European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0030OB00079.24Z.0523.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Kläger schlossen im Oktober 2005 mit der Beklagten einen Kreditvertrag über einen endfälligen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken im Gegenwert von 200.000 EUR. Im Jahr 2008 wurde dieser Kredit zunächst in Euro konvertiert, wobei die Kläger einen Kursgewinn erzielten. Da der Erstkläger eine unbefristete Arbeitsstelle in der Schweiz antrat, hatte er die Idee, den Kredit wieder in Schweizer Franken zu konvertieren, um den Zinsvorteil zu nützen. Die Beklagte stimmte diesem Währungswechsel zu und konvertierte auf Basis der Nachtragsvereinbarung vom 8. 9. 2008 den Betrag von 191.227,04 EUR zu dem am Konvertierungsstichtag 9. 9. 2008 gültigen Ankaufskurs unter Verrechnung einer Bearbeitungsprovision und von Spesen in 308.529,71 CHF. Der Umrechnungskurs wurde durch bankinternes Devisenfixing der Beklagten festgelegt. Dabei ermittelte und veröffentlichte sie täglich eigene Devisenhandelskurse, auf deren Basis sie unter Verrechnung bekannt gegebener Spannen als Zuschlag beim Devisenankaufskurs (Geldkurs) und als Abschlag beim Devisenverkaufskurs (Briefkurs) sowie von Entgelten mit Kunden handelte. Der Kredit war in 90 vierteljährlichen Kapitalraten zurückzuzahlen. Im Jahr 2011 beendete der Erstkläger seine Tätigkeit in der Schweiz. Einen Wechsel in einen Euro-Kredit lehnten die Kläger zunächst – bis zum Jahr 2016 – allerdings ab. Die Risiken einer Fremdwährungsfinanzierung waren den Klägern bekannt.
[2] Die Kläger begehrten die Rückerstattung der aufgrund des Währungswechsels in Schweizer Franken geleisteten Kapitalraten samt Sollzinsen, Kontoführungs- und Gestionsgebühren in Höhe von 138.023,05 CHF sA, in eventu die Zahlung von 308.529,71 CHF sA Zug um Zug gegen Zahlung von 191.227,04 EUR. Die Konvertierungs- und die Ratenklausel seien intransparent bzw missbräuchlich und daher nichtig. Da der Währungswechsel unwirksam sei, bestehe der Kreditvertrag so wie vor der Vereinbarung vom 8. 9. 2008 als Euro-Kredit fort. Eventualiter werde das Klagebegehren auf die Nichtigkeit des Geldwechselvertrags gestützt, mit dem die Kläger der Beklagten 308.529,71 CHF verkauft und dafür zur Abdeckung des Fehlbetrags auf dem Euro-Konto 191.227,04 EUR erhalten hätten. Die dem Geldwechselvorgang zugrunde liegende intransparente Konvertierungsklausel führe zum Entfall des Geldwechselvertrags sowie zu dessen Rückabwicklung.
[3] Die Beklagte entgegnete, dass die strittigen Klauseln nicht missbräuchlich bzw intransparent seien. Selbst die Unwirksamkeit einer der strittigen Klauseln führe nicht zur Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung über den Währungswechsel im Jahr 2008. Selbst bei einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung müssten die Kreditnehmer das Wechselkursrisiko tragen.
[4] Das Erstgerichtwies das Klagebegehren zur Gänze ab.
[5] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Höhe der durch die Konvertierung begründete Fremdwährungsschuld sei durch die Nachtragsvereinbarung vom 8. 9. 2008 eindeutig bestimmt und für die Kläger transparent gewesen. Das bankinterne Devisenfixing sei ein Handelsbrauch, der sich zu einer allgemeinen Verkehrssitte verdichtet habe. Den Kreditnehmern sei bekannt, dass die verrechneten An- und Verkaufskurse veröffentlichte Auf- bzw Abschläge zum jeweiligen Umrechnungskurs enthielten. Damit sei die Höhe der Fremdwährungsschuld und der Konvertierungsspesen zum Zeitpunkt des von den Klägern gewählten Konvertierungsstichtags hinreichend bestimmt gewesen. Die beanstandete Konvertierungsklausel sei keine Preisänderungsklausel und werde von § 6 Abs 1 Z 5 KSchG inhaltlich nicht erfasst.
Rechtliche Beurteilung
[6] Die von den Klägern dagegen erhobene außerordentliche Revision ist mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.
[7] 1. Das Hauptbegehren betrifft die Rückerstattung aller von den Klägern an die Beklagte in Schweizer Franken erfolgten Zahlungen nach dem – über Wunsch der Kläger – erfolgten „Währungswechsel“ aufgrund der Nachtragsvereinbarung vom 8. 9. 2008. Insoweit entspricht die Abweisung des Begehrens den Grundsätzen der bereits vorliegenden Rechtsprechung zur sogenannten Trennungstheorie. Nach dieser kann der Fremdwährungskreditvertrag auch ohne den Geldwechselvertrag bestehen, weshalb selbst eine angeblich missbräuchliche oder intransparente Geldwechselvereinbarung nicht zur Gesamtnichtigkeit des Kreditvertrags führt (vgl etwa 8 Ob 170/22s mwN; RS0134062 [T2]). Wenn daher die Vorinstanzen den von den Klägern aus der angeblichen Missbräuchlichkeit oder Intransparenz der Geldwechselvereinbarung abgeleiteten Anspruch auf Rückzahlung aller nach der Nachtragsvereinbarung vom 8. 9. 2008 zur Bedienung des Kredits geleisteten Zahlungen verneinten, liegt darin keine aufzugreifende Fehlbeurteilung.
[8] 2. Die von den Klägern beanstandete Ratenklausel betrifft die Leistungspflichten der Kläger aus dem Fremdwährungskredit. Die Zurverfügungstellung der Kreditsumme durch den Kreditgeber einerseits und die Rückzahlungspflicht des Kreditnehmers andererseits müssen als essentialia negotii ausreichend bestimmt sein (vgl 9 Ob 66/21b). Der Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Fremdwährungsschuld sowie unter Zugrundelegung der vereinbarten Anzahl der Kapitalraten auch die Höhe der Tilgungsraten schon anhand des Kontoauszugs zum neuen Fremdwährungskonto hinreichend bestimmt gewesen seien, entspricht ebenfalls der Rechtslage. Mit der Behauptung, dass die Ratenklausel missbräuchlich bzw intransparent sei, zeigen die Kläger daher ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[9] 3. Hilfsweise zum Hauptbegehren und zur Begründung ihres Eventualbegehrens behaupten die Kläger die Missbräuchlichkeit und Intransparenz der „Konvertierungsklausel“ und fordern deshalb die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung des Geldwechselvertrags. Auch insoweit zeigen die Kläger das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht auf:
[10] 3.1 Zunächst betreffen die in der Revision zum Nachweis der Missbräuchlichkeit der Klausel zitierte Judikatur zur Unwirksamkeit von Entgeltänderungsklauseln nach dem – hier nicht anwendbaren – ZaDiG andere Sachverhalte und sind daher nicht einschlägig (vgl RS0129620).
[11] 3.2 Ein amtliches (offizielles) Devisenfixing existiert seit der Einführung des Euro nicht mehr. Die Beklagte legt der Währungsumrechnung ein eigenes Devisen-Fixing (Bank‑Fixing) zugrunde, das sie – einer in Bankenkreisen seit Jahrzehnten geübten, gerichtsbekannten Verkehrssitte (einem Handelsbrauch) entsprechend – nach tagesaktuellen Devisenkursen errechnet. Der Oberste Gerichtshof hat in ähnlichen Fällen ein bankenübliches Devisenfixing bereits für zulässig erkannt, welcher Ansicht sich auch der erkennende Senat bereits angeschlossen hat (3 Ob 76/22f mwN). Die Revision der Kläger zeigt keine Gründe auf, die ein Abgehen von dieser Judikatur nahelegen. Eine willkürliche oder unsachliche Berechnung des Wechselkurses durch die Beklagte wurde weder behauptet noch hat sich eine solche im Verfahren ergeben.
[12] 3.3 Warum die beanstandete Konvertierungsklausel gegen § 6 Abs 1 Z 5 bzw § 6 Abs 2 Z 3 KSchG verstößt und daher missbräuchlich sein soll, vermögen die Kläger nicht nachvollziehbar zu erklären. Die Klausel sieht kein einseitiges Preisänderungsrecht der Bank vor.
[13] 3.4 Unionsrechtlich ist zudem maßgebend, dass die Klausel‑RL 93/13/EWG in ihrem Anhang (Z 2 lit c iVm Z 1 lit j und lit l) Verträge zum Kauf oder Verkauf von Fremdwährungen von ihrem Anwendungsbereich ausnimmt.
[14] 3.5 Die Intransparenz der beanstandeten Konvertierungsklausel beziehen die Kläger (im Zusammenhang mit dem Devisenfixing) auch darauf, dass der Aufschlag auf den Umrechnungskurs nicht konkret benannt worden sei. Allerdings ist nach der Rechtsprechung dem typischen, auch nicht juristisch geschulten Kunden durchaus erkennbar, dass Banken unternehmerisch tätig sind und bei einem Geldwechsel einen anderen Kurs in Ansatz bringen, je nachdem, ob sie Euro in Fremdwährung umwechseln oder umgekehrt, dass sie also auch mit dem Wechseln von Geld einen Gewinn anstreben (8 Ob 37/20d; 6 Ob 154/21x [Rz 1]). Den Klägern war schon aufgrund des Hinweises der Beklagten auf das bankinterne Devisenfixing bekannt, dass der Wechselkurs von der Beklagten selbst gebildet wurde und sich der An- und Verkaufskurs zuzüglich einer Spanne („Geld- und Briefspanne“) errechnete. Auch über das Wechselkursrisiko wurden sie hinreichend aufgeklärt.
[15] 4. Insgesamt zeigt die außerordentliche Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf, weshalb diese zurückzuweisen war. Da den unionsrechtlichen Überlegungen der Kläger vor allem zur Unzulässigkeit der Lückenfüllung durch dispositives Recht keine Bedeutung zukommt, war die Anregung auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nicht aufzugreifen.
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