OGH 3Ob8/84

OGH3Ob8/8428.3.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Hule, Dr. Warta und Dr. Klinger als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Firma S***** Ges.m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Karl Polak, Rechtsanwalt in Linz, wider die verpflichtete Partei Georg S*****, und die „Beteiligte“ Margarethe S*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Pils, Rechsanwalt in Linz, wegen Exekution gemäß § 9 Abs 2 WEG 1975 zur Hereinbringung von 3.579,20 S sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei und der Beteiligten Margarethe S***** gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 2. Februar 1983, GZ 13 R 48/83‑5, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom 13. Dezember 1982, GZ 13 E 13024/82‑2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Gerichts zweiter Instanz wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts in seinem Punkte 2 (Abweisung des Antrags der betreibenden Partei, ihr aufgrund des Urteils des Bezirksgerichts Linz vom 27. 7. 1981, 6 C 633/80, zur Hereinbringung von 3.579,20 S sA die Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und des damit verbundenen gemeinsamen Wohnungseigentums hinsichtlich der 528/38.127‑Anteile an der Liegenschaft EZ 2863 KG ***** zu bewilligen) wiederhergestellt wird.

Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei und der Beteiligten Margarethe S***** binnen 14 Tagen die mit 1.418 S bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin 105,04 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der betreibenden Partei steht ein Exekutionstitel gegen den Verpflichteten zu. Zur Hereinbringung des vom Verpflichteten geschuldeten Geldbetrags beantragte die betreibende Partei gemäß § 9 Abs 2 WEG 1975 die Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums des Verpflichteten und der Beteiligten Margarethe S***** und die Zwangsversteigerung der den Ehegatten zusammen gehörenden 528/38.127‑Anteile an der Liegenschaft EZ 2863 KG ***** und des damit verbundenen gemeinsamen Wohnungseigentums.

Im B‑ und C‑Blatt ist jeweils auf den je 264/38.127‑Anteilen des Verpflichteten und seiner Ehegattin ein wechselseitiges Belastungs‑ und Veräußerungsverbot einverleibt.

Das Erstgericht bewilligte nur die Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums (Punkt 1), wies aber den Antrag auf Zwangsversteigerung ab (Punkt 2).

Ein von der verpflichteten Partei gegen den stattgebenden Teil der Entscheidung des Erstgerichts erhobener Rekurs wurde als verspätet zurückgewiesen. Der Zurückweisungsbeschluss erwuchs in Rechtskraft.

Dem von der betreibenden Partei gegen den abweisenden Teil der Entscheidung des Erstgerichts eingebrachten Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz mit Beschluss vom 2. 2. 1983 Folge und änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass auch die Zwangsversteigerung bewilligt wurde.

Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, dass die Einverleibung des Belastungs‑ und Veräußerungsverbots gemäß § 9 Abs 1 WEG unzulässig und daher trotz der Eintragung im Grundbuch unbeachtlich sei. Nach dieser Bestimmung dürften nämlich die beiden halben Mindestanteile nicht verschieden belastet werden.

Gegen die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz erheben der Verpflichtete und die Beteiligte Margarethe S***** einen Revisionsrekurs mit dem Antrag, sie im Sinne einer Abweisung des Exekutionsantrags abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Dem Revisionsrekurs kommt Berechtigung zu.

Entgegen der Beurteilung durch das Gericht zweiter Instanz ist der erkennende Senat der Auffassung, dass die Eintragung eines wechselseitigen Belastungs‑ und Veräußerungsverbots auch im Falle eines Ehegatten‑Wohnungseigentums möglich ist.

Zwar verbietet § 9 Abs 1 WEG eine verschiedene Belastung der beiden (halben) Anteile der Ehegatten am Mindestanteil (§ 3 Abs 1 WEG), wobei nach dem Sinn der Bestimmung, wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausführt, verlangt werden muss, dass die Belastungen nicht nur gleichartig, sondern ident sind (ebenso Faistenberger‑Barta‑Call, Anm 28 zu § 9 WEG). Durch die Eintragung eines wechselseitigen Belastungs‑ und Veräußerungsverbots wird aber gegen diese Regel nicht verstoßen. Im Ergebnis tritt dadurch nämlich eine völlig idente Verfügungsbeschränkung ein. Bezüglich beider Anteile am Mindestanteil können nämlich nur mehr beide Ehegatten gemeinsam verfügen. Dass sich dies beim Anteil des Ehemanns aus dem Eigenrecht des Ehemanns und dem sich aus dem Verbot ergebenden Recht der begünstigten Ehefrau zusammensetzt, während sich dies beim Anteil der Ehefrau aus deren Eigenrecht und dem sich aus dem Verbot ergebenden Recht des begünstigten Ehemanns zusammensetzt, kann nicht als verschiedene Belastung oder Beschränkung aufgefasst werden. Die in Entscheidungen verschiedener Gerichte zweiter Instanz schon vertretene gegenteilige Ansicht (MietSlg 28.484, 32.481) wird daher vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligt. Die dort vertretene Auslegung ist nämlich zu formalistisch und wird dem Wesen des Ehegatten‑Wohnungseigentums in keiner Weise gerecht. Ehegatten, die ZB eine Gütergemeinschaft, in die eine Eigentumswohnung einbezogen ist, vereinbart haben, sollen hinsichtlich ihrer wechselseitigen Rechte durch Eintragung eines Belastungs‑ und Veräußerungsverbots gemäß § 364c ABGB Wirkung gegen Dritte erreichen können (vgl dazu Koziol‑Welser II6, 173 oder Entscheidungen wie SZ 46/56). Es ist auch darauf hinzuweisen, dass nach der Intention des Gesetzgebers (EB Allgemeiner Teil I 2d, abgedruckt bei Meinhart, Das Wohnungseigentumsgesetz 1976, S 82), die Anteile durch das gemeinsame Ehegatten‑Wohnungseigentum in der Weise verbunden sein sollten, die etwa dem auch nach der früheren Rechtslage zulässigen vertragsmäßigen oder letztwilligen Veräußerungs‑ und Belastungsverbot entspricht. Es kann daher nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, dass er jetzt gerade die sich aus einem solchen Verbot ergebenden Rechte ausgeschlossen wissen wollte.

Ist aber von der Zulässigkeit und Wirksamkeit des eingetragenen Belastungs‑ und Veräußerungsverbots auszugehen, dann muss naturgemäß der Antrag auf Zwangsversteigerung abgewiesen werden, weil die betreibende Partei nicht schon im Exekutionsantrag nachgewiesen hat, dass die Verbotsberechtigte und Beteiligte Margarethe S***** der Exekutionsführung zustimmt (vgl Heller‑Berger‑Stix 905 und 1090, Entscheidungen wie SZ 49/151 oder NZ 1980, 156). Die betreibende Partei muss vielmehr auf sonstiges Vermögen des Verpflichteten greifen, oder aber einen Exekutionstitel auch gegen die Ehefrau des Verpflichteten erwirken (vgl EvBl 1971/52), falls diese etwa gemäß § 9 Abs 3 WEG oder aus anderen Gründen für die Verbindlichkeit des Verpflichteten mithaften sollte.

Die Entscheidung der zweiten Instanz war daher dahin abzuändern, dass der Antrag auf Zwangsversteigerung im Sinne einer diesbezüglichen Wiederherstellung des Beschlusses erster Instanz abgewiesen wird.

Da hinsichtlich des Punkts 1 der Entscheidung des Erstgerichts infolge rechtskräftiger Zurückweisung des Rekurses des Verpflichteten Teilrechtskraft eingetreten ist, ist die vom Erstgericht bewilligte Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums nicht mehr Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens. Es ist daher nicht zu untersuchen, inwiefern eine Exekutionsführung, die sich nur auf die Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums erstreckt, gemäß § 9 Abs 2 WEG unzulässig ist (vgl dazu Berger in ÖJZ 1982, 431f) und welche Konsequenzen sich aus der rechtskräftig bewilligten Pfändung ergeben.

Gemäß § 78 EO, §§ 40, 41, 50 ZPO hat die betreibende Partei die Kosten ihres im Ergebnis erfolglosen Rekurses an die zweite Instanz selbst zu tragen und muss den beiden Revisionsrekurswerbern die Kosten ihres Revisionsrekurses ersetzen.

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