OGH 3Ob582/54

OGH3Ob582/5424.11.1954

SZ 27/298

Normen

ABGB §1330
ABGB §1330

 

Spruch:

Eine unbegrundete Strafanzeige gibt keinen Anspruch auf Widerruf und dessen Veröffentlichung.

Ein Begehren auf Unterlassung kreditschädigender Äußerungen setzt Wiederholungsgefahr voraus, besteht daher nicht bei Strafanzeige an eine Behörde.

Entscheidung vom 24. November 1954, 3 Ob 582/54.

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Nach dem unbestrittenen Sachverhalt verpflichtete sich der Kläger anläßlich der einvernehmlichen Auflösung eines Übereinkommens, wonach er für die Vermietung einer Wiederaufbauwohnung von der Beklagten eine Zinsvorauszahlung von 8000 S erhalten hatte, laut schriftlicher Vereinbarung vom 13. Feber 1953, diesen Betrag nach Fertigstellung und ehebaldigster Vermietung der Wohnung in monatlichen Teilzahlungen von mindestens 150 S an die Beklagte zurückzuzahlen. Am 14. April 1953 wurde die Wohnung sodann vom Kläger fertiggestellt und an eine dritte Person weitervermietet. Mit der Rückzahlung der Raten begann der Kläger erst im August 1953. Am 5. Mai 1953 hat die Beklagte unter Schilderung obigen Sachverhaltes gegen den Kläger die Strafanzeige wegen Verdachtes des Betruges erstattet. Das Strafverfahren wurde nach Durchführung von Erhebungen mit Beschluß vom 6. Juli 1953 gemäß § 90 StPO. eingestellt. Der Kläger stellte nun das Begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, die Ende April verbreitete Tatsache, der Kläger wäre verdächtig, sie betrogen zu haben, zu widerrufen und solche Äußerungen künftig zu unterlassen, weiters die Veröffentlichung dieses Widerrufes in drei namentlich bezeichneten Zeitungen in der üblichen Form durchzuführen.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab.

Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Durch die in der Klage gegebene Sachverhaltsschilderung erscheint allerdings entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes hinreichend konkretisiert, worin nach dem Inhalt der von der Beklagten erstatteten Strafanzeige ein betrügerisches Vorgehen des Klägers erblickt wird. Überdies wurde auf den bezüglichen Strafakt 11 Vr 1587/53 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz ausdrücklich verwiesen. Nach den vom Erstgericht aus dem Strafakt getroffenen Feststellungen ist aber die von der Beklagten mitgeteilte unwahre Tatsache nicht, wie das Berufungsgericht vermeint, in dem in der Anzeige ausgesprochenen Betrugsverdacht zu erblicken, sondern in der nach dem eindeutigen Inhalt der Anzeige erkennbaren Behauptung, daß die Rückzahlung des Betrages von 8000 S in monatlichen Raten von 150 S von der Beklagten nach Fertigstellung der Wohnung versprochen, die Fertigstellung der Wohnung aber gar nicht mehr in Angriff genommen wurde, so daß die Beklagte durch die Vorgabe, die Wohnung fertigzustellen, vom Kläger in Irrtum geführt worden sei. Wenngleich nach dem Inhalt der Anzeige ein betrügerisches Vorgehen des Klägers nur verdachtsweise behauptet wird, so reicht dies zur Herstellung des Tatbestandes des § 1330 Abs. 2 ABGB. völlig hin, da es sich nach der bezogenen Gesetzesstelle nicht nur um eine feststehend behauptete Tatsache handeln muß, sondern, wie sich aus dem letzten Satz ergibt, jede Mitteilung darunter fällt, die dem anderen schaden kann, auch wenn sie in Form einer Vermutung ausgesprochen wird. Nur unbestimmte Verdächtigungen allgemeiner Art fallen nicht unter diese Gesetzesstelle (vgl. ZBl. 1927, Nr. 319). Da es sich jedoch bei der Anzeigenerstattung der Beklagten um eine nicht öffentlich vorgebrachte Mitteilung, sohin nicht um eine Verbreitung von kreditschädigenden Tatsachen im Sinne des ersten Satzes des 2. Absatzes des § 1330 ABGB. handelt, erscheint das nur in diesen Fällen vorgesehene Begehren auf Widerruf und Veröffentlichung gesetzlich nicht begrundet. Aber auch das Begehren, die kreditschädigende Äußerung künftig zu unterlassen, könnte im Falle einer nicht öffentlich vorgebrachten Mitteilung nur dann als gerechtfertigt angesehen werden, wenn Wiederholungsgefahr besteht. Dies muß aber nach der Sachlage dann als ausgeschlossen gelten, wenn, wie im vorliegenden Fall, eine Strafanzeige erstattet wurde, daher die nicht öffentlich vorgebrachte Mitteilung an eine Behörde ergangen ist, die dieser zum Anlaß obrigkeitlicher Untersuchung gegen den Angezeigten gedient hat, das hierüber eingeleitete Strafverfahren jedoch gemäß § 90 StPO. eingestellt wurde. Der Kläger könnte daher nur bei Nachweis wirklichen Schadens oder entgangenen Gewinnes gemäß § 1330 Abs. 1 ABGB Ersatz fordern.

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Stichworte