European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0040OB00158.22X.0923.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die beiden Kläger sind Wohnungseigentümer der Top 2 im Obergeschoß eines zweistöckigen Hauses. Die Top 2 besteht selbst wiederum aus zwei selbständigen Wohnbereichen mit einem gemeinsamen Vorraum. Bereits ihre Voreigentümerin vermietete den linken Wohnbereich im Jahr 2007 an die beiden Beklagten.
[2] Der Erstbeklagte übersiedelte später nach Indien.
[3] Die Zweitbeklagte vereinbarte mit ihrer damaligen Vermieterin mündlich, dass sie auch den rechten Wohnbereich der Top 2 als alleinige Mieterin zur Nutzung übernehmen könne.
[4] Die Top 2 wurde jahrelang ausschließlich über Elektroheizstrahler mit laienhaft reparierter Gerätezuleitung beheizt, was eine erhebliche Brandgefahr bewirkte. Außerdem wiesen die Beklagten nie auf Mängel in der Elektroanlage der Wohnung hin.
[5] Die Kläger kündigten gegenüber beiden Beklagten das Bestandverhältnis für die Top 2 (sic) wegen nachteiligen Gebrauchs, Verstoß gegen vertragliche Vereinbarungen sowie Aneignung des rechten Wohnbereichs auf.
[6] Das Erstgericht verneinte einen Verstoß gegen Vertragspflichten und die behauptete Aneignung, hielt aber die Aufkündigung wegen nachteiligen Gebrauchs gegenüber beiden Beklagten für wirksam. Dem Räumungsbegehren gab es nur gegen die Zweitbeklagte statt; der Erstbeklagte sei nämlich im Zeitpunkt der Aufkündigung schon nicht mehr Mitmieter gewesen.
[7] Das Berufungsgericht wies sämtliche Klagebegehren ab. Die Kläger hätten die Aufkündigung für die gesamte Top 2 erklärt, obwohl deren rechter Wohnbereich nach ihrem eigenen Vorbringen titellos benutzt worden sei. Die Aufkündigung sei daher unschlüssig. Eine Räumungsklage wegen titelloser Benützung könne nicht mit einer gerichtlichen Aufkündigung kombiniert werden.
[8] Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Kläger zeigt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf und ist daher unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
[9] 1. Die Bestimmungen der §§ 560 ff ZPO über die gerichtliche Aufkündigung regeln die Beendigung eines Bestandverhältnisses zu einem bestimmten Termin unter Einhaltung einer bestimmten Frist. Ihre Anwendung setzt nach ständiger Rechtsprechung die in sich widerspruchslose Behauptung eines Bestandvertrags voraus, widrigenfalls die Aufkündigung wegen Unschlüssigkeit aufzuheben ist (7 Ob 95/07g; RS0044714 vgl auch RS0020856). Ist das Vorbringen widersprüchlich – etwa, weil behauptet wird, dass kein Bestandverhältnis bestehe (so zB 7 Ob 95/07g) –, muss die Aufkündigung daher nach ständiger Rechtsprechung als unschlüssig aufgehoben werden (vgl RS0044714 [T1]). Das gilt auch, wenn die Aufkündigung für Teile der Immobilie ausgesprochen wird, die schon nach dem Vorbringen nicht in Bestand gegeben wurden.
[10] 2. Der Auslegung des diesbezüglichen Vorbringens kommt in der Regel keine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zu (RS0044714 [T5]).
[11] In der Revision argumentieren die Kläger, dass ihre Aufkündigung die „implizite Behauptung“ enthalte, dass die Zweitbeklagte Alleinmieterin der gesamten Top 2 sei. Damit zeigen sie schon deshalb keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung auf, weil auch aus einem solchen Vorbringen nicht schlüssig abzuleiten wäre, wieso eine Aufkündigung für die gesamte Top 2 auch gegenüber dem Erstbeklagten erfolgt.
[12] 3. Eine Teilstattgebung nur gegenüber der Zweitbeklagten war entgegen den Revisionsausführungen nicht zulässig, weil die beiden Beklagten als Mitmieter des linken Wohnbereichs eine notwendige Streitgenossenschaft bilden (vgl RS0013160).
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