European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00157.17T.1024.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Das Rekursgericht verbot der beklagten Zahnärztin, Werbung für die Hersteller und Vertreiber medizinischer Produkte dadurch zu betreiben, dass eine bestimmte Marke in Ankündigungen auf ihrer Webseite verwendet und/oder unter dieser Marke vertriebene Produkte vorgestellt werden, zB durch einen Link, der auf die Webseite des Herstellers oder Vertreibers von Medizinprodukten führt, und ihre zahnärztlichen Leistungen in öffentlichen Ankündigungen durch die Verwendung der Bezeichnung „Master Provider“, beispielsweise durch eine einem Gütezeichen nachempfundene Darstellung mit dieser Bezeichnung, anzupreisen und/oder anpreisen zu lassen. Es warf der Beklagten einen Verstoß gegen die standesrechtlichen Bestimmungen des Art 3 der Werberichtlinie der Zahnärztekammer (WR‑ÖZAK 2015) vor.
Die Beklagte vermag in ihrem außerordentlichen Rechtsmittel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Bestätigung der Entscheidung über die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs kann, selbst wenn sie lediglich in den Gründen der Entscheidung zweiter Instanz erfolgte, in dritter Instanz nicht mehr angefochten werden (RIS‑Justiz RS0039799, RS0114196). Dies gilt auch, wenn das Erstgericht die Zulässigkeit des Rechtswegs ausgesprochen und der Beklagte diese Entscheidung unbekämpft gelassen hat (10 Ob 20/11f mwN). In beiden Fällen steht der Wahrnehmung des Prozesshindernisses in dritter Instanz der rechtskräftige Beschluss der Vorinstanzen entgegen (§ 42 Abs 3 JN; RIS‑Justiz RS0043822).
2. Nach Art 3 lit d der WR‑ÖZAK 2015 liegt ein das Ansehen des Berufsstands beeinträchtigendes Anpreisen oder Bewerben zahnärztlicher Leistungen dann vor, wenn Werbung für Arzneimittel, Heilbehelfe und sonstige medizinische Produkte sowie für deren Hersteller und Vertreiber betrieben wird. Ob dies der Fall ist, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und wirft daher im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage auf (4 Ob 4/11h; 4 Ob 90/12g).
Bereits zu 4 Ob 176/11b billigte der erkennende Senat die Beurteilung eines vergleichbaren Sachverhalts als Verstoß gegen die inhaltlich gleiche, damals anzuwendende Werberichtlinie. Auch dort hatte ein Zahnarzt eine bestimmte Zahnschiene in einem eigenständigen Unterpunkt seines Internetauftritts mit ihrer markenrechtlich geschützten Bezeichnung und einem Hinweis auf den Hersteller angepriesen; weiters hatte er seine Ordination als „erste [Markenname‑]Praxis in Tirol“ bezeichnet. Die Nennung des Markennamens und des Herstellers wurde als über eine allgemeine Sachinformation des Patienten über die Behandlungsmethode hinausgehende Information beurteilt, die zur Darstellung des Leistungsspektrums außerhalb eines konkreten und detaillierten ärztlichen Beratungsgesprächs nicht erforderlich sei.
Die damals der Beurteilung zugrundeliegende Fassung der Werberichtlinie unterschied sich von der jetzt anzuwendenden Fassung im hier interessierenden Zusammenhang inhaltlich nicht. Von privaten Herstellern angebotene „Einschulungen“ auf die spezifischen Anwendungserfordernisse ihrer Produkte sind nicht geeignet, über Art 4 lit a WR‑ÖZAK 2015 (Hinweis auf Fortbildung etc) eine Ausnahme von Art 3 lit d der WR‑ÖZAK 2015 zu begründen, könnte diese Bestimmung doch sonst leicht umgangen werden. Es müsste nur jeder Hersteller derartige Einschulungen samt „Zertifikaten“ anbieten, soweit solche Schulungen nicht ohnehin schon allgemein angewandter Praxis entsprechen oder gar für die korrekte Anwendung des Heilbehelfs unumgänglich sind.
Auch die rekursgerichtliche Beurteilung der blickfangartig mit der Abbildung einer Art Gütesiegel verbundenen Hervorhebung der Bezeichnung „Master Provider“ als der zahnärztlichen Werberichtlinie widersprechend erweist sich als im Einzelfall nicht korrekturbedürftig. Diese Bezeichnung ergibt einerseits ohne Bezugnahme auf eine bestimmte Marke keinen Sinn, andererseits kommt es auf das von der Beklagten ins Treffen geführte Verständnis im Sinn eines Fachbegriffs der englischen Rechtssprache (Rahmenvertriebspartner) nicht an, ist dieser Begriffsinhalt doch dem durchschnittlichen Adressaten der beanstandeten Internetwerbung zweifellos nicht bekannt, sondern liegt vielmehr ein Verständnis im Sinn der rekursgerichtlichen Beurteilung (marktschreierische Darstellung besonderer Leistungen, Behauptung einer Spitzenstellung auf dem Markt) nahe.
Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)