European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00015.18M.0220.000
Spruch:
I. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
II. Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.
Begründung:
1. Die Klägerin handelt mit Parfumprodukten, die sie auf Basis eines Unterlizenzvertrags unter Verwendung der Gemeinschaftswort- und der Gemeinschaftswortbildmarke „Davidoff“ in den Verkehr bringt. Sie ist von der Markeninhaberin zur Geltendmachung von Ansprüchen aus der Verletzung von Markenrechten berechtigt worden. Parfums dieser Marken werden im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems nur über autorisierte Fachhändler vertrieben.
Die Beklagte, ein inländisches Versandhandelshaus, ist keine Fachhändlerin im Rahmen des selektiven Vertriebssystems für Parfums der Marke „Davidoff“. Sie bietet im Rahmen ihres Webshops auch Originalprodukte der genannten Marke an, die sie über einen von der Markeninhaberin autorisierten Zwischenhändler bezieht, und verwendet dabei nicht nur die Wortmarke, sondern auch die entsprechende Wortbildmarke.
Die Klägerin macht unter anderem Unterlassungsansprüche nach dem MSchG und dem UWG geltend. Die Beklagte benütze die fremde Wortbildmarke ohne zwingenden Grund, weil sie sich auch auf die Wortmarke beschränken könnte. Das „blickfangartige“ Herausstellen der Wortbildmarke nütze die Aufmerksamkeit des Publikums und den guten Ruf der Marke unlauter aus.
Die Vorinstanzen wiesen das Sicherungsbegehren ab, der Beklagten aufzutragen es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Wortbildmarke „Davidoff“ blickfangmäßig zum Anbieten und/oder Bewerben von Parfumprodukten zu benützen, insbesondere auf ihrer näher genannten Website, insbesondere wie in einer Beilage als „screenshot“ abgebildet.
Die Klägerin vermag in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.
Rechtliche Beurteilung
2. Nach dem bescheinigten Sachverhalt verwendet die Gegnerin die Wortbildmarke nur im Zusammenhang mit dem Anbieten von Originalprodukten, die von der Klägerin in Deutschland in Verkehr gebracht und über eine Vertragshändlerin der Klägerin an die Beklagte verkauft wurden. Die Produktpräsentation durch die Beklagte erfolgt ansprechend gemäß einem professionellen Webshop und legt dem Betrachter nicht nahe, dass eine wirtschaftliche Verbindung zwischen den Streitteilen im Sinn einer Vertragshändlerbeziehung bestehe.
3. Mit ihrer Behauptung, dass die Gegnerin mit der fremden Wortbildmarke auch ihren eigenen Online-Handel sowie Parfumprodukte Dritter bewerbe, weicht die Klägerin von diesem bescheinigten Sachverhalt ab. Daraus, dass die Beklagte die markierten Produkte selbst vertreibt (und dafür nicht lediglich eine Plattform für dritte Anbieter zur Verfügung stellt), weshalb ihr der beanstandete Markengebrauch selbst zuzurechnen ist, folgt allerdings nicht, dass die Beklagte die Wortbildmarke zur Bewerbung ihrer eigenen Dienstleistung als Versandhändlerin verwendet. Die in diesem Zusammenhang von der Gefährdeten behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor.
4.1 Zur Erschöpfung des Markenrechts haben die Vorinstanzen die Rechtslage nicht verkannt. Demnach besteht die Wirkung der Erschöpfung des Markenrechts iSd § 10b MSchG darin, dass der Kennzeicheninhaber den Weitervertrieb des unveränderten Originalprodukts durch Dritte nicht untersagen kann, wenn mit der Marke versehene konkrete Waren von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung im EWR in den Verkehr gebracht wurden. Der Erschöpfungsgrundsatz findet nur dann keine Anwendung, wenn es berechtigte Gründe rechtfertigen, dass sich der Inhaber dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist (§ 10b Abs 2 MSchG). Der Markeninhaber verliert zufolge Erschöpfung seines Markenrechts zwar die Kontrolle für den weiteren Vertriebsweg seiner Ware, er behält jedoch weiter die Kontrolle darüber, dass seine Marke allein zur Kennzeichnung der von ihm in Verkehr gebrachten Waren verwendet wird. Er kann sich daher dem weiteren Vertrieb der in ihrer Identität veränderten Waren widersetzen (4 Ob 167/04v; siehe auch EuGH C‑291/16, Schweppes , EU:C:2017:990, Rn 34).
4.2 Im Anlassfall ist die Klägerin mit dem Vertrieb der Waren durch die Gegnerin grundsätzlich einverstanden und widersetzt sich diesem – unter Verwendung nur der Wortmarke – nicht. Von einer nachhaltigen Schädigung des Originalprodukts oder des Markenimages ist nach dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt nicht auszugehen.
Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes vorliegen, ein Ausnahmetatbestand nach § 10b Abs 2 MSchG nicht erfüllt ist und eine Einschränkung der Verwendung der Marke (für Originalwaren) auf das notwendige Ausmaß dem § 10b MSchG fremd sei, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung.
5. Die im außerordentlichen Revisionsrekurs zitierte Entscheidung des EuGH zu C‑59/08, Copad, EU:C:2009:260, betrifft die Frage der Zustimmung des Markeninhabers zum Inverkehrbringen durch einen Lizenznehmer, der dabei gegen eine Bestimmung des Lizenzvertrags verstößt. Die Entscheidung C‑127/09, Coty Prestige, EU:C:2010:313, betrifft die Frage der Zustimmung des Markeninhabers zum Inverkehrbringen von Parfumtestern durch autorisierte Zwischenhändler (Depositäre), die nach den Vorgaben des Markeninhabers nicht verkauft werden dürfen. Die Entscheidung C‑230/16, Coty Germany, EU:C:2017:941, betrifft die kartellrechtliche Zulässigkeit eines selektiven Vertriebssystems. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 17 Ob 28/08d bezieht sich auf § 10 Abs 2 MSchG (unlauteres Ausnutzen des guten Rufes einer bekannten Marke) und auf § 10 Abs 3 Z 3 MSchG (Bestimmungsangaben) bei Verwendung einer fremden Marke zur Bewerbung eigener Waren oder Dienstleistungen des Dritten (zB eigene Tuning‑Angebote für bestimmte Kfz‑Marken). Alle diese Entscheidungen sind hier nicht einschlägig.
Aus diesem Grund zeigt die Gefährdete auch mit dem Argument, die Gegnerin hätte bescheinigen müssen, dass die Werbung mit der Wortbildmarke nicht den Eindruck besonderer wirtschaftlicher Beziehung zwischen den Prozessparteien erwecke, keine erhebliche Rechtsfrage auf. Dies erkennt sie offenbar selbst, zumal sie an anderer Stelle des Rechtsmittels ausführt, auf die Frage, ob beim Nutzer der Eindruck einer geschäftlichen Verbindung mit dem Markeninhaber erweckt werde, komme es gar nicht an. Auch die sonst im außerordentlichen Revisionsrekurs angeführten Beispiele und Entscheidungen sind nicht einschlägig, weil sie sich nicht auf den Vertrieb von Originalwaren beziehen.
6. Die Anregung zur Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs war nicht aufzugreifen, weil zu den hier erheblichen unionsrechtlichen Fragestellungen keine Zweifel bestehen (RIS‑Justiz RS0082949).
7. Mangels erheblicher Rechtsfrage war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.
Da eine Rechtsmittelbeantwortung vom Obersten Gerichtshof nicht freigestellt war, diente die von der Beklagten eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung (vgl RIS-Justiz RS0124792).
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