OGH 4Ob13/92

OGH4Ob13/927.4.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Yvonne Louise Stolz, *****,

2. Aram B*****, beide vertreten durch Dr.Hans Perner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Gerald S*****, vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung und Zahlung sowie Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 350.000), infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 6. Dezember 1991, GZ 3 R 163/91-23, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 1.August 1991, GZ 37 Cg 177/91-17, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben, wohl aber jenem der klagenden Parteien.

Der angefochtene Beschluß wird in seinem abändernden Teil dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes mit der Maßgabe zur Gänze wiederhergestellt wird, daß sie zu lauten hat:

"Zur Sicherung des von den klagenden Parteien geltend gemachten Unterlassungsanspruches wird dem Beklagten verboten, das im Sammelband "Theaterstücke", erschienen im Verlag der hpt-Verlagsgesellschaft mbH & Co KG, enthaltene Theaterstück 'Servus Du oder Mr. Stolz goes to Israel' unter diesem oder auch unter einem anderen Titel in irgendeiner Weise zu verwerten, insbesondere zu vervielfältigen, zu verbreiten, im Rundfunk zu senden und aufzuführen."

Die klagenden Parteien haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; der Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Erstklägerin ist die Witwe und alleinige Gesamtrechtsnachfolgerin nach dem am 27.6.1975 verstorbenen Komponisten Prof.Robert Stolz. Der Zweitkläger ist amerikanischer Staatsbürger; er ist Schriftsteller und hält sich in den USA auf.

Im Jahre 1980 erschien im Blanvalet-Verlag in München das Buch "Servus Du" mit dem Untertitel "Robert Stolz und sein Jahrhundert" von Robert und Einzi Stolz. Grundlage dieses von der Erstklägerin und dem Zweitkläger gemeinsam geschaffenen Werkes waren verschiedene Tonbänder, auf denen Robert Stolz Erinnerungen aus seinem Leben vor der Eheschließung mit der Erstklägerin gesprochen sowie er und die Erstklägerin über ihre gemeinsamen Erlebnisse berichtet hatten. Der Zweitkläger hat gemeinsam mit der Erstklägerin für das Buch den Text zwischen den Originalzitaten von Robert und Einzi Stolz gestaltet.

Im Frühjahr 1990 lernte die Erstklägerin im ORF anläßlich einer Feier für Prof.Marcel Prawy den Beklagten kennen. Sie machte ihm im Lauf eines Gespräches ua den Vorschlag, ein Portrait über Robert Stolz zu schaffen; der Beklagte sollte zu einzelnen Musikstücken von Robert Stolz einen von ihm verfaßten Text mit Anekdoten und Erzählungen über Robert Stolz - in einer Form, wie sie auch Prof.Marcel Prawy immer wieder wählt - präsentieren. Auf die Frage des Beklagten, ob eine Robert Stolz-Biographie in Bühnenform möglich wäre, erteilte die Erstklägerin keine unbeschränkte Zustimmung dazu, daß der Beklagte ohne ihre weitere Genehmigung und Mitwirkung ein Bühnenstück über Robert Stolz verfassen oder für ein solches Theaterstück das erwähnte Buch benützen könne; sie machte vielmehr ihre Zustimmung davon abhängig, daß ihr der Beklagte zuerst das Manuskript eines solchen Bühnenwerkes vorlege, um es von ihr genehmigen zu lassen.

Nach diesem Gespräch sandte die Erstklägerin dem Beklagten verschiedene Unterlagen über Robert Stolz, darunter auch die genannte Biographie sowie ein Manuskript über ein Robert Stolz-Portrait in der von ihr gewünschten und dem Beklagten vorgeschlagenen Art. Anfang Juni 1990 übermittelte der Beklagte der Erstklägerin das Manuskript für ein Theaterstück über Robert Stolz. Am 7.6.1990 schrieb die Erstklägerin dem Beklagten, sie glaube, daß sie und der Beklagte das Projekt noch einmal überdenken müßten. Sie wollten doch etwas Bleibendes schaffen, ein Werk, das eine echte Chance habe, zu einem internationalen Erfolg zu werden. Der Schwerpunkt des Bühnenwerkes müßte auf der großen Persönlichkeit von Robert Stolz liegen, auf seiner humanistischen Gesinnung, seinem Patriotismus und seiner unerschütterlichen Standhaftigkeit in schweren Zeiten.Es würde die Tatsachen verzerren, wenn sich die Handlung vorwiegend um Amouren aufbaue. Das erste Theaterstück über Robert Stolz solle ihm soweit wie möglich gerecht werden. Auf Grund dieses Schreibens rief der Beklagte bei der Erstklägerin an, welche ihm ein weiteres Schreiben in Aussicht stellte.

In einem mit 9.6.1990 datierten Schreiben an den Beklagten führte die Erstklägerin ua aus, sie sei nicht damit einverstanden, daß der Beklagte Szenen aus dem Leben von Robert Stolz für die Bühne dramatisiert präsentiere; schon mit dem Titel "Servus Du oder Mr.Stolz goes to Israel" könne sie sich nicht anfreunden. Sie bitte den Beklagten daher, sein Vorhaben noch einmal zu überdenken und vielleicht lieber eine andere Möglichkeit zu finden, Robert Stolz und sein Schaffen zu würdigen, ohne dabei die Form eines Bühnenwerks zu wählen.

Die Erstklägerin hatte sich in den beiden Schreiben mit Rücksicht auf die einflußreiche Stellung des Beklagten im ORF bewußt höflich und vorsichtig ausgedrückt.

Die Kläger haben dem Beklagten keine Zustimmung dazu erteilt, daß er den Titel "Servus Du" oder Textstellen aus ihrem Werk "Servus Du" für sein Theaterstück verwende.

Der Beklagte hat in seinem Theaterstück eine größere Anzahl von Textstellen aus dem Werk der Kläger zumeist wörtlich übernommen. Vor der Veröffentlichung hatte er dieses Stück der Erstklägerin nicht mehr zur Kenntnis gebracht.

Die Kläger begehren zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, dem Beklagten zu verbieten, den Titel "Servus Du" für sein Werk "Servus Du oder Mr.Stolz goes to Israel", erschienen im Verlag der hpt-Verlagsgesellschaft mbH & Co KG, zu verwenden sowie dieses Werk auch unter einem anderen Titel in irgendeiner Weise zu verwerten, insbesondere zu vervielfältigen, zu verbreiten, im Rundfunk senden zu lassen und aufzuführen, wenn es mit dem von Robert Stolz und der Erstklägerin unter Mitwirkung des Zweitklägers geschaffenen Werk "Servus Du" wörtliche oder nahezu wörtliche Übereinstimmungen aufweist oder eine Bearbeitung des Werkes "Servus Du" von Robert Stolz und der Erstklägerin ist. Mit seinem Theaterstück verletze der Beklagte in mehrfacher Weise die Urheberrechte der Kläger an ihrem Werk "Servus Du". "Servus Du" sei auch der Titel des ersten - seit 1910 berühmt gewordenen - Chansons von Robert Stolz. Allein durch die Verwendung dieses Titels habe der Beklagte in das Urheberrecht der Kläger ebenso eingegriffen wie in den Schutz des Werktitels. Der Beklagte habe zahlreiche Stellen seines Theaterstücks dem Buch der Kläger auch dann zumeist wörtlich entnommen, wenn diese Nachahmung keineswegs geboten war, um eine Biographie über Robert Stolz zu verfassen. Darüber hinaus sei die Darstellung des Menschen Stolz in einzelnen Punkten geradezu unvorteilhaft. Einerseits werde er als standhafter Gegner des Nationalsozialismus gezeigt, andererseits solle er Freund eines besonders radikalen Nazis und Antisemiten gewesen sein. Er solle es für durchaus vertretbar angesehen haben, mit den nationalsozialistischen Machthabern in Deutschland Kontakte zu unterhalten, weil er sich um Politik nicht gekümmert habe.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens; hilfsweise wolle die Bewilligung der einstweiligen Verfügung von einer Sicherheitsleistung in der Höhe von S 100,000.000 abhängig gemacht werden. Die Erstklägerin selbst habe ihn im Frühjahr 1990 darauf angesprochen, ein Theaterstück über Robert Stolz zu schreiben; zur Bekräftigung ihres Wunsches habe sie ihm drei Bücher über Robert Stolz, darunter auch "Servus Du", und zwei Musikkassetten sowie zwei CDs übermittelt. Überdies bestehe kein urheberrechtlicher Schutz an historischen Tatsachen und am "Lebensbild". Soweit die Kläger eine nahezu wörtliche Übereinstimmung beanstanden, berufe sich der Beklagte auf die Zulässigkeit des "kleinen Zitates" (§ 46 Z 1 UrhG); die Kläger könnten insoweit nur verlangen, daß das Veröffentlichen und Verbreiten der Zitate verboten werde, wenn keine Quellenangabe gemäß § 57 Abs 2 UrhG gemacht werde. Der Titel des Werkes "Servus Du" sei nicht urheberrechtlich geschützt. Der Titelschutz nach § 80 UrhG setze Verwechslungsgefahr voraus. Da aber die Bezeichnung "Servus Du" charakteristisch für ein Werk von Robert Stolz, ja sogar für ihn selbst geworden sei, bestehe hier keine Verwechslungsgefahr, solle doch durch den Titel "Servus Du" gerade Robert Stolz gekennzeichnet werden, um dessen Person es in dem Theaterstück des Beklagten gehe.

Der Erstrichter erließ die einstweilige Verfügung. Eine Zustimmung der Kläger zur Verwertung ihres Werkes liege nicht vor. Der Zweitkläger sei gemeinsam mit der Erstklägerin Miturheber des Buches "Servus Du", welches ein urheberrechtlich geschütztes Werk sei. Der Beklagte berufe sich zu Unrecht auf die Zulässigkeit eines "kleinen Zitates", zumal er die übernommenen Textstellen nicht als Zitate gekennzeichnet habe, so daß sie auch nicht als solche zu erkennen seien. In das Urheberrecht der Kläger habe er dadurch eingegriffen, daß er eine größere Zahl von Textstellen aus dem Buch in sein Theaterstück teils wörtlich, teils mit nur unwesentlichen Veränderungen übernommen habe. Diese Textstellen seien nicht nur historische Tatsachen, wäre es doch dem Beklagten freigestanden, den dargestellten Tatsachenkern auch in einer anderen sprachlichen Gestaltung wiederzugeben. Auch die konkrete sprachschöpferische Gestaltung habe er aus dem Buch in sein Theaterstück übernommen.

Außerdem habe der Beklagte den Titelschutz nach § 80 UrhG verletzt. Von einem Freititel könne bei der Bezeichnung "Servus Du" nicht gesprochen werden. Auch die Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Buchtitel und dem Titel des Bühnenstücks sei zu bejahen, zumal der Eindruck eines Zusammenhanges zwischen den beiden Werken entstehe.

Angesichts einer so klaren Urheberrechtsverletzung erscheine es nicht gerechtfertigt, den Klägern eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen, zumal der Beklagte nicht einmal behauptet habe, daß ihm ein nicht durch Geldersatz auszugleichender Nachteil drohe.

Das Rekursgericht bestätigte nur das einstweilige Verbot, den Titel "Servus Du" für das Werk des Beklagten zu verwenden; im übrigen wies es den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes sowohl in Ansehung des Titelschutzes als auch hinsichtlich der behaupteten Urheberrechtsverletzung jeweils S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Ein Werk genieße ohne Rücksicht darauf, wo es erschienen ist, gemäß § 94 UrhG im Inland Urheberrechtsschutz, wenn auch nur ein Miturheber - wie hier die Erstklägerin - österreichischer Staatsbürger ist. Das Sprachwerk der Kläger enthalte eine Autobiographie des Komponisten Robert Stolz; es sei daher offensichtlich mit dem Anspruch veröffentlicht worden, Begebenheiten aus dem Leben von Robert Stolz möglichst wahrheitsgetreu darzustellen. Das Leben eines Menschen selbst stehe aber - ebensowenig wie sonstige tatsächliche Vorgänge - nicht unter Urheberrechtsschutz. Die wahrheitsgetreue Übernahme der aus dem Leben des Komponisten Robert Stolz geschilderten Begebenheiten - wozu auch die wörtlichen Zitate der von Robert Stolz und der Erstklägerin für die Öffentlichkeit überlieferten Gespräche zählten - bedeute somit keine Urheberrechtsverletzung. Außerdem wiesen die mehr oder weniger wörtlich aus der Autobiographie von Robert Stolz zitierten Gesprächsteile für sich allein nicht die notwendige Individualität als eigentümliche geistige Schöpfung auf; vielmehr seien sie der Alltagssprache entnommene Sätze, denen als solchen kein urheberrechtlicher Schutz zukomme. Bei den zu vergleichenden Werken der Literatur handle es sich um Werke verschiedener Art (nämlich Autobiographie und Bühnenwerk), mit denen verschiedene Ziele verfolgt würden. Während die Autobiographie persönliche Erinnerungen wiedergebe, stelle das Bühnenwerk die Persönlichkeit von Robert Stolz mehr oder weniger frei aus der Sicht des Beklagten dar. Da in dem Bühnenwerk die Individualität der schützbaren Elemente der Autobiographie gegenüber der Individualität der vom Beklagten geschaffenen schützbaren Elemente in den Hintergrund trete, liege auch keine Bearbeitung der Autobiographie, sondern eine freie Benützung vor.

Der in § 80 UrhG normierte Titelschutz setze nicht voraus, daß der Titel selbst ein Werk oder ein Werkteil ist. Den Urhebern eines geschützten Werkes werde dieser Schutz gemäß § 100 Abs 2 UrhG auch dann gewährt, wenn sie - wie der Zweitkläger - Ausländer sind. Die Benützung des Titels sei gemäß § 80 UrhG unzulässig, wenn dadurch Verwechslungsgefahr entstehe. Eine solche bestehe nicht nur bei der Verwendung des Titels für Werke gleicher Art, sondern auch bei Werken verschiedener Art. Der Titel eines Buches und der Titel eines Theaterstücks könnten miteinander verwechselt werden, weil bei gleicher Bezeichnung das Publikum zu der irrigen Meinung verleitet werden könne, das Theaterstück sei eine Bearbeitung des Buches.

Eine Sicherheit gemäß § 390 Abs 2 EO sei nicht aufzutragen, weil Umstände, aus denen sich ein schwerwiegender Eingriff in die Interessen des Beklagten allein durch das Verbot der Verwendung des Titels "Servus Du" erschließen ließe, weder behauptet noch bescheinigt worden noch sonst im Verfahren hervorgekommen seien. Durch das Verbot des Gebrauches des beanstandeten Titels werde die Aufführung des Bühnenwerkes nicht gehindert.

Gegen den abändernden Teil dieses Beschlusses wendet sich der Revisionsrekurs der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Den bestätigenden Teil bekämpft der Beklagte mit Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung; er beantragt, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Sicherungsantrag zur Gänze abgewiesen werde.

Die Kläger beantragen, dem Revisionsrekurs des Beklagten nicht Folge zu geben; der Beklagte beantragt, das Rechtsmittel der Kläger als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

I. Der Revisionsrekurs der Kläger ist zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Daß die Biographie "Servus Du - Robert Stolz und sein Jahrhundert" ein Werk im Sinne des Urheberrechtsgesetzes, nämlich eine eigentümliche geistige Schöpfung auf dem Gebiet der Literatur (§ 1 Abs 1 UrhG) ist, stellt auch der Beklagte nicht in Abrede (S. 198). Tatsächlich kann es keinem Zweifel unterliegen, daß dieses Buch das Ergebnis schöpferischer Geistestätigkeit ist, das seine Eigenheit, die es von anderen Werken unterscheidet, aus der Persönlichkeit seiner Schöpfer empfangen hat (ÖBl 1973, 111; ÖBl 1981, 54 und 137; ÖBl 1985, 24; SZ 58/201 uva). Die individuelle eigentümliche Leistung der Autoren hebt sich hier ohne Zweifel vom Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten ab und bringt persönliche Züge zur Geltung; die sprachliche Gestaltung und gedankliche Bearbeitung des Stoffes unterscheiden dieses Buch von alltäglichen Gesprächen, Briefen, Äußerungen und den meisten Tagebüchern (vgl SZ 58/201 mit Nachweisen aus dem Schrifttum).

Der Beklagte hat - wie er selbst zugibt und auch unverkennbar ist - diese Biographie bei der Schaffung seines Theaterstücks benützt. Das Schicksal des auf Grund des Urheberrechtes geltend gemachten Unterlassungsanspruches der Kläger hängt infolgedessen davon ab, ob das Theaterstück des Beklagten "Servus Du oder Mr.Stolz goes to Israel" als Bearbeitung der Biographie "Servus Du" oder aber als selbständige Neuschöpfung unter freier Benützung der Biographie zu werten ist.

Nach § 5 Abs 1 UrhG sind zwar Bearbeitungen, soweit sie eine eigentümliche geistige Schöpfung des Bearbeiters sind, wie Originalwerke geschützt, dies aber nur unbeschadet des am bearbeiteten Werkes bestehenden Urheberrechtes. Der Urheber einer Bearbeitung darf diese auf die ihm vorbehaltenen Arten nur verwerten, soweit ihm der Urheber des bearbeiteten Werkes das ausschließliche Recht oder die Bewilligung dazu erteilt hat (§ 14 Abs 2 UrhG). Die Bearbeitung hat also, urheberrechtlich gesehen, ein "doppeltes Gesicht"; sie ist einerseits - ihren eigentümlichen Charakter vorausgesetzt - selbst urheberrechtlich geschützt; andererseits sind aber auch die Rechte des Urhebers des benützten Originalwerkes im Spiel (Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht3, 157). Zu jeder Art der Verwertung ist daher der Bearbeiter grundsätzlich nur mit Zustimmung des Urhebers des Originalwerkes (oder dessen Rechtsnachfolgers) befugt (ÖBl 1983, 173). Da die urheberrechtliche Verwertung der Bearbeitung notwendigerweise eine solche des bearbeiteten Werkes in sich schließt und deshalb auch von ihrem Schöpfer nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten Werkes vorgenommen werden darf, wird das an der Bearbeitung bestehende Urheberrecht des Bearbeiters als abhängiges Urheberrecht bezeichnet (EB zum Urheberrechtsgesetz 1936 in Dillenz, Materialien zum österreichischen Urheberrecht 52). Eine Bearbeitung läßt - im Gegensatz zur "freien Benützung" - das bearbeitete Werk in seinem Wesen unberührt, muß ihm aber wenigstens in der äußeren Form eine neue Gestalt geben, die als eigentümliche geistige Schöpfung des Bearbeiters zu werten ist (Dillenz aaO); für die Abhängigkeit einer solchen Nachschöpfung ist entscheidend, daß in ihr das Originalwerk in wesentlichen Zügen wiederkehrt; Bearbeitungen und sonstige abhängige Nachschöpfungen grenzen sich dadurch von selbständigen Schöpfungen ab; sie unterscheiden sich insbesondere von der freien Benützung, bei welcher zwar Anregungen von einer früheren Schöpfung ausgehen, die Züge des benützten Werkes aber angesichts der Individualität der neuen Schöpfung verblassen (zum - insoweit mit dem österreichischen Recht übereinstimmenden - deutschen Recht (§§ 2, 23 und 24 dURHG):

Ulmer aaO 276; v.Gamm, Urheberrechtsgesetz, Rz 10 zu § 24; Vinck in Nordemann, Urheberrecht Rz 2 zu § 24; Loewenheim in Schricker, Urheberrecht Rz 9 zu § 24; BGH in GRUR 1958, 402/404; GRUR 1958, 500/502; GRUR 1971, 588/589, GRUR 1980, 853/854; uva).

Die Benützung eines Werkes bei der Schaffung eines anderen macht dieses gemäß § 5 Abs 2 UrhG dann nicht zur Bearbeitung, wenn es im Vergleich zu dem benützten Werk ein selbständiges neues Werk ist. Für diese "freie Benützung" ist kennzeichnend, daß trotz des Zusammenhanges mit einem anderen Werk ein von diesem verschiedenes, selbständiges Werk vorliegt, dem gegenüber das Werk, an das es sich anlehnt, vollständig in den Hintergrund tritt. An einer solchen Freischöpfung besteht daher kein abhängiges, sondern ein selbständiges Urheberrecht, zu dessen Verwertung es keiner Einwilligung des Urhebers des benützten Werkes bedarf (EB in Dillenz aaO 53). Angesichts der Eigenart des neuen Werkes müssen - wie schon erwähnt - die Züge des benützten Werkes verblassen. Freie Benützung setzt also voraus, daß das fremde Werk nicht in identischer oder umgestalteter Form übernommen wird, auch nicht als Vorbild oder Werkunterlage, sondern lediglich als Anregung für das eigene Werkschaffen dient (Ulmer aaO 276; Loewenheim aaO Rz 9 zu § 24).

Bei der vergleichenden Beurteilung des benützten und des neugeschaffenen Werks ist zunächst festzustellen, durch welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des benützten Werks bestimmt wird (Loewenheim aaO Rz 10 zu § 24 dUrhG; GRUR 1980, 853/854; GRUR 1981, 267/269; ua). Maßgebend ist ein Vergleich der geistig-ästhetischen Wirkung beider Werke, unterliegt doch nur der geistig-ästhetische Gehalt des Werkes mit seiner Eigenart dem Schutzbereich (v.Gamm aaO Rz 11 zu § 24 ). Dabei kommt es auf die Gesamtwirkung, den Gesamteindruck, an; eine zergliedernde Beurteilung und Gegenüberstellung einzelner Elemente ohne Berücksichtigung des Gesamtzusammenhanges scheidet aus (v.Gamm aaO; GRUR 1958, 500/502 ua). Die zum freien Formenschatz gehörenden Elemente bleiben dabei - als außerhalb der allein geschützten konkreten eigentümlichen Gestaltung liegend - außer Betracht (v.Gamm aaO; Loewenheim aaO Rz 10 zu § 24; GRUR 1958, 402/404 ua). Entscheidend ist also nicht, ob ein nach Umfang und inhaltlicher Bedeutung wesentlicher Teil entlehnt wird, sondern ausschließlich, ob der entlehnte Teil des Werkes als solcher den urheberrechtlichen Schutzvoraussetzungen genügt; fehlt einem Werkteil die eigenpersönliche Prägung, dann ist seine Benützung zulässig (Loewenheim aaO; GRUR 1958, 402/404). Die Feststellung, ob Bearbeitung oder freie Benützung gegeben ist, ist im Einzelfall mitunter schwierig. Es ist daher angezeigt, zunächst zu klären, durch welche Merkmale der ästhetische Gesamteindruck des benützten Originals bestimmt wird und ob diese schützbar sind; stimmen diese Merkmale überein, dann ist davon auszugehen, daß die Nachschöpfung in den geschützten Bereich des Originals eingegriffen hat, richtet doch der Verkehr sein Augenmerk in der Regel mehr auf die Übereinstimmungen als auf die abweichenden Merkmale (Vinck aaO Rz 3 zu § 24 dUrhG; GRUR 1980, 853, 854 ua).

Dem Beklagten ist darin beizustimmen, daß alle historisch überlieferten Ereignisse ebenso wie die Ereignisse des Tages, aber auch das tatsächlich gelebte Leben einer Persönlichkeit keinen Urheberrechtsschutz genießen; jedermann kann dieses Leben - soweit er damit nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Dargestellten verletzt - beschreiben, dramatisieren oder verfilmen (Vinck aaO Rz 1 zu § 24; Loewenheim aaO Rz 3 zu § 24). Ist aber Gemeingut bereits zu einer Werkschöpfung benützt worden, dann kommt es für weitere Benützungen darauf an, ob bei diesen nur das Original - das Gemeingut - oder eine bereits vorhandene Nachbildung benützt wird. Während die Benützung des gemeinfreien Originals auch insoweit frei bleibt, als es in eigenschöpferischen Nachbildungen seinen Niederschlag gefunden hat, dürfen die individuellen Züge der Nachbildung nicht benützt werden (Loewenheim aaO Rz 6 zu § 24; BGHZ 44, 288/293). Man kann daher auch an selbstgeschriebenen Memoiren, die als Sprachwerk geschützt sind, ungeachtet dessen, daß ihr Tatsachengehalt frei ist, ausschließliche Nutzungsrechte einräumen (Vinck aaO Rz 1 zu § 24; BGHZ 15, 249, 254 ua).

Wendet man diese Grundsätze hier an, dann kann der vom Rekursgericht in Übereinstimmung mit dem Beklagten vertretenen Auffassung, daß es sich bei dem Theaterstück des Beklagten um ein unabhängiges, selbständiges Werk im Sinn des § 5 Abs 2 UrhG handle, nicht gefolgt werden. Nur eine zergliedernde Betrachtung könnte zu dem Ergebnis führen, daß die inhaltliche Übereinstimmung des Theaterstücks mit der Biographie nur - gemeinfreie - historische Tatsachen betreffe, die einzelnen mehr oder minder wörtlich gleichen Textstellen aber mangels Originalität nicht schützbar seien. Eine solche Betrachtungsweise ist aber nach dem Gesagten verfehlt; sie müßte in aller Regel dazu führen, daß eine noch so weitgehende Benützung einer (Selbst-)Biographie, eines historischen Werkes oder eines sonstigen wissenschaftlichen Werkes nicht als Bearbeitung, sondern als selbständiges Werk anzusehen wäre, weil die - übereinstimmenden - Fakten Gemeingut sind und die zu ihrer Darstellung verwendeten Ausdrücke häufig nicht besonderen künstlerisch-ästhetischen Anforderungen entsprechen. Angesichts des schier unerschöpflichen Fundus an frei benützbarem Material ist es jedoch gerechtfertigt, die freie Benützung der Werke auf jenes Mindestmaß zu beschränken, das erhalten bleiben muß, will man die Freiheit künstlerischen Schaffens nicht über Gebühr einengen und damit ersticken; an das Vorliegen einer freien Benützung sind daher strenge Anforderungen zu stellen (Vinck aaO Rz 4 zu § 24; v.Gamm aaO Rz 4 zu § 24; GRUR 1958, 500/502 ua).

Mögen auch die einzelnen in der Robert Stolz-Biographie der Kläger enthaltenen Schilderungen von Ereignissen und Erlebnissen - zumindest überwiegend - den Tasachen entsprechen und nicht Folge einer Erinnerungstäuschung oder ein Produkt der Phantasie sein, so besteht doch die eigenpersönliche Leistung beim Verfassen dieses Werkes schon in der Auswahl der geschilderten Vorkommnisse, liegt es doch auf der Hand, daß Robert Stolz in seinem langen Leben naturgemäß wesentlich mehr erlebt und erfahren hat, als in der Biographie gebracht wird. Vom jeweiligen Autor einer Biographie hängt es ab, wie er sein Werk aufbaut, welche Vorfälle, Einflüsse udgl. er für wesentlich hält und welchen Stellenwert er ihnen einräumt. Soweit mehrere Autoren unabhängig voneinander die Biographie derselben Persönlichkeit beschreiben, decken sich ihre Angaben notwendigerweise in den einzelnen Daten; bei der Gestaltung und Auswahl aus der Fülle des Stoffes weichen sie aber in aller Regel entscheidend voneinander ab. Dazu kommt noch der jedem Autor eigene besondere und zumeist unverwechselbare Stil.

Das Theaterstück des Beklagten - welches wesentlich kürzer als die Biographie ist - übernimmt nur einen Teil der in der Biographie geschilderten Erlebnisse von Robert Stolz; die hier verarbeiteten Tatsachen entstammen aber samt und sonders diesem Buch. Dabei wird nicht übersehen, daß der Beklagte immerhin einige Änderungen vorgenommen hat: So hat er die Figur des Garderobers Jonas erfunden, eines Juden, der - neben anderen - auch dem zunächst politisch völlig desinteressierten Robert Stolz einen Anstoß dazu gibt, sich mit Antisemitismus und Nationalsozialismus zu befassen. Der Beklagte hat auch - woran sich die Erstklägerin stößt - den in der Biographie erwähnten (jüdischen) Verleger Otto Hein in den (nationalsozialistisch gesinnten) Verleger Hannes verwandelt, der sich bemüht, Robert Stolz für die Nationalsozialisten zu gewinnen. Diese Änderungen bedeuten aber - ebenso wie der gegenüber der Biographie gestraffte Aufbau, welcher stärker als das umfangreiche Buch eine innere Entwicklung des Künstlers Robert Stolz erkennen läßt -, nur, daß es sich bei dem Theaterstück unzweifelhaft um ein dem Urheberrechtsschutz unterliegendes Werk des Beklagten handelt, das wie ein Originalwerk geschützt ist (§ 5 Abs 1 UrhG); sie ändern aber nichts daran, daß der Abstand dieses Werkes von der Biographie zu gering ist, um deren individuelle Züge verblassen zu lassen. Zutreffend verweisen in diesem Zusammenhang die Kläger darauf, daß die einzelnen in dem Theaterstück verarbeiteten Fakten weitgehend bis ins Detail, zugleich aber auch in der Sprache, mit der Biographie übereinstimmen, so daß in Wahrheit eine Dramatisierung der Biographie vorliegt:

Der erste Akt, in welchem die damalige Geliebte von Robert Stolz, Aranka, mit einem Fläschchen Vitriol auftritt und Robert Stolz zur Frage veranlaßt, ob es sich dabei um Wasser aus Lourdes oder eine Reliquie handelt (S. 237), während Aranka das Vitriol dem Komponisten in seine "unschuldigen blauen Augen" fliegen lassen will, sobald sie herausfinden sollte, daß er sie betrügt (S. 238), und in welchem Aranka nach dem Auftreten einer früheren Geliebten von Robert Stolz - nämlich Iderls, des "Veilchens aus dem Stiftingtal" (S. 239) - die Partitur des "Bettelstudenten" in kleine Schnitzel zerreißt, Robert Stolz damit aber nicht treffen kann, weil er den "Bettelstudenten" auswendig kann (S. 241), gibt weitgehend unverändert die Schilderung im 5. Kapitel der Biographie - "Veilchen und Vitriol" (S. 91 ff) - wieder. Dabei fügt der Beklagte in den Dialog zwischen Iderl und Robert (S. 239) fast wörtlich jene Sätze ein, die in der Biographie - im

4. Kapitel - über Aranka zu lesen sind (S. 90).

Die im zweiten Akt enthaltene Schilderung der Begegnung zwischen Robert Stolz und dem Kaufmann Holm, welcher seine Tochter Grete von dem Komponisten unterrichten lassen will (S. 243 f), und des ersten Gespräches zwischen Stolz und (seiner späteren ersten Ehefrau) Grete Holm (S. 244) ist gleichfalls - großteils mit den gleichen Worten - der Biographie (S. 141 f) entnommen; gleiches gilt für die erste Begegnung zwischen Robert Stolz und Franzi, der späteren zweiten Ehefrau des Komponisten (S. 245 f des Theaterstückes und S. 168 f der Biographie). In beiden Fällen bringt Franzi Robert Stolz, der auf sie krank und traurig wirkt, dazu, mit ihr zu einem einsamen Heurigen zu gehen, wo außer einem altem Zitherspieler und dem Wirt kein Mensch da sein werde. Bei der (unerwarteten) Begegnung zwischen Robert Stolz, in Gesellschaft von Franzi, und seiner Ehefrau Grete in einem Kino geht die Übereinstimmung so weit, daß der über die plötzliche Begegnung erschrockene Robert Stolz ausruft: "Heiliges Kanonenrohr" (S. 247 des Theaterstückes; S. 170 der Biographie);

die Abweichungen - im Theaterstück ist Grete in Begleitung ihres Vaters, in der Biographie in der Begleitung ihrer Mutter; im Theaterstück einigen sich die Eheleute auf die baldige Scheidung;

in der Biographie geht die Schwiegermutter auf Robert Stolz mit dem Regenschirm los - machen keinen entscheidenden Unterschied aus.

Auch die Entstehungsgeschichte der "Salome" wird in beiden Werken im wesentlichen - teilweise mit den gleichen Worten - gleich geschildert (3. Akt, S. 250 f des Theaterstückes; S. 226 ff des Romans); Franzi verläßt Robert Stolz hier wie dort mit ihren acht Koffern, um der Stimme ihres Herzens - und damit dem Verleger Otto Hein bzw Hannes - zu folgen (S. 252 ff des Theaterstückes; S. 236 des Romans).

Auch die Begegnung mit Fini, seiner dritten Frau (4. Akt, S. 255 ff), und die spätere Offenbarung des italienischen Sängers Mario, daß er mit Fini ein Verhältnis habe und von ihr beschenkt worden sei (S.256 f), sowie die daraufhin von Robert Stolz vollzogene Trennung (S. 260) finden sich - teilweise wortgleich - in der Biographie (S. 248 ff).

Die näheren Umstände der Begegnungen mit Lilli - der vierten Ehefrau - decken sich gleichfalls (5. Akt, S. 262 ff des Theaterstückes; S. 286 ff des Romans).

Robert Stolz holt im Theaterstück ebenso wie im Werk der Kläger jüdische Kinder in seinem Auto aus dem damals schon nationalsozialistisch regierten Deutschen Reich nach Österreich und läßt zur Tarnung auf der Motorhaube seines Autos auf Anraten des Chauffeurs ein großes Hakenkreuz anbringen; die Kinder bekommen Schlaftabletten (6. Akt, S. 268 des Theaterstücks; S. 325 f der Biographie). Auch die vierte Szene des 6. Aktes, in welcher Robert Stolz in Erwartung des nahe bevorstehenden Einmarsches Hitlers in Österreich sein Geld von der Bank abhebt, um es dem Rechtsanwalt Dr.K***** anzuvertrauen, welcher damit künftig in Bedrängnis geratende jüdische Freunde über Wasser halten soll, und in welcher der - nationalsozialistische - Bruder Max den Komponisten anruft und ihn auffordert, seine Wohnung von der "jüdischen Bagage zu säubern", was er am nächsten Morgen um 6.00 Uhr mit der Gestapo kontrollieren werde (S. 269 ff), ist - abermals zum Teil wörtlich - der Biographie (S. 328 ff) entnommen; sogar das Detail, daß Robert Stolz nach dem Anruf seines Bruders im unklaren darüber ist, ob es sich dabei nicht doch um eine versteckte brüderliche Warnung gehandelt hat, findet sich in beiden Werken (S. 271 und S. 330).

Robert Stolz hat seine fünfte Frau - die Zweitklägerin - sowohl im Theaterstück (7. Akt, S 273 ff) als auch in der Biographie (S. 349 ff) während der Emigration in Frankreich kennengelernt, nachdem er dort von seiner Frau Lilli verlassen worden und ein Verhältnis mit der Gestapo-Agentin Maria eingegangen war; in beiden Werken wird geschildert, wie "Einzi", die Erstklägerin, der Agentin Liebesbriefe von Robert Stolz zweimal abgekauft hat, um sie jeweils dem Verfasser zurückzustellen (S. 281 ff des Theaterstückes und S. 359 ff der Biographie).

Schließlich werden auch die Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg in beiden Werken im wesentlichen übereinstimmend geschildert, Vor allem der 10. Akt (S. 288 ff), in welchem Robert Stolz in Israel - letztlich mit allergrößtem Erfolg - durchsetzt, daß seine Lieder dort wieder in deutscher Sprache gesungen werden, ist eine Wiedergabe der entsprechenden Schilderung der Erstklägerin in der Biographie (S. 499 ff).

Angesichts dieser - hier nur unvollständig aufgezählten - Fülle an selbst sprachlichen Übereinstimmungen und der verhältismäßig geringfügigen inhaltlichen Abweichungen kann nicht gesagt werden, daß das Drama des Beklagten ein völlig unabhängiges, selbständiges Werk wäre; vielmehr handelt es sich dabei eindeutig um eine Bearbeitung in der Form einer Dramatisierung der Biographie. Der Beklagte hat das Werk der Kläger keineswegs nur als Anregung zu eigenem Schaffen verwendet; er hat sich vielmehr ganz eng an die Biographie angelehnt, dabei allerdings - stärker als die Kläger - die politische Haltung des Künstlers in den Mittelpunkt gestellt.

Liegt damit aber eine Bearbeitung vor, dann ist der Beklagte zur Veröffentlichung und sonstigen Verwertung seines Theaterstücks nur mit Zustimmung der Urheber berechtigt. Da eine solche Zustimmung nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen fehlt, ja die nach § 11 Abs 2 UrhG erforderliche Zustimmung des Zweitklägers als Miturhebers nicht einmal behauptet wurde, ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch berechtigt.

In Stattgebung des von den Klägern erhobenen Revisionsrekurses war daher dem Sicherungsantrag auch insoweit stattzugeben, als er das Verbot jeder Verwertung des Werkes betrifft. Dabei konnte dem Spruch - abweichend vom Antrag der Kläger - eine deutlichere Fassung gegeben werden (ÖBl 1982, 66; MR 1988, 102 uva): Da das von den Klägern angestrebte Verbot nur darauf gerichtet ist, dem Beklagten das Verwerten des konkreten, im Sammelband "Theaterstücke" abgedruckten Werkes "Servus Du oder Mr.Stolz goes to Israel" zu verbieten, ist der im Antrag angefügte Konditionalsatz ("...wenn es mit dem von Robert und Einzi Stolz unter Mitwirkung von Aram B***** geschaffenen Werke 'Servus Du' wörtliche oder nahezu wörtliche Übereinstimmungen aufweist oder eine Bearbeitung des Werkes 'Servus Du' von Robert und Einzi Stolz darstellt") überflüssig, ja geradezu sinnstörend; im Gegensatz zur Meinung der Kläger (S. 150) bedeutet dieser Nebensatz keine Einschränkung des Begehrens ("gelinderte Fassung"). Dieser Bedingungssatz hätte nur dann Bedeutung, wenn die Kläger ein allgemeines Verbot der Verwertung jedes, auch eines künftigen, Werkes des Beklagten verlangt hätten, nicht aber hier, wo sie nur das konkrete Werk angegriffen haben. Auf die vom Beklagten aufgeworfene Frage, ob die im Konditionalsatz gebrauchte Umschreibung ausreichend bestimmt ist, kommt es demnach nicht an.

II. Der Revisionsrekurs des Beklagten ist nicht berechtigt.

Nach § 80 Abs 1 UrhG darf im geschäftlichen Verkehr (ua) der Titel eines Werkes der Literatur für kein anderes Werk auf eine Weise verwendet werden, die geeignet ist, Verwechslungen hervorzurufen. Zutreffend verweist der Beklagte darauf, daß der Titelschutz - wie der Kennzeichenschutz ganz allgemein (§ 9 Abs 1 UWG) - Unterscheidungskraft des verletzten Zeichens voraussetzt (ÖBl 1976, 105 mwN; ÖBl 1983, 48; SZ 62/155; zuletzt etwa 4 Ob 1/92 ua). Die Bezeichnung des Druckwerkes muß etwas Besonderes, Individuelles an sich haben und darf sich nicht auf die bloße Angabe des Inhaltes oder des Gebietes, auf das sie sich bezieht, beschränken (ÖBl 1977, 41 mwN; SZ 62/155; 4 Ob 1/92). Der Schutz des Titels nach § 80 Abs 1 UrhG setzt aber - wie dem Beklagten ohnehin bewußt ist (S. 182) - nicht voraus, daß er selbst eine eigentümliche geistige Schöpfung (§ 1 Abs 1 UrhG) ist.

Dem Titel "Servus Du" kann entgegen der Meinung des Beklagten die Kennzeichnungskraft nicht abgesprochen werden. Daß er die - durchaus erwünschte - Assoziation zur Person von Robert Stolz auszulösen geeignet ist, nimmt ihm nicht die erforderliche Individualität; er kann, was die Unterscheidungskraft anlangt, einem Titel wie zB "Robert Stolz" nicht gleichgehalten werden. Ob das - wie der Beklagte meint - auf den Titel einer Biographie zuträfe, der in einer allgemein üblichen und weithin bekannten Bezeichnung der Person besteht, die Gegenstand der Biographie ist (wie etwa "Der Spatz von Paris" für Edith Piaf udgl.), braucht hier nicht untersucht zu werden, weil "Servus Du" zwar der Titel eines Liedes von Robert Stolz ist, niemals aber als Name für Robert Stolz verwendet wurde.

Die Bezeichnung "Servus Du" für ein Werk über Robert Stolz ist auch nicht so schwach, daß schon Zusätze wie etwa der Alternativtitel "Mr.Stolz goes to Israel" jede Gefahr von Verwechslungen hintanhalten könnten.

Bedeutung käme dieser Frage allerdings dann zu, wenn das vom Beklagten verfaßte Stück "Servus Du oder Mr.Stolz goes to Israel" keine Bearbeitung und dem Beklagten daher das Verbreiten seines Werkes gestattet wäre, dessen Titel aber zu der irrigen Meinung verleiten könnte, das Theaterstück sei eine Bearbeitung der Biographie. Wird aber dem Beklagten das Verwerten seines Theaterstückes untersagt, dann kommt für ihn das Verwenden des Titels allein nicht mehr in Frage.

Aus diesen Erwägungen war der Beschluß des Erstrichters mit der Maßgabe wiederherzustellen, daß dem Beklagten verboten wird, das im Sammelband "Theaterstücke" enthaltene Werk "Servus Du oder Mr.Stolz goes to Israel" unter diesem oder einem anderen Titel in irgendeiner Weise zu verwerten, insbesondere zu vervielfältigen, zu verbreiten, im Rundfunk senden zu lassen und aufzuführen.

Die Bewilligung der einstweiligen Verfügung von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen, besteht kein Anlaß. Da der Unterlassungsanspruch ausreichend bescheinigt ist, liegt der Fall des § 390 Abs 1 EO nicht vor. Daß mit der einstweiligen Verfügung ein tiefgreifender Eingriff in die Interessen des Beklagten vorgenommen würde, der die Festsetzung einer Sicherheit geboten erscheinen ließe (§ 390 Abs 2 EO; ÖBl 1979, 122; ÖBl 1982, 101 uva), ist nicht zu sehen. Der Beklagte hat sich nur darauf berufen, daß sein Stück schon auf dem Spielplan des Volkstheaters stehe, "weswegen eine Untersagung mit einer einstweiligen Verfügung einen großen Schaden verursachen würde" (S. 34). Daß er selbst dabei einen Schaden - noch dazu in der Höhe von S 100,000.000 - erleiden werde, hat er damit nicht behauptet; insbesondere hat er keinen Grund dafür angegeben, daß ihm eine Verschiebung der Aufführung bis nach seinem etwaigen Obsiegen im Hauptverfahren schaden würde. (Umso weniger ist zu erkennen, daß ein Kinofilm - der nach seiner Aussage gemacht werden könnte (S. 86) - nicht auch erst nach der endgültigen Entscheidung des Prozesses (zu seinen Gunsten) gedreht werden könnte.

Der Ausspruch über die Kosten der Kläger gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, jener über die Kosten des Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO.

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