Normen
EO §54 (1) Z3
EO §55 (3)
Lohnpfändungsgesetz §6 (1)
EO §54 (1) Z3
EO §55 (3)
Lohnpfändungsgesetz §6 (1)
Spruch:
Der betreibende Gläubiger ist nicht gehalten, den dem Verpflichteten nach § 6 (f) LohnpfG. zu belassenden Betrag anzuführen oder Tatsachen zur Ermittlung dieses Betrages vorzubringen.
Entscheidung vom 16. August 1967, 3 Ob 88/67.
I. Instanz: Bezirksgericht Klosterneuburg; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die betreibende Gläubigerin beantragt zur Hereinbringung ihrer Forderung an für das letzte Jahr rückständigem und an laufendem Unterhalt u. a. Pfändung des Arbeitslohnes, den der Verpflichtete bei der Fa. H. bezieht. Dem Exekutionsantrag wurde eine dem § 5 LohnpfG, entsprechende Belehrung beigeklebt und begehrt, dem Verpflichteten die Hälfte der dort als unpfändbar angeführten Beträge zu belassen.
Das Erstgericht gab dem Exekutionsantrag vollinhaltlich statt.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß die Pfändung unter den Beschränkungen des § 5 LohnpfG. bewilligt wurde. Es begrundete seinen Ausspruch damit, daß der Exekutionsantrag weder den nach § 6 LohnpfG. festzusetzenden Freibetrag bezeichnet noch irgendwelche Angaben als Entscheidungsgrundlage enthält. Der Antrag, die Hälfte der als unpfändbar bezeichneten Beträge zu belassen, widerspreche dem Gesetz.
Der Oberste Gerichtshof entschied: Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben; der zweitinstanzliche Beschluß wird dahin abgeändert, daß dem Verpflichteten von seinem Arbeitseinkommen monatlich nur ein Betrag von 900 S freizubleiben hat. Im übrigen bleibt der angefochtene Beschluß unberührt.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Richtig ist, daß gemäß § 6 LohnpfG., wenn überhaupt, dem Verpflichteten ein Betrag, den er unbedingt für sich oder seine Angehörigen benötigt, zu belassen ist, dieser Betrag nicht im Verhältnis zum Einkommen, sondern durch Anführung einer bestimmten Zahl festgesetzt werden muß. Die vom Rekursgericht im Anschluß an die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien EvBl. 1949 Nr. 698 sowie Brandtner in ÖJZ. 1958 S. 346 und Schneider in ÖJZ. 1960 S. 116 ff. vertretene Meinung, mangels Anführung eines Freibetrages sei der pfändungsfreie Betrag nach § 5 LohnpfG. zu bestimmen, entbehrt nicht nur jeder Begründung, sondern steht auch mit dem Wortlaut des ersten Satzes des § 6 (1) LohnpfG. im Widerspruch. Danach ist das Arbeitseinkommen zugunsten der angeführten Unterhaltsbeträge ohne die im § 5 angeführten Einschränkungen pfändbar. Es geht daher nicht an, diese Beschränkung trotzdem vorzunehmen, lediglich deshalb, weil dem Exekutionsantrag eine im Gesetz gar nicht vorgeschriebene Angabe fehlt. Beantragt der betreibende Gläubiger die Exekution in weiterem Umfang als es zulässig wäre, so ist sein Mehrbegehren abzuweisen. Es geht nicht an, aus diesem Grund eine vom Gesetz ausgeschlossene Beschränkung vorzunehmen. Ebensowenig läßt sich für die Ansicht des Rekursgerichtes etwas aus § 54 (1) Z. 3 EO. gewinnen. Danach hat der Exekutionsantrag "endlich" alle Angaben zu enthalten, die für die im Interesse der Exekutionsführung zu erlassenden Verfügungen notwendig sind. Die Belassung eines Freibetrages ist keine solche Verfügung, denn sie erfolgt nicht im Interesse des betreibenden Gläubigers, also der Exekutionsführung. Vielmehr ist sie eine zugunsten des Verpflichteten vorzunehmende soziale Schutzmaßnahme. Es ist daher Sache des Gerichtes, den Freibetrag festzusetzen, welcher der Aktenlage entspricht; dies hat, solange hinsichtlich allfälliger Versorgungsverbindlichkeiten des Schuldners nichts bekannt ist, nur mit Rücksicht auf die Person des Verpflichteten selbst zu geschehen, vorbehaltlich eines von diesem zu stellenden Einschränkungsantrages, mit dem er Neuerungen vorbringen könnte. Der betreibende Gläubiger kann sich hiezu äußern, er braucht aber weder Tatsachen- noch Beweismaterial dafür beizubringen. Das muß er nur soweit tun, als es zur Fortsetzung der Exekution notwendig ist. So wenig bei der Fahrnisexekution vom betreibenden Gläubiger verlangt werden kann, vor Vollzug anzugeben, welche Stücke der Verpflichtete benötigt und welche pfändbar sind, so wenig kann er hier verhalten werden, darzulegen, wieviel dem Verpflichteten von seinem Lohn belassen werden soll.
Diese Auffassung steht auch mit dem deutschen Schrifttum im Einklang. Stein - Jonas - Schönke - Pohle II (Anm. I F 1 zu § 850d DZPO., entsprechend § 6 LohnpfG.) verlangen vom Gläubiger nur, daß er die Eigenschaft seiner Forderung als Unterhalt nachweist, nicht aber, daß er Erklärungen über die Verhältnisse des Schuldners abgibt. Wieczorek IV/1 Anm. D II a 1 und D II b zu § 850d DZPO. führt aus, daß den Unterhaltsgläubiger hinsichtlich des Freibetrages weder eine Darlegungs- noch eine Beweislast trifft.
Im vorliegenden Fall kommt dazu, daß die Exekutionsbewilligung auf Grund des Titelaktes zu ergehen hatte, aus dem sich die Verhältnisse des Verpflichteten (§ 55 (3) EO.) leicht feststellen lassen. Es bedarf daher umsoweniger einer diesbezüglichen Erklärung der betreibenden Gläubigerin.
Mit Rücksicht darauf, daß der Verpflichtete, laut dem Titelakt außer für die betreibende Gläubigerin für niemand anderen zu sorgen hat, erschien der angeführte Freibetrag vorläufig als angemessen, weshalb der angefochtene Beschluß im obigen Sinn abzuändern war.
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