European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127417
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Der für den 11‑jährigen Minderjährigen geldunterhaltspflichtige Vater wurde im Jahr 2015 zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von 200 EUR verpflichtet.
Anfang 2019 begehrte der durch die Wiener Kinder- und Jugendhilfe vertretene Minderjährige, den Vater zu einer Unterhaltsleistung für die Zeit vom 1. 8. 2018 bis 31. 12. 2018 von monatlich 285 EUR und ab 1. 1. 2019 von 300 EUR zu verpflichten. Der Vater gehe keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Es sei ihm möglich, eine Vollzeitbeschäftigung aufzunehmen und ein monatliches Nettoeinkommen von wenigstens 1.420 EUR inklusive anteiliger Sonderzahlungen zu erzielen. Ab 1. 1. 2019 komme der Familienbonus Plus hinzu, was eine Verringerung der Steuerlast und sohin eine Erhöhung des Einkommens bewirke. Ab diesem Zeitpunkt sei es dem Vater daher möglich, die Hälfte des Familienbonus Plus sowie den Unterhaltsabsetzbetrag zu lukrieren.
Der Vater äußerte sich zum Antrag des Minderjährigen nicht.
Das Erstgericht erhöhte die Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1. 8. 2018 auf monatlich 285 EUR, das Mehrbegehren von 15 EUR wies es ab. Der Vater sei auf 1.420 EUR anzuspannen. Dieses fiktive Einkommen werde der Unterhaltsbemessung zugrunde gelegt. Der Unterhaltsabsetzbetrag sei dem Einkommen nicht hinzuzurechnen; für den Familienbonus Plus gelte dasselbe, da es sich dabei ebenfalls um eine steuerliche Entlastung des geldunterhaltspflichtigen Elternteils handle, der nicht der „Vermehrung“ des Geldunterhaltsbetrags des Kindes dienen solle. Demnach habe der Minderjährige derzeit einen Anspruch auf 20 % vom anrechenbaren Durchschnittsnettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen, woraus sich der festgesetzte Unterhaltsbetrag ergebe.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den Revisionsrekurs in Ermangelung von oberstgerichtlicher Rechtsprechung zur Berücksichtigung des Familienbonus Plus bei der Unterhaltsbemessung für zulässig.
Der Minderjährige beantragt in seinem Revisionsrekurs, dem Unterhaltserhöhungsantrag vollinhaltlich stattzugeben. Er macht geltend, dass der Familienbonus Plus und der Unterhaltsabsetzbetrag das Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen und damit die Unterhaltsbemessungsgrundlage erhöhen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist, ungeachtet des Zulassungsausspruchs des Rekursgerichts, in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen iSv § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.
Der Senat hat sich mit den im Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen jüngst umfassend auseinandergesetzt (4 Ob 150/19s) und ist zu folgendem Ergebnis gekommen:
Beim Familienbonus Plus handelt es sich – so wie beim Unterhaltsabsetzbetrag – um einen echten Steuerabsetzbetrag. Der Gesetzgeber hat den Familienbonus Plus mit der Zielsetzung eingeführt, die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung der Geldunterhaltspflichtigen nunmehr durch die erwähnten steuergesetzlichen Maßnahmen herbeizuführen. Dadurch findet eine Entkoppelung von Unterhalts- und Steuerrecht statt. Der Familienbonus Plus ist weder in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen noch ist er bei der Anrechnung von Transferleistungen zu berücksichtigen. Familienbonus Plus und Unterhaltsabsetzbetrag bleiben damit unterhaltsrechtlich neutral.
Das Rekursgericht hat im Sinne dieser Judikatur entschieden. Wegen der damit verbundenen Klärung offener Rechtsfragen stellen sich die vom Rekursgericht und dem Minderjährigen als erheblich bezeichnete Rechtsfragen nicht mehr (vgl RIS‑Justiz RS0112921).
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