Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes im vollen Umfange wieder hergestellt wird. Die Miteigentümer der Liegenschaft EZ 1393 KG Kobersdorf, ausgenommen die verpflichtete Partei nämlich 1) Walter M,
- 2) Mag.Charlotte M, 3) Anna N, 4) Gertrude O,
- 5) Werner P, 6) Gabriele Q, 7) Gottfried R,
- 8) Christa R, 9) Alfred S, 10) Maria T, 11) Dr. Paul U, 12) Heimo V, 13) Barbara W, 14) Marieluise
X, 15) Dr. Armin Y, alle vertreten durch Dr. Emmerich Z, Rechtsanwalt in Wien, sind schuldig, der betreibenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 8.537,85 bestimmten Kosten ihres Rekurses (darin S 514,35 Umsatzsteuer und S 2.880,-- Barauslagen) zu ersetzen.
Text
Begründung
Zur Hereinbringung von S 357.216,10 s.A. erwirkte die betreibende Partei gegen die verpflichtete Partei mit Beschluß vom 12.10.1984 die Bewilligung der Zwangsversteigerung von 71/768-Anteilen der Liegenschaft EZ 1393 KG Kobersdorf, mit denen Wohnungseigentum hinsichtlich der Wohnung top 10 verbunden ist. Am 12.3.1985 wurden diese Miteigentumsanteile der betreibenden Partei um das Meistbot von S 383.318,-- zugeschlagen.
Am 8.3.1985 war beim Exekutionsgericht eine Eingabe des Rechtsanwaltes Dr. Emmerich Z vom 6.3.1985 in seiner Eigenschaft als Vertreter der Miteigentümer der übrigen Anteile der Liegenschaft EZ 1393 eingelangt, mit der diese insgesamt einen Betrag von S 111.501,77 als "Geschäftsführungsforderung" zur Befriedigung aus dem Meistbot vor den Pfandgläubigern anmeldeten, welchen Betrag sie auf Grund der sie treffenden Solidarhaftung in den Jahren "1980 bis 1984" an Betriebskosten für die Wohnung top 10 aufgebracht hätten, sodaß ihnen wegen ihres Rückgriffsrechtes nach § 896 ABGB ein Vorzugsrecht gemäß § 216 Abs 1 Z 1 EO zustehe.
Beim Versteigerungstermin wurde auf diese Forderungsanmeldung nicht Bezug genommen. Zur Verteilungstagsatzung, welche für den 9.4.1985 anberaumt wurde, wurde Rechtsanwalt Dr. Z nicht geladen. Zum genannten Termin erschien niemand, worauf das Erstgericht ohne Durchführung einer eigentlichen Verhandlung den Meistbotsverteilungsbeschluß erließ.
In diesem Beschluß wies das Erstgericht das gesamte Meistbot der betreibenden Partei zu, der auf Grund der zu COZ 11 einverleibten Pfandrechtes der beste (und einzige) bücherliche Rang zukam. Der Antrag, der von Rechtsanwalt Dr. Z vertretenen Miteigentümer, ihnen als Verzugspost S 111.501,77 zuzuweisen, wurde mit der Begründung abgewiesen, daß Ansprüche nach § 896 ABGB nicht unter § 216 Abs 1 Z 1 EO fielen, abgesehen davon, daß auch noch gar kein entsprechender Titel vorliege.
Gegen diesen Beschluß erhoben die genannten Miteigentümer einen Rekurs mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß ihnen aus dem Meistbot vorweg der Aufwand von S 111.501,77 zugewiesen werde. Das Gericht zweiter Instanz hob den gesamten Verteilungsbeschluß mit Rechtskraftvorbehalt auf und trug dem Erstgericht eine nach Abhaltung einer Tagsatzung neu zu fällende Entscheidung auf. Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, die Rekurswerber seien Beteiligte im Sinne des § 209 Abs 2 EO, da ihre Regreßansprüche als Vorzugspost nach § 216 Abs 1 Z 1 EO in Frage kommen könnten. Daß sie nicht formell eine Verwaltung der versteigerten Eigentumswohnung durchgeführt hätten, sei nicht maßgebend, sondern es komme darauf an, daß sie auf die versteigerten Liegenschaftsanteile einen Aufwand gemacht hätten, ohne den im Versteigerungsverfahren ein geringerer Erlös zu erwarten gewesen wäre. Die Unterlassung ihrer Ladung zur Meistbotverteilungstagsatzung stelle den Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO dar. Es müsse daher neuerlich eine Verteilungstagsatzung anberaumt und dazu auch die Rekurswerber geladen werden, denen dabei Gelegenheit geboten werden müsse, die tatsächliche Zahlung der geltend gemachten Beträge entsprechend nachzuweisen. Den Rechtskraftvorbehalt begründete das Gericht zweiter Instanz mit der nicht eindeutig geklärten Rechtslage, weshalb der Entscheidung erhebliche Bedeutung zukomme. Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der Rekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag, ihn im Sinne einer Bestätigung des Beschlusses des Erstgerichtes abzuändern.
Rechtliche Beurteilung
Die betreibende Partei vertritt die Ansicht, daß der geltend gemachte Regreßanspruch gemäß § 896 ABGB keine im Rahmen einer "Verwaltung" entstandenen Auslagen im Sinne des § 216 Abs 1 Z 1 EO darstelle, zumal sie auch den "Substanzwert" der Liegenschaft nicht erhöht hätten. Ein rein schuldrechtlicher Ersatzanspruch könne nicht mit einem Aufwand auf die Liegenschaft gleichgesetzt werden. Eine Berücksichtigung auch solcher Ersatzansprüche als Vorzugspost würde eine viel zu große Unsicherheit über den Wert der Liegenschaft darstellen. Die übrigen Miteigentümer seien auch nicht Beteiligte gemäß § 209 EO, da ihnen keine dinglichen Rechte zustünden. Schließlich könnten gemäß § 216 Abs 1 Z 1 EO nur "während des Versteigerungsverfahrens" aufgelaufene Kosten Berücksichtigung finden.
Der Rechtskraftvorbehalt ist gemäß §§ 78 EO, 527 Abs 2 ZPO zulässig, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO vorliegen. Zur strittigen Frage liegt nämlich, soweit ersichtlich, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor, da die zitierte Entscheidung ZBl. 1920/54 nicht voll mit dem vorliegenden Fall vergleichbar ist. Der Rekurs ist auch nicht gemäß §§ 78 EO, 528 Abs 1 Z 2 ZPO ausgeschlossen. Zwar sind Entscheidungen der zweiten Instanz im Kostenpunkt auch im Rahmen eines Meistbotsverteilungsbeschlusses unanfechtbar, und um eine Entscheidung über den Kostenpunkt würde es sich auch handeln, wenn es um die Frage ginge, in welchem Range bestimmte Kosten zu befriedigen wären. Unter dem Begriff von Kosten sind aber immer nur Verfahrenskosten, zB Kosten des Masseverwalters und ähnliches, zu verstehen. Die von einem Dritten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens getätigten Auslagen, für die dann ein bestimmtes Vorzugsrecht beansprucht wird, stellen keine solchen Kosten dar. Dem somit zulässigen Rekurs kommt auch Berechtigung zu. Gemäß § 209 Abs 2 EO sind zur Verteilungstagsatzung nur die verpflichtete Partei, die betreibende Partei, die in § 172 Abs 1 Z 1 EO bezeichneten öffentlichen Organe und alle Personen zu laden, für welche an der versteigerten Liegenschaft oder an den auf dieser Liegenschaft haftenden Rechten dinglichen Rechte und Lasten bestehen. Ein Beteiligter der jedenfalls nur rein obligatorische Ansprüche anmeldete, mag er auch ein Vorzugsrecht beanspruchen, gehört nicht zu den zu ladenden Personen. Er muß sich vielmehr selbst darum kümmern, ob er von der Verteilungstagsatzung Kenntnis erlangt, indem er in gewissen Abständen die Gerichtstafel prüft, wo im vorliegenden Fall die Anberaumung der Verteilungstagsatzung in der Zeit vom 19.3.1985 bis 9.4.1985 angeschlagen war (Vermerk S 47 d.A.). Die strittigen Anmeldungswerber wurden daher nicht durch einen ungesetzlichen Vorgang von der Verhandlung über die Verteilung des Meistbotes ausgeschlossen, sodaß auch nicht der vom Gericht zweiter Instanz angenommene Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO vorliegt.
Gemäß § 210 EO haben die mit ihren Ansprüchen auf das Meistbot gewiesenen Personen ihre Ansprüche vor oder bei der Verteilungstagsatzung anzumelden und die zum Nachweis ihrer Ansprüche dienenden Urkunden spätestens bei der Tagsatzung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorzulegen, widrigens ihre Ansprüche bei der Verteilung nur insoweit berücksichtigt werden, als sie aus dem öffentlichen Buche oder den Exekutionsakten als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet erhellen. Daraus folgt, daß ein Forderungsberechtigter im Sinne des § 216 Abs 1 Z 1 EO seine Ansprüche nicht nur behaupten, sondern auch beweisen muß, was spätestens in der Verteilungstagsatzung zu geschehen hat. Erscheint der Berechtigte nicht zur Tagsatzung, so kann er daher nur durchdringen, wenn schon die Anmeldung alles enthält, was zum Nachweis des Bestandes der Vorzugspost erforderlich ist. Zu irgend einer amtswegigen Erhebung oder Veranlassung einer Ergänzung der schriftlichen Anmeldung besteht kein Anlaß (ZBl. 1929/51, ZBl. 1929/350, 3 Ob 17/82, Heller-Berger-Stix 1440). Das Verfahren des Erstgerichtes war daher auch nicht mangelhaft.
Gemäß § 216 Abs 1 Z 1 EO sind aus der Verteilungsmasse vorzugsweise, nämlich insbesondere vor den auf der Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellten Forderungen die in § 120 Abs 1 Z 4 EO bezeichneten Auslagen und Vorschüsse zu berichtigen, falls während des Versteigerungsverfahrens zugunsten der auf das Meistbot gewiesenen Personen eine Verwaltung stattgefunden hat. Auslagen und Vorschüsse gemäß § 120 Abs 1 Z 4 EO sind die Kosten der Verwaltung, die Kosten der Erhaltung und notwendigen Verbesserung der Liegenschaft und die zur einstweiligen Bestreitung dieser Kosten geleisteten Vorschüsse.
Es trifft zu, daß es sich dabei nicht gerade um eine Verwaltung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens handeln muß, sondern auch wer im Zuge einer privatrechtlichen Verwaltung oder auch nur einer Quasiverwaltung, zB im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag, der Verwendung einer Sache zum Nutzen eines anderen udgl., tätig wird, kann Ansprüche gemäß § 216 Abs 1 Z 1 EO erheben (Lehmann, Zwangsversteigerung 353, 354, Heller-Berger-Stix, 1467, 1468, ZBl. 1920/54).
Voraussetzung des Vorzugsrechtes nach § 216 Abs 1 Z 1 EO ist aber, daß es sich um Auslagen handelt, die während des Versteigerungsverfahrens getätigt wurden und der Erhaltung oder Verbesserung der Liegenschaft dienten. Beide Bedingungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Da nur ein Aufwand von "1980 bis 1984" geltend gemacht wird, steht nicht fest, ob überhaupt ein Teil des angemeldeten Betrages in die Zeit der Anhängigkeit des Versteigerungsverfahrens (Ex-Bewilligung 12.10.1984) fiel. Mangels näherer Detaillierung der Anmeldung, die im Sinne der obigen Ausführungen zum Nachteile der Anspruchswerber gereicht, kann daher auch nicht etwa ein Teilbetrag als in die Zeit des Versteigerungsverfahrens fallend, angesehen werden.
Man weiß aber auch nicht, ob es sich um Auslagen handelte, die der Liegenschaft zum Vorteil gereichten, also deren Wert beeinflußten. Kosten der Erhaltung und der Verbesserung in diesem Sinn sind nämlich nur Auslagen, die entweder dem Schutz der Liegenschaft gegen Entwertung oder zu einer Erhöhung des Wertes dienen und damit jeweils allen Meistbotsinteressenten zugute kommen (Lehmann, aaO 355). Nur dann wären auch die im Rekurs der betreibenden Partei mit Recht angestellten Befürchtungen unbegründet, der Pfandgläubiger müsse immer um seine Sicherheit bangen, selbst wenn ihm der beste bücherliche Rang zur Verfügung steht.
Der angefochtene Beschluß war daher dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Wenn auch im eigentlichen Meistbotsverteilungsverfahren kein gegenseitiger Kostenersatz stattfindet (Jud. 201), so kann doch auch im Meistbotsverteilungsverfahren ein von einer Partei ausgelöster Zwischenstreit entstehen, in dem gemäß §§ 78 EO, 50, 41 ZPO der unterliegende Teil dem obsiegenden Teil die in diesem Zwischenstreit entstehenden Kosten zu ersetzen hat. Dies trifft hier auf die Miteigentümer der Liegenschaft zu, welche zu Unrecht ein Vorzugsrecht nach § 216 Abs 1 Z 1 EO in Anspruch nahmen. Bemessungsgrundlage ist jedoch nicht das gesamte Meistbot, sondern nur der von ihnen in Anspruch genommene Teilbetrag von S 111.501,77.
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