OGH 4Ob158/05x

OGH4Ob158/05x8.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Stolz, Rechtsanwalt in Radstadt, gegen die beklagten Parteien 1. W***** Gesellschaft mbH & Co KG, 2. W***** Gesellschaft mbH, 3. Franz W*****, vertreten durch Dr. Martin Piaty und andere Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung, Beseitigung und Löschung (Streitwert im Provisorialverfahren 60.000 EUR), über den Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 25. Mai 2005, GZ 6 R 268/04k-17, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 10. November 2004, GZ 43 Cg 69/04g-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

„Der Antrag, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zur Sicherung des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs auf Unterlassung der Verwendung der Domains steirerparkett.de und steirerparkett.ch zur ungeteilten Hand aufzutragen, es ab sofort und bis zur Rechtskraft des über den Unterlassungsanspruch ergehenden Urteils zu unterlassen, die Domains steirerparkett.de und steirerparkett.ch mit oder ohne Inhalt zu verwenden, wird abgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit 1.395,80 EUR (darin 232,63 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Klägerin hat die Kosten des Provisorialverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit 3.835,30 EUR (darin 639,21 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der K***** GmbH & Co KG, die seit 1997 unter der Bezeichnung „Steirer Parkett" Parkettböden in Deutschland, Österreich, in der Schweiz und in 27 weiteren Ländern vertrieb. 1997 ließ die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Domain steirerparkett.at registrieren. Sie war auch Inhaberin einer seit 21. 1. 1997 geschützten Wortbildmarke mit dem Wortteil „Steirer Parkett, das Original".

Die Erstbeklagte vertreibt ebenfalls Parkettböden; die Zweit- und der Drittbeklagte sind ihre persönlich haftenden Gesellschafter. Bis 2002 arbeitete die Erstbeklagte mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin zusammen. Ihr war daher bekannt, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin unter der Bezeichnung „Steirer Parkett" Parkettböden vertrieb und dass für sie die Domain steirerparkett.at registriert war. Im Jahr 2000 ließ die Erstbeklagte die Domains steirerparkett.de und steirerparkett.ch registrieren. Ruft man die beiden Domains auf, so gelangt man ohne weiteres Zutun auf die Website der Erstbeklagten, die diese unter der Domain weitzerparkett.at betreibt und auf der sie für ihre Parkettböden wirbt.

Die Klägerin erfuhr im Oktober 2004, dass die Domains steirerparkett.de und steirerparkett.ch für die Erstbeklagte registriert sind. Sie forderte die Erstbeklagte vergeblich auf, die Domains nicht mehr zu nutzen.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, den Beklagten zur ungeteilten Hand die Verwendung der Domains steirerparkett.de und steirerparkett.ch mit oder ohne Inhalt zu verbieten. Die Beklagten verstießen gegen die Namens- und Kennzeichen- sowie gegen die Markenrechte der Klägerin. Ihre Wortbildmarke sei prioritätsälter als die beiden Domains; es bestehe Verwechslungsgefahr. Die Erstbeklagte habe die beiden Domains in Schädigungs- und Behinderungsabsicht registrieren lassen. Dies sei sittenwidriges Domain Grabbing im Sinne des § 1 UWG. Mit der Nutzung der beiden Domains verstoße die Erstbeklagte auch gegen § 2 UWG.

Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen. Die Erstbeklagte habe durch mehrere Jahre hindurch die Parkettböden der Rechtsvorgängerin der Klägerin vertrieben und mit deren Wissen die beiden Domains verwendet. Die Klägerin verfüge über die Domains steirerparkett.at und scheucher.at. Sittenwidriges Domain Grabbing liege daher nicht vor. Die Bezeichnung „Steirer Parkett" sei beschreibend und daher nicht schutzfähig. Durch aufklärende Hinweise werde im Übrigen klargestellt, dass auf der durch Eingabe der Domains steirerparkett.de und steirerparkett.ch aufgerufenen Website nur Produkte für den deutschen und Schweizer Markt und für deutsche und Schweizer Kunden angeboten würden.

Das Erstgericht verbot den Beklagten, die Domains steirerparkett.de und steirerparkett.at mit oder ohne Inhalt zu verwenden. Schon der Gebrauch des Wortteils verletze die Markenrechte der Klägerin, weil andernfalls die Kennzeichnungskraft und Werbewirksamkeit von Wortbildmarken im Internet von jedermann für seine Zwecke missbraucht werden könnte. Dies gelte unabhängig davon, unter welcher Top Level Domain die Domain registriert sei, weil auch jede im Ausland registrierte Domain von einem inländischen Internetzugang aus angewählt werden könne und damit (auch) im Inland gebraucht werde. Da der Internetnutzer bei Eingabe von steirerparkett.de und von steirerparkett.ch auf die Homepage der Erstbeklagten weitergeleitet werde, müsse er den (falschen) Eindruck eines wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhangs der Streitteile gewinnen. Die Zweitbeklagte und der Drittbeklagte hätten nicht behauptet, die Markenverletzung nicht beeinflussen zu können. Es sei daher davon auszugehen, dass (nur) sie den Markenverstoß abstellen können. Da mehrere Parteien nichts „zur ungeteilten Hand" unterlassen könnten, sei dem Spruch insoweit eine deutlichere Fassung zu geben gewesen.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Bezeichnung „Steirer" sei als geografischer Hinweis für sich allein zwar ebenso wenig schutzfähig wie das Wort „Parkett", für das ein absolutes Freihaltebedürfnis bestehe. Die Wortverbindung „Steirer Parkett" werde aber im üblichen Sprachgebrauch nicht dafür verwendet, Parkettböden zu bezeichnen oder zu beschreiben. Sie sei daher schutzfähig. Die Registrierung der wortgleichen Domain „steirerparkett" - wenn auch im Ausland - durch die Beklagten als direkte Mitbewerber der Klägerin lasse „jedenfalls prima facie" auf eine Behinderungsabsicht schließen, sodass auch ein Verstoß gegen § 1 UWG anzunehmen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig und berechtigt.

1. Die Klägerin stützt ihre Ansprüche auf ihre Rechte an der Wortbildmarke „Steirer Parkett, das Original". Die Beklagten halten dem entgegen, dass „Steirer Parkett" für die von der Klägerin angebotenen Waren und Dienstleistungen rein beschreibend und damit nicht selbstständig schutzfähig sei.

Marken und andere Kennzeichen sind beschreibend, wenn der darin enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann. Lässt sich dagegen die Beziehung zwischen Ware und Zeichen nur im Wege besonderer Schlussfolgerungen oder Gedankenoperationen herstellen, ist das Zeichen unterscheidungskräftig. Gleiches gilt, wenn es sich um eine bloße Andeutung irgendwelcher Eigenschaften der Ware, der Art ihrer Herstellung oder ihrer Zweckbestimmung handelt (RIS-Justiz RS0066456, RS0109431, RS0117763).

Hat ein Zeichen nach Auffassung der beteiligten Verkehrskreise mehrere Bedeutungen, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH C-191/01 = MarkenR 2004, 450 - Doublemint; 4 Ob 253/03i = EvBl 2004/148 - Vital Hotel; 4 Ob 7/05s = ÖBl-LS 2005/145 - Car Care).

Eine Verbindung von für sich allein nicht schutzfähigen Wörtern kann Kennzeichnungskraft nur erlangen, wenn eine eigenartige sprachliche Neubildung vorliegt, die geeignet ist, auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen (stRsp ua 4 Ob 119/91 = ÖBl 1991, 254 - Gaudi-Stadel; s auch OPM Om 4/93 = PBl 1994, 141 - Innviertler Landbier). Die Schutzfähigkeit setzt somit voraus, dass die Neuschöpfung auf Grund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht (EuGH C-265/00 - Biomild; 4 Ob 277/04w = wbl 2005/212 - powerfoods).

Wird das Zeichen „steirerparkett" nach diesen Grundsätzen beurteilt, so ist die Schutzfähigkeit zu verneinen:

„Steirerparkett" setzt sich aus den Wörtern „Steirer" und „Parkett" zusammen. Durch ihre Verbindung entsteht entgegen der Auffassung des Rekursgerichts keine eigenartige sprachliche Neubildung, die anders verstanden würde als die Summe ihrer Bestandteile und daher geeignet wäre, als (betrieblicher) Herkunftshinweis zu wirken. „Steirer" wird auch in der Verbindung mit „Parkett" als Hinweis auf die geografische Herkunft und nicht auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen verstanden; auch die Bedeutung von Parkett als Bezeichnung (auch) eines getäfelten Fußbodens bleibt gleich (s HABM R 1037/2004-2 = GRUR 2005, 682 - Österreicher Quelle). Dass die Klägerin für die Bezeichnung „Steirerparkett" Verkehrsgeltung erreicht hätte, ist weder behauptet noch bescheinigt.

Die Kennzeichnungskraft dieses Teils der Marke ist maßgebend, weil die Erstbeklagte mit der Nutzung der beiden Domains nur diesen Markenbestandteil und nicht die Marke als Ganzes verwendet. Ein einzelner Markenbestandteil ist nur dann gegen unbefugte Verwendung geschützt, wenn er für sich allein unterscheidungskräftig und durch seine Verwendung die Gefahr von Verwechslungen zu besorgen ist (4 Ob 138/89 = ÖBl 1990, 165 - Kombucha; 4 Ob 35/91 = ÖBl 1991, 98 - Disco-Queen ua). Für die Nutzung eines Zeichens als Domain kann insoweit nichts anderes als für die Nutzung eines Zeichens auf andere Weise gelten, weil es andernfalls zu einer unerträglichen Diskrepanz zwischen virtuellem und nicht-virtuellem Geschäftsverkehr käme (zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr im virtellen und nicht-virtuellen Geschäftsverkehr nach gleichen Grundsätzen s 4 Ob 73/01s = ÖBl 2001, 263 - pro-solution.at).

Für die vorliegende Entscheidung ist daher nicht maßgebend, dass die Marke der Klägerin - wie diese geltend macht - als Wortbildmarke neben dem beschreibenden Wortteil auch (unterscheidungskräftige) Bildelemente enthält. Die mangelde Kennzeichnungskraft des allein übernommenen (Teils des) Wortbestandteils schließt eine Markenverletzung aus.

2. Gleiches gilt für den von der Klägerin ebenfalls in Anspruch genommenen Namensschutz. Geschäftliche Bezeichnungen genießen nur dann Namensschutz, wenn sie - sei es von vornherein oder kraft Verkehrsgeltung - Unterscheidungskraft besitzen (4 Ob 148/89 = MR 1990, 194 - Holiday-Reisen; 4 Ob 12/92 = ÖBl 1992, 54 - NEMSA ua). Das trifft - wie oben dargelegt - für „Steirer Parkett" nicht zu.

3. Die Klägerin will einen Verstoß gegen § 1 UWG bereits daraus ableiten, dass die Registrierung der beiden Domains in Kenntnis der Marke der Klägerin erfolgt ist. Auch das Rekursgericht meint, dies lasse „prima facie" auf eine Behinderungsabsicht schließen.

Für den Nachweis des Domain Grabbing genügt es, wenn der Kläger einen Sachverhalt beweist (bescheinigt), aus dem kein nachvollziehbares Eigeninteresse des Beklagten am Erwerb an einer Domain erkennbar ist (4 Ob 139/01x = MR 2001, 245 [Korn] - Taeglichalles.at). Einen solchen Sachverhalt hat die Klägerin im Provisorialverfahren nicht bescheinigt. Nach den Feststellungen haben die Beklagten im Zeitpunkt der Registrierung mit der Klägerin zusammen gearbeitet und deren Produkte vertrieben. Das schließt es jedenfalls nicht aus, dass die Beklagten die Domains erworben haben, um die Produkte der Klägerin zu vertreiben. Es ist der Klägerin daher nicht gelungen, im Provisorialverfahren einen Sachverhalt zu bescheinigen, der den Vorwurf des sittenwidrigen Domain Grabbings rechtfertigte.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.

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