Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die in Wien ansässige beklagte O***** GmbH hatte zu 8 Cg 300/92f gegen die hier klagende Grete P***** eine Klage mit dem Begehren erhoben, der dortigen Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere beim Handel mit Tee, Unternehmenskennzeichen der dortigen Klägerin, insbesondere die Bezeichnung "Karadeniz" und/oder die graphische Darstellung eines Samowars, zur Kennzeichnung von Waren zu verwenden. Die (dortige) Klägerin vertreibe den aus Ceylon stammenden Tee unter einer registrierten Wort-Bild-Marke, deren kennzeichnende Elemente das Wort "Karadeniz" und die graphische Darstellung eines Samowars seien. Da die (dortige) Beklagte diese Zeichen gleichfalls verwende, verstoße sie gegen das UWG und das Markenschutzgesetz.
Mit der Behauptung, daß die Beklagte ihre registrierte Wort-Bild-Marke auf den Etiketten ihrer Teepackungen in der Weise abändere, daß sie als Blickfang oberhalb des Wortes "Karadeniz" das türkische Staatswappen und unterhalb des Samowars die Aufschrift "nach türkischer Art" angebracht habe, erhebt die Klägerin beim Landesgericht Feldkirch unter Berufung auf den Gerichtsstand der Widerklage (§ 96 JN) das Klagebegehren, die Beklagte habe es ab sofort zu unterlassen, beim Handel mit Tee aus Ceylon Warenetiketten zu verwenden, auf denen ihre unter der Nr. 117190 beim Österreichischen Patentamt registrierte Wort-Bild-Marke für die Klasse 30 (Tee aus Ceylon) mit dem türkischen Staatswappen oder einem anderen, auf die Türkei als Herkunftsland des Tees hinweisenden Bildzeichen sowie mit der Wortfolge "nach türkischer Art" versehen ist.
Das Erstgericht wies die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück. Da sich die beiden Klagen weder auf die selben Tatsachen stützten noch aus dem selben Tatsachenkomplex abgeleitet würden, liege hier keine Widerklage vor, so daß der Zuständigkeitstatbestand des § 96 JN zu verneinen sei.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Im vorliegenden Fall liege zwar ein gewisser tatsächlicher Zusammenhang der beiden Ansprüche vor; dieser sei jedoch nicht so eng, daß daraus der Gerichtsstand der Widerklage abgeleitet werden könnte. Mit der ersten Klage werde der Schutz einer registrierten Wort-Bild-Marke geltend gemacht; hier gehe es hingegen um die Unterlassung irreführender Zusätze zu dieser Wort-Bild-Marke. Tatsachengrundlage der ersten Klage sei ein bestimmtes Verhalten der dortigen Beklagten im Geschäftsverkehr; der zweiten Klage liege ein bestimmtes Verhalten der hier Beklagten zugrunde. Beide Verhaltensweisen seien unabhängig voneinander und könnten nur insofern miteinander verknüpft werden, als ein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Auch die rechtlichen Grundlagen seien verschieden.
Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 96 Abs 1 JN kann bei dem Gericht der Klage dann eine Widerklage angebracht werden, wenn der mit ihr geltend gemachte Anspruch mit dem Anspruch der Klage im Zusammenhang steht oder sich sonst zur Kompensation eignen würde oder wenn die Widerklage auf Feststellung eines im Lauf des Prozesses streitig gewordenen Rechtsverhältnisses oder Rechtes gerichtet ist, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung über das Klagebegehren ganz oder zum Teil abhängt. Der enge Sachzusammenhang zwischen Klage und Widerklage muß also in einem inhaltlichen Zusammenhang (Konnexität), in der Aufrechenbarkeit (Kompensabilität) oder - im Fall der Feststellungsklage - in der Präjudizialität bestehen (Fasching, LB2 Rz 1304). Da hier weder eine Klage auf Geldzahlung noch eine auf Feststellung vorliegt, ist nur zu prüfen, ob die Konnexität zu bejahen ist. Im Unterschied zu anderen Bestimmungen des Verfahrensrechtes unterscheidet § 96 JN nicht zwischen rechtlichem und tatsächlichen Zusammenhang. Wie schon die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, ergibt sich daraus, daß jede Art von Zusammenhang zur Herstellung des Gerichtsstandes genügt (EvBl 1973/160). Ein rechtlicher Zusammenhang ist nicht erforderlich; auch ein tatsächlicher - insbesondere auch ein wirtschaftlicher - Zusammenhang reicht aus, so daß es genügt, wenn sich die Begehren beider Klagen auf dieselben Tatsachen stützen oder aus dem gleichen Tatsachenkomplex abgeleitet werden (Fasching I 469; derselbe LB2 aaO; EvBl 1973/160; EvBl 1979/138; JBl 1989, 58).
Der Klägerin ist darin zuzustimmen, daß das Vorliegen eines solchen Zusammenhanges für die Bejahung des Gerichtsstandes der Widerklage ausreicht; daß der vorhandene tatsächliche Zusammenhang zusätzlich noch besonders "eng sein müßte", ist weder dem Gesetz noch den Ausführungen Faschings aaO zu entnehmen; dieser umschreibt vielmehr mit dem Begriff des "engen Sachzusammenhanges" (LB2 Rz 1304) oder des "engen sachlichen Zusammenhanges" (aaO Rz 306) die drei Tatbestände des § 96 JN, also Konnexität, Kompensabilität und Präjudizialität.
Damit ist aber für die Klägerin nichts gewonnen:
In Wahrheit liegt nämlich zwischen dem Klage- und dem "Widerklage"-Begehren überhaupt kein tatsächlicher Zusammenhang im dargestellten Sinn vor. Behauptet die Beklagte und Klägerin des ersten Prozesses einen Eingriff ihrer Prozeßgegnerin in ihre Wort-Bild-Marke durch einen zur Verwechslung geeigneten Gebrauch (§ 9 Abs 1 und 3 UWG), so ist die "Widerklage" darauf gestützt, daß die Beklagte ihrer Wort-Bild-Marke zur Irreführung über die Herkunft der Ware geeignete Zusätze anfüge. Die den beiden Klagen zugrunde liegenden Tatsachen bestehen somit - wie beide Vorinstanzen zutreffend hervorgehoben haben - in unterschiedlichen Handlungen der Streitteile. Zwar wird die Marke der Klägerin in beiden Klagen erwähnt; dennoch liegt hier kein einheitlicher Tatsachenkomplex vor, aus dem die beiderseitigen Ansprüche abgeleitet werden.
Wenn die Klägerin meint, daß die Entscheidung über die "Widerklage" insofern präjudiziell für die Entscheidung über die erste Klage sei, weil es dort um den befugten Markengebrauch der (nunmehrigen) Beklagten im Sinne des § 9 UWG geht, kann ihr nicht gefolgt werden. Selbst wenn die Beklagte - nach den für die Zuständigkeitsprüfung maßgebenden Angaben der "Widerklage" (§ 41 Abs 2 JN) - auf Warenetiketten neben ihrer Wort-Bild-Marke irreführende Zusätze anbringt, bleibt ihr Markengebrauch dennoch "befugt"; nur die irreführenden Zusätze würde sie unzulässig und damit "unbefugt" verwenden. Ob die "Widerklägerin" berechtigt ist, selbst das türkische Wort "Karadeniz" zu verwenden, ist für die Entscheidung über ihr Klagebegehren ohne jede Bedeutung; ihre Klagebefugnis ergibt sich schon aus ihrer Eigenschaft als Mitbewerberin. Entgegen der Meinung der Klägerin ist die Markeneintragung zugunsten der Beklagten für die Entscheidung über die vorliegende Klage rechtlich ohne Bedeutung. Die Form, in der die Beklagte ihre Marke auf den Etiketten gebraucht und insbesondere, ob sie dazu irreführende Zusätze verwendet, ist wiederum im ersten Prozeß unerheblich. Es liegt daher weder ein rechtlicher noch ein tatsächlicher - insbesondere auch kein wirtschaftlicher - Zusammenhang vor.
Der Revisionsrekurs mußte somit erfolglos bleiben.
Der Kostenausspruch gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.
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