OGH 3Ob61/06a

OGH3Ob61/06a27.6.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Klaus P*****, vertreten durch Mag. Johannes Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Mag. Friederike N*****, vertreten durch Dr. Guido Kollmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 9.102,97 EUR s.A., infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. März 2005, GZ 46 R 82/05g, 123/05m-13, idF des Berichtigungsbeschlusses vom 23. Februar 2006, AZ 46 R 82/05g, 123/05m, womit u.a. der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 28. Dezember 2004, GZ 26 E 125/04f-2, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der betreibende Gläubiger beantragte auf Grund des a) Urteils des LGZ Wien vom 11. August 2003 und b) unangefochtenen Beschlusses des Erstgerichts vom 17. November 2004, AZ 26 E 110/04z, womit dem Betreibenden ein zwangsweises Pfandrecht für seine vollstreckbare Forderung von 590.000 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. Oktober 2002 und Antragskosten von 9.102,97 EUR simultan auf bestimmten [richtig] Liegenschaftsanteilen als Haupteinlage und sechs weiteren Liegenschaftsanteilen der Verpflichteten als Nebeneinlage zu C-LNr 63 einverleibt wurde (im Folgenden hier nur 1. Bewilligungsbeschluss), nun zur Hereinbringung von 590.000 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. Oktober 2002 und der Exekutionskosten in dem früheren Exekutionsverfahren AZ 26 E 110/04z von 9.102,97 EUR die Bewilligung der Zwangsversteigerung mehrerer Liegenschaftsanteile (als „Haupteinlage" und „Nebeneinlagen" bezeichnet) der Verpflichteten. Nach dem Aktenstand erwuchs der 1. Bewilligungsbeschluss unangefochten in Rechtskraft, ein Antrag der Verpflichteten auf Aufschiebung der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung wurde in zwei Instanzen abgewiesen (AZ 46 R 31/05g des LGZ Wien als Rekursgericht). Ob der als „Haupteinlage" bezeichneten, im Sprengel des Erstgerichts gelegenen Liegenschaftsanteile beantragte der Betreibende, bei dem für seine Forderung einverleibten Pfandrecht die Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens anzumerken, ohne den 1. Bewilligungsbeschluss vorzulegen.

Das Erstgericht bewilligte den Antrag des Betreibenden. Das Rekursgericht wies den Antrag ab. Für die betriebene Kostenforderung von 9.102,97 EUR habe der Betreibende entgegen § 54 Abs 2 EO den Exekutionstitel nicht vorgelegt. Zwar sei auf den genannten Liegenschaften (gemeint: Liegenschaftsanteilen) ein simultanes Zwangspfandrecht zu AZ 26 E 110/04z des Erstgerichts auch für die Kostenforderung von 9.102,97 EUR ohne Abhängigkeit von einer Gegenleistung einverleibt. Die Bewilligung der Zwangsversteigerung ohne Vorlage einer Ausfertigung des Exekutionstitels gemäß § 135 EO setze aber voraus, dass für die hereinzubringende vollstreckbare Forderung schon ein Pfandrecht an der Liegenschaft des Verpflichteten rechtskräftig begründet worden sei. Dies sei hier wegen des gegen den

1. Bewilligungsbeschluss anhängigen Rekurses (AZ 46 R 31/05a des LGZ Wien) nicht der Fall. Demnach sei der Exekutionsantrag auch für die genannte Kostenforderung abzuweisen.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs des Betreibenden gemäß § 528 Abs 1 und 2a ZPO iVm § 78 EO nachträglich zu, weil der 1. Bewilligungsbeschluss, wie der Betreibende zutreffend aufzeige, tatsächlich unangefochten in Rechtskraft erwachsen sei; das Verfahren zu AZ 46 R 31/05a betreffe einen Aufschiebungsantrag. Im Zwangsversteigerungsantrag habe der Betreibende den Exekutionstitel für die Kostenforderung von 9.102,97 EUR (1. Bewilligungsbeschluss) nicht vorgelegt. Ob dies zulässig sei, hänge von der Auslegung des § 135 EO ab. Soweit ersichtlich, fehle Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Auslegung des Begriffs „rechtskräftig" in § 135 EO. Der Revisionsrekurs des Betreibenden ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch der zweiten Instanz nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

a) § 135 EO idF der EO-Nov 2000, der zum Teil § 138 Abs 1 EO aF entspricht, statuiert zum einen, dass es der Vorlage einer Ausfertigung des Exekutionstitels nicht bedürfe, wenn für die hereinzubringende vollstreckbare Forderung schon ein Pfandrecht an der Liegenschaft rechtskräftig begründet ist, und legt zum anderen fest, dass auf Antrag die Exekution im Rang des Pfandrechts zu bewilligen ist, wenn der betreibende Gläubiger die Identität der Forderung nachweist.

Unter „rechtskräftig begründetem Pfandrecht" versteht die Lehre dabei, dass für die betriebene Forderung entweder gemäß § 87 EO ein zwangsweises Pfandrecht begründet wurde (das auch im Grundbuch einverleibt und nicht bloß vorgemerkt wurde) oder aber, dass bei einem vertraglichen Pfandrecht gemäß § 89 EO bereits die Vollstreckbarkeit angemerkt wurde (Angst in Angst, EO, § 135 Rz 2; Neumayr in Burgstaller/Deixner-Hübner, EO, § 135 Rz 3). Von der Rsp zur Vorgängerbestimmung des § 138 Abs 1 zweiter Satz aF EO (1 Ob

407/56; 3 Ob 165/58 = EvBl 1958/280; 3 Ob 107/60; 3 Ob 19/75 = EvBl

1975/226 = NZ 1977, 91) und der Lehre (Angst aaO; Neumayr aaO),

wonach unter einem „rechtskräftig" begründeten Pfandrecht an einer Liegenschaft ein zwangsweise begründetes Pfandrecht (§ 87 EO) oder aber ein vollstreckbar gewordenes vertragsmäßiges Pfandrecht (§ 89 EO) zu verstehen ist, abzugehen, besteht für die insoweit unveränderte Rechtslage nach der EO-Nov 2000 kein Anlass.

b) Eine erhebliche Rechtsfrage stellt sich hier aus folgenden Erwägungen nicht: Zwar wurde im angefochtenen Beschluss idF vor der Berichtigung des Zulassungsausspruchs offenbar übersehen, dass der die zwangsweise Pfandrechtsbegründung bewilligende Beschluss tatsächlich unangefochten blieb. Allerdings stützte das Rekursgericht seine Antragsabweisung auch auf die fehlende Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des maßgeblichen Exekutionstitels (1. Bewilligungsbeschluss).

Dass diese Rechtsansicht unrichtig wäre, machte aber der Betreibende in seinem ursprünglichen „außerordentlichen" Revisionsrekurs ON 17 mit keinem Wort geltend. Auf Grund der ihm zugebilligten Verbesserungsmöglichkeit (vgl. dazu 3 Ob 97/05v = ON 30) - weil in seinem Rechtsmittel, soweit dieses die betriebene Kostenforderung von 9.102,97 EUR betraf, ein ausdrücklicher Antrag auf Abänderung des Zulassungsausspruchs an die zweite Instanz fehlte - brachte er nun einen zweiten Schriftsatz ON 32 ein, in dem er weitere Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO geltend machte und auch erstmals bezogen auf die Abweisung des Exekutionsantrags zur Hereinbringung von Exekutionskosten eine Rechtsrüge ausführte. Ungeachtet der Frage, ob dieser - allerdings vom Erstrichter aufgetragene - zweite Rechtsmittelschriftsatz grundsätzlich mit dem Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels (Zechner in Fasching/Konecny² § 505 ZPO Rz 4 ff mwN) und mit § 85 Abs 1 ZPO (hier iVm § 78 EO) vereinbar wäre, steht es einem Revisions-(rekurs-)werber nicht frei, sich die Rechtsmittelfrist zu Lasten der Gegenpartei de facto dadurch zu verlängern, dass er die ihm ermöglichte Verbesserung zu über diese hinausgehendem neuen Vorbringen, etwa zum Nachschieben von Rechtsmittelgründen oder zur Relevierung neuer erheblicher Rechtsfragen nützt (1 Ob 134/02s = SZ 2002/156; 3 Ob 294/05i mwN; Zechner aaO Rz 5). Eine Rechtsmittelergänzung ist im Rechtsmittelverfahren nur in dem Umfang zulässig, in dem das ursprüngliche Rechtsmittel an einem Mangel litt (vgl. 9 Ob 40/02a [zu einer Verbesserung in Ansehung des Antrags nach § 14a AußStrG 1854]; 3 Ob 294/05i). Dass - wie hier der erste Revisionsrekurs ON 17 - ein Rechtsmittel nicht in allen von der Anfechtung betroffenen Punkten gesetzmäßig ausgeführt ist, gibt keinen Anlass für eine Verbesserung (Zechner aaO § 503 ZPO Rz 32 f; § 506 ZPO Rz 18, 20 mwN). In seinem Rechtsmittel ON 17 hatte der Betreibende bereits ausgeführt, aus welchen Erwägungen entgegen der (ursprünglichen) Ansicht der zweiten Instanz die Entscheidung doch von erheblichen Rechtsfragen abhänge, dagegen eine gesonderte Rechtsrüge in Ansehung des Kostentitels aber nicht ausgeführt. Soweit er sich im Verbesserungsschriftsatz ON 32 erstmals auf das Vorliegen eines rechtskräftigen Zwangspfandrechts für die Kostenforderung nach § 135 erster Halbsatz EO stützt und darauf aufbauend nicht nur erstmals eine Rechtsrüge in Ansehung dieses zweiten Titels ausführt, sondern auch weitere erhebliche Rechtsfragen geltend macht, ist dies somit unbeachtlich (3 Ob 294/05i mwN). Mangels wirksamer Rechtsrüge kann es aber auch auf die vom Rekursgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage nicht ankommen. Es ist daher die im Ergebnis mit der von Angst (aaO Rz 3) vertretene Auffassung, auch für die ausnahmsweise Befreiung von der Verpflichtung nach § 54 Abs 2 erster Halbsatz EO sei ein ausdrücklicher Antrag auf Bewilligung der Exekution im Rang des von ihm zu bezeichnenden Zwangspfandrechtes erforderlich, was für den betreibenden Gläubiger eine, wenn auch geringfügige Erschwerung gegenüber der früheren Rechtslage brächte, übereinstimmende Rechtsansicht des Rekursgerichts nicht zu prüfen.

Nur der Vollständigkeit halber ist zum Vorbringen der Verpflichteten in ihrer vom Obersten Gerichtshof nicht freigestellten Revisionsrekursbeantwortungen ON 22 und ON 36 auszuführen, dass der für die Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof maßgebende Zeitpunkt der Tag der Entscheidung erster Instanz (Zechner in Fasching/Konecny² § 526 ZPO Rz 17 mwN), somit der 28. Dezember 2004 ist. Zu diesem Zeitpunkt war die zu einem klagestattgebenden (und nunmehr zufolge der E 3 Ob 83/06m vom 30. Mai 2006 rechtskräftigen) Urteil führende Impugnationsklage der Verpflichteten noch nicht einmal in erster Instanz anhängig geworden (Einbringungsdatum 30. Juni 2005; Entscheidung erster Instanz 14. Oktober 2005), weshalb sich weitere Ausführungen dazu und zum irrealen Vorwurf, das Gericht zweiter Instanz hätte am 8. März 2005 sein Amtswissen aus dem betreffenden Verfahren verwerten müssen, erübrigen. Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO. Das Rechtsmittelverfahren im Exekutionsverfahren ist von Rekursen nach § 84 Abs 1, § 402 Abs 1 EO abgesehen nach wie vor einseitig, soweit nicht ausnahmsweise die Anhörung des Gegners geboten erscheint (3 Ob 216/01p = SZ 2002/12; 3 Ob 162/03z, 163/03x = SZ 2004/26 u. v.a.; RIS-Justiz RS0118686), was hier nicht der Fall ist. Die Revisionsrekursbeantwortung der Verpflichteten ist daher - als nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig - nicht zu honorieren.

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