OGH 3Ob600/87

OGH3Ob600/8723.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Kellner als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Herta L***, Gastwirtin, Altenmarkt 315, vertreten durch Dr. Ernst Blanke, Rechtsanwalt in Hallein, gegen den Antragsgegner Georg L***, Arbeiter, Altenmarkt 315, vertreten durch Dr. Manfred Buchmüller, Rechtsanwalt in Altenmarkt, wegen Aufteilung der ehelichen Ersparnisse und des ehelichen Gebrauchsvermögens infolge Rekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 4.November 1987, GZ 33 b R 66/87-26, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St. Johann i.P. vom 30.März 1987, GZ F 7/86-18, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er insgesamt zu lauten hat wie folgt:

1. Die im Haus Altenmarkt 315 befindliche Ehewohnung samt Hausrat wird der Antragstellerin zugewiesen.

Der Antragsgegner ist verpflichtet, den im Parterre des Hauses Altenmarkt 315 von ihm benützten Schlafraum samt Mitbenützung des Gartens, Kellers, Dachraumes, Bad, WC und kleinem Vorraum samt Nebenräumlichkeiten zu räumen und der Antragstellerin geräumt von seinen Fahrnissen binnen 14 Tagen zu übergeben.

2. Die Antragstellerin ist verpflichtet, die im Zusammenhang mit der seinerzeitigen den Parteien gleichteilig gehörigen Eigentumswohnung in Altenmarkt im Pongau Nr 304 noch bestehenden gemeinsamen Verbindlichkeiten der Parteien bei der S*** L*** (früher: L*** S***) im Gesamtbetrag von S 185.389,49 (hievon S 84.210,99 auf Konto-Nr 741499015, und S 101.178,50 auf Konto-Nr 741499026) in ihre alleinige Rückzahlungspflicht zu übernehmen und diesbezüglich den Antragsgegner vollkommen schad- und klaglos zu stellen.

3. Das auf der Liegenschaft Altenmarkt/Pongau Nr 315 (EZ 459 KG Altenmarkt/Pongau) befindliche Blockhaus wird dem Antragsgegner ins Alleineigentum übertragen.

4. Der Antragsgegner ist verpflichtet, binnen drei Monaten ab Rechtskraft dieses Beschlusses das zu Punkt 3 genannte Blockhaus von der Liegenschaft Altenmarkt im Pongau 315 zu entfernen."

Die Verfahrenskosten werden für alle drei Instanzen gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin beantragte nach der Scheidung ihrer Ehe mit dem Antragsgegner gemäß §§ 81 f EheG, die Liegenschaft EZ 459 KG Altenmarkt mit dem Gasthausbetrieb A*** in ihrem Alleineigentum zu belassen und sie zur alleinigen Rückzahlung der offenen Verbindlichkeiten von 2,655.282,24 S zu verpflichten, die aus dem Verkauf einer früher im Hälfteeigentum beider Ehegatten stehenden Eigentumswohnung verbliebenen Verbindlichkeiten von 185.389,39 S jedem Teil zur Hälfte zur Rückzahlung aufzuerlegen und der Antragstellerin auch den Hausrat der im Gasthof A*** befindlichen Ehewohnung zuzuweisen.

Der Antragsgegner beantragte, der Antragstellerin für den Fall der Belassung der Liegenschaft in ihrem Alleineigentum eine Ausgleichszahlung von mindestens 1,5 Mio S aufzuerlegen und ihm bis zur Leistung der Ausgleichszahlung ein unentgeltliches Wohnrecht einzuräumen.

Die Antragstellerin wies in einem ergänzenden Schriftsatz darauf hin, daß die Liegenschaft, soweit sie dem Unternehmen diene, der Aufteilung entzogen sei. Der Antragsgegner sei auf die Ehewohnung nicht angewiesen, weil er bei seinen Verwandten wohnen oder als alleinstehender Mann eine Wohngelegenheit finden könne. Die Antragstellerin müsse die Räumung der Ehewohnung durch den Antragsgegner verlangen.

Der Antragsgegner behauptete demgegenüber, daß er bei einer Ausweisung aus der Ehewohnung von Obdachlosigkeit bedroht sei. Infolge seines angegriffenen Gesundheitszustandes stehe er auch vor der Arbeitslosigkeit. Er wies auf ein von ihm auf der Liegenschaft der Antragstellerin errichtetes Blockhaus hin.

Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner zur Räumung des von ihm noch benützten Teiles der Ehewohnung binnen 14 Tagen (Punkt 1), verpflichtete die Antragstellerin, Verbindlichkeiten von 185.389,49 S aus einer früher im Miteigentum der Streitteile stehenden Eigentumswohnung allein zurückzuzahlen (Punkt 2), übertrug dem Antragsgegner das Eigentum am Blockhaus und verpflichtete ihn, dieses binnen 3 Monaten zu entfernen (Punkte 3 und 4), und verwies die Parteien mit ihren weiteren Anträgen wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges auf den streitigen Rechtsweg (Punkt 6). Das Erstgericht traf im wesentlichen folgende Tatsachenfeststellungen:

Die Ehewohnung bestand während der Ehe aus zwei Schlafräumen, Bad, WC und kleinem Vorraum. Seit Jahren leben die Ehegatten insofern getrennt, als jeder einen Schlafraum allein benützt. Der Antragsgegner benützte auch ein von ihm auf dem Grund der Antragstellerin errichtetes Holzhaus. Im Zeitpunkt der Eheschließung war das Haus der Antragstellerin praktisch bezugsfertig. Der Antragsgegner ist krank und oft alkoholisiert. Seinen Arbeitsplatz bei einer Schifirma hat er verloren, sodaß er jetzt nur mehr die Arbeitslosenunterstützung bezieht. In Altenmarkt oder Umgebung könnte er für 1.000 S monatlich ein möbliertes Zimmer, für

1.500 bis 3.000 S monatlich eine kleine Wohnung mieten. Der Antragstellerin wurden die Erziehungsrechte für die beiden ehelichen Kinder Georg, geboren 1973, und Harald, geboren 1975, zugewiesen. Die Kinder sind in einem Internat, wohnen aber in den Ferien bei der Antragstellerin.

Der Antragsgegner leistete einen Beitrag von 138.000 S zur Anschaffung von Einrichtungsgegenständen für die Ehewohnung. Die Streitteile waren je zur Hälfte Eigentümer einer Eigentumswohnung, die sie dann aber wieder verkaufen mußten, woraus Verbindlichkeiten von 185.389,39 S offengeblieben sind. Auf Grund dieses Sachverhaltes war das Erstgericht der Auffassung, daß weder das Gasthaus noch die Ehewohnung in die Aufteilung einzubeziehen sei. Einerseits sei beides von der Antragstellerin in die Ehe eingebracht worden, das Gasthaus gehöre überdies zu einem Unternehmen, andererseits sei der Antragsgegner auf die Ehewohnung nicht angewiesen. Trotz seiner drohenden Arbeitslosigkeit könne er eine Wohnmöglichkeit finden. In die Aufteilung einzubeziehen seien nur die Verbindlichkeiten an der Eigentumswohnung und der Beitrag des Antragsgegners zu den Einrichtungsgegenständen. Die Gegenüberstellung dieser Werte ergebe, daß dem Antragsgegner keine Ausgleichszahlung zustehe. Infolge Rekurses des Antragsgegners hob das Gericht zweiter Instanz den Beschluß des Erstgerichtes auf und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof als zulässig.

Das Gericht zweiter Instanz billigte die Ansicht, daß das Unternehmen nicht in die Aufteilung einzubeziehen sei. Dies gelte auch für kleine Unternehmen der vorliegenden Art oder für eine voll verpfändete Liegenschaft.

Die Sache sei aber aus folgenden Gründen nicht spruchreif: Es sei unklar, welche Anträge die Parteien genau stellten bzw was überhaupt Gegenstand der Aufteilung sein solle. Es müsse geprüft werden, welche Leistungen beide Teile für die Ehewohnung und deren Einrichtung erbracht hätten. Für den Fall als sich auch bei der Ehewohnung ergeben sollte, daß sie nicht in die Aufteilung einzubeziehen sei, müsse hier wie beim Unternehmen eine antragsabweisende Sachentscheidung ergehen. Falls die Entscheidung im streitigen Rechtsweg erfolgen müsse, wären auch alle Beiträge in diesem streitigen Verfahren zu berücksichtigen, andernfalls könnten aber gewisse Mehrleistungen eines Teiles auch bei Einbringung in ein Unternehmen unter Umständen aus Gründen der Billigkeit zu einer für ihn günstigeren Aufteilung führen. Im bezug auf die Ehewohnung müsse dem Antragsgegner Gelegenheit gegeben werden, ein entsprechendes Vorbringen zu seiner Lebenssituation zu erstatten, weil unter Umständen die Belassung eines Teiles der Ehewohnung für den Antragsgegner doch der Billigkeit entsprechen könne, was freilich nur in Betracht gezogen werden könne, wenn es wirklich keine anderen Möglichkeiten gebe, weil sich sonst die Lebensbereiche der Ehegatten zu sehr berühren würden. Erörterungsbedürftig sei auch, inwieweit die Schulden aus dem Verkauf der Eigentumswohnung solche seien, die mit den ehelichen Ersparnissen in einem inneren Zusammenhang stünden, oder ob nicht vielleicht ein jetzt vom Antragsgegner behaupteter Gewinn erzielt worden sei. Man wisse auch nicht, von wem die Mittel zur Finanzierung der Eigentumswohnung gestammt hätten.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Antragstellerin ist teilweise berechtigt. Zutreffend wendet sich die Antragstellerin gegen die Auffassung der zweiten Instanz, ihr Antrag sei zu unbestimmt und sie habe insbesondere beantragt, auch das Unternehmen in die Aufteilung einzubeziehen. Zwar war ihr ursprünglicher Antrag hier mißverständlich formuliert, im Verlaufe des Verfahrens hat sie aber klargestellt, daß sich ihr Aufteilungsantrag nur auf die Ehewohnung bezieht.

Der Antragsgegner stellte zwar, ausgehend vom ursprünglichen Antrag der Antragstellerin, den Antrag, ihm eine Ausgleichszahlung zuzusprechen, welche (nur) durch seinen Beitrag zur Schaffung des Unternehmens gerechtfertigt wurde. In seiner jetzigen Rekursbeantwortung vertritt er aber selbst den Standpunkt, daß das Unternehmen nicht in die Aufteilung einzubeziehen sei. Damit kann jetzt davon ausgegangen werden, daß das Unternehmen nicht Gegenstand des Aufteilungsverfahrens ist, sodaß nicht dazu Stellung zu nehmen ist, ob auch Kleinunternehmen von der Regelung des § 83 Abs 1 Z 3 EheG erfaßt sind (vgl SZ 57/19), wie ein an den Außerstreitrichter gestellter Aufteilungsantrag über ein Unternehmen verfahrensrechtlich zu behandeln ist, ob mangels Vorliegens einer Aufteilungsvoraussetzung eine abweisende Sachentscheidung oder eine Zurückweisung des Antrags wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens oder eine Verweisung auf den Rechtsweg im Sinne der Vorgangsweise des Erstgerichtes zu geschehen habe (vgl dazu EFSlg 46.384), sondern mangels eines vorliegenden Antrages hat überhaupt keine Entscheidung zu erfolgen.

Gegenstand der Aufteilung ist damit die Ehewohnung samt Hausrat, ferner die aus dem Verkauf einer Eigentumswohnung verbliebenen Schulden und das vom Antragsgegner auf der Liegenschaft der Antragstellerin errichtete Blockhaus. Auf einen im Verfahren eher nebenher erwähnten PKW-Verkauf durch den Antragsgegner und eine Lebensversicherung des Antragsgegners kommt in dritter Instanz kein Teil mehr zurück.

Die Ehewohnung liegt zwar in einem hauptsächlich dem von der Antragstellerin betriebenen Unternehmen gewidmeten Haus. Auch eine solche Ehewohnung unterliegt jedoch der Aufteilung (EFSlg 48.938). Schon aus dem Vorbringen des Antragsgegners ergibt sich, daß dieses Haus im Zeitpunkt der Eheschließung schon bezugsfertig war, wenn auch noch verschiedene Fertigstellungsarbeiten vorgenommen wurden. Die Ehewohnung wurde daher von der Antragstellerin in die Ehe eingebracht. Gemäß § 82 Abs 2 EheG ist sie aber im vorliegenden Fall trotzdem in die Aufteilung einzubeziehen; denn der Antragsgegner ist nach den getroffenen Feststellungen krank und von Arbeitslosigkeit bedroht, sodaß er grundsätzlich zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse auf die Weiterbenützung der Ehewohnung angewiesen ist. Auch hier kommt damit keine Verweisung auf den Rechtsweg in Betracht.

Berücksichtigt man jedoch, daß die Ehewohnung zumindest zum größten Teil von der Antragstellerin eingebracht wurde, daß die Antragstellerin mit den beiden ehelichen Kindern noch mehr auf diese Wohnung angewiesen ist als der alleinstehende Antragsgegner und daß sich nach der Aufteilung die Lebensbereiche der Ehegatten möglichst wenig berühren sollen, sprechen alle Billigkeitserwägungen nach den §§ 83 und 84 EheG für eine Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin. Daß diese eine solche Zuweisung nicht eigens beantragt hat, sondern nur die Räumung der Wohnung durch den Antragsgegner begehrte, schadet nicht, weil das Gericht im Aufteilungsverfahren nicht an die Formulierung der Anträge durch die Parteien gebunden ist (EFSlg 43.784, 48.979 bis 48.982). Entgegen der hier widersprüchlichen Vorgangsweise des Erstgerichtes, nämlich die Ehewohnung ausdrücklich nicht in die Aufteilung einzubeziehen, andererseits aber einen Exekutionstitel zur Räumung zu schaffen, muß daher die Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin erfolgen und dann kann im Sinne des § 93 EheG auch die Räumung angeordnet werden.

Auch der Hausrat war der Antragstellerin zuzuweisen, weil alles dafür spricht, daß dieser nur ihr wirklich dienlich sein kann. Bei der Eigentumswohnung hat der Antragsgegner in erster Instanz den Standpunkt der Antragstellerin als richtig bezeichnet, daß der Verkauf derselben keinen Gewinn abwarf, wie dies erst jetzt als Neuerung behauptet wird. Es ist daher nicht erforderlich, hier neue Erörterungen und Beweisaufnahmen zu gestatten, sondern mit dem Erstgericht kann der dazu festgestellte Schuldenstand vorausgesetzt werden.

Beim Blockhaus wird gegen die Lösung des Erstgerichtes nichts vorgebracht.

Damit ergibt sich insgesamt folgende Verteilungssituation:

Die Antragstellerin erhält die Ehewohnung und den Hausrat. Der Antragsgegner erhält das Blockhaus. Durch die Ehewohnung erhält die Antragstellerin wertmäßig etwa das, was sie selbst in die Ehe einbrachte zurück. Beim Blockhaus erhält der Antragsgegner das, was er durch eigene Arbeitsleistung und Wertschöpfung schuf. In beiden Fällen muß daher nicht der genaue Wert erhoben werden. Den Hausrat hat hingegen möglicherweise vorwiegend der Antragsgegner finanziert, wobei als seine Leistung ein Betrag von 138.000 S festgestellt ist. Wenn der Wert dieser Beiträge jetzt nach etwa zehn bis fünfzehnjähriger Benützung mit der Hälfte veranschlagt wird, zeigt sich, daß dem Antragsgegner für den Hausrat insgesamt höchstens eine Ausgleichszahlung von etwa 70.000 S zusteht, dies nämlich dann, wenn die Antragstellerin überhaupt keine Beiträge zum Hausrat geleistet haben sollte. Diesen Betrag erhält der Antragsgegner bei Aufrechterhaltung der Lösung des Erstgerichtes indirekt dadurch, daß er mit über 90.000 S von Verbindlichkeiten befreit wird, nämlich der Hälfte der ihn treffenden Schulden aus der Eigentumswohnung. Damit entspricht die Entscheidung in bezug auf die Ausgleichszahlung der Billigkeit. Alle vom Antragsgegner immer wieder betonten Beiträge vor und nach der Eheschließung beziehen sich im wesentlichen auf das Unternehmen und können daher im vorliegenden Aufteilungsverfahren vernachlässigt werden.

Die Sache ist daher in der Weise spruchreif, daß Punkt 1 des Beschlusses des Erstgerichtes dahin abzuändern ist, daß die Ehewohnung und der Hausrat der Antragstellerin zugewiesen werden und der Antragsgner zur Räumung verpflichtet wird, daß die Punkte 2 bis 4 des Beschlusses des Erstgerichtes bestätigt werden und daß Punkt 6 des Beschlusses des Erstgerichtes ersatzlos zu entfallen hat. Bei diesem Verfahrensausgang entspricht es nach § 234 AußStrG der Billigkeit, die Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben. Der Antragstellerin ist immerhin anzulasten, in der Anfangssphase auch das Unternehmen ins Spiel gebracht zu haben, was zur Veranschlagung eines höheren Streitwertes führte. Sie drang letztlich zwar mit der Ehewohnung und dem Hausrat durch, mußte aber das Blockhaus abtreten und eine indirekte Ausgleichszahlung von über 90.000 S hinnehmen (sie hatte ja nur für die sie selbst treffende Hälfte der Verbindlichkeiten aus der Eigentumswohnung die Selbsttragung angeboten).

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