European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0040NC00004.19D.0213.000
Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei, gemäß § 31 JN das Landesgericht Wiener Neustadt, hilfsweise das Handelsgericht Wien anstelle des Landesgerichts Linz zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und den Nebenintervenienten binnen 14 Tagen die wie folgt bestimmten Kosten der Äußerungen zum Delegierungsantrag zu ersetzen:
665,46 EUR (darin 110,91 EUR Umsatzsteuer) an die beklagte Partei,
965,22 EUR (darin 160,87 EUR Umsatzsteuer) an die Erstnebenintervenientin,
370,44 EUR (darin 61,74 EUR Umsatzsteuer) an die Zweitnebenintervenientin
und 80,28 EUR (darin 13,38 EUR USt) an die Drittnebenintervenientin.
Begründung:
Der in Wien ansässige Kläger nimmt die in Linz ansässige Beklagte beim Landesgericht Linz wegen mangelhafter Anlageberatung in Anspruch. Er begehrt 265.000 EUR und die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle Schäden aufgrund von „Fremdwährungsverlusten“ aus der Abdeckung eines aus Anlass der Zeichnung eines Pensionsvorsorgemodells vergebenen Kredits, hilfsweise die Feststellung der Haftung für alle Schäden aus der Zeichnung dieses Pensionsvorsorgemodells.
Die Beklagte und die auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten bestreiten eine mangelhafte Anlageberatung und wenden mangelnde Passivlegitimation, Mitverschulden und Verjährung ein.
Beim Landesgericht Linz sind derzeit mehr als zehn Verfahren gegen die Beklagte anhängig, die dasselbe Anlageprodukt betreffen; weitere Verfahren ruhen oder sind rechtskräftig erledigt. Das vorliegende Verfahren wurde 2012 eingeleitet und hatte geruht. Nach Fortsetzung im Juni 2018 fand ein Teil der Beweisaufnahme (Urkunden) statt.
Der Kläger beantragt, die Sache dem Landesgericht Wiener Neustadt, hilfsweise dem Handelsgericht Wien, zu übertragen. Der Kläger wohne in Wien; weitere Zeugen seien im Sprengel des Oberlandesgerichts Wien ansässig, der Kanzleisitz der Parteien‑ und zweier Nebenintervenientenvertreter liege in Wien.
Die Beklagte und die auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten sprechen sich gegen die Delegierung aus. Sie verweisen auf die beim Landesgericht Linz anhängigen Parallelverfahren. Der Kläger habe im Sprengel des Oberlandesgerichts Wien ansässige Zeugen erst im Delegierungsantrag genannt, diesbezüglich sei der Beweisantrag im Hinblick auf den Beginn des Verfahrens im Jahr 2012 verspätet. Demgegenüber hätten die Beklagte und die Zweitnebenintervenientin Zeugen beantragt, die in Linz bzw im Sprengel des Oberlandesgerichts Linz wohnhaft seien.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt:
1. Eine Delegierung kommt nur in Betracht, wenn überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen. Kann die Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten aller Parteien beantwortet werden und widerspricht eine der Parteien der Delegierung, so hat die Delegierung in der Regel zu unterbleiben (RIS‑Justiz RS0046589).
2. Im vorliegenden Fall sind vier von den Streitteilen beantragte Zeugen im Sprengel des Landesgerichts Linz ansässig. Ein von beiden Streitteilen beantragter Zeuge wohnt in Mariazell, von wo die Anreise nach Linz nicht wesentlich beschwerlicher ist als nach Wiener Neustadt oder Wien. Damit kann keinesfalls gesagt werden, dass die Gründe für eine Delegierung nach Wiener Neustadt oder Wien überwiegen. Zudem hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass die Konzentration von Parallelverfahren bei einem einzigen Gericht eine Delegierung begründen könne (8 Nc 39/03g mwN). Das spricht umgekehrt gegen eine Delegierung, wenn sie – wie hier – eine solche Konzentration gerade verhindert. Der Kanzleisitz der Parteienvertreter, wie ihn die Klägerin in ihrem Antrag ins Treffen führt, ist für die Zweckmäßigkeit einer Delegierung jedenfalls ohne Bedeutung (RIS‑Justiz RS0046333 [T2, T13]). Umstände, die ein Abgehen von der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung rechtfertigen würden, liegen somit nicht vor. Der Delegierungsantrag ist daher abzuweisen (vgl auch die jüngst zu den Parallelverfahren ergangenen Entscheidungen 1 Nc 1/19s und 2 Nc 1/19y).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO. Der erfolglose Delegierungswerber hat dem Gegner und den auf dessen Seite beigetretenen Nebenintervenienten die notwendigen Kosten einer ablehnenden Äußerung zum Delegierungsantrag unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits zu ersetzen, einerseits allerdings (bezüglich der Beklagten und der Erst‑ und Zweitnebenintervenientin) nur nach TP 2 RATG (RIS‑Justiz RS0036025 [T1]), anderseits (hinsichtlich der Beklagten und der Zweit- und Drittnebenintervenientin) beschränkt mit den jeweils verzeichneten Kosten.
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