Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger und seine frühere Ehefrau, beide jugoslawische Staatsangehörige, hatten ihren ständigen Aufenthalt seit vielen Jahren in Österreich. Mit Urteil eines inländischen Bezirksgerichtes wurde der Kläger verurteilt, seiner Ehefrau einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 4.300 S zu zahlen.
Gegen den für die Zeit ab 1. 8. 1989 betriebenen laufenden Unterhaltsanspruch erhebt der Kläger Einwendungen nach § 35 EO und macht geltend, die titulierte Unterhaltsverpflichtung sei mit der Rechtskraft des Scheidungsurteiles eines jugoslawischen Gerichtes erloschen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete vor allem ein, das in Jugoslawien durchgeführte Scheidungsverfahren habe ohne ihre Beteiligung stattgefunden und sei daher in Österreich wirkungslos. Nach dem Recht der jugoslawischen Teilrepublik Serbien stehe ihr auch nach der Scheidung ein Unterhalt zu.
Das Erstgericht gab der Oppositionsklage statt.
Es nahm als erwiesen an, daß die Ehe der Streitteile mit Urteil eines jugoslawischen Gerichtes vom 28. 2. 1989 geschieden worden sei und daß dieses Scheidungsurteil seit 31. 3. 1989 rechtskräftig sei. Die Ehefrau des Klägers sei in diesem Verfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten gewesen. Die Zustellung der Klage und Ladung zur Verhandlung am 29. 9. 1988 sei ihr allerdings nicht zugestellt worden, weil sie es wegen fehlender deutscher Übersetzung abgelehnt habe, diese Schriftstücke entgegenzunehmen, sodaß das entsprechende Rechtshilfeersuchen des jugoslawischen Gerichtes unerledigt blieb. Im Scheidungsurteil des jugoslawischen Gerichtes sei der Ehefrau des Klägers kein Unterhalt zugesprochen worden.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, daß der Anerkennung des Scheidungsurteiles kein Verstoß gegen den inländischen ordre public entgegenstehe, weil die Beklagte die serbische Sprache spreche und verstehe und von sich aus nicht bereit gewesen sei, Klage und Ladung im erwähnten Scheidungsverfahren entgegenzunehmen, und sie überdies durch einen Rechtsanwalt vertreten gewesen sei. Mit Rechtskraft der Scheidung werde aber mangels eines entsprechenden Unterhaltszuspruches im Scheidungsurteil die Wirksamkeit des nur für die Dauer der aufrechten Ehe geltenden inländischen Unterhaltstitels beseitigt.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S übersteige und die Revision an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Das Berufungsgericht ging gleich dem Erstgericht von der Rechtswirksamkeit des jugoslawischen Scheidungsurteiles aus, wobei es die Weigerung der Ehefrau des Klägers, die nicht in die deutsche Sprache übersetzten Schriftstücke anläßlich der versuchten Zustellung im Rechtshilfeweg anzunehmen, als mutwillig bezeichnete und darauf verwies, daß zur Vertretung der Beklagten im Scheidungsverfahren ein Kurator bestellt worden sei.
Das nach Vorlage der Revision durch den Tod der Ehefrau des Klägers am 8. 12. 1990 unterbrochene Verfahren wurde über Antrag des Klägers mit rechtskräftigem Beschluß des Erstgerichtes vom 14. 8. 1991 gegen die durch einen Verlassenschaftskurator vertretene Verlassenschaft nach der früheren Beklagten wieder aufgenommen.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend gingen die Vorinstanzen davon aus, daß die Bestimmung des § 24 vierte DVEheG und die dort zitierte Bestimmung des § 328 dZPO weiterhin dem österreichischen Rechtsbestand angehören (Hoyer, Die Anerkennung ausländischer Ehescheidungen in Österreich, 16, mit Hinweis auf VfGH 25. 6. 1969 in ZfRV 1971, 114; Schwind, Internationales Privatrecht, 134). Da beide Ehegatten zur Zeit der strittigen ausländischen Entscheidung jugoslawische Staatsangehörige waren, hängt die Anerkennung gemäß § 24 Abs 4 vierte DVEheG nicht davon ab, daß eine Feststellung über die Anerkennung durch das Bundesministerium für Justiz im Sinne des § 24 Abs 1 vierte DVEheG getroffen ist.
Nach der somit sinngemäß anzuwendenden Bestimmung des § 328 Abs 1 dZPO (idF im Zeitpunkt des Inkrafttretens von § 24 der 4. DVEheG gemäß § 2 R-ÜG) ist die Anerkennung des Urteiles eines ausländischen Gerichtes (ua) ausgeschlossen, wenn der unterlegene Beklagte ein Inländer ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staat des Prozeßgerichtes in Person noch durch Gewährung inländischer Rechtshilfe zugestellt ist (Z 2) oder wenn die Anerkennung des Urteiles gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines österreichischen Gesetzes verstoßen würde (Z 4).
Keiner dieser beiden (hier allein in Betracht kommenden) Versagungsgründe liegt vor.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des erstgenannten Versagungsgrundes scheidet eine Anwendung im vorliegenden Fall aus, weil die frühere Beklagte keine österreichische Staatsbürgerin war (die so den besonderen Schutz vor einer Zustellung einer Klage in fremder Sprache genießen würde; § 12 Abs 2 ZustG).
Die Vorbehaltsklausel nach § 328 Abs 1 Z 4 dZPO dient hingegen nicht so sehr dem Schutz von Österreichern, sondern dem Schutz der österreichischen Rechtsordnung, und ist daher auch zugunsten einer ausländischen Partei zu beachten (VwGH 9. 7. 1959, JBl 1960, 397 mit Besprechung von Schwind). Es muß sich aber immer um einen Fall handeln, der das österreichische Rechtsempfinden in einem unerträglichen Maß belastet (ZfRV 1976, 300 mit Besprechung von Hoyer), welche Voraussetzung nicht erfüllt ist:
Im vorliegenden Fall hatte das jugoslawische Gericht das zuständige österreichische Rechtshilfegericht um die Vornahme der Zustellung ersucht. Entgegen der Regelung des Art 14 Abs 1 des österreichisch-jugoslawischen Rechtshilfevertrages, BGBl 1955/224, waren die zuzustellenden Schriftstücke aber nicht in der Sprache des ersuchten Gerichtes verfaßt oder mit einer Übersetzung in diese Sprache versehen. Für einen solchen Fall sieht Art 14 Abs 2 des genannten Rechtshilfevertrages vor, daß die Zustellung nur zu erfolgen hat, wenn der Empfänger zur Annahme bereit ist.
Die frühere Beklagte war nach dem Bericht des Rechtshilfegerichtes zu einer solchen Annahme der nicht in deutscher Sprache verfaßten Schriftstücke ohne Anschluß einer Übersetzung in die deutsche Sprache nicht bereit. Das jugoslawische Gericht bestellte daraufhin für die frühere Beklagte einen Kurator und führte den Scheidungsprozeß ausschließlich mit diesem durch.
Es steht nicht fest, wie das jugoslawische Gericht über den gescheiterten Zustellversuch unterrichtet wurde. Nach dem Inhalt des Rechtshilfeaktes wurde die frühere Beklagte entsprechend der Bestimmung des § 12 ZustG über ihr Recht belehrt, das fremdsprachige Schriftstück nicht annehmen zu müssen (Belehrung gemäß GeO-Form 44). Die frühere Beklagte erklärte hierauf ausdrücklich, daß sie die Schriftstücke wegen fehlender deutscher Übersetzung nicht übernehme. Das Rechtshilfegericht berichtete dem Bundesministerium für Justiz, daß die Zustellung "mangels Annahmebereitschaft" des Zustellungsempfängers nicht bewirkt werden konnte, und schloß ein GeO-Form 46 an. Dieses GeO-Form weist eine gewisse Unzulänglichkeit auf; denn es enthält im Text nur den Bericht, daß der Empfänger zur Übernahme der zuzustellenden Schriftstücke nicht bereit ist, ohne den Grund der Annahmeverweigerung anzugeben. Gemäß § 163 Abs 6 GeO ist das Formblatt aber gerade zur Verständigung der ausländischen ersuchenden Behörde für den Fall der Annahmeverweigerung wegen Fremdsprachigkeit vorgesehen. Ob das Bundesministerium für Justiz das jugoslawische Gericht davon unterrichtet hat, daß die Annahme nur wegen der Fremdsprachigkeit verweigert wurde, wurde nicht geprüft. Im strittigen Scheidungsurteil führt das jugoslawische Gericht dazu aus, daß die Zustellung gescheitert sei, weil die frühere Beklagte an der angegebenen österreichischen Adresse unbekannt sei, was jedenfalls nicht zutraf.
Selbst wenn man nun zugunsten der beklagten Partei davon ausgeht, daß das jugoslawische Gericht von den österreichischen Behörden unvollständig über den Grund der gescheiterten Zustellung unterrichtet wurde oder daß es den zutreffenden Bericht falsch interpretiert hat, läge trotzdem noch kein so schwerwiegender Verfahrensverstoß vor, daß das Zustandekommen des strittigen Scheidungsurteiles mit der öffentlichen Ordnung der inländischen Rechtsordnung so unvereinbar und die Anerkennung nach der angeführten Bestimmung zu versagen wäre. Hiezu reicht nicht jeder Verfahrensverstoß aus, sondern es muß sich um ein Vorgehen handeln, das die Rechte einer Partei in unerträglichem Maße einengte. Nur wenn der Grundsatz des rechtlichen Gehörs so verletzt worden wäre, daß der betroffene Teil überhaupt keine Gelegenheit hatte, seine Interessen wahrzunehmen, läge eine solche Anstößigkeit vor.
Im vorliegenden Fall war aber zur Wahrung der Interessen der früheren Beklagten immerhin ein Prozeßkurator bestellt, von dem mangels gegenteiliger Behauptungen anzunehmen ist, daß er die nötigen Bestreitungen vornahm und die erforderlichen Beweisführungen beantragte. Es steht im übrigen auch nicht fest, daß die frühere Beklagte anläßlich der versuchten Zustellung eines Schriftstückes in ihrer Muttersprache nicht zumindest erfuhr, daß es um eine Rechtssache wegen Ehescheidung gehe. Sie handelte zwar nicht mutwillig, wenn sie von einem gesetzlichen Recht Gebrauch machte, war aber andererseits in ihren Rechten doch nicht so beschnitten, daß es ihr unmöglich war, sich am Verfahren zu beteiligen. Anhaltspunkte dafür, daß das jugoslawische Gericht in Kenntnis des wahren Sachverhaltes von einer Wiederholung des gescheiterten Zustellversuches Abstand nahm und ohne rechtlichen Grund einen unbekannten Aufenthalt fingierte, um den Prozeß einfach und schnell mit einem Abwesenheitskurator beenden zu können, liegen nicht vor (vgl etwa den von Hoyer, Die Anerkennung ausländischer Eheentscheidungen in Österreich, 133, besprochenen Fall einer erschlichenen Kuratorbestellung). Bloße Ungenauigkeiten wären in diesem Zusammenhang aber nicht ausreichend.
Mit der Rechtskraft des somit auch für den inländischen Rechtsbereich anzuerkennenden Scheidungsurteiles ist aber dem inländischen Unterhaltstitel der Boden entzogen, sodaß der betriebene Unterhaltsanspruch erloschen ist. Eine Bestimmung ähnlich der Regelung nach § 69 Abs 2 EheG 1. Satz, wonach unter bestimmten Voraussetzungen ein früherer Unterhaltsanspruch trotz der Scheidung weiter aufrecht bleibt, ist in den dafür maßgebenden Vorschriften des serbischen Gesetzes über die Ehe und die Familienbeziehungen vom 5. 6. 1980 (Bergmann-Ferid, 101 f) über den Unterhalt der geschiedenen Ehegattin (Art 287 bis 292) nicht enthalten. Es kommt vielmehr nur der Zuspruch eines Unterhaltsbetrages im Scheidungsurteil oder auf Grund einer Antragstellung innerhalb von zwei Jahren nach der Scheidung in Frage (Art 288 Abs 1 und 2 des angeführten Gesetzes).
Das sich die klagende Partei am Revisionsverfahren nicht beteiligt hat, entfällt ein Kostenspruch.
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