OGH 3Ob623/86

OGH3Ob623/8611.11.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ferdinand K*** Gesellschaft mbH, 3300 Amstetten, Nordlandstraße 3, vertreten durch Dr. Christoph Haffner, Rechtsanwalt in Amstetten, wider die beklagten Parteien 1.) Josef M***, 2.) Johanna M***, Landwirte, 2111 Rückersdorf-Harmannsdorf, Ringgasse 28, beide vertreten durch Dr. Ferdinand Bruckner, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen restl. 2,295.947,31 S sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 3. Juni 1986, GZ 11 R 65/86-51, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 7. Jänner 1986, GZ 15 Cg 5/84-45, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien haben der klagenden Partei zur ungeteilten Hand binnen 14 Tagen die mit 22.351,72 S (darin enthalten 2.031,97 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In der am 18. Jänner 1984 eingebrachten Klage begehrte die klagende Partei von den Beklagten als Gesamtschuldnern für bestellte und gelieferte Futtermittel 2,342,134,47 S samt vereinbarten 14 % Verzugszinsen seit 17. Jänner 1984. Später schränkte sie den Zinsfuß auf 11,5 % ein (ON 23, S 96). In der Tagsatzung vom 13. November 1985 gliederte die klagende Partei die eingeklagte Forderung unter Anführung der Rechnungsbeträge und Fälligkeiten dahin auf, daß sich ein offener Restbetrag von 1,948.255,98 S ergebe, zu dem für die Zeit vom 1. Juli 1982 bis 16. Jänner 1984 kapitalisierte Zinsen von 337.347,76 S und von den Beklagten vereinbarungsgemäß zu ersetzende Gebühren und Kosten von 43.388 S kämen, jedoch die am 9. September 1983 geleistete Zahlung von 13.142,73 S abzuziehen sei, sodaß der am 16. Jänner 1984 offene Forderungsrest 2,342.134,47 S betrage, zuzüglich 15,75 % (vereinbarter) Zinsen und 10 % Umsatzsteuer aus den Zinsen. (Rechnerisch richtig wären nur 2,315.849,01 S; der Rechenfehler kam dadurch zustande, daß die Abzugspost von 13.142,73 S nicht abgezogen, sondern hinzugerechnet wurde.) Nunmehr stützte die klagende Partei ihr Begehren auch darauf, daß die Beklagten die eingeklagte Forderung und die Richtigkeit der Buchhaltung der klagenden Partei in der Pfandbestellungsurkunde vom 21. Juni 1983 anerkannt hätten. Schon in der Tagsatzung vom 18. September 1985 hatte sich die klagende Partei auch darauf berufen, daß sich die Beklagten in dieser Pfandurkunde zur Zahlung der eingeklagten Forderung samt Zinsen verpflichtet hätten (ON 36, S 134).

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens, weil die gelieferten Futtermittel schlecht gewesen seien und sie deshalb einen Schaden von mindestens 2,500.000 S erlitten hätten, den sie bis zur Höhe der eingeklagten Forderung aufrechnungsweise einwendeten.

Das Erstgericht sprach aus, daß die eingeklagte Forderung mit 2,295.947,31 S samt 15,75 % Zinsen aus bestimmten Beträgen seit 17. Jänner 1984 sowie 9,75 % Zinsen aus weiteren bestimmten Beträgen seit 17. Jänner 1984 und 4 % Zinseszinsen seit 18. Jänner 1984 und 10 % Umsatzsteuer aus den Zinsen zu Recht bestehe und daß die von den Beklagten bis zur Höhe des eingeklagten Betrages eingewendete Kompensandoforderung nicht zu Recht bestehe, und verurteilte die Beklagten daher zur ungeteilten Hand zur Zahlung von 2,295.947,31 S samt den schon genannten Zinsen. Hingegen wies es das Mehrbegehren auf weitere 46.187,16 S samt 15,75 % Zinsen seit 17. Jänner 1984 sowie auf über 4 % hinausgehende Zinseszinsen bezüglich des gesamten eingeklagten Betrages ab. Dabei ging es im wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

Die Beklagten, zwischen denen eine allgemeine Gütergemeinschaft unter Lebenden besteht, betreiben im Rahmen ihrer Landwirtschaft auch eine Legefarm. Für die darin im Juni 1982 eingestellte neue Legeherde bezogen sie von diesem Zeitpunkt bis Anfang September 1983 die Futtermittel von der klagenden Partei. Sie bezahlten die Rechnungen bis Anfang September 1982, blieben aber die Lieferungen vom 13. September 1982 bis 20. Mai 1983 schuldig, ohne die ihnen jeweils etwa eine Woche nach der Lieferung vollständig zugegangenen, ordnungsgemäßen, im einzelnen mit Nummer, Datum, Betrag und Fälligkeit detaillierten Rechnungen, auf denen ein Zahlungsziel von 3 Monaten ab Rechnungserstellung vermerkt war, zu beanstanden. Einige vom Erstgericht bestimmt genannte Rechnungen trugen den Vermerk "Rechnung zahlbar netto Kassa innerhalb 14 Tagen ohne Abzug, dann Verzugszinsen 6 % über der jeweiligen Bankrate", alle anderen Rechnungen trugen den Vermerk "14 Tage nach Fakturendatum werden Verzugszinsen berechnet". Die klagende Partei hatte den ihr bei der Sparkasse der Stadt Amstetten eingeräumten Kontokorrentkredit vom 1. Jänner 1982 bis zum Schluß der mündlichen Streitverhandlung mit mehr als 2,5 Mio. S ausgeschöpft, wofür sie vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1982 12 %, vom 1. Jänner bis 31. März 1983 11,25 %, vom 1. April bis 30. Juni 1983 10,25 % und seit 1. Juli 1983 9,75 % Jahreszinsen zu leisten hatte. Neben den schon erwähnten Rechnungen erhielten die Beklagten vor der Klage Verzugszinsenaufstellungen für Rechnungen vom 3. Jänner 1983 und 4. Juli 1983, die die offenen Zinsenbeträge, nicht jedoch die Prozentsätze enthielten. In diesen Aufstellungen wurden die Beklagten um besonders sorgfältige Beachtung der vereinbarten Zahlungsziele gebeten und darauf hingewiesen, daß im Falle einer Zielüberschreitung Verzugszinsen berechnet werden müßten, die mit den offenen Posten anzuweisen wären.

Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, daß der Legeleistungsabfall der Hennen durch von der klagenden Partei geliefertes mangelhaftes Futter verursacht wurde. Der aufgetretene Schaden kann jedoch nicht eindeutig dem Futter zugeordnet werden, weil keine Unterlagen über den Gesundheitszustand der Hennen vorliegen, die Normlegeleistung nur bei optimaler Gestaltung aller Faktoren (auch Haltung, Fütterungstechnik und Wasserversorgung) erreicht werden kann und schon bei der Ziehung der ersten, der Norm im wesentlichen entsprechenden Futterproben die Legeleistung etwa 10 % unter der Normleistung lag. Als der Geschäftsführer der klagenden Partei im Mai 1983 auf Bezahlung der offenen Rechnungen drängte, wendeten die Beklagten erstmals ein, daß ein durch schlechtes Futter bedingter Legeabfall eingetreten und ihnen dadurch ein Schaden von 700.000 bis 800.000 S erwachsen sei. Der Geschäftsführer der klagenden Partei sagte eine Schadensmeldung an die Versicherung zu, ohne anzuerkennen, daß die Futtermittel der klagenden Partei für den Legeabfall ursächlich gewesen seien. Die klagende Partei war auf Grund der Versicherungsbedingungen verpflichtet, jeden behaupteten Schaden von Kunden ihrer Versicherung zu melden. Am 21. Juni 1983 verlangte der Geschäftsführer der klagenden Partei von den Beklagten eine grundbücherliche Sicherstellung der offenen Forderungen durch eine Pfandbestellung. Die Beklagten erklärten sich damit einverstanden, ohne daß von der klagenden Partei eingestanden worden wäre, daß ihre Futtermittel einen Schaden zugefügt hätten und die Versicherung zahlungspflichtig wäre. Es sollte für 2 Mio S ein Pfandrecht einverleibt werden. Weitere 300.000 S wollten die Beklagten aus der kommenden Ernte bar zahlen. Es kam auch zu einer Pfandbestellungsurkunde, in der die Beklagten zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten jeder Art bis zum Höchstbetrag von 2 Mio S, die der klagenden Partei gegen sie aus im Inland beurkundeten, bereits gewährten und künftig zu gewährenden Geld-, Haftungs- oder Warenkrediten erwachsen sind und in Hinkunft erwachsen werden, verschiedene Liegenschaften zum Pfand bestellten. Weiters wurde in dieser Urkunde vereinbart, daß für die Festsetzung der Höhe der der klagenden Partei gegen die Beklagten zustehenden Forderungen die Handelsbücher der klagenden Partei sowie die Buchauszüge als ausschließlich maßgebend gelten sollen, denen die Vertragspartner volle Beweiskraft zugestehen. Die klagende Partei bezahlte am 28. Juni 1983 die notariellen Kosten der Pfandbestellungsurkunde von 1.388 S, am 2. August 1983 die Pfandbestellungsgebühr von 20.000 S und am 8. Oktober 1983 die Eintragungsgebühr von 22.000 S. Auch diesbezüglich wurden die Beklagten erfolglos gemahnt. Am 6. Juli 1983 erstattete die klagende Partei ihrer Versicherung eine Schadensmeldung, daß bei den Beklagten die Legehennen deshalb einen Legeabfall gehabt hätten, weil Futterlieferungen mangelhaft bzw. vergiftet gewesen seien. Die klagende Partei anerkannte dabei kein eigenes Verschulden oder ein solches ihrer Mitarbeiter, untersagte der Versicherung aber nicht, Zahlungen zu leisten. Die Versicherung nahm Erhebungen vor und gab auch ein Gutachten in Auftrag, wollte aber den Ausgang des vorliegenden Verfahrens abwarten.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, daß die klagende Partei den Beklagten vom 13. September 1982 bis 20. Mai 1983 zu vereinbarten Preisen 39 Futtermittellieferungen erbracht habe. Von den Rechnungen hätten nur 11 den Vermerk getragen, daß ab Fälligkeit Verzugszinsen berechnet würden, in den übrigen Rechnungen sei vermerkt gewesen, daß ab Fälligkeit Verzugszinsen von 6 % über der jeweiligen Bankrate berechnet würden. Als Zahlungsziel seien entgegen dem aufgedruckten Fälligkeitsvermerk drei Monate vereinbart gewesen. Die Beklagten hätten sämtliche Rechnungen in laufender Geschäftsverbindung ohne Rüge des Rechnungsbetrages akzeptiert, weshalb ihr Einverständnis zu den auf den Rechnungen enthaltenen Zahlungsbedingungen angenommen werden müsse. Die Gesamtsumme der nicht bezahlten Rechnungen ergebe einen Kapitalbetrag von 2,049.541,40 S. Dazu gebührten der klagenden Partei bis zum 16. Jänner 1984 kapitalisierte Zinsen von 216.160,64 S, insgesamt daher 2,265.702,04 S, wozu noch die zu ersetzenden Gebühren und Kosten von 43.388 S kämen, von denen allerdings 13.142,73 S abzuziehen seien, so daß die zu Recht bestehende Gesamtforderung der klagenden Partei 2,295.947,31 S ausmache. Seit 17. Jänner 1984 liefen dazu vereinbarungsgemäß und aus dem Titel des Schadenersatzes stufenweise Zinsen von 9,75 % bzw. 15,75 % weiter. Die aus der Pfandbestellungsurkunde erwachsenden Kosten seien mit 9,75 % zu verzinsen. Ab der Klagsbehändigung könnten 4 % Zinseszinsen verlangt werden. Mangels einer erwiesenen Schadensverursachung durch die klagende Partei bestehe die eingewendete Schadenersatzforderung nicht zu Recht. Die klagende Partei ließ den abweisenden Teil des erstgerichtlichen Urteils unbekämpft.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es die Klagsforderung mit 2,295.947,31 S samt 11,5 % Zinsen aus 1,413.628,91 S und 9,75 % Zinsen aus 666.157,80 S, jeweils seit 17. Jänner 1984 als zu Recht bestehend, die von den Beklagten bis zur Höhe des Klagsbetrages eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend erkannte, die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung der zu Recht erkannten Forderung samt den als zu Recht bestehend erkannten Zinsen verurteilte und das Mehrbegehren auf Zahlung von 46.187,16 S samt 11,5 % Zinsen sowie weiteren 1,75 % Zinsen aus 666.157,80 S, jeweils seit 17. Jänner 1984 abwies.

Die zweite Instanz übernahm die nur zur Gegenforderung bekämpften erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Den beweispflichtigen Beklagten sei es nicht gelungen zu beweisen, daß die klagende Partei den behaupteten Schaden verursacht oder anerkannt habe. Die nur die Zinsenberechnung betreffende Rechtsrüge sei teilweise berechtigt, weil die klagende Partei ihr Zinsenbegehren auf 11,5 % eingeschränkt habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Die Beklagten werden aus Handelsgeschäften der klagenden Partei iS des § 343 HGB in Anspruch genommen. Auf Rechtsgeschäfte, die für einen der beiden Teile ein Handelsgeschäft sind, sind nach § 345 leg.cit. in der Regel die Vorschriften über Handelsgeschäfte für beide Teile gleichmäßig anzuwenden. Art. 8 Nr. 2 EVHGB, wonach der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn umfaßt, gilt daher auch für Schadenersatzansprüche aus einseitigen Handelsgeschäften, also auch für einen gegen einen Nichtkaufmann gerichteten derartigen Anspruch (Kramer in Straube, HGB, Rz 2 zu Art. 8 Nr. 2; HS 1562; SZ 48/8). Daher hat der Gläubiger einer fälligen Geldschuld nach Handelsrecht auch bei einseitigen Handelsgeschäften Anspruch auf Ersatz jenes die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigenden wirklichen Schadens und entgangenen Gewinnes, der aus dem Verschulden des säumigen Schuldners entstanden ist, und zwar - anders als nach bürgerlichem Recht - nicht nur bei böser Absicht oder auffallender Sorglosigkeit, sondern schon bei leichtem Verschulden (stRsp seit SZ 5/53). Dieser Schadenersatzanspruch läuft üblicherweise auf die Bezahlung (höherer) Bankzinsen hinaus, wenn und weil der Gläubiger genötigt war, wegen der Zahlungsverzögerung mit Bankkredit zu arbeiten (Schuhmacher in Straube, HGB, Rz 11 zu § 352 mwN).

Unter Bedachtnahme auf diese Rechtslage und die über die Fälligkeit der einzelnen Rechnungsbeträge und die Höhe der von der klagenden Partei vom 1. Jänner 1982 bis 16. Jänner 1984 aufzuwendenden Bankzinsen wurden die bis zu diesem Tag zu ersetzenden Zinsen von den Vorinstanzen richtig berechnet und neben dem Kapital zugesprochen. Davon, daß von diesen bis 16. Jänner 1984 kapitalisierten Zinsen von 216.160,64 S Zinsen, also Zinseszinsen zuerkannt worden wären, könnte nur dann die Rede sein, wenn das Berufungsgericht der klagenden Partei seit 17. Jänner 1984 Zinsen aus 2,295.947,31 S zugesprochen hätte. Dies ist aber nicht der Fall, weil der klagenden Partei in zweiter Instanz seit 17. Jänner 1984 nur Zinsen aus 1,413.628,91 S und aus 666.157,80 S, zusammen also nur aus dem am 16. Jänner 1984 offenen fälligen Kapital von 2,079.786,71 S zuerkannt wurden.

Bei der von den Beklagten aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderung handelt es sich um einen Schadenersatzanspruch wegen behaupteter Schlechterfüllung kaufvertraglicher Verbindlichkeiten. Eine Voraussetzung der Haftpflicht der klagenden Partei wäre, daß sie den behaupteten Schaden verursacht hätte. Selbst wenn im Sinne der neueren Rechtsprechung (JBl 1987, 104 mwN; vgl. auch SZ 54/81) die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB nicht nur bei Nichterfüllung, sondern auch bei Schlechterfüllung einer vertraglichen Verbindlichkeit angenommen wird, setzt dies doch die Feststellung eines Ursachenzusammenhanges zwischen Schlechterfüllung und Schaden voraus. Die erwähnte Beweislastumkehr betrifft nämlich nur den Verschuldensbereich. Den Kausalzusammenhang hat weiter der Geschädigte zu beweisen (SZ 52/15; SZ 54/179; SZ 55/53; JBl 1986, 173 ua; Koziol, Österr. Haftpflichtrecht2 I 333; Koziol-Welser, Grundriß8 I 421).

An einen für die Haftungsbegründung erforderlichen Kausalitätsbeweis dürfen allerdings keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden, weshalb der Beweis eines (sehr) hohen Wahrscheinlichkeitsgrades (besonders bei Unterlassungen: SZ 31/122;

JBl 1971, 307; JBl 1972, 426) genügt (Koziol, aaO I 327;

Reischauer in Rummel, Rz 3 zu § 1295; SZ 36/45 ua). In diesem Sinn reicht es für den sogenannten Anscheinsbeweis aus, daß der Beweisbelastete bestimmte Tatsachen beweist, aus denen sich nach der Lebenserfahrung mit erheblicher Wahrscheinlichkeit auf andere Tatsachen schließen läßt (Reischauer aaO Rz 4). Eines der wichtigsten Anwendungsgebiete des Anscheinsbeweises liegt dort, wo formelhafte, typische Kausalabläufe bestehen, also beim Beweis des Kausalzusammenhanges. Die Entkräftung des Anscheinsbeweises, der nur eine auflösend bedingte Verschiebung des Beweisthemas von der tatbestandsmäßig geforderten Tatsache auf eine leichter erweisliche, mit ihr in einem typischen Erfahrungszusammenhang stehende Tatsache ist, geschieht durch den Beweis, daß der typische, formelhafte Geschehensablauf im konkreten Fall nicht zwingend ist, sondern daß die ernstliche Möglichkeit eines atypischen Ablaufs besteht. Hat der Gegner diese Möglichkeit dargetan, dann fällt die Beweisthemenverschiebung weg und der Beweisführer muß die gesetzlich geforderten Tatbestandsmerkmale streng beweisen (Fasching, Lehrbuch, Rz 894 f; SZ 50/136; ZVR 1984/246 u.a.).

Ob in einem bestimmten Fall ein Anscheinsbeweis zulässig ist, ob also die Voraussetzungen dafür vorliegen, daß anstelle eines vom Gesetz geforderten Tatbestandsmerkmales ein anderes bewiesen werden darf, kann als Frage der rechtlichen Beurteilung auch vom Obersten Gerichtshof überprüft werden. Ob der Anscheinsbeweis erbracht oder erschüttert worden ist, ist hingegen eine vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüfbare Beweiswürdigungsfrage (Fasching, Komm. III 236 f; ders., ZPR Rz 897; Reischauer aaO Rz 6 zu § 1296; JBl 1972, 426; RZ 1983/14 ua).

Aus den Feststellungen der Vorinstanzen, es könne nicht ausgeschlossen werden, daß der Legeleistungsabfall der Hennen durch mangelhaftes Futter verursacht worden sei, der behauptete Schaden könne jedoch nicht eindeutig dem Futter zugeordnet werden, weil auch eine Reihe anderer Faktoren daran schuld sein könnte, ergibt sich, daß ein solcher Anscheinsbeweis nicht gelungen ist. Es steht kein typischer Kausalablauf fest, der den Eintritt des Schadens durch Lieferung von schlechtem Futter wahrscheinlich macht, weil ebenso gut eine Reihe anderer Ursachen in Frage kommt. Die Beklagten hätten daher den Kausalzusammenhang zwischen dem von der klagenden Partei gelieferten Futter und dem von ihnen behaupteten Schaden beweisen müssen, was ihnen nach den unbekämpfbaren Feststellungen der Tatsacheninstanzen umso weniger gelungen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 46 Abs 2 sowie § 50 ZPO.

Die im § 512 ZPO genannten Voraussetzungen für die von der klagenden Partei angeregte Mutwillensstrafe sind nicht gegeben.

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