Spruch:
Dem (irrig als außerordentliche Revision bezeichneten) außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme von den gebrauchten Zurückweisungsgründen aufgetragen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.847,50 EUR (darin 641,25 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
In einem Vorprozess begehrte die Josef T***** ARGE F***** (im Folgenden auch nur ARGE) gegen die auch nunmehr beklagte Partei (unter deren damaliger Firma) beim Erstgericht die Zahlung von 163.513,88 EUR sA. Sie brachte darin u.a. vor, die Josef T***** ARGE F***** „Ges.m.b.H." habe aus den Partnern Josef T***** sowie der Firma T***** U*****gesellschaft und D*****gesellschaft bestanden, wobei der Erstgenannte mit der beklagten Partei den ursprünglichen Auftrag besprochen habe, der bereits an die ARGE erteilt worden sei, aus der letztlich, was auch der beklagten Partei bekannt sei, dieser als ARGE Partner ausgeschieden sei. Obwohl die klagende Partei der beklagten Partei mit Schreiben vom 26. März 2001 nochmals mitgeteilt habe, dass Josef T***** den Auftrag an die ARGE übertragen bzw. abgetreten habe, habe diese am 10. April 2001 2,25 Mio S an den ausgeschiedenen ARGE-Partner angewiesen. Der Betrag sei ihr nie zugekommen. In der Folge brachte die im Vorprozess klagende Partei noch vor, im Außenverhältnis sei nach wie vor Josef T***** ihr Partner.
Die beklagte Partei wendete u.a. ein, die klagende Partei sei nach stRsp als Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht parteifähig. Überdies bestehe sie schon nach deren eigenen Vorbringen nicht mehr. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 4. Oktober 2002 erklärte der Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Josef T*****, es liege weder seine noch des Gläubigerausschusses Zustimmung zur Klagsführung vor. Daraufhin erklärte der Klagevertreter, nunmehr die Klage unter Anspruchsverzicht zurückzuziehen.
Denselben Anspruch wie im Vorprozess macht nunmehr die T***** U*****- und D*****gesellschaft mbH in Liquidation mit der Behauptung geltend, für die ursprünglich vorgesehene Arbeitsgemeinschaft seien Josef T***** und sie selbst als Partner vorgesehen gewesen. Wegen finanzieller Probleme des anderen habe sie den Auftrag allein und auf ihre eigene Rechnung durchgeführt, was der beklagten Partei auch bekannt gewesen sei.
Die beklagte Partei beantragte zunächst die Abweisung der Klage. Im Wesentlichen machte sie geltend, mit der klagenden Partei in keinem Vertragsverhältnis gestanden zu sein. Von der angeblichen Abtretung der Forderung habe sie erst nach Zahlung an ihren Vertragspartner Josef T***** erfahren. Außerdem habe die im Vorprozess klagende ARGE, bei der es sich mit der klagenden Partei im vorliegenden Verfahren nach deren Vorbringen um dieselbe Rechtsperson handle, im Vorprozess die Klage unter Anspruchsverzicht zurückgenommen. Daher sei die Klage bereits aus diesem Grund zurückzuweisen. Weiters beantragte die beklagte Partei die Zurückweisung der Klage, weil die klagende GmbH bereits zum Zeitpunkt der Klagseinbringung wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht gewesen sei.
Die klagende Partei replizierte, dass im Vorprozess eine zur Klage nicht aktiv legitimierte Rechtspersönlichkeit den Anspruch geltend gemacht habe, außerdem habe der Masseverwalter des ARGE-Partners die Zustimmung zur Klageführung verweigert, weshalb die Klagsrückziehung habe erfolgen müssen. Weiters stehe der gelöschten GmbH noch die geltend gemachte Forderung zu.
Das Erstgericht wies die Klage mit Beschluss zurück. Einziges Vermögen der klagenden Partei sei die klagsgegenständliche Forderung. Wenn die Klage im Vorprozess „unter Anspruchsverzicht" (aus welchem Grunde auch immer) zurückgezogen worden sei, bedeute dies logischerweise, dass dieser Anspruch zumindest „behaupteterweise für Josef T*****" bestanden haben müsse. Dieser sei als tatsächlicher Kläger im Vorprozess anzusehen. Da er sich damals bereits im Konkurs befunden habe, sei auch fraglich, ob diese Klagsrückziehung durch den Klagevertreter überhaupt möglich gewesen sei. Es sei aber davon auszugehen, dass die im Firmenbuch gelöschte klagende GmbH auch vermögenslos sei.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Zwar wende sich die klagende Partei zu Recht gegen die erstinstanzliche Rechtsansicht, sie sei infolge einer Interessenabwägung auf Grund der Löschung im Firmenbuch nicht mehr berechtigt, den geltend gemachten Anspruch durchzusetzen. Dies widerspreche der Rsp des Obersten Gerichtshofs; solange eine Gesellschaft einen Anspruch behaupte und hierüber einen Aktivprozess führe, sei sie als parteifähig anzusehen. Der Geltendmachung des Klagsanspruchs stehe aber § 237 Abs 4 ZPO entgegen. Der Verzicht „der klagenden Partei" auf ihren Anspruch müsse zur Zurückweisung einer dennoch neuerlichen erhobenen Klage führen. Im vorliegenden Fall habe diese im Vorprozess als ARGE geklagt. Arbeitsgemeinschaften als Gesellschaften bürgerlichen Rechts komme keine Parteifähigkeit zu. Träten die Gesellschafter einer ARGE aber wie im Vorprozess bereits auf, sei nur eine Berichtigung der Parteienbezeichnung durch das Gericht von Amts wegen vorzunehmen. Eine Nichtigerklärung des Verfahrens und eine Zurückweisung der Klage komme unter diesen Voraussetzungen nicht in Betracht. Zu einer solchen Berichtigung sei es aber nicht mehr gekommen, weil die klagende Partei ihre Klage unter Anspruchsverzicht zurückgenommen habe. Im Vorprozess sei für die ARGE zur Parteieneinvernahme der geschäftsführende Gesellschafter der nunmehr klagenden Partei namhaft gemacht worden und auch der Masseverwalter von Josef T***** sei als Nebenintervenient aufgetreten. Demnach habe in beiden Verfahren die nun mehr klagende Partei den Anspruch betrieben und sich dabei auf denselben rechtserzeugenden Sachverhalt gestützt.
Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Der erkennbar irrig als außerordentliche Revision bezeichnete außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei ist zulässig und auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen der Ansicht der beklagten Partei liegt hier gerade der Fall des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO vor, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde, weshalb die Entscheidung des Rekursgerichts anfechtbar ist, obwohl damit der erstgerichtliche Beschluss zur Gänze bestätigt wurde. Die in der Revisionsrekursbeantwortung zitierten Entscheidungen sind nicht einschlägig, weil es dabei nicht um Klagszurückweisungen ging. Da auch die beklagte Partei in der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung auf die Frage der Vollbeendigung der klagenden Partei nicht mehr zurückkommt, kann sich der Oberste Gerichtshof mit einem Hinweis auf die Richtigkeit der diesbezüglichen Ausführungen der zweiten Instanz begnügen (§ 510 Abs 3 ZPO). Soweit erkennbar bezweifelt auch die nun klagende Partei nicht, dass eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE) als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu qualifizieren ist (1 Ob 151/72 = SZ 46/15 = JBl 1974, 266 u.v.a.; RIS-Justiz RS0009137 [T1 und 3]). Nach nunmehr stRsp sind aber solche Gesellschaften nicht rechts- und damit auch nicht parteifähig (1 Ob 151/72 u.v.a.; RIS-Justiz RS0022184). Das ist auch die Ansicht der herrschenden Lehre (Fucik in Rechberger2 § 1 ZPO Rz 5; Schubert in Fasching/Konecny2 Vor § 1 ZPO Rz 42; Riedler in KBB § 1175 ABGB Rz 4, je mwN; aA etwa Holzhammer, ZPR2 74; Holzhammer/Roth, Gesellschaftsrecht 31; Krejci in Krejci, Das Recht der Arbeitsgemeinschaften in der Bauwirtschaft 34 ff, letzterer allerdings nur für bestimmte Außengesellschaften mit bestimmten - hier gar nicht behaupteten - Merkmalen). Einer näheren Auseinandersetzung mit den gegenteiligen Meinungen bedarf es hier schon deshalb nicht, weil es in Wahrheit auf diese Frage für die vorliegende Entscheidung nicht ankommt und überdies die klagende Partei auch kein einziges Argument geltend macht, das für die Unrichtigkeit der herrschenden Ansicht sprechen könnte. Auch ausgehend von der mangelnden Parteifähigkeit der im Vorprozess als klagende Partei aufgetretenen ARGE steht in Wahrheit der Klage im vorliegenden Verfahren die Klagezurücknahme unter Anspruchsverzicht im Vorprozess nicht als Prozesshindernis entgegen. Voraussetzung für ein solches wäre, wie das Gericht zweiter Instanz durchaus zutreffend sah, dass zwischen den klagenden Parteien in beiden Verfahren Identität bestünde. Während es im hier zu beurteilenden Verfahren keinerlei Zweifeln unterliegen kann, wer als Kläger auftritt, kann dies für den Vorprozess durchaus unterschiedlich gesehen werden, wie auch die Entscheidungen der Vorinstanzen zeigen. Der Ansicht der zweiten Instanz, bereits im Vorprozess sei die nunmehr klagende GmbH als Partei aufgetreten, kann aber aus nachstehenden Erwägungen nicht gefolgt werden: Zum Mitgliederstand der im Vorprozess als klagende Partei auftretenden ARGE führte diese in der Klage erkennbar aus, dass diese aus zwei Personen, nämlich der physischen Person Josef T***** und der nunmehr klagenden GmbH bestehe, wenn auch „im Innenverhältnis" jener ausgestiegen sei. Das wurde von der ARGE auch zum Beginn der mündlichen Streitverhandlung vom 4. Oktober 2002 (ON 16 im Vorakt) klargestellt. Sie hielt aber offenbar bis zum Schluss an ihrem Rechtsstandpunkt fest, selbst parteifähig zu sein. Auch der Mangel der Parteifähigkeit kann iSd § 6 Abs 2 ZPO beseitigt werden (SZ 51/3 = EvBl 1978/144; Fucik aaO Vor § 1 Rz 6 mwN). Nur wenn etwa eine Richtigstellung der Parteibezeichnung nach § 235 ZPO unzulässig ist, muss der Mangel der Parteifähigkeit von Amts wegen wahrgenommen werden (8 Ob 7/76 = SZ 49/17; RIS-Justiz RS0039791). Eine Sanierung der mangelnden Parteifähigkeit der klagenden ARGE ist aber im Vorprozess nicht erfolgt. Weder wurde die Parteibezeichnung (auf Antrag oder von Amts wegen) berichtigt noch kann die Rede davon sein, die beiden Mitglieder der ARGE wären selbst im Prozess als klagende Parteien aufgetreten. Für die physische Person geht dies schon klar daraus hervor, dass sich dessen Masseverwalter als Nebenintervenient dem Verfahren anschloss, demgemäß eine andere Rolle für sich in Anspruch nahm. Die dargelegte Rechtsansicht der ARGE, sie sei selbst rechts- und parteifähig und die mangelnde selbständige Aktivität der nunmehr klagenden GmbH im Vorprozess schließen auch die Annahme aus, diese wäre im Vorprozess als Partei eingeschritten. Dann kann es aber nicht darauf ankommen, ob feststellbar ist, aus welchen Motiven seinerzeit die nicht parteifähige ARGE die Klage unter Anspruchsverzicht zurückzog. Es fehlt eben an der Identität mit der nunmehr klagenden Partei. Dagegen kann auch nicht mit dem Erstgericht eingewendet werden, ein nicht existierendes Rechtssubjekt könne auch keine Klage zurückziehen. Nach der Rsp besteht die (bestrittene) Parteifähigkeit eines Rechtssubjekts bis zu deren rechtskräftiger Verneinung (5 Ob 345, 346/87 = SZ 60/154 u.a.; RIS-Justiz RS0035423). Demgemäß behält sie auch im Zwischenstreit über die Parteifähigkeit die Stellung einer Prozesspartei (8 ObA 47/04a mwN). Ein solcher Zwischenstreit entstand durch die Bestreitung der Parteifähigkeit durch die im Vorprozess wie im vorliegenden Verfahren beklagte Partei. Eine Entscheidung mit rechtskräftiger Verneinung der Parteifähigkeit der ARGE erging nicht, weshalb an der Wirksamkeit der Klagezurücknahme und des Anspruchsverzichts kein begründeter Zweifel möglich ist.
Sind aber die klagenden Parteien in den beiden Prozessen nicht dieselben, kann der nun klagenden Gesellschafterin der ARGE nicht die Klagerücknahme unter Anspruchsverzicht durch diese entgegengehalten werden, der bei Parteienidentität die Geltendmachung desselben Anspruchs gegenüber derselben beklagten Partei unzulässig machen würde (6 Ob 70/73 u.v.a.; RIS-Justiz RS0039698). Stehen somit der Klage die von den Vorinstanzen ins Treffen geführten Prozesshindernisse nicht entgegen, müssen deren Entscheidungen aufgehoben werden. Die Rechtssache ist an das Erstgericht zurückzuverweisen, das nunmehr das Verfahren unter Abstandnahme von den gebrauchten Zurückweisungsgründen fortzusetzen haben wird. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 zweiter Satz iVm §§ 50, 41 ZPO. Die klagende Partei hat im Zwischenstreit über ihre Parteifähigkeit zur Gänze obsiegt, weshalb die Ersatzpflicht für die Kosten des betreffenden Rechtsmittelverfahrens unabhängig vom Ausgang des Verfahrens über die Hauptsache ist. Die im Zwischenstreit völlig unterlegene beklagte Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.
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