Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; die angefochtene einstweilige Verfügung wird dahin abgeändert, daß der den Sicherungsantrag der klagenden Partei abweisende Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 22.455 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 3.742,50 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Beklagte ist im Besitz nachstehender Gewerbescheine:
"Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik", "Werbeunternehmen", "Handelsgewerbe, beschränkt auf den Einzelhandel", "Werbegrafiker" und "Public-Relations(Öffentlichkeitsarbeits-)Berater". Er bezeichnete das von ihm in K***** unter der nicht protokollierten Bezeichnung "C*****" betriebene Unternehmen im amtlichen Telefonbuch für Tirol (ohne Innsbruck), Ausgabe 1992/93, bei der Angabe der Fernsprechnummern (u.a.) als "Satzstudio" sowie im Rahmen eines auf derselben Seite eingeschalteten Inserates (u.a.) als "Grafik- und Satzstudio-Belichtungsservice".
Der Beklagte verwendet im Rahmen seines Unternehmens die Technik des sogenannten "Desktop-Publishing" (DTP; wörtlich übersetzt:
Publizieren vom Schreibtisch aus), welches mittels Computer und speziellem Programm die reproduktionsfähige Satzherstellung von Dokumenten (Texten und Graphiken) ermöglicht. In Verbindung mit einem Laser-Drucker können die Dokumente auch vervielfältigt werden, ohne daß es hiefür der Dienste eines gewerblichen Druckers bedarf.
Mit Informationsschreiben des Fachverbandes Werbung und Marktkommunikation vom 17.12.1991 war dem Beklagten mitgeteilt worden, daß die Rechtsmeinung des Fachverbandes, wonach die Anwendung von DTP-Systemen zur Herstellung von reprofähigen und druckfertigen Unterlagen (Computersatz) nicht in den Vorbehaltsbereich des Druckergewerbes fällt, sondern auch von Werbegraphik-Designern zur Kreation ihrer graphischen Entwürfe sowie zur Erstellung von Reinzeichnungen angewendet werden darf, kürzlich in einem von der Fachgruppe Steiermark initiierten Verfahren vom Obersten Gerichtshof bestätigt worden ist.
Mit der Behauptung, der Beklagte habe ohne entsprechende Gewerbeberechtigungen öffentlich die Tätigkeit eines "Satzstudios" sowie eines "Belichtungsservices", also die Herstellung von Satz- und Filmbelichtungen angekündigt, welche aber dem gebundenen Gewerbe der Erzeuger von Druckformen und - als "Druckvorstufe" - dem Druckergewerbe vorbehalten seien, weshalb er sich, da das Ankündigen solcher Tätigkeiten gemäß § 1 Abs 4 GewO 1973 der Ausübung der Gewerbe gleichgehalten werde, in sittenwidriger Weise (§ 1 UWG) über die gewerberechtlichen Vorschriften hinweggesetzt habe, um einen Vorsprung von gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen, beantragt der klagende Wettbewerbsverband (§ 14 UWG) zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr Tätigkeiten, die dem Druckergewerbe und/oder dem Gewerbe der Erzeugung von Druckformen für die Massenherstellung von Vervielfältigungen unterliegen, anzukündigen und/oder auszuüben, ohne die erforderliche gewerberechtliche Bewilligung erlangt zu haben.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Die von ihm in dem beanstandeten Inserat angebotenen Tätigkeiten eines "Satzstudios" sowie eines "Belichtungsservices" erfolgten unter Anwendung sogenannter DTP-Systeme; deren Anwendung zur Herstellung reprofähiger und druckfertiger Unterlagen (Computersatz) falle aber laut OGH-Erkenntnis vom 8.10.1991, 4 Ob 87/91, nicht in den Vorbehaltsbereich des Druckergewerbes, sondern sei auch den Werbegraphik-Designern zur Kreation ihrer graphischen Entwürfe sowie zur Herstellung von Reinzeichnungen erlaubt. Jedenfalls sei dem Beklagten keine subjektiv vorwerfbare Mißachtung gesetzlicher Vorschriften anzulasten, habe er doch mit gutem Grund die Auffassung vertreten können, daß die von ihm angebotenen Tätigkeiten durch das Gesetz gedeckt sind.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Anwendung von DTP-Verfahren zur Herstellung reprofähiger und druckfertiger Computersatz-Unterlagen falle gemäß der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 4 Ob 87/91 nicht in den Vorbehaltsbereich des Druckergewerbes gemäß § 112 Abs 1 GewO 1973, sondern sei auch den Werbegraphik-Designern zur Entwicklung ihrer graphischen Entwürfe und zur Erstellung von Reinzeichnungen erlaubt. Der Beklagte habe auf Grund der Mitteilung seines zuständigen Fachverbandes auch annehmen dürfen, daß er sein erlaubtes Tätigkeitsfeld nicht verlasse.
Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Anders als in dem der Entscheidung 4 Ob 87/91 zugrunde liegenden Fall, wo nur für die Herstellung eines Computersatzes geworben worden sei, habe der Beklagte hier ein "Satzstudio" und ein "Belichtungsservice" angeboten, wobei unter letzterem offenbar die Herstellung eines Lichtsatzes zu verstehen sei. Da dieses Anbot jedenfalls nicht auf das DTP-Verfahren oder auf einen bloßen Computersatz beschränkt gewesen sei, müsse der Beklagte infolge Mehrdeutigkeit seiner Ankündigung die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen. Daß er andere Drucksätze als Computersätze nach der DTP-Methode nicht ausführe, ändere nichts an der Unterlauterkeit seines Verhaltens. Zum einen werde nämlich gemäß § 1 Abs 4 GewO 1973 das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten; zum anderen erlange auch derjenige, der eine über seine Gewerbetätigkeit hinausgehende Tätigkeit bloß bewirbt, im Wettbewerb schon einen Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern.
Gegen die einstweilige Verfügung des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Der Kläger stellt in seiner Revisionsrekursbeantworung den Antrag, dem Rechtsmittel des Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, daß der Kläger dem Beklagten im Provisorialverfahren nicht die Ausübung einer den nicht bewilligungspflichtigen gebunden Gewerben der Drucker (§§ 126 Z 5, 139 GewO 1973 in der seit 1.7.1963 geltenden Fassung) oder der Druckformenhersteller (§§ 126 Z 6, 140 GewO 1973) vorbehaltenen konkreten Tätigkeit zum Vorwurf macht, sondern deren Ankündigung im amtlichen Telefonbuch Tirol, Ausgabe 1992/93, wo der Beklagte sein Unternehmen (u.a.) als "Satzstudio" und als "Grafik- und Satzstudio-Belichtungsservice" bezeichnet hatte. Nach der Meinung des Klägers habe der Beklagte mit diesen Bezeichnungen die "Herstellung von Satz- sowie Filmbelichtungen" angeboten, was gemäß § 1 Abs 4 GewO 1973 der Ausübung der angekündigten Gewerbe gleichzuhalten sei. Hiezu steht zwar nach den Bescheinigungsannahmen der Vorinstanzen fest, daß der Beklagte im Rahmen seines Unternehmens das DTP-System verwendet, welches an sich auch die reproduktionsfähige Satzherstellung von Dokumenten und - in Verbindung mit einem Laserdrucker - deren Vervielfältigung ermöglicht; es ist aber offen geblieben, ob der Beklagte sein DTP-System tatsächlich in diesem Umfang verwendet.
Bei dieser Sachlage wendet sich der Beklagte mit Recht gegen die Auffassung des Rekursgerichtes, daß er allein schon mit den beanstandeten Unternehmensbezeichnungen im amtlichen Telefonbuch gegen § 1 UWG verstoßen habe:
Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung beruht die vom Kläger geltend gemachte Sittenwidrigkeit durch Rechtsbruch darauf, daß der Beklagte als Mitbewerber bewußt in den gesetzlichen Vorbehaltsbereich fremder Gewerbeberechtigungen eingegriffen habe, um so im Wettbewerb einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen, ohne daß es darauf ankäme, ob die übertretene Norm an sich wettbewerbsregelnden Charakter hat; entscheidend ist vielmehr die objektive Eignung des konkreten Verstoßes zur Beeinträchtigung des freien Leistungswettbewerbes (MR 1988, 102; ÖBl 1989, 122; EvBl 1989/100; ÖBl 1990, 7; ÖBl 1991, 19; MR 1991, 120; ecolex 1991, 261; 4 Ob 87/91; ÖBl 1992, 122 uva).
Gemäß § 139 Abs 1 GewO 1973 gehört zum Vorbehaltsbereich des nicht bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes der Drucker (§ 126 Z 5) "die Satzherstellung nach allen Verfahren, die Vervielfältigung von Schriften und, unbeschadet der Rechte der Fotografen, die Vervielfältigung von bildlichen Darstellungen in einem zur Massenherstellung geeigneten Verfahren". Einer Gewerbeberechtigung für das nicht bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe der Druckformenhersteller (§ 126 Z 6 GewO 1973) bedarf es hingegen für die Erzeugung von Druckformen, ausgenommen die in § 140 GewO 1973 genannte Erzeugung von Trockenbügelstempeln und Trockenbügeletiketten sowie von Druckformen für das Bedrucken der in § 139 Abs 3 Z 2 genannten Erzeugnisse. Die genannten Bestimmungen der GewO 1973 sind gemäß § 1 Abs 4 Satz 2 GewO 1973 auch auf Personen anzuwenden, die eine dem Gegenstand dieser Gewerbe bildende Tätigkeit einem größeren Kreis von Personen anbieten, wird doch danach ein solches Anbieten "der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten". Die Bestimmung erfaßt - im Gegensatz zur Ausübung eines Gewerbes, die eine entsprechende Tätigkeit verlangt - das Anbieten im Wege aller Massenmedien; demjenigen, der um Kunden wirbt, soll schon in diesem Zeitpunkt, noch ehe er einen Einzelvertag mit einem Kunden abgeschlossen hat, der Status eines Gewerbetreibenden zukommen (EBzGewO 1973, abgedruckt bei Mache-Kinscher, GewO5 Anm 30 f zu § 1). Ob das Anbieten einer den Gegenstand eines bestimmten Gewerbes bildenden Tätigkeit vorliegt, ist - ebenso wie die Frage, wer der Anbietende ist (WBl 1989, 216), und ob überhaupt das Anbieten einer eigenen Leistung beabsichtigt ist (ecolex 1990, 298), - nach objektiven Kriterien zu prüfen; darauf, wie die Ankündigung vom Verkehr aufgefaßt wird, kommt es hier nicht an (ÖBl 1992, 209). In diesem Zusammenhang ist daher entgegen der Meinung des Rekursgerichtes auch kein Platz für die Anwendung der sogenannten "Unklarheitenregel".
Abgesehen davon, weist der Beklagte gleichfalls zutreffend darauf hin, daß weder die Bezeichnung eines Unternehmens als "Satzstudio" noch jene als "Grafik- und Satzstudio-Belichtungsservice" den herkömmlichen Unternehmensbezeichnungen "Druckerei" oder "Druckformenerzeugung" entsprechen, werden doch als "Studio" üblicherwiese nur Produktionsstätten für kreative (künstlerische) Arbeiten (Proben, Aufführungen, Vorführungen, Fernseh-, Rundfunksendungen o.ä., wie beispielsweise Atelier eines Malers oder Graphikers) bezeichnet (Duden, Bedeutungswörterbuch**2, 623 und Fremdwörterbuch5, 748). Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes wird auch unter der Unternehmenszeichnung "Belichtungsservice" keineswegs eine Produktionsstätte für Lichtsätze verstanden, sondern ein Kundendienst für Filmentwicklungen oder ein Kopierdienst.
Selbst wenn man aber aus den vom Kläger beanstandeten Unternehmensbezeichnungen den Eindruck gewinnen könnte, es handle sich dabei um eine Druckerei oder um eine Erzeugungsstätte für Druckformen, wäre für ihn nach den obigen Ausführungen noch nichts gewonnen. Da der Beklagte in Wahrheit nur mit dem DTP-System arbeitet, aber weder behauptet wurde noch feststeht, daß er dieses Mittel der elektronischen Datenverarbeitung auch zur gewerblichen Satzherstellung oder zur Vervielfältigung von Schriften und bildlichen Darstellung verwende, erbringt er nicht die dem Gewerbe der Drucker oder Druckformenhersteller vorbehaltenen Leistungen; er braucht daher keine Gewerbeberechtigung nach § 126 Z 5 oder 6 GewO 1973. Soweit er aber als Werbegraphiker Monitor-Layouts im DTP-System herstellt, konnte er mit guten Gründen der Meinung sein, daß ihm dies als Werbegraphiker gestattet sei, obwohl solche fertige Layouts - ohne weitere "Satzherstellung" - im DTP-System sofort ausgedruckt werden können (4 Ob 87/91). Mangels eines (vorwerfbaren) Verstoßes gegen die bezeichneten fremden Gewerbeberechtigungen kann demnach dem Sicherungsantrag nicht stattgegeben werden.
Es war daher in Stattgebung des Revisionsrekurses der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 402 Abs 4, § 78 EO und §§ 41, 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.
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