Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.248,64 (darin S 541,44 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Miteigentümer im Ausmaß von 381/6846 Anteilen der Liegenschaft EZ ***** KG M*****, mit welchen das Wohnungseigentum an der Wohnung M*****, untrennbar verbunden ist. Diese Wohnung, bestehend aus zwei Zimmern, einem Kabinett, einer Küche, einem Bad, einem WC und einem Vorzimmer im Ausmaß von ca. 82 m2 sowie einer Loggia im Ausmaß von 7 m2, wurde vom Vater des Klägers an die Beklagte mit Mietvertrag vom 17.3.1982 auf unbestimmte Zeit vermietet; damals war bereits Wohnungseigentum an der Wohnung begründet. Der Mietvertrag fällt unter die Kündigungsbeschränkung insbesondere des § 30 Abs 1 Z 8 MRG. Der Vater des Klägers verstarb am 7.7.1995 und hinterließ neben dem Kläger einen zweiten Sohn und seine Ehegattin. Die drei Miterben gaben unbedingte Erbserklärungen ab und schlossen noch vor Einantwortung ein Erbteilungsübereinkommen, nach welchem der Kläger die Anteile an der Liegenschaft EZ ***** KG M***** gegen Zahlung eines Betrages von S 400.000,- an seinen Bruder, seine Mutter hingegen den gesamten restlichen Nachlaß übernahm. In diesem Sinne erfolgte nach Einantwortung des Nachlasses an die Miterben zu je einem Drittel am 1.12.1995 auch die Verbücherung des Miteigentums an der genannten Liegenschaft zugunsten des Klägers allein.
Der am 23.11.1974 geborene Kläger besuchte eine Fachschule und einen Aufbaulehrgang. Nach Absolvierung des Präsenzdienstes studiert er seit dem Wintersemester 1996/97 an der Technischen Universität in Wien Elektrotechnik (Mindeststudiendauer zehn Semester). Er bewohnt in Wien im Studentenheim P***** ein Zimmer mit Dusche im Ausmaß von ca. 12 m2; WC und Gemeinschaftsküche befinden sich am Gang. Im Zimmer befinden sich Kühlschrank, Computer- und Stereoanlage sowie ein Wäscheständer. Das Benützungsrecht für ein Zimmer in einem Studentenheim wird jeweils auf zwei Jahre befristet vergeben, danach kann um Verlängerung angesucht werden, die grundsätzlich auch genehmigt wird. Mit Erreichen des 25. bzw 26.Lebensjahres erfolgt grundsätzlich die Kündigung, wobei noch um eine letzte Verlängerung von einem Jahr angesucht werden kann. Das Zimmer kann ganzjährig bewohnt werden und kostet etwa S 2.650,- monatlich. Der Kläger bezieht eine Waisenpension von ca. S 8.300,- pro Monat sowie monatliche Mieteinnahmen aus der Eigentumswohnung in Höhe von ca. S 4.000,- (darin ca. S 2.500,- Betriebskosten); von seiner Mutter erhält er kein Taschengeld. Die Mutter des Klägers wohnt mit ihrem zweiten Sohn in einem ihr allein gehörenden Haus in S*****, in dem ein gemeinsames Zimmer für den Kläger und seinen Bruder reserviert ist; wenn der Kläger gelegentlich am Wochenende nach S***** kommt, übernachtet er mit seinem Bruder zusammen in diesem Zimmer. Ein vertraglich eingeräumtes Wohnrecht besitzt der Kläger in S***** nicht. S***** ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichbar, die nächsten Bahnhöfe befinden sich 3,5 km entfernt in V***** bzw. Sch***** (Franz Josefs-Bahn); die Fahrzeit von dort nach Wien beträgt im Durchschnitt rund zwei Stunden. Die Fahrzeit von M***** nach K***** (Bus) beträgt rund 10 Minuaten, jene von K***** nach Wien (Bahn) im Durchschnitt rund 70 Minuten.
Mit Aufkündigung vom 17.10.1996 kündigte der Kläger der Beklagten die Eigentumswohnung in M***** per Ende November 1996 wegen dringenden, nicht selbst verschuldeten Eigenbedarfs. Er beabsichtige, mit seiner Lebensgefährtin einen gemeinsamen Wohnsitz zu begründen, wofür das ihm zur Verfügung stehende Zimmer im Studentenwohnheim nicht geeignet sei. Er habe ein Studium in Wien begonnen; wegen des zeitlichen Aufwandes sei ein tägliches Auspendeln von S***** nach Wien unmöglich.
Die Beklagte erhob fristgerecht Einwendungen und beantragte Klageabweisung. Sie wendete ein, der Kläger habe die Wohnung durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben, weshalb er den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 8 MRG gemäß § 30 Abs 3 MRG nicht geltend machen könne. Im übrigen sei sie auf die Wohnung angewiesen und habe in den letzten Jahren erhebliche Investitionen getätigt. Ein dringendes Wohnbedürfnis des Klägers, der Wohnmöglichkeiten im Studentenheim und im Haus seiner Mutter in S***** besitze, liege nicht vor.
Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Übergabebegehren ab. Der Kläger habe die Wohnung durch Einantwortung erworben, was kein Rechtsgeschäft unter Lebenden bedeute. Dringender Eigenbedarf sei nur im Falle eines Notstandes zu bejahen, welcher hier nicht vorliege; das Zimmer im Studentenheim ermögliche dem Kläger eine regelmäßige Befriedigung sämtlicher dem Wohnen zuzurechnenden Bedürfnisse jedenfalls noch bis November 1999. Die Möglichkeit zur Mitbenutzung eines Zimmers in S***** decke hingegen den Wohnbedarf des Klägers nicht, weil er dort weder Miteigentümer sei noch vertraglich ein Wohnrecht besitze; infolge Selbsterhaltungsfähigkeit stehe ihm dort auch kein familienrechtliches Wohnrecht zu.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es die Aufkündigung für wirksam erkannte. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zwecks Auseinandersetzung des Höchstgerichtes mit der Kritik von Gimpel-Hinteregger an der restriktiven Rechtsprechung zum Kündigungsgrund des dringenden Eigenbedarfes zulässig sei. Das dem Kläger im Studentenheim zur Verfügung stehende Zimmer decke sein Grundbedürfnis nach Wohnung nicht, befinde er sich doch dort in der schwachen Rechtsposition eines befristeten Nutzungsberechtigten; auch sei er auf die Mitbenützung einer Gemeinschaftsküche und eines Gemeinschafts-WC angewiesen. Der dringende Eigenbedarf des Klägers an der aufgekündigten Wohnung sei deshalb schon aus diesen Gründen zu bejahen, ohne daß es noch weiter darauf ankäme, ob der Kläger beabsichtige, mit seiner Lebensgefährtin einen gemeinsamen Wohnsitz zu begründen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist zulässig, da höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt und eine Mitwirkung des Obersten Gerichtshofes an der Konkretisierung des unbestimmten Gesetzesbegriffes des "dringenden Eigenbedarfs" im Wege der Fallvergleichung notwendig ist (WoBl 1993/7). Sie ist aber nicht berechtigt.
Den Vorinstanzen ist dann beizupflichten, daß der Kläger die Eigentumswohnung nicht durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat. Mit dem Tod des Erblassers entstand zwischen dem Kläger, seiner Mutter und seinem Bruder als Miterben zu gleichen Teilen eine sich auf das Erbrecht beziehende Rechtsgemeinschaft gemäß den §§ 825 ff ABGB. Das noch vor Einantwortung abgeschlossene Erbteilungsübereinkommen hob diese Miterbengemeinschaft auf. Der rechtsgeschäftliche Charakter eines Erbteilungsübereinkommens ist in Lehre und Rechtsprechung unstrittig (SZ 55/101 mwN); es wird als Verpflichtungsgeschäft angesehen, das den Rechtsgrund für den Erwerb der einzelnen Nachlaßteile durch die einzelnen Miterben schafft und durch entsprechende Übertragungsgeschäfte ausgeführt werden muß. Da Gegenstand des Erbteilungsübereinkommens, in dem sämtliche Miterben ihre Rechtsbeziehungen nach ihrem Gutdünken gestalten (EvBl 1994/155), stets das gesamte Aktivvermögen des ruhenden Nachlasses ist (NZ 1992, 70), verfolgt es den Zweck, die Rechtsverhältnisse des Erblassers nach dessen Ableben zu regeln, insbesondere über dessen Vermögen zu bestimmen. Es ist damit als Rechtsgeschäft von Todes wegen zu beurteilen (vgl die Definition bei Koziol/Welser I10 102). Eine Kündigung ist damit auch ohne Verstreichen der Wartefrist des § 30 Abs 3 zweiter Satz MRG zulässig.
Gemäß § 30 Abs 2 Z 8 MRG ist es als wichtiger Grund anzusehen, der den Vermieter zur Kündigung des Wohnungsmietvertrages berechtigt, wenn der Vermieter die gemieteten Wohnräume unter anderem für sich selbst dringend benötigt, wobei zufolge lit b leg cit bei einer vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermieteten Eigentumswohnung - wie hier - die sonst vorzunehmende Interessenabwägung entfällt. Der Kündigungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 8 MRG entspricht dem des § 19 Abs 2 Z 5 MG. Unterschiedlich ist nur der jeweils vorgesehene Entfall der Interessenabwägung. Unter dringendem Eigenbedarf ist nach bisheriger Rechtsprechung eine zumindest notstandsähnliche Situation zu verstehen, die nur dann zu bejahen sei, wenn der Wohnbedarf des Vermieters oder seiner begünstigten Verwandten jedenfalls nur so unzulänglich gedeckt ist, daß eine unabweisliche Notwendigkeit vorliege, diesen Mangel so bald als möglich zu beseitigen. Die wörtliche Übernahme des Kündigungstatbestandes des § 19 Abs 2 Z 5 MG in die neue Regelung spreche für die Annahme, daß die jahrzehntelange Auslegung der alten Bestimmung - die sich an den tristen Verhältnissen der Kriegs- und Nachkriegszeit orientierte - weiter aufrecht zu erhalten sei, wäre es doch dem Gesetzgeber freigestanden, gegen diese Auslegung eines unbestimmten Gesetzesbegriffes etwas zu unternehmen, weshalb keine Anhaltspunkte für ein neues, den geänderten Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt entsprechendes Verständnis der Eigenbedarfsbestimmung vorliege. Der für das Erfordernis des dringenden Eigenbedarfs angelegte Maßstab dürfe daher trotz leichter Entspannung auf dem Wohnungsmarkt nicht gelockert werden, wenngleich recht unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden (WoBl 1994/29; WoBl 1991/17; MietSlg 41.355/19 uva). Auf die gegen diese Rechtsauffassung erhobenen erheblichen Bedenken der Lehre (Würth in Rummel, ABGB2 Rz 36 zu § 30 MRG; Call in WoBl 1993, 17; Gimpel-Hinteregger, "Notstand" und "Existenzgefährdung" - Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Kündigungsgrund des dringenden Eigenbedarfes nach § 30 Abs 2 Z 8 und Z 9 MRG, JBl 1988, 16 ff) muß im vorliegenden Fall aber nicht weiter eingegangen werden, weil auch nach der zitierten ständigen Judikatur von einem Eigenbedarf des Klägers auszugehen ist:
Nach wie vor gilt der im bürgerlichen Recht im § 354 ABGB verankerte Grundsatz der freien Verfügbarkeit über das Eigentum, der nur dort nicht zum Tragen kommt, wo entgegenstehende Bestimmungen, wie etwa die Kündigungsbeschränkungen des MRG; eine Ausnahme verfügen. Auch wenn diese Bestimmungen die Eigenbedarfskündigung auf den Fall der unbedingten Notwendigkeit einschränken, kann daraus doch nicht abgeleitet werden, daß der Vermieter zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses grundsätzlich auf eine nicht in seinem Eigentum stehende Wohnmöglichkeit verwiesen werden müsse. Vielmehr ist davon auszugehen, daß der Eigentümer einer Wohnung in erster Linie sein Eigentum zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses heranziehen wolle und dürfe (MietSlg 41/19; WoBl 1993/7 [Call]; ecolex 1994, 160). Gerade § 30 Abs 2 Z 8 lit b MRG läßt erkennen, daß auch der Gesetzgeber die Absicht einer Person, den Wohnbedarf in einer Eigentumswohnung zu befriedigen, dadurch privilegiert, daß er in solchen Fällen von einer Interessenabwägung absieht. Daraus folgt, daß der Vermieter, der über keine ausreichende Wohnmöglichkeit verfügt, im allgemeinen mit seiner Eigenbedarfskündigung nicht schon deshalb auf die Möglichkeit einer anderweitigen Wohnungsnahme verwiesen werden darf, weil eine solche Wohnmöglichkeit an sich gegeben wäre (vgl zu diesem großzügigeren Maßstab bei Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern die bei Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 Rz 47 zu § 30 MRG zitierten Entscheidung; insb WoBl 1997/9 mwN).
Zu prüfen ist also, ob der Kläger über eine "ausreichende Wohnmöglichkeit" verfügt, die einen Wohnsitzwechsel - und damit verbunden die Kündigung - nicht als unabweislich notwendig erscheinen ließe. Bei dieser Beurteilung muß jede Art der Benötigung des Bestandgegenstandes berücksichtigt werden, die sich für den Vermieter aus einem wichtigen persönlichen oder wirtschaftlichen Bedürfnis ergibt, das nur durch Benützung der gekündigten Wohnung befriedigt werden kann (WoBl 1988, 92 mwN). Derzeit bewohnt der Kläger ein ca. 12 m2 großes Zimmer und muß Küche und WC mit anderen Mitbewohnern des Studentenheimes teilen; sein Benützungsrecht ist mit November 1999 befristet. Eine derartige Wohnmöglichkeit ist zwar weder menschenunwürdig noch unmittelbar existenzgefährdend; von einer ausreichenden Befriedigung des Bedürfnisses "Wohnen" für den Kläger kann aber dennoch keine Rede sein: Die äußerst beengten Verhältnisse ermöglichen weder die Aufstellung einer Waschmaschine noch die Unterbringung von Habseligkeiten des Klägers in größerem Umfang zur Schaffung eines persönlichen Bereiches; der einer Heimordnung unterworfene Kläger kann weder nach Belieben Gäste einladen, noch eine Wohngemeinschaft mit einer anderen Person begründen; die Mitbenutzung von Küche und WC bedingt Koordination mit Dritten; eine längerfristige Lebensplanung ist angesichts der Befristung des Benützungsverhältnisses nicht möglich. Alle diese Umstände führen zu gravierenden Einschränkungen in der Lebensführung des Klägers, die durchaus als notstandsähnliche Situation gewürdigt werden können und auch durch den Vorteil nicht aufgewogen werden, daß sich das Zimmer am Studienort, die Eigentumswohnung hingegen in M***** befindet. Bei Würdigung dieser konkreten Verhältnisse und unter Anlegung des großzügigeren Maßstabes bei Eigentumswohnungen ist der zweiten Instanz deshalb darin beizupflichten, daß der Tatbestand des "dringenden Eigenbedarfs" erfüllt ist (vgl auch den ähnlich gelagerten Sachverhalt in MietSlg 47.408, wo einem Studenten der Verbleib in einem Durchgangszimmer der elterlichen Wohnung am Studienort nicht zugemutet worden ist). Entgegen der in der Revision vertretenen Meinung ist damit nicht die Wohnform des Wohnens in einem Studentenheim im allgemeinen in Frage gestellt, sondern nur ausgesprochen, daß bei Beurteilung der Befriedigungstauglichkeit für das Wohnbedürfnis des Klägers unter den hier für ihn gegebenen besonderen Umständen sein Zimmer im Studentenheim gegenüber seiner vermieteten Eigentumswohnung so weit zurückbleibt, daß dringender Eigenbedarf zu bejahen ist.
Die Vorinstanz hat daher zu Recht die Aufkündigung für wirksam erklärt und die Beklagte zur Räumung verpflichtet.
Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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