OGH 3Ob689/54 (3Ob690/54)

OGH3Ob689/54 (3Ob690/54)1.12.1954

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Zweiten Präsidenten Dr. Wahle als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Deutsch, Dr. Bistritschan, Dr. Kisser und Dr. Dinnebier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma A*****, vertreten durch Dr. Max di Gaspero, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Firma Josef W*****, vertreten durch Dr. Friedrich Kittinger, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Aufhebung eines Schiedsspruches (Streitwert 101.038,75 S), infolge Revision der klagenden Partei und Rekurses der beklagten Partei gegen das Urteil und den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 28. Juni 1954, GZ 2 R 66/54-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 30. Dezember 1953, GZ 4 Cg 15/53-9, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Endentscheidung vorbehalten.

Dem Rekurs der beklagten Partei wird, insoweit er die Aufhebung des Ersturteils in einem über den Punkt 11 des Schiedsspruches, also über den Betrag von 800 S samt 12 % Zinsen seit 2. Juli 1953 hinausgehenden Umfang bekämpft, Folge gegeben, es wird der Aufhebungsbeschluss insoweit und im Kostenpunkt aufgehoben, und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen. Die Kosten des Rekurses an den Obersten Gerichtshof werden als weitere Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln sein.

Text

Entscheidungsgründe:

Aufgrund des Kostenvoranschlages der beklagten Partei vom 19. 5. 1950 hat die klagende Partei der beklagten Partei die Erd-, Beton-, Eisenbeton-, Maurer-, Verputz- und Zimmermannsarbeiten für den Erweiterungsbau ihres Betriebes in *****, übertragen. In der Folge haben sich zusätzliche Arbeiten als notwendig erwiesen. Im Zuge des Erweiterungsbaues ergaben sich zwischen den Vertragsparteien mehrfache Differenzen, welche zur Folge hatten, dass beide Teile am 29. 4. 1952 einen Schiedsvertrag abgeschlossen haben, worin vereinbart wurde, dass ein Schiedsgericht unanfechtbar über alle zwischen ihnen offenen Fragen, welcher Art immer, die mit der Planung und Bauführung des Erweiterungsbaues zusammenhängen, entscheiden solle. Am 6. 3. 1953 schlossen die Streitteile eine zusätzliche Vereinbarung, worin vorgesehen ist, dass der Schiedsvertrag die generelle Bereinigung aller streitigen Fragen bezwecke, sodass nach Fällung des Schiedsspruches kein Teil gegen den anderen irgendwelche Forderungen zu stellen habe. In dieser Ergänzung ist festgelegt, dass das Schiedsgericht über alle gegenseitigen Ansprüche entscheidet, die irgendwie direkt oder indirekt mit der Führung des Erweiterungsbaues im Zusammenhang stehen, daher auch über Schadenersatz-Gewährleistungsansprüche, Zinsen und auch über Ansprüche aus dem nicht zustandegekommenen Verkauf eines Lastkraftwagens.

Der Unternehmer des Werksvertrages, die beklagte Partei im vorliegenden Prozess, hat vor dem Schiedsgericht Zahlung eines Betrages von 182.214,09 S samt Anhang vom Besteller, der klagenden Partei im vorliegenden Prozess, verlangt und hat das Klagebegehren im Zuge des Schiedsgerichtsverfahrens auf 150.243,63 S samt Anhang eingeschränkt. Der Besteller hat verschiedene Gegenforderungen eingewendet. Am 10. 7. 1953 hat das Schiedsgericht mit Schiedsspruch den Besteller für schuldig erkannt, dem Unternehmer den Betrag von 101.038,75 S samt 12 % Zinsen von 77.877,94 S seit 24. 12. 1951 bis 1. Juli 1953 und von 23.160,81 ab 2. Juli 1953 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

In ihrer am 3. 9. 1953 eingebrachten Klage begehrt die klagende Partei, den Schiedsspruch für unwirksam zu erklären und aufzuheben. Mit Urteil ON 9 hat das Erstgericht dieses Begehren abgewiesen. Auf die Berufung der klagenden Partei gegen dieses Urteil hat das Berufungsgericht die Abweisung des Begehrens auf Unwirksamerklärung und Aufhebung des Schiedsspruches hinsichtlich eines vom Schiedsgericht zuerkannten Teilbetrages von 84.094,75 S samt 12 % Zinsen aus 61.781,13 S seit 24. 12. 1951 bis 1. 7. 1953 und aus 22.313,62 S ab 2. 7. 1953 bestätigt, im Übrigen aber, also hinsichtlich der Abweisung des Klagebegehrens, auf Aufhebung des Schiedsspruches hinsichtlich des restlichen Betrages von 16.944 S samt 12 % Zinsen aus 16.096,81 S seit 24. 12. 1951 bis 1. 7. 1953 und von 847,19 S seit 2. Juli 1953 aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht unter Rechtskraftvorbehalt zurückverwiesen.

Das bestätigende Urteil des Berufungsgerichtes wird vom Kläger mit Revision wegen Aktenwidrigkeit, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens angefochten. Der Revisionsantrag geht in erster Linie auf Änderung des angefochtenen Urteils in dem Sinne, dass dem Klagebegehren vollinhaltlich Folge gegeben werde, allenfalls auf Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückweisung der Rechtssache an eine der beiden Vorinstanzen. Der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes wird von der beklagten Partei mit Rekurs bekämpft; es wird beantragt, den Aufhebungsbeschluss aufzuheben und im Umfang des Aufhebungsbeschlusses dem Berufungsgericht eine neue Entscheidung aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

I.) Zur Revision:

Keiner der geltend gemachten Revisionsgründe liegt vor:

a) Aktenwidrigkeit:

Die klagende Partei hat vor dem Schiedsgericht verlangt, dass von der ihr aufgerechneten Regiearbeiten ein Betrag von 3.274 S abgezogen werde, weil von der beklagten Partei beim Bau die erforderlichen Schlitze für die sanitären sowie für die Heizungs- und Elektroanlagen nicht ausgelassen wurden, sodass nachträglich Stemmarbeiten geleistet werden mussten, die nunmehr aufgerechnet werden. Das Schiedsgericht hat das Begehren des Klägers um Abstrich von 3.274 S nicht für zu Recht bestehend erkannt, weil der Kläger selbst durch Unterfertigung der Arbeits- und Materialnachweise für die nachträglich geleisteten Stemmarbeiten die Berechtigung dieser Arbeiten als Regiearbeiten anerkannt habe, wobei das Schiedsgericht auch auf die Aussage des Poliers I***** als Zeugen verwiesen hat. in der Anfechtungsklage hat der Kläger nun unter dem Gesichtswinkel des § 530 Z 2 und Z 7 ZPO auf eine Bestätigung vom 8. 9. 1950 verwiesen, aus der hervorgehen soll, dass der Polier I***** trotz seiner gegenteiligen Zeugenaussage die Pläne für die Aussparung der Schlitze rechtzeitig erhalten habe. Das Erstgericht hat dieser Bestätigung die Eignung zum Wiederaufnahmegrund abgesprochen, desgleichen das Berufungsgericht; dies mit der Begründung, dass eine allenfalls durch Verwertung der Bestätigung ausgelöste andere Wertung der Aussage des Zeugen I***** ohne Bedeutung wäre, weil das Schiedsgericht seine Entscheidung im Punkt 41 in erster Linie gar nicht auf die Aussage des Zeugen, sondern auf das Verhalten des Klägers gegründet habe. Die gegen das Berufungsurteil zu diesem Punkt erhobene Rüge der Aktenwidrigkeit ist unzutreffend. Denn die Feststellung, dass das Schiedsgericht seine Entscheidung vorwiegend auf das aus der Unterfertigung der Arbeits- und Materialnachweise zu folgernde Anerkenntnis des Klägers gestützt habe, entspricht der Aktenlage. Aus diesem Grunde ist aber auch die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes einwandfrei, dass das neu aufgefundene Beweismittel nicht geeignet sei, eine dem Kläger günstigere Entscheidung im Punkt 41 des Schiedsspruches herbeizuführen und dass diesem Beweismittel daher die Eignung zu einem Wiederaufnahmsgrund und damit zum Anfechtungsgrund abgeht.

b) Rechtliche Beurteilung:

Im Rahmen der der rechtlichen Beurteilung gewidmeten Ausführungen wendet sich die Revision zunächst gegen die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht, dass gemäß § 595 ZPO ein Schiedsspruch auch nur teilweise für unwirksam erklärt werden könne. Dabei geht die Revision aber von einer unrichtigen Voraussetzung, nämlich davon aus, dass auch eine Rechtsmittelklage nur zur gänzlichen, nicht aber zur teilweisen Aufhebung einer Entscheidung führen könne. Das Gegenteil ergibt sich aber aus § 536 Z 5 ZPO. Ob das Urteil von dem Anfechtungsgrund in vollem Umfang oder nur teilweise betroffen wird, bestimmt sich sowohl bei den Rechtsmittelklagen als auch bei einer gegen einen Schiedsspruch gerichteten Anfechtungsklage nach der Lage des einzelnen Falles. Die Scheidung hat in der Weise zu geschehen wie es im § 496 Abs 2 ZPO für die teilweise Aufhebung des Verfahrens und des Urteils vorgesehen ist. Es kann als allein betroffen ausgeschaltet werden ein zur Erlassung eines Teilurteils geeigneter Teil des Anspruches oder der Ansprüche oder ein zeitlich abgegrenzter Teil des Verfahrens.

Der Kläger rügt im Übrigen die rechtliche Beurteilung zum Teil aus Erwägungen, die den ganzen Schiedsspruch berühren, zum Teil bekämpft er die Richtigkeit der vom Berufungsgericht zu einzelnen Punkten des Schiedsspruches geäußerten Rechtsansicht. Bei den gegen den ganzen Schiedsspruch gerichteten Rechtsrüge handelt es sich um folgende im Sinne des Ersturteils bezeichnete Punkte:

A.) Der Anfechtungsgrund soll darin liegen, dass im Schiedsvertrag eine Vertretung durch Rechtsanwälte im Verfahren vor dem Schiedsgericht ausgeschlossen worden ist. Der Kläger erblickt hierin einen Verstoß gegen zwingende Rechtsvorschriften und gegen die guten Sitten; dies aber durchaus zu Unrecht. Es genügt in dieser Beziehung auf die zutreffenden Gründe der Vorinstanzen und insbesondere auf die Bestimmung des § 587 Abs 1 ZPO zu verweisen. Der in der Revision aufgestellten Behauptung des Klägers, dass ihm die Bestimmung des Schiedsvertrages über den Ausschluss von Rechtsanwälten zu dem Zwecke von der beklagten Partei aufgedrängt worden sei, um ihn zu schädigen, entspricht keine Feststellung der Vorinstanzen, sie kann daher als Neuerung nicht beachtet werden.

C.) Einen Anfechtungsgrund sucht der Kläger darin, dass der Schiedsspruch in seinem Tenor keine förmliche Entscheidung über die von ihm eingewendeten Gegenforderungen enthält. Auch hier kann auf die Begründung der Vorinstanzen verwiesen werden, dass nämlich nur Verstöße gegen materielle Rechtsvorschriften durch die Bestimmung des § 595 Z 6 ZPO erfasst werden. Verletzungen von Verfahrensvorschriften können nur nach Maßgabe des § 595 Z 2 ZPO eine Anfechtung begründen. Im Übrigen enthält die Zivilprozessordnung selbst keine Vorschrift, in welcher Form über eine eingewendete Gegenforderung zu entscheiden sei. Sowohl im Schrifttum (vgl Petschek, Zivilprozessrechtliche Streitfragen, S 48 ff) und in der Rechtsprechung (ZBl 1930 Nr 161) wurde auch die Auffassung vertreten, dass über eine eingewendete Gegenforderung bloß in den Gründen entschieden werden könne und sich das Gericht auf den Ausspruch der Konklusion von Forderung und Gegenforderung zu beschränken habe. Die Dreiteilung des Spruches - im Falle der kompensationsweisen Geltendmachung einer Gegenforderung - war in der Geo vom Jahre 1937 (Anm 3 zu § 610) nur empfohlen. Erst die Geo vom Jahre 1952 hat den Gerichten erster und zweiter Instanz eine bestimmte Fassung dieses Urteilsspruches in einem solchen Falle vorgeschrieben. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass wenn schon die Bestimmungen der Zivilprozessordnung für ein Schiedsgericht nicht verbindlich sind, es die Vorschriften der Geo umso weniger sein können.

D.) Nach Ansicht der klagenden Partei ist ein Anfechtungsgrund im Sinne des § 595 Z 2 ZPO ferner darin gelegen, dass der Schriftsatz der beklagten Partei, mit dem das Schiedsgerichtsverfahren eingeleitet wurde, die Firmenstampiglie der beklagten Partei mit der Unterzeichnung "L*****" enthalte, ohne dass aber festgestellt worden sei, dass L***** von der beklagten Partei auch eine Prozessvollmacht und die allenfalls notwendige pflegschaftsbehördliche Genehmigung zur Prozessführung - der Firmeninhaber der beklagten Partei ist minderjährig - oder die Alleinberechtigung zur Zeichnung der Firma hatte. Die klagende Partei will daraus folgern, dass der Mangel der gesetzlichen Vertretung auf Seite der beklagten Partei vorgelegen sei. Auch in diesem Punkt genügt ein Hinweis auf die durchaus zutreffenden Gründe der Vorinstanzen. Aus § 595 Z 2 ZPO ergibt sich mit einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit, dass der Mangel des rechtlichen Gehörs oder der gesetzlichen Vertretung bei jener Partei vorgelegen haben muss, die den Schiedsspruch anficht. Außerdem ist festgestellt worden, dass der Schriftsatz, der die Klage an das Schiedsgericht darstellt, nachträglich von dem zur Alleinvertretung der beklagten Partei befugten Prokuristen L***** unterschrieben worden ist, wobei jedenfalls ein etwa bestandener Vertretungsmangel behoben worden wäre.

Soweit sich die Revision gegen die Abweisung der Anfechtung einzelner Punkte des Schiedsspruches richtet, erachtet der Oberste Gerichtshof aus folgenden Erwägungen die Revision für unbegründet, wobei er wieder der Bezeichnung des Erstgerichtes in Bezug auf die Anfechtungspunkte folgt.

B.) Der Kläger hat nach § 595 Z 5 ZPO den Zuspruch eines Betrages von 11.713,16 S an das beklagte Bauunternehmen mit der Begründung angefochten, dass das Schiedsgericht dabei über seine Befugnisse hinausgegangen sei. Denn diesen Betrag habe das Schiedsgericht aus dem Titel der Geschäftsführung ohne Auftrag und der Bereicherung zuerkannt; zur Entscheidung über Ansprüche aus solchen Titeln sei das Schiedsgericht aber nicht bestellt gewesen. Auch hier bringt aber die Revision nichts vor, was geeignet wäre, die durchaus zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes zu erschüttern, sodass auf diese verwiesen werden kann.

F1.)

Als Anfechtungsgrund nach § 595 Z 8 ZPO (§ 530 Z 7 ZPO) macht die klagende Partei geltend, dass sie erst nachträglich aus dem Munde des vor dem Schiedsgericht vernommenen Zeugen Rudolf W***** den wahren Grund dafür erfahren habe, warum die beklagte Partei zum Erstaushub keinen Bagger verwendet habe. Das Schiedsgericht hat aber ohnehin ein Verschulden der beklagten Partei an der nicht rechtzeitigen Fertigstellung des Rohbaues festgestellt und den Nachteil der klagenden Partei aus der Verzögerung der Bauführung mit 6.000 S - die Höhe der aus dem Grunde der Verzögerung eingewandten Gegenforderung betrug 57.934,42 S - beziffert. Da das Schiedsgericht ohnehin ein Verschulden der beklagten Partei angenommen hat, wobei allerdings nicht ausdrücklich die unterbliebene Verwendung eines Baggers als Grund für die Verzögerung angeführt worden ist, hat es auch die Aussage des Zeugen Rudolf W***** berücksichtigt, dass die beklagte Partei dessen Anbot auf Beistellung eines Baggers abgelehnt hat. Es ist darum den beiden Vorinstanzen beizupflichten, dass dem neuen Vorbringen der klagenden Partei die Eignung zum Wiederaufnahme- und Anfechtungsgrund mangelt, weil es nicht darauf ankommt, ob die beklagte Partei die Verwendung eines Baggers aus Konkurrenz- oder aus anderen Gründen unterlassen hat.

F4.)

Es muss den beiden Vorinstanzen darin gefolgt werden, dass die klagende Partei den hier geltend gemachten Wiederaufnahmsgrund nicht gesetzmäßig ausgeführt hat. Da aus den einschlägigen Ausführungen der Klage S 11 nicht hervorgeht, welcher Anspruch oder welche Feststellung des Schiedsgerichtes durch die neu vorgebrachte Tatsache, dass zwei andere Bauunternehmungen in Villach im Jahre 1950 bis 20. 12. arbeiteten und die unterbrochenen Arbeiten bereits Mitte Februar 1951 wieder aufnahmen, entkräftet werden sollte. Nach dem Vorbringen der Klage ist nicht erkennbar, dass dieses Vorbringen gegen die Entscheidung des Schiedsgerichtes in den Punkten 29 und 30 gerichtet war; die klagende Partei hat es auch unterlassen vorzubringen, inwieferne durch die neue Tatsache eine günstigere Entscheidung in der Hauptsache hätte herbeigeführt werden können. Eine Behebung dieses Mangels war in der Berufung nicht mehr zulässig (§ 536 Z 4 ZPO).

F5.)

Beide Vorinstanzen haben dem neuen Vorbringen der klagenden Partei, dass sie für die teilweise Behebung des im Punkt 18 des Schiedsspruches behandelten Mangels (Behebung des Mauerrisses) einen Betrag von 1.140,10 S aufwenden musste, die Eignung zum Wiederaufnahmsgrund abgesprochen, weil es sich dabei um eine neue Tatsache handle, die erst nach Schluss der Schiedsgerichtsverhandlung entstanden sei. Die von den beiden Vorinstanzen vertretene Meinung über die Tauglichkeit des neuen Vorbringens zum Wiederaufnahms- und damit zum Anfechtungsgrund ist zu billigen. Sie entspricht nicht nur der herrschenden Rechtslehre, sondern auch der Judikatur des Obersten Gerichtshofes, der nur für neu entstandene Beweismittel, nicht aber für neu entstandene Tatsachen in seiner jüngsten Rechtsprechung (1 Ob 971/53 und 3 Ob 399/54) einen anderen Standpunkt einnimmt. Bei der Behauptung der klagenden Partei, dass sie nach dem Schiedsspruch die vom Schiedsgericht behandelten Schäden habe beheben lassen, wofür mehr zu bezahlen gewesen sei, als das Schiedsgericht zugesprochen habe, handelt es sich nicht um ein neues Beweismittel. Ein neues Beweismittel könne nur dann angenommen werden, wenn der Kläger die Kosten der Schadensbehebung als Gegenforderung eingewendet hätte, er hat aber gar nicht von der beklagten Partei Verbesserung verlangt, sondern eine Preisminderung. Für die Preisminderung sind aber die Kosten der Schadensbehebung schon deshalb nicht maßgeblich, weil der Kläger bei der Schadensbehebung in eigener Regie dem Unternehmer auch eine Verdienstquote zahlen muss, die bei einer Schadensbehebung durch den Beklagten selbst wegfiele.

G1 - 4.)

Hier versucht der Kläger aus der Behauptung, dass einige im Schiedsgerichtsverfahren vernommene Zeugen und der dort vernommene Sachverständige falsch ausgesagt hätten, einen Anfechtungsgrund nach § 530 Z 2 ZPO abzuleiten. Die Vorinstanzen haben aber aus zutreffenden Gründen dem Vorbringen des Klägers die Eignung zum Wiederaufnahmsgrund versagt, weil eine im schiedsrichterlichen Verfahren abgelegte falsche Aussage nicht strafgesetzliche Folgen nach sich zu ziehen vermöchte. Auch der Hinweis auf die Entscheidung SZ IX/278 vermag demgegenüber nichts zu fruchten. Denn auch diese Entscheidung, auf die sich der Kläger in seiner Revision bezieht, ist davon ausgegangen, es müsse die Einleitung eines strafgerichtlichen Verfahrens an sich möglich sein, sie hat nur die Einstellung des Strafverfahrens wegen Mangels des subjektiven Tatbestandes nicht als ein Hindernis für die Einleitung eines Wiederaufnahmeverfahrens betrachtet. Im vorliegenden Fall ist aber die Einleitung eines strafgerichtlichen Verfahrens von vornherein wegen Mangels des objektiven Tatbestandes ausgeschlossen.

Das Vorbringen der klagenden Parteien kann auch nicht im Sinne eines Wiederaufnahmsgrundes nach § 530 Z 7 ZPO gewertet werden; die angebliche Unrichtigkeit der Aussage des Sachverständigen W***** deshalb nicht, weil das Schiedsgericht den Punkt 28 seiner Entscheidung gar nicht auf dessen Aussage gestützt hat; die angebliche Unrichtigkeit der Aussage des Zeugen L***** über die Gründe der Nichtverwendung eines Baggers nicht, weil, wie bereits ausgesprochen wurde, es auf die Gründe der unterbliebenen Verwendung nicht ankommt. Und was schließlich die Behauptung einer Unrichtigkeit der Aussage des Zeugen L***** darüber, dass er den Kläger auf das unzulängliche Kanalgefälle aufmerksam gemacht, und des Zeugen I***** darüber, dass er mit dem Kläger das Gefälle kontrolliert habe, anlangt, so ist vom Kläger weder eine neue Tatsache, noch ein neues Beweismittel für die Unrichtigkeitkeit der Aussage angeführt worden.

II. Rekurs:

Dem Rekurs der klagenden Partei muss teilweise Berechtigung zuerkannt werden. Der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes umfasst die Punkte E, F3, G5 und G6 des erstgerichtlichen Urteils. E.) In diesem Punkt ist nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes der Rekurs begründet. Da die Urkunde, deren Verfälschtheit der Kläger in seiner Klage als höchst wahrscheinlich hingestellt hat, dem Schiedsgericht vorlag, und daher dem Kläger zugänglich war, hätte er durch Einsichtnahme in diese Urkunde Gelegenheit gehabt, sich davon zu überzeugen, ob sein Verdacht begründet ist. Er hätte ferner Gelegenheit gehabt, festzustellen, wo die angebliche Notiz "fixe Preise" auf dem Blatt Papier gestanden ist, was umso eher möglich gewesen wäre, weil die Durchstreichungen die durchgestrichenen Stellen nicht unleserlich gemacht haben. Wenn der Kläger angesichts dieses Sachverhaltes sich damit begnügt anzugeben, es sei höchst wahrscheinlich, dass er bei der Besprechung mit dem verstorbenen früheren Firmeninhaber Josef W***** die Worte "fixe Preise" vermerkt hat, so muss in Übereinstimmung mit dem Erstgericht diese Vermutung nicht als ausreichend für eine Anordnung im Sinne des § 539 Abs 1 ZPO erachtet werden.

F3. Auch insoweit muss der Rekurs als berechtigt erkannt werden. Allerdings muss dem Berufungsgericht zur Auffassung gefolgt werden, dass in dem Verzicht auf ein für einen bestimmten Tatbestand angebotenes Beweismittel noch nicht der Verzicht auf die Geltendmachung dieses Tatbestandes zu folgern ist. Es kann daher trotz des Beweismittelverzichtes ein neu entstandenes oder neu aufgefundenes Beweismittel die Unterlage für eine Wiederaufnahmsklage bilden, aber nur unter der negativen Voraussetzung des § 530 Abs 2 ZPO. Hieran aber fehlt es hier. Es kann von vornherein als sicher angenommen werden, dass der Kläger den Namen und die Adresse des neuen Zeugen von dem Zeugen K*****, bei dem ja der neue Zeuge bedienstet gewesen war, hätte in Erfahrung bringen können. Vor Beendigung des Schiedsverfahrens aber davon nichts gewusst zu haben, dass der neu angebotene Zeuge für K***** gefahren ist und die gleichen Beobachtungen wie dieser über den Leerlauf von Maschinen machen konnte, wird vom Kläger gar nicht behauptet. Es muss daher angenommen werden, dass der Kläger bei sorgfältiger Prozessvorbereitung auch auf den neuen Zeugen hätte kommen können. Mangels sorgfältiger Beweismaterialbeschaffung ist aber nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes als Verschulden im Sinne des § 530 Abs 2 ZPO zu werten.

G5. In diesem Punkt ist der Auffassung des Berufungsgerichtes beizupflichten. Der Schiedsspruch ist zur Gänze angefochten, daher auch die im Punkt 11 des Spruches behandelte Abweisung der Gegenforderung von 800 S für die mangelhafte Ausführung der Lichtschächte. Mag auch das Vorbringen im Schriftsatz vom 30. 10. 1953 primär der Ausführung des Anfechtungsgrundes nach § 530 Z 2 ZPO - subjektive oder objektive Unrichtigkeit der Aussagen der Zeugen L***** und I***** - gedient haben, so war es dem Berufungsgericht nicht verwehrt, dieses Vorbringen auch im Sinne des § 530 Z 7 ZPO der rechtlichen Beurteilung zu unterziehen, dies umso mehr, als im Punkt VIII der Klage sämtliches Vorbringen nach § 530 Z 2 ZPO hilfsweise als Anfechtungsgrund nach § 530 Z 7 ZPO geltend gemacht worden ist. Dass die neu hervorgekommenen Beweismittel, dass nämlich entgegen der Aussagen L***** und I***** die im Plan und im Kostenvoranschlag vorgesehene Steinpackung fehlt, geeignet sei, eine günstigere Entscheidung herbeizuführen, brauchte nicht ausdrücklich behauptet werden, weil diese Behauptung bereits in der Bezugnahme auf § 530 Z 7 ZPO gelegen ist. Es muss dem Berufungsgericht in der Auffassung beigepflichtet werden, dass es sich hier nicht um eine neue Tatsache handelt, weil er angeblich mangelhafte Zustand des Lichtschachtes bereits bestanden hatte.

G6. In seinem Schriftsatz vom 28. 3. 1953 hat der Kläger wegen Mangelhaftigkeit der Tischlerarbeiten eine Gegenforderung, auf Preisminderung gerichtet, in der Höhe von 18.000 S (Punkt 1) und eine weitere in der Höhe von 844 S (Punkt 2) geltend gemacht. Zu diesen beiden Posten übermittelte der Kläger dem Schiedsgericht mit dem Schriftsatz vom 15. 6. 1953 einen Kostenvoranschlag der Tischlerei A*****, worin der für die Behebung der in den Punkten 1 und 2 angeführten Mängel erforderliche Aufwand mit dem Betrag von 15.310 S errechnet wird. Der Schriftsatz enthält folgende Sätze: "Danach stellt sich die Behebung der bisher angeführten Mängel auf 15.310 S."

"Hiezu kommt noch das Auswechseln und Instandsetzen der Sohlbänke bei den Auslagefenstern, welche gerade statt schräg sind, sodass wir wieder auf den in unserer Aufstellung vom 28. 3. l.J. angenommenen Gesamtbetrag von rund 18.000 S kommen."

Daraus folgt, wie der Rekurs ausführt, dass die Kosten der Behebung der neu hervorgekommenen Mängel weder in dem im Kostenvoranschlag A***** errechneten Betrag von 15.300 S, noch in dem zusätzlich verlangten, auf 18.000 S fehlenden Differenzbetrag enthalten waren. Der Kläger führt denn auch in seinem Schriftsatz vom 4. 12. 1953 aus, dass wegen der neu in Erscheinung getretenen Mängel, die erst durch die Entfernung der Glasscheiben erkennbar geworden seien, die Kosten der Mängelbehebung höher seien als jener Betrag, von dem das Schiedsgericht ausgegangen wäre. Prüfstein für die Beurteilung der Frage, ob die neu hervorgekommenen Mängel einen Wiederaufnahmsgrund im Sinne des § 530 Z 7 ZPO abgeben können, ist es, ob wegen der neu hervorgekommenen Mängel ein weiterer Anspruch mit Klage erhoben werden könnte oder ob einer solchen Klage die Einrede der Rechtskraft entgegenstünde. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes ist diese Frage im Sinne der ersten Alternative zu lösen. Neue konkrete Behauptungen über ein höheres Ausmaß eines bereits geltend gemachten Mangels sind neuer Klagegrund. Es war daher dem Rekurs auch in diesem Punkte Folge zu geben.

Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 52 und 392 Abs 2 ZPO. Der Kostenvorbehalt bezüglich der Rekurskosten auf § 52 ZPO.

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