Spruch:
Das Verfahren über den Ordinationsantrag wird bis zur Erledigung des zu 4 R 276/01x des Oberlandesgerichts Innsbruck anhängig gemachten Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Rechtssache C-27/02 ) ausgesetzt.
Text
Begründung
Der Antragsteller beantragt unter Vorlage eines Klageentwurfs die Ordination eines sachlich zuständigen Gerichts (angeregt wird die Bestimmung des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien) mit folgendem, durch Vorlage eines Urkundenkonvoluts belegtem Vorbringen:
Er habe von der Gegnerin, einer Schweizer Versandhandelsgesellschaft mbH, die zum Vertrieb ihrer Waren und Dienstleistungen den Markennamen "SOFIA D*****" verwende, im Februar 2002 eine (an ihn) persönlich adressierte Zuschrift erhalten, die bei ihm, einem "verständigen Verbraucher" mit Wohnsitz in Wien, den Eindruck erweckt habe, er habe einen Geldbetrag von 5.500 EUR gewonnen, den er nur noch anfordern müsse. An der Irreführungseignung dieser Gewinnzusage bestehe kein Zweifel. Gemäß § 5j KSchG habe diese GmbH ihm den zugesagten Gewinn auszuzahlen. Dieser Anspruch sei ein solcher aus bzw im Zusammenhang mit einem Verbrauchervertrag im Sinn des Art 13 ff LGVÜ, welches im Verhältnis zur Schweiz anzuwenden sei. Dies folge aus dem - ebenfalls einen Ordinationsantrag des Klägers (Antragstellers) gegen ein deutsches Versandhandelsunternehmen betreffenden - Urteil des EuGH vom 11. 7. 2002, C-96/00 , dem ein vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde gelegen sei: da dort der Erhalt des zugesagten Geldgewinns von einer, vom Kläger als Verbraucher auch vorgenommenen Warenbestellung abhängig gewesen sei, habe der EuGH den Anspruch des Klägers auf Herausgabe des Gewinns als Klage aus Vertrag nach Art 13 Abs 1 Nr 3 des EuGVÜ qualifiziert. Diese Entscheidung sei durch Interpretation auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Das Oberlandesgericht Innsbruck habe "zu diesem Thema" ein Ersuchen um Vorabentscheidung an den EuGH gerichtet (Rechtssache C-27/02 ), "ob auch dann, wenn der Gewinn nicht von einer Bestellung und Lieferung von Waren abhängig gemacht wird, der Gewinnzusage aber ein Warenkatalog mit einem unverbindlichen Testanforderungs-Schein beiliegt, der Anspruch gemäß § 5j KSchG ein vertraglicher Anspruch nach Art 13 Nr 3 oder nach Art 5 Nr 1 oder ein solcher aus unerlaubter Handlung nach Art 5 Nr 3 (alles wohl: EuGVÜ) ist". Gemäß Art 14 Abs 1 LGVÜ könne die Klage aus bzw im Zusammenhang mit einem Verbrauchervertrag gegen den anderen Vertragspartner auch vor den Gerichten des Vertragspartners erhoben werden, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz habe. Demnach sei die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte nach dem LGVÜ hier gegeben. Da die örtliche Zuständigkeit eines österreichischen Gerichtes aber weder nach dem LGVÜ, noch nach der JN geregelt sei, werde der Ordinationsantrag gestellt. Für den Fall der Qualifikation des geltend gemachten Anspruchs als solchen aus Vertrag nach Art 5 Nr 1 LGVÜ oder aus unerlaubter Handlung nach Art 5 Nr 3 LGVÜ werde hilfsweise beantragt, die Klage an das zuständige Gericht zu überweisen.
Rechtliche Beurteilung
In dem im Spruch bezeichneten Verfahren des Oberlandesgerichts Innsbruck 4 R 276/01x ist zu der auch im vorliegenden Ordinationsverfahren bedeutsamen Frage ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH anhängig. Da dessen Entscheidungen auch für die Auslegung der Bestimmungen des LGVÜ maßgeblich sind (Czernich/Tiefenthaler, Die Übereinkommen von Lugano und Brüssel, Vor Art 1 Rz 21 ff), ist die Entscheidung des EuGH auch für die Entscheidung über den Ordinationsantrag von wesentlicher Bedeutung (vgl 3 Nd 504/01; 3 Nd 515/99).
Diese Erwägungen führen zur spruchgemäßen Entscheidung.
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