Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Parteien wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts in Ansehung einer Zuwiderhandlung am 12. November 2005 sowie der Gesamthöhe der verhängten Geldstrafe (5.000 EUR) wiederhergestellt wird.
Die Revisionsrekurskosten der betreibenden Parteien von 1.964,95 EUR (darin 327,49 EUR USt) werden als weitere Exekutionskosten bestimmt. Der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit der vollstreckbaren einstweiligen Verfügung vom 7. November 2005, GZ 17 Cg 31/05y-13, trug das Handelsgericht Wien dem Verpflichteten (und zwei weiteren beklagten Parteien, deren Geschäftsführer der Verpflichtete war) zur Sicherung des Anspruchs der betreibenden Parteien auf Unterlassung von Wettbewerbsverstößen und Kennzeichenverletzungen es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen auf,
1) gegenüber der erstbetreibenden Partei das Zeichen M*****, in welcher Form auch immer und/oder verwechselbar ähnliche Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu verwenden, für welche die (näher bezeichneten) Marken der betreibenden Parteien eingetragen sind, und/oder für Waren oder Dienstleistungen, die unter den Unternehmensgegenstand der gefährdeten Parteien, nämlich Überlassung und/oder Bereitstellung von Arbeitskräften, Leiharbeit, Personalleasing, Personalvermittlung, Zeitarbeitsvermittlung oder ähnlichen Unternehmensgegenstände in jedweder Betriebsform fallen, oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen, oder bei derartigen Handlungen mitzuwirken;
2) gegenüber der zweitbetreibenden Partei das Zeichen M*****, in welcher Form auch immer, und/oder verwechselbar ähnliche Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu verwenden, für welche die (näher bezeichneten) Marken der betreibenden Parteien eingetragen sind, und/oder für Waren oder Dienstleistungen, die unter den Unternehmensgegenstand der klagenden Partei, nämlich Überlassung und/oder Bereitstellung von Arbeitskräften, Leiharbeit, Personalleasing, Personalvermittlung, Zeitarbeitsvermittlung oder ähnliche Unternehmensgegenstände in jedweder Betriebsform fallen, oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen, oder bei derartigen Handlungen mitzuwirken.
Auf Grund dieses Titels bewilligte das Erstgericht
1) den betreibenden Parteien wider den Verpflichteten die Exekution gemäß § 355 EO zur Durchsetzung der genannten Unterlassungsverpflichtung;
2) verhängte über den Verpflichteten eine Geldstrafe von 5.000 EUR wegen folgender im Exekutionsantrag behaupteter Zuwiderhandlungen des Verpflichteten
a) als Geschäftsführer der P***** GmbH:
1.) Zumindest vom 22. Mai 2006 bis einschließlich 13. Juni 2006 waren an jedem Tag in der (näher bezeichneten) Filiale des Unternehmens mehrere Plakate aufgehängt, die das Zeichen M***** trugen;
2.) zumindest im Zeitraum vom 20. Mai bis 7. Juni 2006 waren an der (näher bezeichneten) Filiale jeden Tag sechs Fensterplakate am straßenseitigen Schaufenster der Filiale angebracht, welche das Zeichen M***** trugen. Die Plakate bewarben Stellenanzeigen und waren so gestaltet, dass sie über dem Namen „P*****" das Zeichen „M*****" in der Form „vormals M*****" trugen;
3.) auf der (näher bezeichneten) Homepage der Stellenvermittlung des Unternehmens schien zumindest vom 22. Mai bis 5. Juli 2006 ein Hinweis des Unternehmens auf seine Namensänderung von M***** auf P***** auf;
4.) Auf ihrer näher bezeichneten Homepage trat das Unternehmen durchgehend bis zumindest 5. Juli 2006 geschäftlich mit Pressemitteilungen und Berichten unter der Marke „M*****". Das Unternehmen wies auf dieser Homepage mehrfach und ausdrücklich auf seinen Namensumbenennung von M***** auf P***** hin;
b) als Geschäftsführer der P***** GmbH:
1.) In der Signatur eines E-Mails vom 4. April 2006 an einen Kunden gab das Unternehmen an, dass die bisherige „P***** GmbH" ab sofort unter dem neuen Namen „P***** GmbH" firmiert;
2.) das Unternehmen schaltete (zumindest) am 12. November 2005 und am 3. Dezember 2005 in der „Kleinen Zeitung" Inserate unter der Bezeichnung M*****. Weiters schaltete das Unternehmen auf der (näher bezeichneten) Jobsuchseite zumindest am 5. Dezember 2005, 18. April, 26. April, 9. Mai und 10. Mai 2006 Stelleninserate. Das Inserat am 5. Dezember 2005 war derart gestaltet, dass die Gesellschaft unter dem Namen M***** auftrat und das Zeichen M***** am Kopf der Stellenanzeige trug. Die übrigen Inserate waren so gestaltet, dass sie am Kopf des Inserats das Zeichen M***** in der Form „P***** vormals M*****" trugen.
Das Rekursgericht bestätigte diese Exekutionsbewilligung großteils, änderte sie über Rekurs des Verpflichteten aber insoweit ab, dass es das Mehrbegehren, die Geldstrafe auch wegen einer Zuwiderhandlung am 12. November 2005 durch Inserate in der „Kleinen Zeitung" zu verhängen, abwies und die Geldstrafe von 5.000 auf 4.500 EUR herabsetzte. Darüber hinaus schob es die Exekution bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rekurses gegen die Exekutionsbewilligung gemäß § 42 Abs 1 Z 7 EO auf (in Abänderung der diesbezüglichen erstgerichtlichen Abweisung). Darüber hinaus bestätigte das Rekursgericht die Abweisung des Antrags des Verpflichteten, den betreibenden Parteien im Exekutionsverfahren eine aktorische Kaution aufzuerlegen. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands jeweils 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei; in Ansehung der Abweisung des Kautionsantrags sei der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.
Das Rekursgericht verneinte das Vorliegen eines erstgerichtlichen Verfahrensmangels, der darin liegen sollte, dass es die Vorlage bloß einer Kopie des Exekutionstitels geduldet und die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens zur Vorlage des Originals unterlassen habe. Entgegen der Ansicht des Verpflichteten hätten die betreibenden Parteien im Exekutionsantrag die einzelnen Tathandlungen hinreichend konkret beschrieben. Soweit bestimmte Zeiträume mit einem Anfangs- und Enddatum genannt werden, könne kein Zweifel bestehen, dass damit ein kontinuierliches tägliches Zuwiderhandeln in diesen Zeiträumen behauptet werde. Auch das Vorbringen „durchgehend bis zumindest 5. Juli 2006" sei soweit allgemein verständlich, dass damit ein tägliches Zuwiderhandeln ab Vollstreckbarkeit des Titels bis zum 5. Juli 2006 behauptet werde. Es sei auch ausreichend, wenn ein Verstoß in Form eines Inserats an einem bestimmten Tag in einer bestimmten Zeitung behauptet werde. Bei Verstößen im weltweit abrufbaren Internet genüge die Angabe eines bestimmten Tages oder Zeitraums, an dem eine Seite mit einem bestimmten Inhalt verbreitet worden sei. Lediglich das Zuwiderhandeln auch am 12. November 2005 durch Aufgabe eines Inserats müsse ausgeschieden werden, weil das Datum der Vollstreckbarkeitsbestätigung (25. November 2005) nach dem behaupteten Verstoßzeitpunkt liege. Dass die Vollstreckbarkeit des Titels durch Zustellung an den Verpflichteten schon an einem früheren Tag eingetreten wäre, hätten die betreibenden Parteien weder behauptet noch bescheinigt. Der Wegfall des Verstoßes am 12. November 2005 führe zur Verhängung einer etwas geringeren Geldstrafe. Auf Grund der mit dem Rekurs vorgelegten Beilagen sei bescheinigt, dass tatsächlich Maßnahmen zur Unterbindung der Verwendung des Worts „M*****" zur Kennzeichnung der vom Verpflichteten geführte Gesellschaften unternommen worden seien. Dessen ungeachtet habe der Verpflichtete laut Behauptungen der betreibenden Parteien im Exekutionsantrag auch weiterhin gegen den Titel verstoßen. Der Exekutionstitel stamme vom 7. November 2005. Dem Verpflichteten sei somit hinreichend Zeit für eine lückenlose Befolgung des Unterlassungsgebots geblieben. Mögen die inkriminierten Verstöße im Hinblick auf die vom Verpflichteten nun bescheinigten Maßnahmen einzeln auch nicht als besonders gravierend zu werten sein, rechtfertige ihre Summe doch die vom Erstgericht im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens verhängte Geldstrafe. Eine Strafe in der verhängten (reduzierten) Höhe von 4.500 EUR sei zweifellos notwendig, um den Zweck des Beugemittels, nämlich die Befolgung des Exekutionstitels zu erreichen.
Die Kautionspflicht nach § 57 ZPO erstrecke sich nur auf den streitigen Zivilprozess. Obwohl die Bestimmung des § 57 ZPO vom Verweis des § 78 EO erfasst sei, sei jene Bestimmung im Exekutionsverfahren nicht anwendbar. Nach dem Wortlaut des § 57 ZPO sei eine Sicherheit nur für Klagen zu leisten. Es bestehe keine Verpflichtung zur Sicherheitsleistung von ausländischen „Klägern" in jenem Zivilverfahren, die nicht durch Klage eingeleitet werden, etwa Provisorialverfahren, Beweissicherungsverfahren, Vollstreckbarerklärungsverfahren etc. Im Fall einer nicht aussichtsreichen Anspruchsbescheinigung bestehe im Provisorialverfahren die Möglichkeit einer Kaution gemäß § 390 Abs 1 EO. Eine zusätzliche Sicherheit im Exekutionsverfahren analog einer aktorischen Kaution wäre überflüssig.
Die betreibenden Parteien streben mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs die Wiederherstellung der erstgerichtlichen (vollständigen) Exekutionsbewilligung an.
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
Der Verpflichtete wendet sich gegen die vom Rekursgericht verhängte Geldstrafe von 4.500 EUR, die Bestätigung der Abweisung des Kautionsantrags sowie die rekursgerichtliche Entscheidung über die vom Verpflichteten zu tragenden Rekurskosten.
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Verpflichteten ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
a) Zum Revisionsrekurs der betreibenden Parteien:
Voraussetzung der Zwangsvollstreckung ist die materielle Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels. Ob der Exekutionstitel materiell vollstreckbar ist, also die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 und 2 EO, der § 1 EO ergänzt, erfüllt und damit Grundlage einer Exekutionsbewilligung sein kann, ist vom Exekutionsgericht vor Bewilligung des Exekutionsantrags zu prüfen (8 Ob 90/04z mwN; RIS-Justiz RS0000494). Der Inhalt der Vollstreckbarkeitsbestätigung betrifft nur die formelle Vollstreckbarkeit; das Vorhandensein der weiteren Voraussetzungen nach § 7 Abs 1 und 2 EO wird nicht festgestellt (8 Ob 90/04z mwN). Die Vollstreckbarkeit einer einstweiligen Verfügung tritt frühestens ein, wenn sie gegenüber dem Verpflichteten wirksam wurde, weil erst ab diesem Zeitpunkt die darin festgelegte Verpflichtung beginnt. Besteht der Exekutionstitel in einem Beschluss, von dem den Parteien eine schriftliche Ausfertigung zuzustellen ist, so beginnen seine Wirksamkeit und die Leistungsfrist
(hier: sofort) mit der Zustellung der Ausfertigung (3 Ob 22/87 = SZ
60/131 = MR 1988, 26 [Rechberger]).
Die betreibenden Parteien verweisen in ihrem Rechtsmittel zutreffend darauf, dass das Datum der Vollstreckbarkeitsbestätigung nicht mit dem Eintritt der materiellen Vollstreckbarkeit der hier den Exekutionstitel bildenden einstweiligen Verfügung (deren Zustellung an den Verpflichteten) gleichzusetzen ist. Die betreibenden Parteien mussten dieses Datum in ihrem Antrag auch nicht ausdrücklich nennen, es genügte vielmehr, dass sie das Zuwiderhandeln des Verpflichteten nach Erlassung der einstweiligen Verfügung (zu verstehen im Sinn:
nach deren Wirksamwerden gegenüber dem Verpflichteten = Zustellung an ihn) behaupteten. Einer weiteren Konkretisierung oder gar Vorlage von Bescheinigungsmitteln bedurfte es nicht.
Für die Bewilligung einer Exekution nach § 355 EO genügt die Behauptung, die verpflichtete Partei habe dem im Exekutionstitel erteilten Auftrag oder Verbot zuwidergehandelt; dem Verpflichteten bleibt es vorbehalten, das Nichtvorhandensein der Voraussetzungen für den Bewilligungsbeschluss mit Klage nach § 36 Z 1 EO geltend zu machen (stRsp; RIS-Justiz RS0000762, RS0000709).
Die teilweise Abweisung des „Exekutionsmehrbegehrens" (Zuwiderhandeln vom 12. November 2005) erfolgte daher zu Unrecht; die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung ist daher (zur Gänze) wiederherzustellen (einschließlich Kostenbestimmung). Die Entscheidung über die Exekutionskosten dritter Instanz beruht auf § 74 Abs 1 EO.
b) Zum Revisionsrekurs des Verpflichteten:
Die Bestimmung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO gilt - von den Fällen der §§ 84 Abs 4 und 402 Abs 1 EO abgesehen - auch im Verfahren nach der EO (stRsp; RIS-Justiz RS0012387, RS0002321). Dieser absolute Rechtsmittelausschluss bei Konformatsentscheidungen verhindert jede Anfechtung des zweitinstanzlichen Beschlusses (auch bei Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage; auch über den Umweg eines außerordentlichen Revisionsrekurses; RIS-Justiz RS0044253 [T2 und 4]).
Der Revisionsrekurs des Verpflichteten ist daher - soweit er sich gegen die Bestätigung der Abweisung seines Antrags auf Erlag einer aktorischen Kaution richtet - absolut unzulässig. Zwischen dem Antrag auf Erlag einer aktorischen Kaution und dem Antrag auf Aufschiebung der Exekution, über den das Rekursgericht in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung entschieden hat, besteht auch kein so enger innerer Zusammenhang, dass diese beiden Anträge kein getrenntes rechtliches Schicksal haben könnten. In Ansehung der aktorischen Kaution liegt daher eine unbekämpfbare Konformatsentscheidung vor. Gleichfalls absolut unzulässig ist der Revisionsrekurs des Verpflichteten, soweit er sich gegen die Kostenentscheidung des Rekursgerichts richtet (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO iVm § 78 EO). Zu den Revisionsrekursausführungen des Verpflichteten, welche sich gegen die vom Rekursgericht (in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung) verhängten Geldstrafe richtet, ist festzuhalten, dass sie keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermögen.
Ob die von den betreibenden Parteien in ihrem Exekutionsantrag aufgestellten Behauptungen über das Zuwiderhandeln des Verpflichteten ausreichend konkret und schlüssig sind, richtet sich regelmäßig nach den Umständen des Einzelfalls und wirft von - hier nicht vorliegenden - vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifenden Fehlbeurteilungen abgesehen - keine erheblichen Rechtsfragen auf (RIS-Justiz RS0004745). Soweit der Verpflichtete versucht, die ihm von den betreibenden Parteien zur Last gelegten Verstöße gegen das Unterlassungsgebot zu bestreiten, ist er auf die Klage nach § 36 Z 1 EO zu verweisen (stRsp; zuletzt 3 Ob 30/05s; vgl RIS-Justiz RS0002371).
Die erneute Geltendmachung erstgerichtlicher Verfahrensmängel, deren Vorliegen vom Rekursgericht verneint wurde, ist in dritter Instanz unzulässig (stRsp; RIS-Justiz RS0043919).
Die Höhe der zu verhängenden Geldstrafe hängt immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, was regelmäßig dem Vorliegen erheblicher Rechtsfragen iSd § 528 Abs 2 ZPO entgegensteht (RIS-Justiz RS0012388). Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt nicht vor.
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