Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Inhaberin der World‑Bild‑Gemeinschaftsmarke „FASHION ONE“, CTM 009562661, mit Priorität vom 30. November 2010, die für nachstehende Waren und Dienstleistungen eingetragen ist:
‑ Fernsehwerbung und Verkaufsförderung; Vermietung von Werbeflächen in Kabel‑, digitalen und Satellitenfernsehkanälen; Fernsehwerbespots (Waren‑ und Dienstleistungsklasse 35).
‑ Übertragung und Ausstrahlung von Fernsehprogrammen; Kabel‑, digitale und Satellitenfernsehausstrahlungen; Ausstrahlung über Telekommunikationsnetze einschließlich Internet; Vertrieb von Online‑Fernsehkanälen über das Internet und andere elektronische Medien (Waren‑ und Dienstleistungsklasse 38),
‑ Fernsehunterhaltungsdienste; Produktion, Präsentation und Verkauf von Online‑Fernsehkanälen über das Internet und andere elektronische Medien; Produktion, Präsentation, Verkauf und Vertrieb von Fernsehprogrammen sowie von Ton‑ und Videoaufzeichnungen zur Ausstrahlung über Fernsehen, Kabel, Satellit, Video und über elektronische Medien, einschließlich Internet (Waren‑ und Dienstleistungsklasse 41).
Die Klägerin veranstaltet unter der Bezeichnung „Fashion TV“ ein Fernsehprogramm und verbreitet dieses über einen bestimmten Satelliten in Österreich und im ganzen Gebiet der Europäischen Union.
Die Beklagte betreibt via Satellit und teilweise per Kabelfernsehen ein „globales TV‑Netzwerk“ und sendet unter der Bezeichnung „FASHION ONE“ und einem gleichnamigen Logo in Österreich und dem Unionsgebiet einen Modekanal.
Ein Antrag auf Nichtigerklärung der Gemeinschaftsmarke vor dem HBMA oder eine Widerklage iSd Art 100 GMV ist nicht anhängig.
Die Klägerin beantragte zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr unter der Bezeichnung „FASHION ONE“ ein Mode‑Spartenprogramm zu verbreiten. Die Klägerin habe die Marke und den Handelsnamen „FASHION ONE“ bzw „Fashionone“ mit allen dazugehörigen Rechten, wie sie ihrer Rechtsvorgängerin zugestanden seien, im April 2013 erworben. Aufgrund der Ähnlichkeit zwischen der Bezeichnung „Fashion One“, mit der die Beklagte ihr Mode‑Spartenprogramm betreibe, und der Marke der Klägerin bestehe Verwechslungsgefahr iSd Art 9 Abs 1 lit b GMV.
Die Beklagte wendete ein, ihre Rechtsvorgängerin, die Fashion One (BVI) Ltd, habe das unterscheidungskräftige Firmenschlagwort „Fashion One“ und das gleichnamige Firmenlogo schon vor dem Prioritätsstichtag 30. November 2010 für ihr Mode‑Spartenprogramm in der Europäischen Union und insbesondere auch in Österreich benutzt und damit ein nach § 9 UWG iVm Art 8 PVÜ gegenüber der Gemeinschaftsmarke der Klägerin älteres Kennzeichenrecht erworben. Ihre Rechtsvorgängerin habe bereits am 23. August 2010 mit einem in Linz ansässigen Kabelnetzbetreiber einen Vertrag über die Verbreitung des Fernsehprogramms per Kabel in Österreich geschlossen. Die Erstausstrahlung sei bereits am 1. September 2010 unter Verwendung des Firmenschlagworts „Fashion One“ und des gleichnamigen Firmenlogos erfolgt. Dieser Kabelnetzbetreiber decke eine bedeutende österreichische Region ab, darunter Linz als Landeshauptstadt. Bereits zuvor sei man in Österreich etwa für Kundenakquisition und Werbeankündigungen unter dem Firmenschlagwort und dem Logo aufgetreten. Darüber hinaus habe bereits ab 1. August 2010 eine Empfangsmöglichkeit in der Europäischen Union einschließlich Österreichs über Satellit bestanden. Am 7. August 2010 sei „Fashion One“ etwa in den Niederlanden empfangbar gewesen, ab Ende Juli 2010 habe auch eine Empfangsmöglichkeit in Deutschland und Polen bestanden. Aus einer Erhebung vom Oktober 2010 ergebe sich eine noch größere Reichweite, etwa auch für die Slowakei. Das Programm sei dafür selbstständig zusammengestellt worden. Weiters habe die Rechtsvorgängerin der Beklagten als „Fashion One“ etwa noch vor dem 30. November 2010 bei einschlägigen internationalen Messen in Frankreich teilgenommen. Das von der Beklagten erworbene Kennzeichenrecht habe auch überregionale Bedeutung. Das Mode‑Spartenprogramm „Fashion One“ sei bereits vor dem 30. November 2010 auf den österreichischen und den europäischen Markt gerichtet gewesen. Überdies habe die Rechtsvorgängerin der Beklagten bereits am 23. September 2010 die Domain www.fashionone.at , die den Nutzer auf www.fashionone.com weiterleite, registriert und vor dem 30. November 2010 auch ‑ unter Verwendung ihres Logos ‑ benützt. Unter www.fashionone.com habe diese bereits ab August 2010 Inhalte veröffentlicht und ua einem breiten Publikum in der Europäischen Union zur Verfügung gestellt. Auch in anderen EU‑Ländern habe man sich jeweils die Domain mit dem entsprechenden landesspezifischen Top‑Level registrieren lassen. Der Gemeinschaftsmarke der Klägerin werde Art 53 Abs 2 GMV entgegengehalten, wonach auf Antrag beim Harmonisierungsamt oder auf Widerklage eine Gemeinschaftsmarke für nichtig erklärt werden könne, wenn ihre Benutzung aufgrund eines sonstigen älteren Rechts gemäß dem für dessen Schutz maßgebenden Gemeinschaftsrecht oder nationalen Recht untersagt werden könne. Dieser Nichtigkeitseinwand könne gemäß Art 99 Abs 3 GMV auch ohne Widerklage im Unterlassungsverfahren erhoben werden. Die nach § 9 UWG iVm Art 8 PVÜ erworbenen älteren Kennzeichenrechte der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die am 3. Jänner 2012 von der Beklagten erworben worden seien, könnten der Gemeinschaftsmarke der Klägerin gemäß Art 8 Abs 4 GMV entgegengehalten werden. Überdies könne sich die Klägerin gemäß Art 111 Abs 3 GMV aufgrund des älteren Rechts der Beklagten an „Fashion One“ deren Benutzung nicht widersetzen.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung unter Bestimmung einer Leistungsfrist von einem Monat, machte deren Wirksamkeit aber vom Erlag einer Sicherheitsleistung von 50.000 EUR abhängig. Mangels Löschungsantrags oder Widerklage sei von der Rechtsbeständigkeit der Gemeinschaftsmarke der Klägerin mit Priorität vom 30. November 2010 auszugehen. Da die Beklagte nicht behauptet habe, dass ihr ein konkretes älteres Recht in einem anderen Europäischen Staat nach dessen Rechtsordnung zukomme, sei ihr Tatsachenvorbringen zu einer europaweiten Vorbenutzung unbeachtlich. Das von der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Inland verwendete Firmenschlagwort „Fashion One“ weise Unterscheidungskraft auf, weil es nicht bloß beschreibend sei. Gemäß § 9 Abs 1 UWG iVm Art 8 Abs 4 GMV bestehe ein grundsätzlicher Schutz des Handelsnamens, weshalb es auf Art 8 PVÜ nicht ankomme. Die Kabeleinspeisung in einer Teilregion eines Mitgliedstaats, selbst wenn Linz als eine der österreichischen Landeshauptstädte umfasst sei, entspreche nicht der Voraussetzung einer Kennzeichennutzung von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung. Die nach Umfang und Dauer nicht näher spezifizierten und nicht bescheinigten inländischen Werbemaßnahmen und Kundenakquisitionen unter dem Firmenschlagwort änderten daran nichts, weil keine mehr als bloß örtliche Bedeutung dargelegt worden sei. Die Beklagte könne sich auch nicht auf die behauptete Registrierung der Website www.fashionone.at stützen, weil nach ihrem Vorbringen ein entsprechender Gebrauch im geschäftlichen Verkehr im Inland zu verneinen sei, weil die Seite keinen eigenständigen Inhalt ausweise, sondern lediglich zur Website www.fashionone.com weiterleite, die in englischer Sprache gehalten und damit gerade nicht auf österreichische Nutzer ausgerichtet sei. Dies gelte auch für die Empfangsmöglichkeit des englischsprachigen Senders per Satellit. Es fehle überdies konkretes Vorbringen der Beklagten, durch welche konkreten Benutzunghandlungen sie in welchem konkreten Gebiet ein Kennzeichenrecht vor dem Prioritätsstichtag erworben hätte und inwieweit sich dieses auf das europaweite Unterlassungsbegehren auswirke. Verwechslungsgefahr iSd Art 9 GMV zwischen den Zeichen der Streitteile sei aufgrund des maßgeblichen Gesamteindrucks zu bejahen.
Das Rekursgericht bestätigte die erstgerichtliche einstweilige Verfügung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nach § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.
Die Kabeleinspeisung des unter der Bezeichnung „Fashion One“ gesendeten Programms in einem Teilgebiet Oberösterreichs vermöge keine „mehr als lediglich örtliche Bedeutung“ des Kennzeichens iSd Art 8 Abs 4 GMV begründen. Es komme nicht nur auf die geographische Größe des jeweiligen Schutzbereichs an, sondern vor allem auf seine wirtschaftliche Bedeutung im Gesamtgefüge der Gemeinschaft. Es spiele daher keine Rolle, in welchen konkreten Gebieten Oberösterreichs das fragliche TV‑Programm vor dem Prioritätsstichtag gesendet worden sei. Das mit einer Domain verbundene Kennzeichenrecht entstehe nicht schon mit der Registrierung durch die zuständige Vergabestelle, sondern erst mit der Ingebrauchnahme. Der Inhalt der fraglichen Webseite müsste sich zumindest auch an inländische Nutzer richten. Diese Frage sei objektiv zu beurteilen und werde nur dann zu bejahen sein, wenn ein wirtschaftlich relevanter Inlandsbezug vorliege oder wenigstens realistischerweise zu erwarten sei. Schon der Umstand, dass die österreichische Domain lediglich als Weiterleitungsdomain eingerichtet gewesen sei, spreche gegen den Erwerb eines Kennzeichenrechts nach § 9 Abs 1 UWG. Es wäre an der Beklagten gelegen, zu behaupten und allenfalls zu bescheinigen, dass die angesprochenen Kreise in relevantem Ausmaß auf die internationale Website zugreifen und gerade durch die Nutzung des Schlagworts „Fashion One“ im Zusammenhang mit der internationalen Domain ein „commercial effect“ (Kundenakquisition, Umsätze) im Inland entstanden sei. Schon der Umstand, dass die internationale Domain einen englischsprachigen Inhalt aufweise, bilde ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Website eben nicht auf den österreichischen Markt ausgerichtet sei. Wann die beiden Domains verlinkt worden seien, sei im Hinblick auf den fehlenden Inlandsbezug ohne rechtliche Bedeutung. Ebensowenig wie die bloße Abrufbarkeit einer Website genüge die bloße ‑ wenn auch österreichweite ‑ Empfangsmöglichkeit eines Fernsehprogramms via Satellit, um ein nationales Kennzeichenrecht mit mehr als lediglich örtlicher Bedeutung iSd Art 8 Abs 4 GMV zu erwerben. Auch hier fehle konkretes Vorbringen, weil nicht deutlich gemacht worden sei, in welchem Grad das geltend gemachte Zeichen durch die Empfangsmöglichkeit dem Publikum bekannt geworden sei. Das Bestreben der Beklagten, Österreich von dem aufgrund der Gemeinschaftsmarke erlassenen Verwendungsverbot auszunehmen, scheitere daran, dass weder Feststellungen noch entsprechendes Vorbringen vorhanden seien, in welchen konkreten Gebieten Österreichs vor dem Prioritätsstichtag Rechte von örtlicher Bedeutung erworben worden wären, die der Benutzung der Gemeinschaftsmarke entgegengehalten werden könnten. Allein der Umstand, dass die Beklagte unter Verwendung des geltend gemachten Kennzeichens diverse Verträge abgeschlossen habe, lasse nicht auf die wirtschaftliche Relevanz des Kennzeichens auf dem österreichischen Markt schließen. Für die Prüfung der Tragweite der in Art 8 Abs 4 GMV genannten Ausschließlichkeitsrechte sei nur das Gebiet maßgeblich, in dem die entsprechenden Rechtsnormen jeweils zur Anwendung kämen. Somit müssten Benutzungshandlungen außerhalb jenes Mitgliedstaats, in dem Kennzeichenrechte iSd Art 8 Abs 4 GMV erworben worden seien, außer Betracht bleiben. Das bloße Vorbringen der europaweiten Satellitenausstrahlung des Modekanals genüge in diesem Zusammenhang nicht.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten, mit dem sie die Abweisung des Sicherungsbegehrens der Klägerin, hilfsweise dessen Beschränkung auf das Unionsgebiet außerhalb Österreichs, anstrebt, ist zur (weiteren) Klärung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass die Rechtsbeständigkeit der Gemeinschaftsmarke der Klägerin mit Priorität vom 30. November 2010 ebenso unstrittig ist wie die durch die Verwendung der Bezeichnung Fashion One für gleichartige Dienstleistungen hervorgerufene Verwechslungsgefahr. Der klägerische Anspruch auf Unterlassung der entsprechenden Verwendung des gleichen oder verwechslungsfähig ähnlichen Zeichens im geschäftlichen Verkehr ist daher an sich gerechtfertigt.
Strittig verblieben ist die Berechtigung des Einwands der Beklagten, aufgrund der Benützung eines älteren gleichartigen Zeichens, das auch als ihr Firmenschlagwort Schutz genieße, Rechte aus einem Kennzeichen von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung iSd Art 8 Abs 4 GMV zu haben, welche sie den Unterlassungsansprüchen der Klägerin wirksam entgegen setzen, zumindest aber diese für das Gebiet der Republik Österreich abwehren könne.
Die Beklagte vertritt auch in dritter Instanz den Standpunkt, sie habe aufgrund der österreichweiten Ausstrahlung ihres Fernsehprogramms via Satellit und in einem bestimmten Gebiet Österreichs (große Teile Oberösterreichs) zusätzlich über Kabel sowie durch Bewerbung und Darstellung ihres Programms und dessen Inhalts im Internet unter www.fashionone.at unter Verlinkung auf www.fashionone.com Benutzungshandlungen gesetzt, welche ein Kennzeichenrecht iSd § 9 Abs 1 UWG von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung iSd Art 8 Abs 4 GMV begründet haben.
Art 8 Abs 4 der Verordnung Nr 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke (GMV) bestimmt (wortgleich mit Art 8 Abs 4 der Verordnung Nr 40/94):
Auf Widerspruch des Inhabers einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht der Gemeinschaft oder des Mitgliedstaats
a. Rechte an diesem Kennzeichen vor dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, gegebenenfalls vor dem Tag der für die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke in Anspruch genommene Priorität, erworben worden sind;
b. dieses Kennzeichen einem Inhaber das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.
Art 110 („Untersagung der Benutzung von Gemeinschaftsmarken“) dieser Verordnung sieht vor:
(1) Die Verordnung lässt, soweit nichts anderes bestimmt ist, das nach dem Recht der Mitgliedstaaten bestehende Recht unberührt, Ansprüche wegen Verletzung älterer Rechte iSd Art 8 oder des Art 53 Abs 2 gegenüber der Benutzung einer jüngeren Gemeinschaftsmarke geltend zu machen. Ansprüche wegen Verletzung älterer Rechte iSd Art 8 Abs 2 und 4 können jedoch nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Inhaber des älteren Rechts nach Art 54 Abs 2 nicht mehr die Nichtigerklärung der Gemeinschaftsmarke verlangen kann.
(2) Diese Verordnung lässt, soweit nichts anderes bestimmt ist, das Recht unberührt, aufgrund des Zivil‑, Verwaltungs‑ oder Strafrechts eines Mitgliedstaats oder aufgrund von Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts Klagen oder Verfahren zum Zweck der Untersagung der Benutzung einer Gemeinschaftsmarke anhängig zu machen, soweit nach dem Recht dieses Mitgliedstaats oder dem Gemeinschaftsrecht die Benutzung einer Nationalen Marke untersagt werden kann.
Art 111 („ältere Rechte von örtlicher Bedeutung“) der Verordnung bestimmt:
(1) Der Inhaber eines älteren Rechts von örtlicher Bedeutung kann sich der Benutzung der Gemeinschaftsmarke in dem Gebiet, in dem dieses ältere Recht geschützt ist, widersetzen, sofern dies nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats zulässig ist.
...
Gemäß Art 8 Abs 4 GMV kann der Inhaber eines im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke widersprechen, wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Rechts des Mitgliedstaats Rechte an dem Kennzeichen vor dem Tag der Anmeldung der Marke erworben worden sind und das Kennzeichen ihm das Recht verleiht, die Benützung einer jüngeren Marke zu untersagen (EuGH C‑325/13P und C‑326/13P ‑ Peek und Cloppenburg , Rz 46). Wie sich aus dem Wortlaut und der Systematik der Bestimmung ergibt, gibt sie dem Inhaber eines Kennzeichens nur dann die Möglichkeit, sich der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke erfolgreich zu widersetzen, wenn die Benutzung dieses Kennzeichens im geschäftlichen Verkehr von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung ist (Rz 51 mwN). Das für den Widerspruch geltend gemachte Zeichen muss, um die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke verhindern zu können, tatsächlich in hinreichend bedeutsamer Weise im geschäftlichen Verkehr benutzt werden und eine mehr als lediglich örtliche geographische Schutzausdehnung haben, was bedeutet, dass die Benutzung, wenn das Schutzgebiet dieses Zeichens als nicht örtlich angesehen werden kann, in einem bedeutenden Teil dieses Gebiets erfolgen muss (Rz 52 mwN). Mit der eigenständigen Voraussetzung, dass das betreffende Zeichen in bedeutsamer Weise im geschäftlichen Verkehr benutzt werden muss, zielt Art 8 Abs 4 GMV demnach auf Zeichen ab, die auf dem relevanten Markt tatsächlich und wirklich präsent sind, während diese Bestimmung im Bezug auf die geographische Schutzausdehnung des Zeichens nur verlangt, dass sie nicht lediglich örtlich ist (Rz 53 mwN). Der gemeinsame Zweck der beiden in Art 8 Abs 4 GMV aufgestellten Voraussetzungen besteht darin, Konflikte zwischen den Zeichen zu begrenzen, indem sie verhindern, dass ein älteres Recht, das nicht hinreichend ausgeprägt, das heißt im geschäftlichen Verkehr wichtig und bedeutungsvoll ist, der Eintragung einer neuen Gemeinschaftsmarke entgegen stehen kann. Die Möglichkeit eines Widerspruchs soll auf Zeichen beschränkt sein, die auf ihrem relevanten Markt tatsächlich und wirklich präsent sind (EuGH C‑96/09, Rz 157). Für die Feststellung, ob das ältere Zeichen tatsächlich in hinreichend bedeutsamer Weise im geschäftlichen Verkehr benutzt wird und eine mehr als lediglich örtliche geographische Schutzausdehnung hat, sind die Dauer und die Intensität der Benutzung dieses Zeichens als unterscheidendes Element für seine Adressaten zu berücksichtigen, bei denen es sich sowohl um Käufer und Verbraucher als auch um Lieferanten und Wettbewerber handelt. In dieser Hinsicht sind insbesondere Benutzungen des Zeichens in der Werbung und in der geschäftlichen Korrespondenz erheblich (EuGH, C‑96/09, Rz 159f).
Um sich erfolgreich auf ein älteres Kennzeichenrecht iSd Art 8 Abs 4 GMV berufen zu können, müssen kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein: Das Zeichen muss im geschäftlichen Verkehr benutzt werden, von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung sein, nach dem Recht des Mitgliedstaats erworben sein, in dem das Zeichen vor dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke benutzt wurde, und schließlich muss es seinen Inhaber die Befugnis verleihen, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen (EuG, T‑318/06, Rz 232; Eisenführ/Sander in Eisenführ/Schennen , GMV O 4, HTT 8, Rn 19). Die ersten beiden Voraussetzungen ergeben sich bereits aus dem Wortlaut von Art 8 Abs 4 GMV und sind daher im Licht des Gemeinschaftsrechts auszulegen (EuG, T‑318/06, Rz 33). Zur Auslegung der Voraussetzung, die die Bedeutung des fraglichen Kennzeichens betrifft und der zufolge dieses Zeichen von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung sein muss, ist zunächst festzustellen, dass es Zweck dieser Bestimmung ist die Konflikte zwischen Zeichen dadurch zu begrenzen, dass ein älteres Zeichens, das nicht hinreichend wichtig oder bedeutsam ist, es nicht erlaubt, sich der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke zu widersetzen oder deren Gültigkeit in Frage zu stellen (Rz 36). Die Relevanz der Prüfung der wirtschaftlichen Dimension wird bei einer teleologischen Auslegung der Voraussetzungen der Bedeutung des geltend gemachten Zeichens verständlich. Um die tatsächliche Wichtigkeit des geltend gemachten Zeichens im betreffenden Gebiet festzustellen, ist somit nicht lediglich eine rein formale Würdigung vorzunehmen, sondern es sind die Auswirkungen dieses Zeichens im fraglichen Gebiet entsprechend seiner Benutzung als unterscheidungskräftiges Element zu prüfen (Rz 38). Die wirtschaftliche Bedeutung ist nach der Dauer, während der es seine Funktion im geschäftlichen Verkehr erfüllt hat, der Intensität seiner Benutzung, nach dem Kreis der Adressaten ‑ nämlich Verbraucher, Wettbewerber und sogar Lieferanten, ‑ denen das fragliche Zeichen als unterscheidungskräftiges Element bekannt ist, oder nach der Verbreitung des Zeichens, etwa über Werbung und Internet, zu bewerten (Rz 37). Zur überörtlichen Bedeutung des Zeichens führte das Gericht aus, dass vom Standpunkt des Gemeinschaftsrechts aus betrachtet, ein Zeichen in dem maßgeblichen Gebiet von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung ist, wenn sich eine Wirkung nicht auf einen geringen Teil dieses Gebiets wie zB im allgemeinen eine Stadt oder eine Provinz beschränkt. Allerdings ist es nicht möglich, von vornherein abstrakt zu bestimmen, auf welchen Teil eines Gebiets abzustellen ist, um entscheiden zu können, dass ein Zeichen von überörtlicher Bedeutung ist. Deshalb ist die Bedeutung des Zeichens konkret anhand der Umstände des jeweiligen Falls zu beurteilen (Rz 41; vgl EuG T‑534/08; T‑279/10). Derjenige, der sich auf sein älteres Kennzeichenrecht beruft, hat daher nicht nur zu beweisen, dass eine Benützung im geschäftlichen Verkehr von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung wahrscheinlich ist, sondern vielmehr, dass eine hinreichend bedeutsame Benutzung tatsächlich stattgefunden hat. Beweise, welche sich auf bloße Vermutungen oder Wahrscheinlichkeiten stützen, sind insofern nicht ausreichend. Darüber hinaus hat der Beweis für jedes Gebiet, für das das Recht aus dem älteren Zeichen beansprucht wird, getrennt zu erfolgen. Verkaufs‑ und Werbekataloge sind als Beweis dafür, dass eine Marke im geschäftlichen Verkehr hinreichend bedeutsam benützt worden ist, nicht ausreichend, wenn sie keinerlei Aussage über den Warenabsatz, den Marktanteil oder die Höhe des Warenumsatzes treffen (EuG, T‑581/11 = GRUR Int 2014, 365f).
Wendet man die dargelegten Grundsätze der Rechtsprechung auf den vorliegend zu beurteilenden Fall an, ist die rekursgerichtliche Beurteilung des Vorbringens der Beklagten zur Stützung ihres geltend gemachten älteren Kennzeichenrechts, das der Wirksamkeit der klägerischen Gemeinschaftsmarke entgegenstehen soll, als ungenügend, nicht zu beanstanden. Es wird zwar mehrfach dargelegt, welche Verträge über welche Satellitenausstrahlung und Kabelweiterleitung jenes Programms geschlossen worden seien, das mit dem Zeichen der Beklagten (ihrer Rechtsvorgängerin) gekennzeichnet gewesen sein soll, es wird auch die Bewerbung allgemein beschrieben und beispielhaft erwähnt, dass etwa bei Fachmessen in Frankreich eine Präsentation stattgefunden habe und auch Korrespondenz geführt worden sei, dem Beklagtenvorbringen ist aber nicht zu entnehmen, welche konkrete Auswirkung diese Aktivitäten der Beklagten zum Prioritätszeitpunkt (Ende November 2010) auf österreichische Verbraucher, Zwischenhändler oder sonst angesprochene Verkehrskreise in Österreich (oder Teilen davon) gehabt haben sollen. Die Ausstrahlung eines Satellitenprogramms, dessen Kabelweiterleitung oder der Auftritt im Internet allein sind nicht geeignet, ein Kennzeichen bekannt zu machen, wenn man sich vor Augen hält, dass möglicherweise niemand von den Sendungen tatsächlich Kenntnis erlangt, kaum jemand den Inhalt des Internetauftritts ansieht oder sonst zur Kenntnis nimmt und insbesondere niemand das bei der Bewerbung verwendete Kennzeichen wahrnimmt. Dem Vorbringen der Beklagten ist nicht zu entnehmen, welche konkreten Umsätze ihre Werbetätigkeit hervorrief, etwa welche Inserateneinnahmen ihr zukamen oder auch welcher Anteil der angesprochenen Verkehrskreise von ihrer unter Verwendung des Zeichens behauptetermaßnahmen entfaltenten geschäftlichen Aktivität in welcher Form auch immer Kenntnis erlangte. Es lässt sich daher überhaupt nicht beurteilen, ob das von ihr ins Treffen geführte Zeichen in hinreichend bedeutsamer Weise im geschäftlichen Verkehr benutzt wurde (vgl HABM, Richtlinien für das Verfahren vor dem HABM, teil C, Punkt 5.3.4, 10).
Zu 17 Ob 26/09m war ein Sachverhalt zu beurteilen, der insoweit vom vorliegenden erheblich abweicht, als dort feststand, in welchem Umfang und in welcher Weise nicht nur Filmschaffende und Künstler, sondern auch breite Bevölkerungsgruppen als Filmkonsumenten und/oder als Interessenten an Berichten über das Leben von Filmstars das fragliche Kennzeichen wahrnahmen. Hier vermochte die Beklagte aber nicht darzulegen, welche Personengruppen oder Anteile der angesprochenen Verkehrskreise überhaupt vom verwendeten Kennzeichen angesprochen wurden und welche geschäftliche Bedeutung dies auf den jeweiligen Märkten erlangte.
Was den von der Beklagten zur Begründung ihres älteren Kennzeichenrechts ins Treffen geführten Internetauftritt anlangt, ist zwar auf die bisherige Rechtsprechung zu verweisen, wonach die bloße Registrierung eines Zeichens als Internetdomain regelmäßig keine Benutzung im Sinn etwa des Markenrechts ist, sondern maßgebend für diese Beurteilung vielmehr der Inhalt der Website ist, die unter der Domain in das Internet gestellt wird (RIS‑Justiz RS0114773). Dies legt nahe, als maßgeblich für die allfällige Begründung eines Kennzeichenrechts nach § 9 Abs 1 UWG wie im vorliegenden Fall die Aufmachung und den Inhalt jener Website anzusehen, auf die der Nutzer automatisch umgeleitet wird (re‑direct). Ob allein aus dem Umstand, dass die .com‑Domain ausschließlich auf englisch abrufbar war, schon geschlossen werden kann, dass sich diese nicht an österreichische Nutzer richtet, erscheint zweifelhaft. Die Frage, ob sich eine Website zumindest auch an inländische Nutzer richtet, ist objektiv zu beurteilen. Sie wird nur dann zu bejahen sein, wenn ein wirtschaftlich relevanter Inlandsbezug, also eine nicht bloß unerhebliche Auswirkung der Werbung auf den inländischen Markt (ein „commercial effect“) vorliegt oder wenigstens realistischerweise zu erwarten ist. Als Beurteilungskriterien sind unter anderem die Top‑Level‑Domain, die Sprache der Website, deren Inhalt und die wirtschaftliche Ausrichtung des Unternehmens heranzuziehen (4 Ob 82/12f mwN; vgl L´Oreal/Ebay , Rs C‑234/09).
Eine nähere Klärung des Inhalts der unter fashionone.com abrufbaren Website ist aber in diesem Fall ebensowenig erforderlich, wie die Klärung der Frage, ab welchem Zeitpunkt die Verlinkung (re‑direct) stattfand. Der bloße Auftritt im Internet allein ist ‑ wie oben bereits dargelegt ‑ nicht geeignet, ein Kennzeichen in der Weise bekannt zu machen, dass von einer wirtschaftlichen Bedeutung im Sinn der unionsrechtlichen Grundsätze gesprochen werden kann. Ein diesbezügliches Vorbringen der Beklagten fehlt aber mangels jeglicher näheren Angaben zu den tatsächlich erreichten Verkehrskreisen bis zum hier maßgeblichen Prioritätszeitpunkt (30. November 2010).
Vom Grundsatz der Einheitlichkeit der Gemeinschaftsmarke gelten Ausnahmen, wie sie in der Verordnung Nr 207/2009 vorgesehen sind. Insbesondere erlaubt Art 111 Abs 1 GMV dem Inhaber eines älteren Rechts von örtlicher Bedeutung, sich der Benutzung der Gemeinschaftsmarke in dem Gebiet, in dem dieses ältere Recht geschützt ist, zu widersetzen, sofern dies nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats zulässig ist (EuGH, C‑445/12p Rz 56f). Art 111 ist als Ergänzung zu Art 8 Abs 4 GMV zu sehen. In den Anwendungsbereich dieser örtlich begrenzten Rechte umfassenden Vorschrift fallen vor allem nur lokal geschützte Handelsnamen und nur lokal durch Benutzung/Verkehrsgeltung geschützte Marken ( Eisenführ/Eberhard in Eisenführ/Schennen , GMV 4 , Art 11, Rn 1). Der Unterlassungsanspruch des Inhabers eines älteren Rechts von örtlicher Bedeutung ist auf das Gebiet beschränkt, in dem dieses ältere Recht besteht, in dem sich das Kennzeichen beispielsweise aufgrund geographischer oder sprachlicher Umstände etablieren konnte ( Eisenführ/Eberhard aaO, Rn 6).
Das Rekursgericht hat zu Recht den Eventualantrag der Beklagten, Österreich von dem von der Klägerin begehrten Unterlassungsgebot auszunehmen, verworfen. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Rekursgericht den bloß allgemein gehaltenen, nicht durch konkretes Tatsachenvorbringen ergänzten Hinweis auf Art 111 GMV nicht als ausreichend ansah, um die räumliche Ausdehnung eines allenfalls bestehenden älteren Kennzeichenrechts zu prüfen. Im Gegensatz zur von der Beklagten vertretenen Ansicht ist daher auch die Feststellungsgrundlage nicht mangelhaft. Sie wäre es nur dann, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind, und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren (RIS‑Justiz RS0053317). Bloße Rechtsfolgebehauptungen genügen in diesem Zusammenhang nicht; einer Erörterung und allfälligen Anleitung zur Verbesserung bedurfte es im Sicherungsverfahren von vornherein nicht (RIS‑Justiz RS0005452).
Dem Revisionsrekurs der Beklagten musste daher ein Erfolg versagt bleiben.
Im Hinblick auf die Versäumung der 14‑tägigen Frist für die Revisionsrekursbeantwortung (§ 402 Abs 3 EO; RIS‑Justiz RS0119289 [T2, T3]) war die Revisionsrekursbeantwortung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf §§ 40 und 50 ZPO.
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