OGH 3Ob73/98a

OGH3Ob73/98a11.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr.Werner D*****, vertreten durch Dr.Engelhart, Dr.Reininger, Rechtsanwälte OEG und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Dr.Jörg H*****, vertreten durch Dr.Dieter Böhmdorfer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erwirkung einer unvertretbaren Handlung und Unterlassung, infolge außerordentlicher Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 29.Dezember 1997, GZ 46 R 1626/97a, 1627/97y und 1628/97w-11, womit der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 10.Oktober 1997, GZ 69 E 5904/97w-1, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs des Verpflichteten wird zurückgewiesen.

Dem Revisionsrekurs des betreibenden Gläubigers wird teilweise Folge gegeben; der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes wird in seinen Punkten I 2. und 4. teilweise abgeändert, sodaß es insgesamt zu lauten hat:

"Der Verpflichtete hat dem im Verfahren 6 Cg 260/94p des Landesgerichtes für ZRS Wien ergangenen Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 17.12.1996, 16 R 161/96f, in seinem Unterlassungsgebot (II.) dadurch zuwidergehandelt, daß er in dem am 9.9.1997 dem ORF übermittelten Videoband folgende Aussage tätigt:

"Dr.Werner D***** ist strafbarer Handlungen verdächtig und mit Recht verdächtigt worden und ist nicht von der Staatsanwaltschaft voll rehabilitiert worden".

Dem betreibenden Gläubiger wird wider den Verpflichteten zur Erwirkung der Verpflichtung, Äußerungen des Inhalts,

a) Dr.Werner D***** sei von den vom Beklagten im Zusammenhang mit seiner Kandidatur zum Präsidenten des Rechnungshofes erhobenen Vorwürfen nicht rehabilitiert worden und daher als Rechnungshof-Präsident im Jahr 1992 nicht qualifiziert gewesen,

b) er - Dr.Jörg H***** - habe in einem im Zusammenhang mit dieser Kandidatur bis zum Obersten Gerichtshof geführten Prozeß in fünf von acht Punkten recht bekommen und könne daher jederzeit sagen, der Kläger Dr.D***** sei jemand, der mit seiner Firma in einen vom Rechnungshof untersuchten Skandal verstrickt sei, der auch vom Staatsanwalt untersucht werde, oder ähnliche Äußerungen in Hinkunft zu unterlassen, die Exekution bewilligt.

Gegen den Verpflichteten wird eine Geldstrafe von S 30.000 verhängt.

Der darüber hinausgehende Antrag, der Verpflichtete habe auch dadurch diesem Exekutionstitel zuwidergehandelt, daß er in diesem Videoband folgende Aussage tätigt:

"Ich habe in einem im Zusammenhang mit dieser Kandidatur bis zum Obersten Gerichtshof geführten Prozeß in fünf von acht Punkten recht bekommen und könne daher jederzeit sagen, der Kläger Dr.D***** sei jemand, der innerhalb weniger Stunden wiederholt die Unwahrheit in der Öffentlichkeit gesagt habe, er sei jemand, der mit seiner Firma in einen vom Rechnungshof untersuchten Skandal verstrickt sei, der auch vom Staatsanwalt untersucht werde,"

wird abgewiesen.

Die Kosten des betreibenden Gläubigers für den Exekutionsantrag werden mit S 5.402,40 (darin enthalten S 680,40 Umsatzsteuer und S 1.320,-- Barauslagen) bestimmt.

Der Verpflichtete ist weiters schuldig, dem betreibenden Gläubiger die mit S 4.871,04 (darin enthalten S 811,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Der nunmehrige betreibende Gläubiger erhob zu 6 Cg 260/94p des Landesgerichtes für ZRS Wien gegen den nunmehrigen Verpflichteten Klage auf Widerruf und auf Unterlassung. In diesem Verfahren ergingen folgende Entscheidungen, aufgrund derer der betreibende Gläubiger nunmehr Exekution beantragt:

Mit Urteil des Obersten Gerichtshofes als Revisionsgerichtes vom 26.5.1997, 6 Ob 95/97g, wurde der nunmehrige Verpflichtete gegenüber dem nunmehrigen betreibenden Gläubiger schuldig erkannt,

I. binnen 4 Wochen auf seine Kosten

1. durch Verlesung in einer Sendung des Österreichischen Rundfunks (Fernsehen), und zwar in unmittelbarem zeitlichen Anschluß an die Abendsendungen (Zeit im Bild 1 oder Zeit im Bild 2) seine Äußerungen zu widerrufen,

a) Dr.Werner D***** sei von den vom Beklagten im Zusammenhang mit seiner Kandidatur zum Präsidenten des Rechnungshofes erhobenen Vorwürfen nicht rehabilitiert worden, er sei strafbarer Handlungen verdächtig und mit recht verdächtigt und nicht vom Staatsanwalt voll rehabilitiert worden und sei daher als Rechnungshof-Präsident im Jahr 1992 nicht qualifiziert gewesen;

b) er - Dr.Jörg H***** - habe in einem im Zusammenhang mit dieser Kandidatur bis zum Obersten Gerichtshof geführten Prozeß in fünf von acht Punkten recht bekommen und könne daher jederzeit sagen, der Kläger Dr.D***** sei jemand, der innerhalb weniger Stunden wiederholt die Unwahrheit in der Öffentlichkeit gesagt habe, er sei jemand, der mit seiner Firma in einem vom Rechnungshof untersuchten Skandal verstrickt sei, der auch vom Staatsanwalt untersucht werde.

Die darüber hinausgehenden Mehrbegehren auf Widerrufsveröffentlichung in mehreren Printmedien wurden abgewiesen.

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 17.12.1996, 16 R 161/96f, bestätigt mit Urteil des Obersten Gerichtshofes als Revisionsgerichtes vom 26.5.1997, 6 Ob 95/97g, wurde der nunmehrige Verpflichtete gegenüber dem nunmehrigen betreibenden Gläubiger schuldig erkannt,

II. Äußerungen des Inhalts,

a) Dr.Werner D***** sei von den vom Beklagten im Zusammenhang mit seiner Kandidatur zum Präsidenten des Rechnungshofes erhobenen Vorwürfen nicht rehabilitiert worden und daher als Rechnungshof-Präsident im Jahr 1992 nicht qualifiziert gewesen;

b) er, Dr.Jörg H*****, habe in einem im Zusammenhang mit dieser Kandidatur bis zum Obersten Gerichtshof geführten Prozeß in fünf von acht Punkten recht bekommen und könne daher jederzeit sagen, der Kläger Dr.D***** sei jemand, der mit seiner Firma in einen vom Rechnungshof untersuchten Skandal verstrickt sei, der auch vom Staatsanwalt untersucht werde,

oder ähnliche Äußerungen in Hinkunft zu unterlassen.

Das darüber hinausgehende Begehren, der nunmehrige Verpflichtete sei gegenüber dem nunmehrigen betreibenden Gläubiger schuldig, Äußerungen des Inhalts,

c) Dr.Werner D***** sei strafbarer Handlungen verdächtig und mit Recht verdächtigt worden und sei nicht vom Staatsanwalt voll rehabilitiert worden,

d) er, Dr.Jörg H*****, könne jederzeit sagen, der Kläger sei jemand, der innerhalb weniger Stunden wiederholt die Unwahrheit in der Öffentlichkeit gesagt hat,

oder ähnliche Äußerungen in Hinkunft zu unterlassen, wurde abgewiesen.

Der betreibende Gläubiger beantragte in dem am 9.10.1997 beim Erstgericht eingelangten Exekutionsantrag die Bewilligung der Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Kosten des Exekutionsantrages sowie der Exekution gemäß § 354 EO zur Erwirkung einer unvertretbaren Handlung und der Exekution gemäß § 355 EO zur Erwirkung einer Unterlassung; er brachte vor, der Verpflichtete habe die Widerrufsverpflichtung Punkt I. des Exekutionstitels nicht erfüllt. Eine Anfrage an den ORF habe ergeben, daß der ORF den Widerruf ausstrahlen werde und daß diese Information auch der Vertreter des Verpflichteten im Titelverfahren, Rechtsanwalt Dr.Böhmdorfer, erhalten habe. Tatsächlich sei dem ORF am 9.9.1997 im Auftrag des Verpflichteten per Boten ein Videoband mit einer Aufzeichnung des Verpflichteten übermittelt worden, die jedoch nicht den bekanntgegebenen technischen Standards des ORF entsprochen habe, überdies aber auch über den Widerruf hinausgehende (unrichtige) Darstellungen des Verpflichteten enthalte. Der ORF habe erklärt, daß er nicht bereit sei, Veröffentlichungen über seine Widerrufsverpflichtung hinaus, die der Oberste Gerichtshof durch sein Urteil vom 26.5.1997, 6 Ob 95/97g, ausgesprochen habe, vorzunehmen. Aus den vorgelegten Bescheinigungsmitteln (Kopien der Schreiben des ORF vom 14.7.1997 und vom 1.10.1997 sowie eidesstättige Erklärung Dris Engelhart vom 7.10.1997) ergebe sich, daß durch bewußte Ergänzungen, unrichtige Betonungen etc der Hauptteil des Textes derart verfälscht worden sei, daß sich der ORF außer Stande gesehen habe, das übermittelte Videoband zu veröffentlichen; darüber hinaus sei mehr an Text enthalten, als der Widerrufspflicht entspreche.

Der vom Verpflichtete gesprochene Text auf diesem Videoband habe folgenden Wortlaut (Betonungen fett):

"Ich widerrufe folgende Äußerung:

Dr.Werner D***** sei von den vom Beklagten im Zusammenhang mit seiner Kandidatur zum Präsidenten des Rechnungshofes erhobenen Vorwürfen nicht rehabilitiert worden, er sei strafbarer Handlungen verdächtig und mit recht verdächtig und nicht vom Staatsanwalt voll rehabilitiert worden und sei daher als Rechnungshofpräsident im Jahr 1992 nicht qualifiziert gewesen.

Ich habe in einem im Zusammenhang mit dieser Kandidatur bis zum Obersten Gerichtshof geführten Prozeß in fünf von acht Punkten recht bekommen und könne jederzeit sagen, der Kläger Dr.D***** sei jemand, der innerhalb weniger Stunden wiederholt die Unwahrheit in der Öffentlichkeit gesagt habe, er sei jemand, der mit seiner Firma in einem von Rechnungshof untersuchten Skandal verstrickt sei, der auch vom Staatsanwalt untersucht werde.

Der Oberste Gerichtshof hat entschieden, daß ich berechtigt war, über Herrn Dr.D***** nachstehende Äußerungen zu tätigen:

Dr.Werner D***** ist jemand, der innerhalb weniger Stunden wiederholt die Unwahrheit in der Öffentlichkeit gesagt hat, und ist strafbarer Handlungen verdächtig und mit Recht verdächtigt worden und ist nicht von der Staatsanwaltschaft voll rehabilitiert worden."

Der Verpflichtete habe nicht nur durch den unrichtigen Zusatz den Widerruf selbst widerrufen wollen; er habe außerdem durch die Trennung des Teiles a und b des im Titel aufgetragenen Widerrufs und durch den Wechsel von der indirekten zur direkten Rede den Teil b als neuerliche Behauptung und nicht als Widerruf vorgelesen; durch die Weglassung der Absatzbezeichnungen a und b habe er ebenfalls die Teilung des Widerrufs und damit die Umdrehung des Teiles b in eine neuerliche Behauptung erreicht. In die gleiche Richtung gehe die Betonung: Die zu widerrufenden Behauptungen im zweiten Teil würden so betont, daß sie als berechtigte "neuerliche Vorwürfe" zu verstehen seien. In der Einleitung spreche der Verpflichtete außerdem vorbereitend nur von einer Äußerung statt von Äußerungen. Da auf das Urteil nicht Bezug genommen werde, sei auch das Wort Beklagter unverständlich; der Verpflichtete habe wohlweislich unterlassen zu erwähnen, daß er der Beklagte sei, jedoch den Kläger als Dr.D***** namentlich genannt.

Der Verpflichtete schulde nach wie vor die Verlesung des Urteils, die verständlich und unkommentiert zu erfolgen habe. Die Verlesung sei vom Verpflichteten persönlich zu erfüllen, weil er persönlich zur Verlesung des Widerrufs verpflichtet worden sei. Die erforderliche Mitwirkung des Dritten, nämlich des ORF, sei gegeben.

Durch die Übermittlung des Videobandes an den ORF, auf welchem der Verpflichtete den Text verlese, wobei die Videoaufzeichnung von den Mitarbeitern des ORF, also von einem größeren Personenkreis, gesehen worden sei, habe der Verpflichtete gegen das Unterlassungsgebot Punkt 2 verstoßen. Die untersagten Äußerungen seien fast wortwörtlich wiederholt worden.

Das Erstgericht bewilligte die beantragten Exekutionen zur Erwirkung der Widerrufsverpflichtung gemäß § 354 EO unter Androhung einer Geldstrafe von S 30.000 und zur Erwirkung der Unterlassung gemäß § 355 EO unter Verhängung einer Geldstrafe von S 30.000.

Mit rechtskräftigem Beschluß des Erstgerichtes vom 5.11.1997, bestätigt mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 29.12.1997, wurden die Exekutionen bis zur rechtskräftigen Erledigung der zu 74 C 3/97g eingebrachten Klage gemäß §§ 35, 36 EO gegen eine - vom Verpflichteten am 14.11.1997 erlegte - Sicherheitsleistung von S 6.447 aufgeschoben; die bereits vollzogenen Exekutionsakte bleiben trotz Aufschiebung der Exekution einstweilen bestehen.

Das Rekursgericht änderte in Punkt I. seines Beschlusses die Exekutionsbewilligung des Erstgerichtes teilweise ab, sodaß die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:

"1. Aufgrund des Urteils des Oberlandesgerichtes Wien vom 17.12.1996, 16 R 161/96f, und des Urteils des Obersten Gerichtshofes vom 26.5.1997, 6 Ob 95/97g, wird der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei zur Erfüllung der Widerrufsverpflichtung die Exekution bewilligt durch den Auftrag an den Verpflichteten, durch Verlesung folgender Erklärung in einer Sendung des Österreichischen Rundfunks (Fernsehen) und zwar in unmittelbarem zeitlichen Anschluß an die Abendsendungen (Zeit im Bild 1 oder Zeit im Bild 2) binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses auf seine Kosten seine Äußerungen zu widerrufen:

a) Dr.Werner D***** sei von den vom Beklagten im Zusammenhang mit seiner Kandidatur zum Präsidenten des Rechnungshofes erhobenen Vorwürfen nicht rehabilitiert worden, er sei strafbarer Handlungen verdächtig und mit Recht verdächtigt und nicht vom Staatsanwalt voll rehabilitiert worden und sei daher als Rechnungshof-Präsident im Jahr 1992 nicht qualifiziert gewesen;

b) er - Dr.Jörg H***** - habe in einem im Zusammenhang mit dieser Kandidatur bis zum Obersten Gerichtshof geführten Prozeß in fünf von acht Punkten recht bekommen und könne daher jederzeit sagen, der Kläger Dr.D***** sei jemand, der innerhalb weniger Stunden wiederholt die Unwahrheit in der Öffentlichkeit gesagt habe, er sei jemand, der mit seiner Firma in einem vom Rechnungshof untersuchten Skandal verstrickt sei, der auch vom Staatsanwalt untersucht werde.

Für den Fall der Saumsal wird eine Geldstrafe von S 30.000 angedroht.

2. Das Mehrbegehren, die Exekution gemäß § 355 EO zur Erwirkung einer Unterlassung zu bewilligen, wird abgewiesen".

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zu lösen sei.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, die vom Verpflichteten geltend gemachte Nichtigkeit, weil ihm die Exekutionsbewilligung ohne die im Exekutionsantrag erwähnten Beilagen zugestellt worden sei, liege nicht vor. Nach der ausdrücklichen Anordnung des § 53 Abs 2 EO seien Abschriften der Beilagen eines Schriftsatzes dem Gegner nicht zuzustellen. Gemäß § 3 Abs 2 EO habe das Erstgericht über den Exekutionsantrag ohne vorhergehende Einvernehmung des Gegners zu entscheiden gehabt. Auch § 358 EO schreibe die Einvernahme nicht zwingend vor. Aus der Eingangsstampiglie und einem Aktenvermerk vom 21.10.1997 ergebe sich, daß dem Exekutionsantrag tatsächlich die darin erwähnten Beilagen angeschlossen waren. Diese seien dem Erstgericht somit bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag vorgelegen. Die anschließende Rückstellung an die betreibende Partei könne sich auf die Richtigkeit der Entscheidung, die das Rekursgericht zum Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichtes zu überprüfen habe, nicht mehr auswirken. Die behauptete Nichtigkeit liege somit nicht vor.

Nach § 354 EO könnten nur unvertretbare Handlungen erzwungen werden, deren Vornahme zugleich ausschließlich vom Willen des Verpflichteten abhänge. Hier sei aber durch die vorgelegten Schreiben des ORF bescheinigt, daß der ORF die Widerrufserklärungen laut Exekutionstitel im Fernsehen senden werde. Solange der ORF hiezu bereit sei - und dies sei zur Zeit der Fall -, hänge die Vornahme des Widerrufs ausschließlich vom Willen des Verpflichteten ab. Sollte der ORF später einmal nicht mehr zur Sendung des Videos bereit sein, könne dieser nicht im Wege einer Exekution erzwungen werden. Dies könne zur Einstellung der Exekution führen. Die vom ORF vorausgesetzten technischen Standards könne der Verpflichtete jedenfalls dadurch erfüllen, daß er sich zur Aufzeichnung des Widerrufs in ein ORF-Studio begebe. Somit hänge auch dieser Umstand ausschließlich vom Willen des Verpflichteten ab.

Die Verpflichtung zum unkommentierten Widerruf ergebe sich schon aus dem Wesen des Widerrufs, der eine Naturalherstellung sei und der Beseitigung schon eingetretener Folgen der Rufschädigung diene. Er solle daher in einer Form erfolgen, die gleich wirksam wie die Verbreitung der Falschbehauptung sei. Da die zu widerrufende Behauptung im Rahmen einer Fernsehsendung aufgestellt und so der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht worden sei, entspreche die Veröffentlichung des Widerrufs durch Verlesung im Fernsehen dem Äquivalenzgrundsatz. Diesen Zweck könne der Widerruf nur erreichen, wenn er ohne sinnstörende Änderungen und ohne abschwächende, einleitende oder nachfolgende Kommentare erklärt werde. Die vom Verpflichteten auf dem Videoband abgegebene Erklärung entspreche nicht dem laut Titelurteil geschuldeten Widerruf. Beim zweiten Absatz dieses Textes sei aufgrund der Einleitung (Ich widerrufe folgende Äußerung statt Äußerungen) und dem Wechsel vom Konjunktiv zum Indikativ für die Fernsehzuschauer nicht klar, ob es sich um eine weitere widerrufene Äußerung oder um eine neue Tatsachenbehauptung handelt; der dritte Absatz enthalte zweifellos Tatsachenbehauptungen, die nicht Gegenstand des Widerrufs seien. Aus dem Titelverfahren selbst ergebe sich, daß auch diese Behauptungen rechtswidrig im Sinn des § 1330 ABGB seien. Durch diese Behauptung werde der vorangehende Widerruf entwertet und für das Fernsehpublikum unverständlich. Der Verpflichtete sei daher der Widerrufsverpflichtung nicht nachgekommen, sodaß das Erstgericht zu Recht die Exekution gemäß § 354 EO bewilligt habe.

Hinsichtlich der Unterlassungsexekution sei der Rekurs berechtigt. Der auf dem Videoband vom Verpflichteten gesprochene Text falle bezüglich des dritten Absatzes (Dr.Werner D***** ist jemand, der innerhalb weniger Stunden wiederholt die Unwahrheit in der Öffentlichkeit gesagt hat und ist strafbarer Handlungen verdächtig und mit Recht verdächtigt worden und ist nicht von der Staatsanwaltschaft voll rehabilitiert worden) nicht unter das Unterlassungsgebot. In Ansehung dieser Wortfolgen bestehe eine Diskrepanz zwischen der Widerrufsverpflichtung und der Unterlassungsverpflichtung. Während das erstinstanzliche Urteil noch idente Äußerungen zum Gegenstand des Widerrufs und des Unterlassungsgebotes gehabt habe, seien die zitierten Äußerungen in den Urteilen der zweiten und dritten Instanz nicht Gegenstand der Unterlassungsverpflichtung. Sie könnten daher auch nicht als ähnliche, in Hinkunft zu unterlassende Äußerungen gewertet werden. Bei den Absätzen 1 und 2 des Videobandes handle es sich um einen untauglichen Widerruf, nicht aber um einen Verstoß gegen das Unterlassungsgebot. Da die inkriminierten Äußerungen laut Absatz 3 des Videobandes nicht von der Unterlassungsverpflichtung laut Exekutionstitel erfaßt seien, sei der Antrag auf Bewilligung der Exekution gemäß § 355 EO abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Verpflichteten gegen den die Bewilligung der Exekution nach § 354 EO betreffenden bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes jedenfalls unzulässig, weil insofern zur Gänze bestätigende Beschlüsse vorliegen. Der bestätigende Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung betreffend die Exekution nach § 354 EO zur Erwirkung der Widerrufsverpflichtung und der abändernde Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung betreffend die Exekution gemäß § 355 EO zur Erwirkung der Unterlassungsverpflichtung steht nämlich nicht in einem derart engen unlösbaren sachlichen Zusammenhang, daß sie voneinander nicht gesondert werden könnten; nur in diesem Fall wäre die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich zu beurteilen (vgl JBl 1993, 459; 3 Ob 142/79; 3 Ob 191/78; 3 Ob 70/70 ua).

Der Revisionsrekurs des betreibenden Gläubigers gegen den Teil des Beschlusses des Rekursgerichtes, mit dem in Abänderung der erstinstanzlichen Exekutionsbewilligung der Antrag auf Bewilligung der Exekution gemäß § 355 EO zur Erwirkung einer Unterlassung abgewiesen wurde, ist zulässig und teilweise berechtigt.

Der betreibende Gläubiger macht geltend, der Verpflichtete verstoße mit dem auf Videoband gesprochenen Text gegen den Unterlassungstitel.

Dieser Vorwurf ist insofern nicht berechtigt, als der Verpflichtete die vom betreibenden Gläubiger selbst im Titelverfahren gewählte Formulierung des Unterlassungsbegehrens verwendet, die im Exekutionstitel Eingang gefunden hat. Vom Verpflichteten kann nicht verlangt werden, zur Vermeidung von - nunmehr vom betreibenden Gläubiger behaupteten - Unklarheiten vom Wortlaut des Exekutionstitels abzuweichen. Hier werden - dem Klagebegehren folgend - in Punkt I a) die Bezeichnungen "Dr.Werner D*****" und "Beklagter", in Punkt I b) "er - Dr.Jörg H*****" und "Dr.D*****" verwendet. Wenn der Verpflichtete den Widerruf zu I b) mit "ich" einleitet, entspricht dies an sich dem Exekutionstitel, weil er persönlich eine von ihm abgegebene Äußerung widerruft; hierin liegt keine Umwandlung.

Der gegenüber dem Exekutionstitel im Abs a) vorgenommene Einschub bringt keine Unklarheit; damit werden vom Verpflichteten vielmehr unrichtige Äußerungen widerrufen, aus denen er unrichtiger Weise den Schluß gezogen hatte, der betreibende Gläubiger sei "daher" als Rechnungshofpräsident im Jahr 1992 nicht qualifiziert gewesen.

Die gesamte vom Verpflichteten gebrauchte Formulierung "Ich habe in einem im Zusammenhang mit dieser Kandidatur bis zum Obersten Gerichtshof geführten Prozeß in fünf von acht Punkten recht bekommen und könne jederzeit sagen, der Kläger Dr.D***** sei jemand, der innerhalb weniger Stunden wiederholt Unwahrheiten in der Öffentlichkeit gesagt habe, er sei jemand, der mit seiner Firma in einem vom Rechnungshof untersuchten Skandal verstrickt sei, der auch vom Staatsanwalt untersucht werde", ist zwar insofern als indirekte Rede nicht völlig sprachlich korrekt, als es richtig einleitend "ich hätte" lauten müßte. Daß der Verpflichtete hiemit keine neuerliche Behauptung aufgestellt und damit gegen den Unterlassungstitel verstoßen hat, ergibt sich jedoch mit der erforderlichen Klarheit aus der weiteren, sprachlich korrekten Formulierung "und könne daher jederzeit sagen".

Aus dem einleitenden Satz "Ich widerrufe folgende Äußerung" und dem Weglassen der im Exekutionstitel enthaltenen Absatzbezeichnungen a) und b) läßt sich ebenfalls noch nicht erkennen, daß in der folgenden strittigen Passage nicht mehr ein Widerruf erfolgen würde, sondern ein neuerlicher Vorwurf erhoben würde. Soweit der Verpflichtete durch Betonung bestimmter Worte den Widerruf in seinem Punkt b) in eine neuerliche Behauptung umgedreht haben soll, steht dem entgegen, daß dieser Absatz - wie bereits ausgeführt - zumindest zum Teil sprachlich korrekt in indirekter Rede gehalten ist. Eine stärkere Betonung bestimmter Satzteile kann ihm noch nicht den Charakter eines neuerlichen Vorwurfs geben.

Insofern liegt somit kein Verstoß gegen den Unterlassungstitel vor.

Wohl aber stellt die im dritten Absatz getätigte Äußerung "Der Oberste Gerichtshof hat entschieden, daß ich berechtigt war, über Herrn Dr.D***** nachstehende Äußerungen zu tätigen:

Dr.Werner D***** ist jemand, der innerhalb weniger Stunden wiederholt die Unwahrheit in der Öffentlichkeit gesagt hat, und ist stafbarer Handlungen verdächtig und mit Recht verdächtigt worden und ist nicht von der Staatsanwaltschaft voll rehabilitiert worden" einen Verstoß gegen den Unterlassungstitel dar.

Hier stellt nämlich der Verpflichtete unter Berufung auf eine angebliche Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, wonach er dazu berechtigt sei, neuerlich die Behauptung auf, der betreibende Gläubiger sei strafrechtlich relevanter Handlungen verdächtig und sei nicht von der Staatsanwaltschaft voll rehabilitiert worden.

Dies stellt einen Verstoß gegen den Exekutionstitel dar, wonach der Verpflichtete die Äußerung zu unterlassen hat, er könne jederzeit sagen, der betreibende Gläubiger sei jemand, der mit seiner Firma in einen vom Rechnungshof untersuchten Skandal verstrickt sei, der auch vom Staatsanwalt untersucht werde, oder ähnliche Äußerungen in Hinkunft zu unterlassen hat. Durch die Behauptung, der betreibende Gläubiger sei nicht von der Staatsanwaltschaft voll rehabilitiert worden, unterstellt der Verpflichtete dem betreibenden Gläubiger in unrichtiger und gegen den Unterlassungstitel verstoßender Weise, es wäre gegen ihn überhaupt derartige Verfahren der Staatsanwaltschaft gelaufen.

Mit der Behauptung, der betreibende Gläubiger sei nicht von der Staatsanwaltschaft voll rehabilitiert worden, verstößt der Verpflichtete auch gegen Punkt II a) des Unterlassungstitels, wonach ihm ua die Äußerung, der betreibende Gläubiger sei von den vom Verpflichteten im Zusammenhang mit seiner Kandidatur zum Präsidenten des Rechnungshofes erhobenen Vorwürfen nicht rehabilitiert worden, untersagt wird.

Insoweit ist wegen eines Verstoßes gegen den Unterlassungstitel die Exekution nach § 355 EO zu bewilligen. Die bereits vom Erstgericht verhängte Geldstrafe von S 30.000 ist nach Art und Schwere des Zuwiderhandelns angemessen. Soweit der Verpflichtete im Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung geltend gemacht hat, er habe sich auf die Auskunft seines Vertreters Rechtsanwalt Dr.Böhmdorfer verlassen können, ihn treffe daher nur ein verschwindend geringes Verschulden, kann dies schon deshalb zu keiner Reduktion der Geldstrafe führen, weil es der Verpflichtete offensichtlich bei seiner vom Exekutionstitel abweichenden Formulierung des Widerrufs zumindest in Kauf genommen hat, gegen den Unterlassungstitel zu verstoßen. Dies mußte auch dem Verpflichteten persönlich, bei dem es sich um einen Dr.iur handelt, klar sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 74 EO bzw § 78 EO, §§ 41, 50 ZPO. Mit seinem Antrag auf Bewilligung der Unterlassungsexekution ist der betreibende Gläubiger zur Hälfte durchgedrungen; insoweit stehen ihm Kosten auf einer Bemessungsgrundlage von S 60.000,-- zu.

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