derartige Verordnung habe aber § 4 LadenschlußG sowohl in der vor dem G BGBl. 1988/421 als auch in der durch dieses Gesetz geänderten Fassung enthalten.
Das Rekursgericht wies den Rekurs der Beklagten, soweit er sich gegen die Abweisung des Unterbrechungsantrages gerichtet hatte, zurück und sprach aus, daß dieser Teil des Beschwerdegegenstandes S 300.000 übersteige; im übrigen bestätigte es die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes. Zum zurückweisenden Teil seines Beschlusses führte das Rekursgericht folgendes aus:
Die Wirkung eines von einem Gericht beim Verfassungsgerichtshof gestellten Antrages auf Aufhebung einer Verordnung auf das anhängige Gerichtsverfahren sei seit dem 1. Juli 1976 nicht mehr verfassungsgesetzlich geregelt, sondern gemäß Art. 89 Abs 5 B-VG der Regelung durch Bundesgesetz überlassen. § 57 Abs 3 VfGG idF BGBl. 1976/311 bestimme, daß dann, wenn ein Gericht einen Antrag auf Aufhebung einer Verordnung oder bestimmter Stellen einer solchen stellt, in dieser Sache bis zur Verkündung bzw. Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes nur solche Handlungen vorgenommen oder Entscheidungen und Verfügungen getroffen werden dürfen, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflußt werden können oder die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten. Damit seien gegenüber der früheren Rechtslage, nach der in einem solchen Fall das ganze Zivilverfahren zu unterbrechen war, nur die Entscheidungsbefugnisse des Gerichtes eingeschränkt worden. Die Rechtsprechung, wonach der Beschluß, mit dem ein Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens nach Art. 89 Abs 2 B-VG abgewiesen wurde, ungeachtet des Rechtsmittelausschlusses des § 192 Abs 2 ZPO mit Rekurs bekämpft werden konnte, sei daher nicht mehr anwendbar, weil sie auf einer nicht in der Zivilprozeßordnung enthaltenen, zwingenden verfassungsgesetzlichen Unterbrechungsbestimmung beruht habe. Ein Beschluß, mit dem ein Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens bis zur Entscheidung über den Antrag auf Aufhebung einer Verordnung abgewiesen wird, sei daher jetzt - entgegen der vom Obersten Gerichtshof in ÖBl. 1984, 5 wiederholten Rechtsansicht - gemäß § 192 Abs 2 ZPO unanfechtbar. Im übrigen billigte das Rekursgericht die Ansicht des Erstgerichtes, daß die Bedenken der Beklagten gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien vom 21. Oktober 1988 LGBl. 38 nicht stichhältig seien.
Gegen den zurückweisenden Teil dieses Beschlusses richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, das Verfahren zum Zweck der Anfechtung der genannten Verordnung des Landeshauptmannes von Wien beim Verfassungsgerichtshof zu unterbrechen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist unzulässig.
Die Frage, ob der Beschluß, mit dem ein Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens zum Zweck der Anfechtung einer Verordnung beim Verfassungsgerichtshof abgewiesen wird, seit der Änderung des Art. 89 Abs 2 B-VG durch das BVG 1975 BGBl. 302 der Anfechtungsbeschränkung des § 192 Abs 2 ZPO unterliegt, ist im Rahmen des - nunmehr rechtskräftig
abgeschlossenen - Provisorialverfahrens nicht mehr von Bedeutung:
Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse voraus; es ist nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen, rein theoretische Fragen zu entscheiden (SZ 49/22; SZ 53/86; ÖBl. 1987, 51; EvBl 1988/100 uva; Heller-Berger-Stix 648; Fasching IV 13 f. und LB Rz 1709 ff.). Die Beschwer muß nach nunmehr herrschender Auffassung zur Zeit der Einlegung des Rechtsmittels gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen (JBl 1963, 432; ÖBl. 1983, 117; EvBl 1988/100; Novak in JBl 1962, 512 f.; Heller-Berger-Stix aaO).
Im vorliegenden Fall ist das Provisorialverfahren, in welchem der Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens gestellt wurde, durch die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes rechtskräftig abgeschlossen worden (§ 528 Abs 1 Z 1 ZPO in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der WGN 1989, BGBl. 343); die von der Rechtsmittelwerberin angestrebte Unterbrechung des Provisorialverfahrens ist daher gar nicht mehr möglich. Damit mangelt es aber der Beklagten an der für die Bekämpfung der Zurückweisung ihres Rekurses erforderlichen Beschwer (vgl. RZ 1979/32). Über den auch in der Hauptsache gestellten Unterbrechungsantrag ist noch nicht entschieden worden. Das unzulässige Rechtsmittel war demnach zurückzuweisen.
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