Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Tatsachen im Sinn des § 7 Abs 1 UWG (und des § 1330 Abs 2 ABGB) sind
- unabhängig von der im Einzelfall gewählten Formulierung - Umstände, Ereignisse oder Eigenschaften mit einem greifbaren, für das Publikum erkennbaren und von ihm an Hand bekannter oder zu ermittelnder Umstände auf seine Richtigkeit nachprüfbaren Inhalt (stRsp ua ÖBl 1994, 220 - Zeitungs-Hauszustellung; MR 1998, 328 - Trivial Pursuite je mwN; SZ 69/113 = JBl 1996, 789 = MR 1996, 146 - Giftanschlag). Der Begriff der Tatsachenbehauptung ist weit auszulegen; selbst Urteile, die nur auf entsprechende Tatsachen schließen lassen, gelten als Tatsachenmitteilungen ("konkludente Tatsachenbehauptung": ÖBl 1993, 163 - Kelomat-Druckkochtopf mwN). Entscheidend für die Qualifikation einer Äußerung als Tatsachenbehauptung ist, ob sich ihr Bedeutungsinhalt auf einen Tatsachenkern zurückführen läßt, der einem Beweis zugänglich ist (ÖBl 1990, 253 - Moderne Sklaven; ÖBl 1991, 26
- Kunstfeind uva).
Bei der Beurteilung der Frage, ob "Tatsachen" verbreitet wurden oder ein Werturteil vorliegt, kommt es immer auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck an, den die beanstandeten Äußerungen hinterlassen; dabei ist auf das Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers oder -hörers, nicht aber auf den subjektiven Willen des Erklärenden abzustellen (ÖBl 1993, 163 - Kelomat-Druckkochtopf mwN; SZ 68/97 = MR 1995, 57 - Rößlwirtin [Korn]; MR 1998, 269 - Schweine-KZ [Korn]; MR 1998, 328 - Trivial Pursuite uva). Die Verletzungshandlung kann auch in der Weitergabe der Behauptungen eines Dritten bestehen, ohne daß sich der Verbreiter mit der Äußerung identifizieren müßte; Täter ist in diesem Fall jeder Verbreiter der Tatsachenbehauptungen (SZ 69/113 = JBl 1996, 789 = MR 1996, 146 - Giftanschlag). Für die Ausstrahlung ehrverletzender Äußerungen in Rundfunk- und Fernsehsendungen wurde die Auffassung vertreten, daß sich die Rundfunkanstalt dann unwahre Tatsachenbehauptungen nicht zurechnen lassen müsse, wenn diese im Rahmen von Diskussionsveranstaltungen ("Meinungsforum") geäußert und im wesentlichen kommentarlos wiedergegeben worden seien, trete doch das Unternehmen in solchen Fällen nur als "Markt" verschiedener Ansichten und Richtungen in Erscheinung (SZ 64/36 = JBl 1991, 796 = ÖBl 1991, 161 - Altöl-Skandal).
Die angefochtene Entscheidung wendet diese Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung richtig auf den Einzelfall an, wenn sie die von der Beklagten in Form eines Zitats verbreitete Äußerung, der Erstkläger sei neben seiner Tätigkeit als Chefredakteur der "n*****" gleichzeitig als SP-Pressesprecher tätig, die "n*****" sei ein "rotes Parteiblättchen", nicht als zulässige politische Kritik, sondern als Behauptung unrichtiger Tatsachen beurteilt und der Beklagten zugerechnet hat, weil das Zitat nicht Teil einer neutralen Wiedergabe mehrerer Ansichten im Rahmen eines Meinungsforums sei.
Der Oberste Gerichtshof hat einerseits ausgesprochen, daß der Gegner der gefährdeten Partei bei Erhebung eines Widerspruches alle Umstände, die diesen begründen sollen, ebenso genau anzuführen und zu bescheinigen hat wie die gefährdete Partei ihr Vorbringen zur Begründung des Antrages auf Erlassung der einstweiligen Verfügung (ÖBl 1973, 139 = JBl 1974, 529; 6 Ob 268/97y), andererseits aber auch (unter Berufung auf die Lehrmeinung von Neumann/Lichtblau) den Standpunkt vertreten, der Antragsgegner sei im Widerspruchsverfahren nicht auf das im Widerspruch enthaltene Vorbringen und die dort angebotenen Beweise beschränkt, sondern könne dieses Vorbringen auch noch in der mündlichen Verhandlung ergänzen (2 Ob 22/74). Diese von der Beklagten angeschnittene Streitfrage bedarf hier aber keiner näheren Untersuchung: Daß sich die Beklagte (erstmals) in der Widerspruchstagsatzung auf den Wegfall der Wiederholungsgefahr infolge Beendigung des Wahlkampfs berufen hat, führt selbst bei Unterstellung der Richtigkeit dieses Vorbringens nicht zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung und Abweisung des Sicherungsantrags mangels Wiederholungsgefahr, kann doch nicht ausgeschlossen werden, daß auch außerhalb von Wahlkampfzeiten gleichartige Behauptungen wie die beanstandeten aufgestellt und von der Beklagten veröffentlicht und verbreitet werden. Auch die (erstmals im Rekurs als Grund für den Wegfall der Wiederholungsgefahr herangezogene) Klagerückziehung gegen jenen Gemeinderat, der die veröffentlichte Äußerung gemacht hat, ändert an dieser Beurteilung nichts, bezieht sich doch das gegen die Beklagte gerichtete Unterlassungsgebot nicht nur auf das Verbot der Veröffentlichung und Verbreitung von Äußerungen einer bestimmten Person.
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
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