OGH 3Ob6/86

OGH3Ob6/8622.1.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Wolfgang A, Textilkaufmann,

Zeppelinstraße 40, 8020 Graz, vertreten durch Dr.Manfred Rath, Rechtsanwalt in Graz, wider die verpflichteten Parteien 1. Dagmar B, Geschäftsfrau, Alexander-Rollet-Weg 8, 8010 Graz, und

2. Dr. Gottfried B, Geschäftsmann, Annenstraße 23, 8020 Graz, beide vertreten durch Dr. Franz Insam, Rechtsanwalt in Graz, wegen Übergabe eines Teiles einer unbeweglichen Sache infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 25. Oktober 1985, GZ 2 R 295/85-21, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 25.Juni 1985, GZ 12 E 8931/85-7, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Zur Sicherung des mit Klage am 9.Mai 1985 geltend gemachten Anspruches auf Übergabe eines Bestandgegenstandes an den Untermieter erteilte das Prozeßgericht mit der einstweiligen Verfügung vom 28. Mai 1985 zu 5 C 207/85 des Erstgerichtes den Gegnern der gefährdeten Partei Dagmar B und Dr.Gottfried B den Auftrag, der gefährdeten Partei Wolfgang A das Mietobjekt links von der Passage im Haus Annenstraße 23 in 8020 Graz zu übergeben. Am 11.Juni 1985 brachte Wolfgang A beim Erstgericht den Antrag ein, ihm auf Grund dieser vollstreckbaren einstweiligen Verfügung die Exekution durch zwangsweise Übergabe des Mietgegenstandes (§ 349 EO) und zur Hereinbringung der Kosten des Antrags und der weiteren Exekutionskosten die Fahrnisexekution zu bewilligen.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution am 12. Juni 1985.

Noch am Abend dieses Tages wurde die Exekution zur Überlassung der unbeweglichen Sache dadurch vollzogen, daß das Vollstreckungsorgan den betreibenden Gläubiger in den Besitz des zu überlassenden Mietgegenstandes setzte. Die Schlösser der Geschäftsräumlichkeit wurden ausgetauscht und die neuen Schlüssel an den betreibenden Gläubiger ausgefolgt (Vollzugsbericht ON 2). Eine Ausfertigung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses wurde an den Zweitverpflichteten ausgefolgt. Der Vollzug der Pfändung beweglicher Sachen unterblieb.

Am 14.Juni 1985 brachten beide Verpflichtete Rekurs unter anderem gegen den die Exekution bewilligenden Beschluß ein. Am 20.Juni 1985 gab der Vorsteher des Prozeßgerichtes dem Ablehnungsantrag der dort Beklagten (hier Verpflichteten) gegen den Prozeßrichter statt und hob nach § 25 Satz 2 JN die vom abgelehnten Richter vorgenommenen Prozeßhandlungen als nichtig auf. Die Verpflichteten beantragten am 25.Juni 1985, die Exekution unter Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Exekutionsakte einzustellen, weil der ihr zugrunde liegende Titel aufgehoben wurde (§ 39 Abs 1 Z.1 EO).

Das Erstgericht stellte die Fahrnisexekution ein, sprach aus, daß alle schon vollzogenen Exekutionsakte hiemit aufgehoben werden (ON 7 Pkt.2), wies aber den Antrag der Verpflichteten ab, auch das nach § 349 EO bewilligte Exekutionsverfahren einzustellen, weil die bewilligte zwangsweise Übergabe bereits vollzogen worden sei und ein beendetes Verfahren nicht mehr eingestellt werden könne (Pkt.1). Ferner würden dem betreibenden Gläubiger die zugesprochenen Kosten nach § 75 EO aberkannt (Pkt.3) und er zum Ersatz der Kosten des Einstellungsantrages der Verpflichteten verpflichtet (Pkt.4). Gegen diesen Beschluß haben beide Teile Rekurs erhoben. Das Rekursgericht gab am 25.Oktober 1985 dem Rekurs der betreibenden Partei nicht Folge, wohl aber dem Rekurs der Verpflichteten und änderte den erstgerichtlichen Beschluß insoweit (Pkt.1) ab, daß die gesamte Exekution im Umfange ihrer Bewilligung unter Aufhebung aller vollzogenen Exekutionsakte nach § 39 Abs 1 Z.1 EO eingestellt werde. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Gegenstandes, über den das Rekursgericht abändernd entschied hat, S 300.00,-- übersteigt. Das Rekursgericht meinte, das Exekutionsverfahren sei zur Zeit der Beschlußfassung des Erstgerichtes nicht beendet gewesen. Da nach § 369 EO die Bewilligung der Exekution zum Zwecke der Verwirklichung von Ansprüchen auf Überlassung von Sachen die Bewilligung der Exekution zu Gunsten der dem betreibenden Gläubiger durch das Exekutionsverfahren erwachsenden Kosten einschließe, bilde die Exekution nach § 349 EO mit der Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Kosten eine untrennbare Einheit, weil sonst letztere fortzuführen wäre, auch wenn der Titel als nichtig aufgehoben sei. Den Beschluß des Rekursgerichtes bekämpft nun der betreibende Gläubiger mit seinem Revisionsrekurs. Er beantragt die Abänderung dahin, daß der Einstellungsantrag der Verpflichteten abgewiesen werde. Nach seiner Anfechtungserklärung wendet er sich sowohl gegen den bestätigenden als auch den abändernden Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes und beharrt auf seinem Rechtsstandpunkt, die Einstellung scheitere schon daran, daß die Exekution zur Erwirkung der Überlassung des Mietgegenstandes mit dem Vollzug am 12.Juni 1985 und der Besitznahme durch den betreibenden Gläubiger beendet sei und daher nicht mehr eingestellt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Nach § 78 EO und § 528 Abs 1 Z.1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle BGBl 1983/135 ist auch im Exekutionsverfahren, soweit nicht § 83 Abs3 und § 239 Abs3 EO eine andere Anordnung treffen, der Rekurs gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz unzulässig, soweit dadurch der angefochtene erstrichterliche Beschluß bestätigt worden ist. Die Anfechtung des bestätigenden Teiles des rekursgerichtlichen Beschlusses scheitert schon an diesem seit der zitierten Novelle normierten Rechtsmittelausschluß.

Der Bekämpfung des abändernden Teiles der Rekursentscheidung steht zwar kein Rechtsmittelausschluß entgegen (§ 78 EO, § 528 Abs2 und § 502 Abs4 Z.2 ZPO). Nach der einhelligen Rechtsprechung setzt aber darüber hinaus jedes Rechtsmittel eine Beschwer voraus. Fehlt es im Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung an diesem Rechtsschutzinteresse, ist das Rechtsmittel unzulässig (Heller-Berger-Stix 648; SZ 49/22; RZ 1974/21; JBl 1976,438; JBl 1977/650; MietSlg. 36.876 uva.). Es ist nicht Aufgabe des Rechtsmittelgerichtes, über bloß theoretisch bedeutsame Fragen abzusprechen. Es kann, weil sonst die Rekursentscheidung nicht anfechtbar ist, nur mehr darum gehen, ob das Rekursgericht zu Recht, etwa deshalb, weil bis zur Zurückweisung des Rekurses der Verpflichteten gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluß mit dem Beschluß des Rekursgerichtes vom 28.Oktober 1985, GZ 2 R 294/85-20, mangels Rechtskraft der Exekutionsbewilligung schon deshalb nicht von einer Beendigung der Exekution gesprochen werden konnte, oder zu Unrecht auch die Einstellung der Exekution zur Erwirkung der Überlassung des Mietgegenstandes eingestellt hat. Der betreibende Gläubiger meint, daß gerade der Umstand, daß die Überlassung schon am 12.Juni 1985 erfolgte, als das Vollstreckungsorgan ihn in den Besitz der Geschäftsräumlichkeit setzte, der Einstellung der Exekution entgegenstehe. Er will also nicht etwa, daß die vom Erstgericht nach § 349 EO bewilligt Exekution vollzogen oder fortgesetzt werde. Er ist durch die Einstellung nicht beschwert. Das Interesse an einer anderen Entscheidung über die Kosten des Exekutionsverfahrens kann bei der Bekämpfung der Rekursentscheidung aber schon deshalb nicht das Rechtsschutzbedürfnis an der Bekämpfung der Sachentscheidung begründen, weil nach § 78 EO und § 528 Abs 1 Z.2 ZPO jede Anfechtung im Kostenpunkt verhindert ist und eine Abänderung auch nicht auf dem Umwege erzielt werden kann, daß über die Exekutionseinstellung mit bloß theoretisch-abstrakter Bedeutung anders entschieden würde (MietSlg. 35.860; MietSlg. 33.727; MietSlg. 32.780 ua.).

Der unzulässige Revisionsrekurs ist zurückzuweisen, ohne daß auf die in ihm aufgeworfenen Rechtsfragen einzugehen wäre.

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