OGH 3Ob581/90

OGH3Ob581/907.11.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Wolfgang W***, geboren 6.Juni 1974, Perchtoldsdorf, Donauwörtherstraße 31/3/8, vertreten durch die Mutter Herta Josefine W***, ebendort, infolge Revisionsrekurses des Vaters Gerhard W***, Angestellter, Perchtoldsdorf, Herzogbergstraße 105, vertreten durch Dr. Josef Schima, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 21.Juni 1990, GZ 44 R 392/90-64, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 17.Mai 1990, GZ 1 P 96/86-60, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Vater ist gemäß gerichtlichem Vergleich vom 30.6.1988 verpflichtet, für seinen ehelichen Sohn Wolfgang, geboren 6.6.1974, seit 1.7.1988 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 6.000 S zu leisten. Im Juli 1989 stellte er den Antrag, den Unterhaltsbetrag herabzusetzen, weil Wolfgang im September 1989 eine Tischlerlehre antrete. In einer Rechtsmittelschrift des ersten Rechtsganges präzisierte der Vater seinen Antrag dahin, daß er eine Herabsetzung auf 3.500 S monatlich anstrebe.

Das Erstgericht erhob im zweiten Rechtsgang auf Grund einer Lohnauskunft des Dienstgebers vom 8.11.1989 und einer Auskunft der Gemeinde vom 13.12.1989 das Einkommen des Vaters als Angestellter und als Gemeinderat. Am 23.2.1990 legte der Vater über Aufforderung des Erstgerichtes die Heiratsurkunde über seine zweite Ehe vor. Im März 1990 wurde noch geprüft, wieviel Unterhalt der Vater seinem schon volljährigen Sohn Gerhard noch leiste.

Mit Beschluß vom 17.5.1990 setzte das Erstgericht den Unterhaltsbetrag ab 1.9.1989 ohne ausdrückliche Abweisung des Mehrbegehrens von bisher 6.000 S auf 5.000 S monatlich herab. Es ging von einem Nettoeinkommen des Vaters von 44.428 S als Angestellter und 3.868 S als Gemeinderat und einer Lehrlingsentschädigung des Sohnes von 2.478 S monatlich aus, wovon aber (pro Lehrjahr) 5.300 S Internatskosten anfielen. Diese Einkommensverhältnisse rechtfertigten eine Herabsetzung auf nur 5.000 S, mit welchem Betrag die Mutter einverstanden sei; denn nach der Prozentjudikatur müßte der Vater 22 % abzüglich 3 % für die geschiedene Ehefrau, 2 % für die teilweise berufstätige zweite Ehefrau und 1 % für den noch teilweise versorgten Sohn Gerhard, also 16 % seines Einkommens leisten, was mehr als 5.000 S plus 2.478 S Eigeneinkommen ergebe.

In seinem Rekurs machte der Vater erstmals geltend, daß er seit 1.1.1990 als Angestellter nur mehr 42.000 S monatlich netto verdiene und seit 1.4.1990 keine Funktionsgebühr von der Gemeinde mehr erhalte. Er müsse daher nur mehr 16 % von 42.000 S, nämlich 6.700 S leisten, was abzüglich der Lehrlingsentschädigung ca 4.200 S ergebe, die der Sohn noch benötige.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes. Es vertrat die Ansicht, daß das Erstgericht zwar von Amts wegen das Einkommen erheben mußte. Änderungen seit der Erhebung hätten aber ohne Geltendmachung des Vaters nicht geprüft werden müssen. Die im Rekurs geltend gemachten Neuerungen hielten sich daher nicht im Rahmen des antragsbegründenden Vorbringens. Es liege keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor. Aber selbst wenn man von einem Einkommen des Vaters von nur 42.000 S ausgehen wollte, wäre ein monatlicher Unterhaltsbetrag von 5.000 S noch angemessen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Wie der erkennende Senat zum Teil entgegen einer vereinzelt gebliebenen Entscheidung des 5. Senates (EvBl 1990/134) schon wiederholt ausgesprochen hat (3 Ob 547/90 = Jus Extra 1990/505; 3 Ob 577/90), welcher Ansicht auch andere Senate des Obersten Gerichtshofes gefolgt sind (6 Ob 570/90, 6 Ob 624/90, 1 Ob 594/90, 1 Ob 627/90), sodaß schon eine hinreichend gefestigte Judikatur vorliegt, darf die Lehrlingsentschädigung nicht einfach vom sogenannten Regelbedarf abgezogen werden. Denn dies würde bedeuten, daß der Eigenverdienst des Minderjährigen ausschließlich dem Elternteil zugute käme, der seinen Unterhaltsbeitrag nicht durch die Führung des Haushaltes, in dem er das Kind betreut, leistet (§ 140 Abs 2 ABGB). Zieht man von der Lehrlingsentschädigung noch den berufsbedingten Mehraufwand (Internat) ab, so zeigt sich im vorliegenden Fall, daß ein Unterhaltsbetrag von 5.000 S selbst dann angemessen ist, wenn man von den vom Vater vorgetragenen Neuerungen ausgeht.

Zu dem Problem, ob das Pflegschaftsgericht bei längerer Dauer der Erhebungen trotz fehlender Bekanntgabe durch den Unterhaltspflichtigen von Amts wegen unmittelbar vor der Fassung eines Unterhaltsbemessungsbeschlusses auf jeden Fall eine neuerliche Überprüfung der Einkommensverhältnisse zu veranlassen hat und andernfalls dazu Neuerungen in zweiter Instanz zulässig sind, muß daher in der vorliegenden Rechtssache nicht Stellung genommen werden. Kommt aber dieser Verfahrensfrage keine Bedeutung zu, so wird im Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG aufgezeigt, weshalb der Revisionsrekurs unzulässig ist.

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