Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Revisionsrekurswerberin und Antragstellerin ist schuldig, den Antragsgegnerinnen die mit 2.180,36 EUR (darin 363,39 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Die beiden Antragsgegnerinnen und die Antragstellerin sind Töchter des verwitwet verstorbenen Erblassers. Im Verlassenschaftsverfahren gab die Antragstellerin aufgrund des Gesetzes eine bedingte Erbantrittserklärung zu einem Drittel, die Antragsgegnerinnen eine bedingte Erbantrittserklärung aufgrund des Gesetzes jeweils zur Hälfte des Nachlasses ab. Die Antragsgegnerinnen machten geltend, die Antragstellerin habe in einem Übergabsvertrag vom 27. 3. 1981 einen Erb‑ und Pflichtteilsverzicht abgegeben.
Die Antragstellerin als dortige Klägerin brachte am 1. 10. 2012 beim Rekursgericht als Prozessgericht erster Instanz zu 19 Cg 43/12v eine auf §§ 897 ff, 901 ABGB gestützte Klage gegen die Antragsgegnerinnen als dortige Beklagte auf Unwirksamkeitserklärung und Aufhebung des Erb‑ und Pflichtteilsverzichtsvertrags vom 27. 3. 1981 mit der wesentlichen Behauptung ein, die Grundlage der Verzichtserklärung sei weggefallen; sie nahm dieses Verfahren zum Anlass, die Unterbrechung des Verlassenschaftsverfahrens zu begehren (ON 44).
Das Erstgericht unterbrach das Verlassenschaftsverfahren bis zur Rechtskraft des beim Rekursgericht anhängigen Verfahrens 19 Cg 43/12v.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerinnen Folge und änderte den Beschluss dahin ab, dass der Antrag auf Unterbrechung des Verlassenschaftsverfahrens abgewiesen wurde. Es lägen widerstreitende Erbserklärungen vor, sodass das Abhandlungsgericht im Verlassenschaftsverfahren das Erbrecht des Berechtigten festzustellen habe. Damit bestehe kein Grund für die Unterbrechung des Verlassenschaftsverfahrens. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der Revisionsrekurs mangels Rechtsprechung zur Frage zulässig sei, ob im Falle einer auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage für einen abgegebenen Erb- und Pflichtteilsverzicht gestützten Erbantrittserklärung das Erbrechtsfeststellungsverfahren gemäß § 160 f AußStrG zu führen oder die Wirksamkeit der Verzichtserklärung als Vorfrage im streitigen Rechtsweg zu klären sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig; entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) ‑ Ausspruch des Rekursgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ab.
1. Wer über sein Erbrecht gültig verfügen kann, ist gemäß § 551 ABGB auch befugt, durch Vertrag mit dem Erblasser im Voraus darauf Verzicht zu tun. Der Vertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsakts oder der Beurkundung durch gerichtliches Protokoll. Eine solche Verzichtsleistung wirkt, wenn nichts anderes vereinbart ist, auch auf die Nachkommen. Den gegen den Erbverzichtsvertrag bestehenden verschiedenen Bedenken wurde durch die Einführung der Formvorschrift (Notariatsakt oder gerichtliches Protokoll) durch die dritte Teilnovelle zum ABGB Rechnung getragen. Damit wird nun die besondere Bedeutung dieses Rechtsgeschäfts für den Verzichtenden hervorgehoben. Wer unter den vorgeschriebenen Formen dennoch auf sein Erbrecht verzichtet, kann nur noch auf die allgemeinen Möglichkeiten der Vertragsanfechtung (§§ 865 ff ABGB) verwiesen werden (4 Ob 128/12w; RIS‑Justiz RS0012331; vgl 2 Ob 527/92 zur Anfechtung wegen Willensmängeln und Wegfall der Geschäftsgrundlage).
2. Berief sich nach der Rechtslage vor der Außerstreitreform 2003 ein gesetzlicher Erbe auf zu seinen Gunsten vor Gericht abgeschlossene Erbverzichtsverträge, so war eine trotz zuvor erfolgter Erbsausschlagung abgegebene Erb‑(antritts‑)erklärung nicht zurückzuweisen, sondern zu Gericht anzunehmen und ‑ bei widerstreitenden Erklärungen ‑ das Verfahren nach §§ 125 f AußStrG 1854 einzuleiten (6 Ob 3/09y). Den die Ungültigkeit des Erbverzichts behauptenden Erben war im Erbrechtsstreit die Klägerrolle zuzuweisen (vgl RIS‑Justiz RS0008090).
3. Dass Erbantrittserklärungen nach zuvor erfolgter Erbsausschlagung grundsätzlich nicht zurückzuweisen, sondern dem Verfahren über das Erbrecht zugrunde zu legen sind, gilt ‑ wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 6 Ob 3/09y bereits ausgeführt hat ‑ auch nach der neuen Rechtslage. Behauptet der Erklärende dabei Willensmängel bei der Erbsausschlagung, sind diese entweder im außerstreitigen Verfahren über das Erbrecht oder nach Bindung des Gerichts an den Einantwortungsbeschluss im Rahmen einer Erbschaftsklage zu prüfen (6 Ob 3/09y; Eccher in Schwimann, ABGB³ § 805 Rz 2; zur früheren Rechtslage vgl RIS‑Justiz RS0013026, RS0013014).
4.1. Von diesen Grundsätzen höchstgerichtlicher Rechtsprechung ist das Rekursgericht bei seiner Entscheidung nicht abgewichen.
4.2. Nach § 161 AußStrG idF BGBl I 2003/111 hat das Gericht das Erbrecht im Rahmen des Außerstreitverfahrens festzustellen und die übrigen Erbantrittserklärungen abzuweisen. Das neue Außerstreitgesetz kennt keine der bisherigen Annahme der Erbserklärung entsprechende Vorgehensweise mehr. So muss etwa auch bei unschlüssigen Erbantrittserklärungen ein Verfahren über die Feststellung des Erbrechts mit mündlicher Verhandlung unter Beteiligung aller Übrigen geführt werden. Das Verlassenschaftsgericht hat im Außerstreitverfahren mit einheitlicher Entscheidung über das Erbrecht des/der Berechtigten zu entscheiden und die übrigen Erbserklärungen abzuweisen (RIS‑Justiz RS0122476).
4.3. Im Anlassfall liegen drei einander widersprechender Erbserklärungen vor. Da im Verlassenschaftsverfahren noch kein Einantwortungsbeschluss ergangen ist, hat das Verlassenschaftsgericht nunmehr im außerstreitigen Verfahren über das Erbrecht die von der Antragstellerin behauptete Unwirksamkeit ihres Erb- und Pflichtteilsverzichts als Vorfrage des Bestands ihres Erbrechts zu prüfen (vgl 6 Ob 3/09y).
5.1. Das über dieselbe Frage anhängig gemachte streitige Verfahren steht der Verweigerung der Unterbrechung nicht entgegen.
5.2. Gemäß § 25 Abs 2 Z 1 AußStrG kann das Verfahren ganz oder zum Teil von Amts wegen oder auf Antrag unterbrochen werden, wenn eine Vorfrage über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses den Gegenstand eines anderen anhängigen oder eines von Amts wegen einzuleitenden Verfahrens vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde bildet, die Lösung der Vorfrage im anhängigen Verfahren nicht ohne einen erheblichen Verfahrensaufwand möglich und mit der Unterbrechung keine unzumutbare Verzögerung verbunden ist. Die Unterbrechung liegt im pflichtgebundenen Ermessen des Gerichts (Fucik/Kloiber, AußStrG § 25 Rz 2; Rechberger, AußStrG § 25 Rz 8; vgl auch Schragel in Fasching/Konecny² § 190 ZPO Rz 25).
5.3. In dem als Unterbrechungsgrund geltend gemachten Zivilprozess hat noch keine einzige Verhandlung stattgefunden. Unter diesen Umständen kann in der Verweigerung der Unterbrechung des Verlassenschaftsverfahrens keine unvertretbare Ermessensüberschreitung erblickt werden.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 185 AußStrG iVm § 78 Abs 2 AußStrG. Im Zwischenverfahren über das Erbrecht ist Kostenersatz zu leisten. Da die Antragsgegnerinnen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen haben, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.
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