Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen die mit 15.122,70 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.265,70 S Umsatzsteuer und 1.200 S Barauslagen) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte hatte von der Klägerin eine Bar in S***** gepachtet. Am 28. 2. 1982 brannte das Pachtobjekt ab. Es entstanden in der Folge Differenzen zwischen den Streitteilen über die Abrechnung, vor allem im Zusammenhang mit der Ablöse des verpachteten Inventars. Mit Vereinbarung vom 24. 5. 1983 verpflichtete sich der Beklagte, der Klägerin an Abgeltung für das verpachtete Inventar 500.000 S und 50.000 S Zinsen zu zahlen.
Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin diesen Betrag.
Der Beklagte erhob die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit, zog sie sodann zurück und widerrief später die Zurückziehung. In der Sache beantragte er die Abweisung der Klage mit der Einwendung, er habe sich zur Zahlung des Klagsbetrags nur für den Fall verpflichtet, dass es zum Wiederaufbau des Pachtlokals komme. Da diese Bedingung nicht erfüllt worden sei, sei er zur Zuhaltung der Vereinbarung vom 24. 5. 1983 nicht verpflichtet. Im Hinblick auf diese Bedingung und die diesbezügliche Zusage der klagenden Partei habe der Beklagte auch Aufwendungen in einer den Klagsbetrag übersteigenden Höhe getätigt, welche aufrechnungsweise geltend gemacht würden. Die schriftliche Urkunde über die Vereinbarung vom 24. 5. 1983 gebe nicht den richtigen Inhalt der Vereinbarung wieder. Die Vereinbarung sei auch durch List und Irrtum seitens der klagenden Partei veranlasst worden.
Das Erstgericht gab der Klage statt und brachte in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck, dass die sachliche Zuständigkeit des Erstgerichts gegeben sei.
Das Berufungsgericht verwarf die im Zusammenhang mit der Zuständigkeitsfrage erhobene Berufung wegen Nichtigkeit und bestätigte im Übrigen das Urteil des Erstgerichts.
Beide Vorinstanzen gingen von der Feststellung aus, dass zwar im Zuge von Vorverhandlungen auch von einem Wiederaufbau der Bar die Rede gewesen sei, letztlich seien aber weder der Wiederaufbau noch ein Kaufvertrag zwischen den Streitteilen zur Debatte gestanden. Die Vereinbarung vom 24. 5. 1983 sei vielmehr ohne jede Bedingung als Abgeltung für Inventar der klagenden Partei getroffen worden. Die klagende Partei habe die Bar mit voller Einrichtung verpachtet, habe aber ihrerseits nur das Gebäude, nicht das Inventar, feuerversichert gehalten. Wohl aber sei dem Beklagten für das von ihm feuerversichert gehaltene Inventar ein Betrag von 1,2 Mio S zugekommen. Die Vereinbarung vom 24. 5. 1983 habe eine endgültige und vorbehaltslose Zahlungsverpflichtung enthalten sollen; sie sei nicht durch Irrtum oder List veranlasst worden.
In rechtlicher Hinsicht waren die Vorinstanzen der Ansicht, die Zahlungsverpflichtung vom 24. 5. 1983 müsse daher erfüllt werden.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts wendet sich die Revision des Beklagten wegen der Anfechtungsgründe nach § 503 Abs 1 Z 2, 3 und 4 ZPO (und inhaltlich auch Z 1) mit dem Antrag, es im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern oder es aufzuheben, allenfalls die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurückzuweisen.
Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Soweit in der Revision neuerlich die sachliche Unzuständigkeit des Erstgerichts geltend gemacht wird, ist darauf zu verweisen, dass diesbezüglich schon zwei Instanzen gegen die beklagte Partei entschieden haben, so dass diese Frage nicht mehr mit Revision geltend gemacht werden kann (SZ 44/81, SZ 54/190, MietSlg 32.725).
Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
In ihrer Rechtsrüge geht die Revision großteils nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, teilweise wird immer wieder der im Revisionsverfahren nicht zulässige Versuch einer Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen unternommen.
Wenn die beklagte Partei zB immer wieder auf Vorgänge vor dem Abschluss der endgültigen Vereinbarung vom 24. 5. 1983 hinweist, so haben die Vorinstanzen mit hinreichender Deutlichkeit festgestellt, dass zwar in den früheren Verhandlungen zB der Beklagte davon ausgegangen ist, das abgebrannte Lokal werde wieder aufgebaut, dass dies aber dann letztlich nicht mehr vorausgesetzt wurde. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Beklagte weiters einen Teil der Versicherungssumme für das abgebrannte Inventar jedenfalls erhalten, einen Teil freilich nicht, weil ein entsprechender Mehrbetrag dem Beklagten nur im Falle des Wiederaufbaus zugekommen wäre. Und wiederum haben die Vorinstanzen festgestellt, dass zwar in früheren Verhandlungen auch davon die Rede war, dass dem Beklagten nicht nur die niedrigere, sondern die bei Wiederaufbau gebührende höhere Summe zufließen werde, dass sich aber der Beklagte in der Vereinbarung vom 24. 5. 1983 schließlich unabhängig von diesen früheren Vorstellungen verpflichtete, „aus der ihm zugekommenen Versicherungssumme“ (Feststellung S 4 des Ersturteils), also aus der tatsächlich zugekommenen niedrigeren und nicht aus einer vielleicht in Zukunft einmal anfallenden höheren Versicherungssumme den vereinbarten Ablösebetrag zu zahlen. Inwiefern eine solche Vereinbarung „völlig ungewöhnlich und absurd“ sein soll, so dass sozusagen in rechtlicher Hinsicht der Schluss zu ziehen wäre, die Vereinbarung müsse anders ausgelegt werden, als sie tatsächlich lautet, ist nicht erkennbar. Wenn ein Pächter für ein teilweise dem Verpächter gehörendes Inventar im Rahmen der von ihm abgeschlossenen Inventarversicherung eine Feuerversicherungssumme ausbezahlt erhält (mag es sich auch nicht um die auf der Basis eines Wiederaufbaus gebührende Summe handeln), dann kann es durchaus gewöhnlich und sinnvoll sein, dass der Pächter einen Teil der Versicherungssumme an den Verpächter abführt, da er ansonsten ja zum Nachteil desselben bereichert wäre. Hier liegen also keinesfalls Feststellungsmängel vor, sondern die Feststellungen fielen im entscheidenden Punkt nicht im Sinne des Prozessstandpunkts der beklagten Partei aus, was eine andere Sache ist.
Da der Beklagte sich bei Abschluss der Vereinbarung vom 24. 5. 1983 nach den getroffenen Feststellungen der Vorinstanzen weiters über deren Inhalt genau klar war und er sich keineswegs darüber im Irrtum befand, wozu er sich jetzt endgültig verpflichtete (mag er auch früher einmal von anderen Vorstellungen ausgegangen sein), kann naturgemäß auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte „gutgläubig“ und für die Klägerin „erkennbar“, den Wiederaufbau des Gastbetriebs als Bedingung oder Geschäftsgrundlage betrachtet habe.
Der Satz im Urteil des Berufungsgerichts, es kämen die Bestimmungen der §§ 870 bis 874 ABGB schon deshalb nicht zur Anwendung, weil Feststellungen darüber nicht getroffen worden seien, dass die „Beklagte“ (gemeint die Klägerin) an den Handlungen des P***** (das ist der Ehemann der Klägerin, der unter anderem für sie den Abschluss der Vereinbarung vom 24. 5. 1983 aushandelte) teilnahm oder von denselben offenbar wissen musste, geht zwar von der unrichtigen Rechtsansicht aus, dass der Ehemann der Klägerin als ihr Vertreter hier „Dritter“ iSd § 875 ABGB sei (vgl dazu etwa Rummel in Rummel Rz 2 zu § 875 ABGB und dort angeführte Rechtsprechung). Damit wird aber nicht zur Frage Stellung genommen, ob überhaupt Feststellungen über einen Irrtum des Beklagten getroffen wurden; wie oben schon ausgeführt wurde, haben die Vorinstanzen vielmehr einen solchen Irrtum des Beklagten überhaupt verneint.
Alles in allem ist damit in rechtlicher Hinsicht ausschließlich davon auszugehen, dass die Streitteile nach der Zerstörung des zum Teil der Klägerin gehörenden Inventars, welches ausschließlich der Beklagte feuerversichert gehalten hatte, die von keiner weiteren Bedingung oder Voraussetzung abhängige Vereinbarung getroffen haben, dass der Beklagte der Klägerin den der Höhe nach mit 500.000 S an Hauptsache und 50.000 S an Zinsen vereinbarten Betrag in der vereinbarten Frist leiste. Diese Vereinbarung enthielt alle Merkmale eines Vergleichs gemäß § 1380 ABGB. Durch die Vereinbarung vom 24. 5. 1983 haben die Streitteile nämlich alle zwischen ihnen bis dahin strittig gewesenen Abrechnungsprobleme bereinigt und der Beklagte ist selbstverständlich schon aufgrund des durch diesen Vergleich geschaffenen neuen und selbständigen Rechtsgrundes zur Zuhaltung des Vergleichs verpflichtet.
Bezüglich der in erster Instanz noch geltend gemachten Gegenforderungen ist die Revision inhaltsleer, und es wird insbesondere auch nicht gerügt, dass die erste Instanz kein dreigliedriges Urteil verfasst hat.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 41 ZPO.
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