OGH 3Ob566/95

OGH3Ob566/9531.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** AG, ***** vertreten durch Wolf, Theiss & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Dr.Werner L*****, 2.) Franz Erwin B*****, 3.) Karl G*****, 4.) Mag.Wolfgang K*****, 5.) Gerhard M*****, 6.) Rudolf W*****, 7.) Georg Z*****, 8.) Erich Z*****, alle vertreten durch Dr.Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien, wegen Unwirksamerklärung eines Schiedsspruches (Streitwert S 480.000,--), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 24. März 1994, GZ 1 R 31/94-24, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 1.November 1993, GZ 31 Cg 310/92-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß auch das Begehren, der Schiedsspruch des Schiedsgerichtes der Wiener Wertpapierbörse vom 7.5.1992, AZ E 1/92, sei in Punkt 1. unwirksam, abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 103.564,-- (darin enthalten S 13.654,-- USt und S 21.640,-- Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist Freier Makler; die Beklagten sind Börsesenale an der Wiener Börse.

Die klagende Partei ficht das ihr am 20.5.1992 zugestellte Erkenntnis des Schiedsgerichtes der Wiener Wertpapierbörse vom 7.5.1992, E 1/92-10, mit der am 19.6.1992 eingebrachten Unwirksamkeitsklage gemäß Art XXV EGZPO an.

In diesem Verfahren vor dem Börsenschiedsgericht traten die nunmehrigen Beklagten als Kläger auf, beklagte Parteien waren drei Makler, und zwar die L***** GmbH und die T***** GmbH Erst- und Zweitbeklagte sowie die nunmehrige klagende Partei Drittbeklagte. Mit dem Erkenntnis vom 7.5.1992 stellte das Schiedsgericht fest, daß die Drittbeklagte gegen die Kläger keinen Anspruch auf Ermäßigung der vom Landeshauptmann für Wien gemäß § 39 Abs 2 BörseG bestimmten Mäklergebühren hat; das entsprechende Klagebegehren gegen die Erst- und Zweitbeklagten wurde hingegen abgewiesen.

Das Schiedsgericht der Wiener Wertpapierbörse führte in den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses zur Zuständigkeit aus, bei dem Streit handle es sich um die Frage, in welcher Höhe die beklagten Parteien als Auftraggeber von Börseaufträgen an die Börsesensale für die von diesen vermittelten Börsegeschäfte Courtage zu zahlen haben. Es liege sohin ein Streit über ein Börsegeschäft vor, für das schon nach § 27 Abs 4 BörseG, jedenfalls aber nach Art XIII a Abs 2 EGZPO die Zuständigkeit des Börsenschiedsgerichtes gegeben sei.

Zur Sache führte das Schiedsgericht aus, die klagenden Parteien stellten das Klagebegehren mit der Begründung, daß sie den beklagten Parteien für die in den Monaten Jänner und Februar vermittelten Börsegeschäfte Mäklergebühren, die gemäß der Verordnung des Landeshauptmanns für Wien vom 5.6.1990, LGBl 1990/35, berechnet worden seien, vorgeschrieben hätten. Die Beklagten hätten zwar die vorgeschriebenen Beiträge bezahlt und auch keine Einwendung gegen die Geschäfte und die rechnerische Richtigkeit der Beträge erhoben, sie hätten jedoch Anspruch auf einen Nachlaß auf den amtlichen Tarif in der Höhe von 50 % geltend gemacht und die Zahlung nur unter Vorbehalt der Rückforderungdifferenz geleistet. Ihren Anspruch auf 50 % Nachlaß hätten sie auf den Umstand gegründet, daß die Kläger bis 31.12.1991 von allen Freien Maklern jeweils nur die Hälfte der amtlich festgelegten Mäklergebühren gefordert hätten. Diese Begünstigung sei jedoch mit diesem Tag eingestellt worden, nachdem sich ihre Rechtswidrigkeit herausgestellt habe und von Seiten nicht begünstigter Börsemitglieder auch geltend gemacht worden sei. Durch den Vorbehalt der Rückforderung seien die Kläger gezwungen, Liquiditätsreserven anzulegen; sie seien dadurch in der freien Verwendung ihrer Mittel beschränkt. Außerdem werde durch die öffentliche Erörterung des Standpunktes der Beklagten, daß sie durch eine willkürliche Maßnahme der Kläger in ihren Rechten verletzt und wirtschaftlich benachteiligt sein, der Ruf der Kläger geschädigt, sodaß ein Feststellungsinteresse gegeben sei.

Die Beklagten bestritten das Klagebegehren, beantragten kostenpflichtige Klagsabweisung und wendeten ein, daß es sich bei dem Courtage-Teilungsabkommen mit den Sensalen, wonach die Makler nur die halbe Gebühr zu bezahlen haben, um Gewohnheitsrecht bzw um einen Handelsbrauch handle, der schon seit Jahrzehnten geübt werde und nicht einseitig durch die Sensale gebrochen werden könne. Das Courtage-Teilungsabkommen sei weiters eine verbindliche Vereinbarung, die nicht durch einseitige Erklärung aufgelöst werden könne. Eine Kündigungsmöglichkeit sei im Abkommen nicht vorgesehen; daher sei die Kündigung, die von den Beklagten nicht angenommen worden sei, nicht rechtswirksam. § 39 Abs 6 BörseG lasse ausdrücklich eine Vereinbarung der Parteien über die Mäklergebühren zu; auch in der Verordnung des Landeshauptmanns finde sich kein wie immer gearteter Hinweis, daß eine Vereinbarung über die Courtagen zwischen den Sensalen und den Freien Maklern nicht zulässig sei. Dem Gesetzgeber könne weder unterstellt werden, daß er die Dispositionsfreiheit der Sensale und der übrigen Börsemitglieder einschränken und durchaus sinnvolle Einzelregelungen unmöglich machen wollte, noch daß er in eine bestehende Vereinbarung wie das Courtage-Teilungsabkommen eingreifen wollte. Im übrigen hätten die Sensale mit den Banken für bestimmte ÖTOB-Orders Courtagefreiheit vereinbart. Schließlich sei das Klagebegehren unbestimmt; ein Feststellungsinteresse der Kläger sei nicht gegeben.

Die Kläger replizierten, das im Jahr 1949 zustandegekommene Übereinkommen sei auf anderen rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen aufgebaut. Zu entscheiden sei, ob es sich bei der Sensalengebühr um einen amtlichen Tarif handle und ob Abweichungen für einzelne Gruppen zulässig seien. Obersenatsrat Dr.L***** habe im Zuge der Verhandlungen über die Courtagenherabsetzung behauptet, es handle sich um einen amtlichen Tarif, Vereinbarungen darüber seien nicht zulässig. Im übrigen würden sich die Beklagten auf widersprechende Tatbestände berufen. Einerseits behaupteten sie, es handle sich um Handelsbrauch, dann wieder, es liege ein Vertrag vor. Ein Vertrag, der nicht befristet sei und in dem die Kündigung nicht ausgeschlossen sei, könne gekündigt werden. Gewohnheitsrecht und Handelsbrauch könnten nicht gegen das Gesetz bestehen. Im übrigen habe sich auch die Rechtslage durch das Börsegesetz völlig geändert. Bis dahin seien Freie Makler nach Bedarf ernannt worden. Nunmehr könne jedermann, der die gesetzlichen Voraussetzung erfülle, Freier Makler werden. Vorher sei die Zulassung eines Tochterinstitutes einer Bank als Freier Makler unmöglich gewesen. Was schließlich die sogenannte Courtagenfreiheit für Marketmakeraufträge in ÖTOB-Werten anlange, so handle es sich hier nicht um Orders. Die betreffenden Händler würden nur Spannen bekanntgeben und hätten keinen Anspruch auf Ausführung zu der von ihnen genannten Spanne.

Die Beklagten wendeten hingegen ein, auch durch die Verordnung des Landeshauptmanns von Wien aus dem Jahr 1990 habe sich der Rechtszustand nicht geändert. Es seien nur die Courtagensätze geändert worden. Der Text dieser Verordnung sei seit 1960 gleichlautend. Im Protokoll des Unterausschusses sei ausdrücklich festgehalten, daß eine endgültige Lösung getroffen werden solle. Beide Berufsgruppen sollten gleichartige Verdienstmöglichkeiten erhalten. Eine solche Vereinbarung sei, da eine Kündigungsmöglichkeit nicht vorgesehen sei, nicht einseitig auflösbar. Es wäre nur eine Auflösung bei schweren Vertragsverstößen einer Partei möglich. Solche würden in der Klage nicht behauptet. Die wirtschaftliche Situation habe sich zu ungunsten der Makler geändert. Im übrigen sei das Abkommen von beiden Seiten seit Jahrzehnten als Recht angewendet worden. Daß es sich bei Courtagensätzen nicht um ununterschreitbare absolute Sätze handle, gehe auch aus einem Schreiben der Wiener Börsekammer vom 12.10.1989, Z 1139-5620/89 hervor, wonach es sich um "Höchstgrenzen" handle. Was die ÖTOB-Aufträge anlange, so gäben die Händler die Orderzettel beim Sensal ab, die dieser beim Aufruf berücksichtige. Die Aufträge spielten daher schon eine Rolle; man könne daher von verdeckten Orders sprechen.

Das Schiedsgericht stellte aus dem Protokoll der Wiener Börsekammer über die Sitzung des Unterausschusses zur Regelung der Courtagen zwischen Sensalen und Freien Maklern vom 5.3.1949 fest, daß in den Beratungen, die fünfeinviertel Stunden dauerten, die Frage vor allem vom sozialen und wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet wurde. Der damalige Börserat der Freien Makler habe mehrmals erklärt, daß die Freien Makler nicht das Auslangen finden könnten. Über Druck des Ausschusses, der als ultima ratio eine Präsidialentscheidung in Aussicht gestellt habe, sei dann der Vorschlag des Ausschusses von beiden Berufsgruppen angenommen worden, der folgendermaßen lautet:

"Die Freien Makler zahlen den Sensalen folgende Courtage: Im Schranken: die halbe Courtage, in Bundesschuldverschreibungen: 1/2 Promille vom Kurswert, die Sensale beim Freien Makler die halbe Courtage".

Das Schiedsgericht führte rechtlich aus, bei der Courtagenteilung handle es sich um ein Abkommen, das, da es auf wiederholte Anwendung ausgelegt sei, ein Dauerschuldverhältnis sei. Ein solches Abkommen könne, selbst wenn es über Jahrzehnte angewendet werde, nicht zu Gewohnheitsrecht werden. Dazu gehöre nämlich nicht bloß die regelmäßige faktische Übung (wie beim Handelsbrauch), sondern auch noch die opinio iuris, das heißt die allgemeine Überzeugung, daß der Inhalt der Übung nicht etwa bloß zweckmäßig oder sozial ethisch geboten, sondern vielmehr auch rechtlich geboten sei, also notfalls mit Rechtszwang durchgesetzt werden könne. Auch von einem Handelsbrauch könne man nicht sprechen, weil die Sensale keine Kaufleute seien und der Handelsbrauch nur eine Auslegungsregel darstelle und außerdem durch ausdrückliche einseitige Erklärung ausgeschlossen werden könne. Bei auf unbestimmte Zeit eingegangenen Dauerschuldverhältnissen gebe es die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung und der vorzeitigen Lösung. Allerdings sei bei auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Dauerschuldverhältnissen, bei denen eine Kündigung nicht ausdrücklich vereinbart worden sei, stets die Absicht der Parteien zu erforschen, die unter Umständen auch darauf gerichtet sein könne, die freie Kündbarkeit ohne Angabe von Gründen nicht ohne weiteres zuzulassen. Darüber hinaus sei auch noch die Frage der Geschäftsgrundlage in die Erörterung einzubeziehen, insbesondere dann, wenn das Geschäft auf bestimmten rechtlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen aufbaue und sich diese nachträglich ändern. Dabei könne es wegen des im Endeffekt gleichbleibenden Ergebnisses dahingestellt bleiben, ob der Wegfall der Geschäftsgrundlage im Wege der Vertragsauslegung zu einem Kündigungsrecht führe oder als wichtiger Grund zur vorzeitigen Vertragsauflösung angesehen werde oder ob man den Wegfall der Geschäftsgrundlage als eigenen Auflösungsgrund ansehe.

Es könne keinem Zweifel unterliegen, daß sich sowohl die wirtschaftlichen als auch die rechtlichen Verhältnisse, unter denen das seinerzeitige Courtage-Teilungsabkommen geschlossen wurde, seither, insbesondere durch das BörseG 1989, ganz entscheidend verändert hätten. Im Jahr 1949 habe es 11 Freie Makler gegeben, die alle ihre Tätigkeit als nicht protokollierte Einzelgewerbetreibende ausgeübt hätten, und 7 Sensale, die alle zusammen aus einem geradezu minimalsten Börsenumsatz ihr Auskommen finden mußten. Während nun die Sensale wenigstens aufgrund ihres Vermittlungsmonopols eine gewisse Einkommensgarantie gehabt hätten, seien die Freien Makler mangels eines eigenen Betätigungsfeldes völlig ressourcenlos gewesen. Das Courtage-Teilungsabkommen habe dazu gedient, den Freien Maklern wenigstens ein bescheidenes Auskommen zu ermöglichen; dies hätten die Sensale nur unter Druck des Ausschusses akzeptiert. Keineswegs sei es Zweck des Abkommens gewesen, den Freien Maklern an sich diese Ermäßigung zuzugestehen.

Die rechtlichen Verhältnisse seien wiederum damals so gewesen, daß die Zulassung eines Mitglieds (und insbesondere eines Freien Maklers) im freien Ermessen der Börsekammer gestanden sei (§ 11 Börseordnung 1949). Auf der Basis dieser Bestimmung und unter Berücksichtigung der schlechten wirtschaftlichen Lage der Freien Makler habe daher auch der Kartenauschuß der Wiener Börsekammer unmittelbar nach dem Courtage-Teilungsabkommen am 17.6.1949 den grundsätzlichen Beschluß gefaßt, Freie Makler bis auf weiteres nicht zuzulassen, weil schon die vorhandenen so gut wie gar nicht beschäftigt seien. Diese Haltung sei damals aufgrund der Beschwerde eines nicht zugelassenen Freien Maklers auch vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18.10.1950, Z 2049/94, geteilt worden. Im Jahre 1984 sei dann in der Börseordnung (§ 12 Abs 3) festgelegt worden, daß für die Zulassung eines Freien Maklers ein entsprechender Bedarf der Börse nach zusätzlichen Freien Maklern erforderlich sei. Somit habe die Wiener Börsekammer bis zum Inkrafttreten des neuen Börsegesetzes die Möglichkeit gehabt, nicht nur die Zahl der Freien Makler zu begrenzen, sondern darüber hinaus auch die rechtliche Qualität der Freien Makler zu beurteilen. Es wäre daher bis 1989 vom Kartenausschuß weder eine Makler AG mit S 180 Mio Grundkapital noch eine 100 %-ige Tochter einer Bank als Makler zugelassen worden. Somit habe die Wiener Börsekammer bis 30.11.1989 die Anzahl und den Kreis der Personen, die das Courtage-Teilungsübereinkommen in Anspruch nehmen konnten, steuern können.

Mit dem Börsegesetz 1989 habe sich diese Rechtsgrundlage entscheidend geändert. Nach § 14 f BörseG hätten alle protokollierten Einzelkaufleute, Personengesellschaften des Handelsrechtes und juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechtes, die zur Ausübung des Gewerbes der Freien Makler nach der Gewerbeordnung 1973 berechtigt sind, einen bei den Gerichten des öffentlichen Rechtes durchsetzbaren Anspruch auf Zulassung. Gerade die in der Börseordnung 1984 enthaltene Bedarfsprüfung sei Anlaßfall für die Aufhebung der Börseordnung durch den Verfassungsgerichtshof gewesen. Sohin könnten jetzt nicht nur Aktiengesellschaften (wie die Drittbeklagte) oder Töchter von Banken (wie die nicht am Prozeß beteiligte, aber die Börsenmitgliedschaft besitzende Maklerfirma D***** GmbH) Freie Makler werden; es könne auch nicht verhindert werden, daß Versicherungsunternehmen (die von der Börse ausgeschlossen seien) zur Abwicklung ihrer Wertpapiergeschäfte eine Freie Maklerfirma gründen (was in Versicherungskreisen seit längerem diskutiert werde) und diese die Börsezulassung beantrage; ebenso könnten ausländische Banken, um die Zulassung als Bank nach dem österreichischem Kreditwesengesetz zu umgehen, zur Durchführung von Wertpapiergeschäften in Österreich eine Maklerfirma gründen, welche die Börsenzulassung beantrage. Durch die Änderung der Rechtslage infolge des Börsegesetzes 1989 könnten sich daher jedenfalls Maklerfirmen, die nach Inkrafttreten des Börsegesetzes die Mitgliedschaft zur Wiener Wertpapierbörse erworben haben oder in Zukunft erwerben, nicht mehr auf das Courtage-Teilungsübereinkommen berufen, weil dadurch dieses Abkommen nicht mehr auf einen bestimmten abgrenzbaren Personenkreis anwendbar wäre, sondern praktisch für alle, die als Makler Mitglied der Wiener Wertpapierbörse werden, gelten würde. Dieses Übereinkommen habe jedoch nicht den Zweck gehabt, die Makler an sich zu begünstigen, sondern den in einer schlechten wirtschaftlichen Situation befindlichen Maklern ein Überleben zu sichern. Die Situation derjenigen Maklerfirmen, die vor Inkrafttreten des Börsegesetzes die Mitgliedschaft erworben haben, sei etwas anders. Sie hätten bei ihrem Beitritt die zukünftige Änderung des Börsegesetzes nicht absehen können und hätten daher ihre Geschäfte darauf eingestellt. Zweck des Courtage-Teilungsabkommens sei gewesen, elf kleinen Gewerbetreibenden halbwegs das Überleben zu ermöglichen. Daher sei auf diese Maklerfirmen zunächst das Courtage-Teilungsübereinkommen noch anzuwenden, allerdings auch nur so lange, als diese Geschäftsgrundlage zutreffe. Daß die Firmen jetzt protokolliert und aus Haftungsgründen die Rechtsform der GmbH gewählt worden sei, schade so lange nicht, solange es sich im Prinzip noch um Maklerfirmen handle, an denen die Makler, die an der Börse tätig werden, das gesamte Grundkapital selbst oder mit ihren Ehefrauen halten, somit die Erträgnisse aus dem Maklergeschäft diesen Maklern selbst so zufließen, als übten sie das Maklergeschäft als Einzelkaufmann aus. Sowohl die Börseordnung 1984 als auch das Börsegesetz 1989 verlangten nunmehr auch von den Maklerfirmen, daß sie protokolliert sind. Trete allerdings bei diesen Maklerfirmen eine Veränderung in der Eigentümerstruktur ein, indem andere Personen als diejenigen, die eine Maklertätigkeit an der Börse ausüben, wesentliche Anteile erwerben, könne nicht mehr davon gesprochen werden, daß der Zweck des Courtage-Teilungsübereinkommens, den kleinen Freien Maklern ein gedeihliches Auskommen zu sichern, gegeben sei. Dieses Übereinkommen solle ja nicht dazu dienen, Kapitalanlagen in Maklerfirmen eine bessere Rendite zu geben als etwa der Anlage in Aktien einer auf das Wertpapiergeschäft spezialisierten Spezialbank. Als Beispiel dafür sei die E*****bank mit einem Grundkapital von S 500,000.000,-- erwähnt, die, weil sie diese Tätigkeit nicht als Maklerfirma, sondern aufgrund einer Bankkonzession ausübe, die volle Courtage zahlen müsse und daher zweifellos gegenüber einer Maklerfirma mit S 180,000.000,-- Grundkapital benachteiligt wäre.

Auf den Streitfall angewendet bedeute dies, daß die Erst- und Zweitbeklagten vor Inkrafttreten des Börsegesetzes die Mitgliedschaft zur Wiener Börse als Makler erworben hätten, und zwar die Erstbeklagte am 16.5.1989 und die Zweitbeklagte am 23.8.1989; ungeachtet der Rechtsform als GmbH sei infolge der Kapitalverhältnisse der personale Charakter der Ausübung des Maklergeschäftes gegeben, sodaß das Courtage-Teilungsübereinkommen, solange in den Eigentumsverhältnissen an den Gesellschaften keine Änderung eintrete, gegenüber dem Erst- und Zweitbeklagten weiter anzuwenden sei, sodaß insoweit das Klagebegehren abzuweisen sei.

Die Drittbeklagte sei eine Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von S 180,000.000,-- und stehe überdies im Mehrheitsbesitz einer Bank (***** AG). Die Maklerfirma D***** GmbH sei überhaupt eine 100 %-ige Tochter der ***** Bank und sei zum ausdrücklichen Zweck gegründet worden, das gesamte Wertpapiergeschäft ihrer Mutter an der Börse abzuwickeln; dies mache sie auch tatsächlich. Es sei keineswegs Zweck des Courtage-Teilungsübereinkommens gewesen, Banken einen günstigen Zugang zum Sekundärmarkt zu schaffen. Eine derartige Vorgangsweise (halbe Courtage) bedeute für die betreffenden Institute, daß sie einen Kostenvorteil gegenüber anderen Banken besitzen. Damit würden aber der Wettbewerb zwischen Banken beeinträchtigt oder würden die übrigen Banken gezwungen, ebenfalls Freie Maklerfirmen zu gründen. Sohin sei jedenfalls das Courtage-Teilungsübereinkommen zwischen den Klägern und der Drittbeklagten nicht mehr anzuwenden, wobei es dahingestellt werden könne, ob dieses Abkommen infolge der Kündigung aus wesentlichen Gründen oder aus wichtigen Gründen an sich oder wegen Wegfalls der Vertragsgrundlage aufgelöst sei, weil jedenfalls nur Auflösung ex nunc verlangt werde und die Auflösung mit einer angemessenen Frist erklärt worden sei.

Die nunmehrige klagende Partei (im Schiedsverfahren Drittbeklagte) brachte zur Begründung ihrer Unwirksamkeitsklage gemäß Art XXV EGZPO vor, an der Wiener Börse gebe es acht Börsesensale (nämlich die nunmehrigen Beklagten) und fünf Freie Makler, darunter die Klägerin. Beim wirtschaftlich dominierenden Amtlichen Handel bestehe gemäß § 56 Abs 2 BörseG ein Vermittlungsmonopol der Börsesenale, sodaß die Klägerin alle Aufträge über im Amtlichen Handel an der Wiener Börse notierte Wertpapiere nur unter Einschaltung der Beklagten durchführen könne und dürfe. Die Klägerin müsse die über das Auftragsvermittlungssystem PATS eingespielten Orders von Kunden unmittelbar an die Börsesensale weitergeben. Da für die Beklagten ein gemeinsamer Anschluß bestehe, könne die Klägerin ihr erteilte Kundenorders nicht an einen bestimmten Börsesensal weiterleiten. Erst im EDV-Bereich der Beklagten erfolge dann die buchmäßige Auftragsdurchführung, und zwar großteils im Wege eines Ausgleichs der entgegengesetzten Aufträge für bestimmte Papiere. Die Einkünfte der Klägerin aus der Maklerei mit im Amtlichen Handel notierten Papieren beliefen sich 1991 auf 2/3 ihrer Gesamteinkünfte und seien eine existenznotwendige Einkunftsquelle, weil im freien Handel bedeutend geringere Umsätze und Einkünfte erzielt würden. Die Beklagten verrechneten für die Weitergabe der Kundenorders eine Courtage, deren Höhe sich nach der Verordnung des Landeshauptmanns von Wien vom 6.6.1990, LGBl 35 bestimme; diese Sätze könnten unterschritten werden. Seit 1949 sei es Übung gewesen, daß die beklagten Börsesensale den Freien Maklern nur den halben Courtage-Satz verrechnet hätten, so daß diese ihren Kunden ebenfalls eine Courtage verrechnen konnten; dies stelle für alle Makler die wesentlichste Einkunftsquelle dar. Im Sommer 1991 hätten sich die Beklagten auf den Standpunkt gestellt, es handle sich um Pflichttarife. Seit 1.1.1992 verlangten die Beklagten daher von der Klägerin die Bezahlung des höchstzulässigen Courtage-Satzes. Dadurch werde der Klägerin die Möglichkeit genommen, durch ihre Maklertätigkeit im gesamten Bereich des Amtlichen Handels an der Wiener Börse Einkünfte zu erzielen. Im Gegensatz dazu seien die Maklerfirmen L***** GmbH und T***** GmbH aufgrund des angefochtenen Schiedsspruchs weiterhin berechtigt, den Beklagten nur den halben Courtage-Satz zu bezahlen und daher auch im Bereich des Amtlichen Handels für ihre Kundenorders entsprechende Einkünfte zu lukrieren. Für die Klägerin sei es wirtschaftlich völlig unmöglich, ihre Kunden für die gleiche Leistung mit höheren Kosten zu belasten, ohne diese Kunden sofort zu verlieren. Die willkürliche Differenzierung des Schiedsgerichtes zwischen der Klägerin und anderen Freien Maklern führe somit dazu, daß die wirtschaftliche Existenz der Klägerin durch Beseitigung ihrer wesentlichsten Einkunftsmöglichkeiten in Frage gestellt werde.

Die Rechtsansicht des Schiedsgerichtes, zwischen der Klägerin und den Beklagten habe aufgrund einer im Jahr 1949 zwischen den Börsesensalen und den Freien Maklern getroffenen Vereinbarung ein Dauerschuldverhältnis bestanden, sei unrichtig. Vielmehr liege dem Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten auf Bezahlung nur des halben Courtage-Satzes seit 1949 praktiziertes Gewohnheitsrecht zugrunde. Die Voraussetzungen der im Jahr 1949 getroffenen Vereinbarung hätten sich nicht geändert. Nach wie vor erzielten die Börsesensale bei den ihnen von den Freien Maklern aufgrund des Vermittlungsmonopols der Börsesensale zwangsweise zugeführten Geschäften ein arbeitsloses Einkommen; die Tätigkeit der Freien Makler stelle eine Notwendigkeit für das Funktionieren der Wiener Börse dar. Die Ansicht des Börsenschiedsgerichtes, bis zum Inkrafttreten des BörseG wären eine Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von S 180,000.000,-- oder eine 100 %-ige Bankentochter nicht als Freier Makler zugelassen worden, sei unrichtig; eine derartige Vorgangsweise der Wiener Börse wäre auch willkürlich und verfassungswidrig gewesen. Die Begründung des Schiedsspruches mit einem allfälligen Wegfall der Geschäftsgrundlage gehe fehl; auch nach Inkrafttreten des BörseG sei über zwei Jahre hinweg weiterhin nur der halbe Courtage-Satz verrechnet worden. Dies sei nur dadurch zu erklären, daß bei allen beteiligten Parteien eine entsprechende Rechtsüberzeugung bestanden habe. Die Unterscheidung zwischen der Klägerin und der L***** GmbH und der T***** GmbH sei willkürlich; alle drei Unternehmen hätten ungefähr im gleichen Zeitraum ihrer Tätigkeit als Freie Makler an der Wiener Börse aufgenommen. Zumal dem Börsenschiedsgericht die - in der Zwischenzeit realisierte - Absicht der Klägerin auf Herabsetzung ihres Kapitals auf S 90,000.000,-- bekannt gewesen sei, könne zumindest bei der T***** GmbH, die über ein - zur Gänze einbezahltes - Stammkapital von S 3,000.000,-- verfüge und fünf Gesellschafter habe, das vom Schiedsgericht angeführte Unterscheidungskriterium der "kleinen und persönlich betriebenen Maklerfirma" nicht überzeugen. Unabhängig davon sei das bloße Abstellen auf das Grundkapital einer Gesellschaft in keiner Weise über die wirtschaftliche Situation aussagekräftig; so sei die Klägerin wegen der Konkurse der W***** OHG und ihrer ehemaligen Vorstandsmitglieder Herweg W***** und Kurt D***** mit beträchtlichen wirtschaftlichen Problemen konfrontiert. Für die Beurteilung der Courtage-Verrechnung sowie der wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkte sei vielmehr wesentlich, welcher Anteil der Bruttoeinnahmen der Klägerin aufgrund des gesetzlichen Vermittlungsmonopols im Amtlichen Handel an die Beklagten abzuführen sei. Dieser Anteil mache bei der Klägerin wie bei der L***** GmbH und der T***** GmbH rund 65 % der Bruttoeinnahmen aus. Eine Differenzierung zwischen der Klägerin und anderen Freien Maklern sei daher weder aus wirtschaftlichen noch aus sozialen Gründen gerechtfertigt. Unrichtig sei, daß die Klägerin im Mehrheitsbesitz der Bank***** AG stehe; tatsächlich halte diese AG nur einen Minderheitsanteil. Das Erkenntnis des Börsenschiedsgerichtes führe somit auch zu einer völlig willkürlichen Benachteiligung der Klägerin gegenüber anderen Freien Maklern; dadurch verstoße es gegen zwingende Bestimmungen der österreichischen Rechtsordnung und stehe mit wesentlichen Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung in Widerspruch.

Gemäß § 26 BörseG habe der Börsehandel nach gerechten und dem Prinzip der Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer entsprechenden Regeln abzulaufen. Die Börsekammer habe Regeln für die Gleichbehandlung der Marktmitglieder zu erlassen. Das Börsenschiedsgericht verstoße mit den angefochtenen Schiedsspruch gegen diesen Gleichbehandlungsgrundsatz, der einen der Eckpfeiler der österreichischen Rechtsordnung in Form einer zwingenden Gesetzesbestimmung normiere. Dieses Gleichbehandlungsgebot könne auch bei einem Sachverhalt mit Auslandsberührung aufgrund der zwingenden Bestimmung des § 26 BörseG nicht durch eine Rechtswahl der Parteien abbedungen werden. Darüberhinaus verstoße der Schiedsspruch auch gegen § 879 ABGB in einer Form, die ebenfalls auch im Fall von Sachverhalten mit Auslandsberührung nicht durch eine Rechtswahl der Parteien abbedungen werden könne.

Der Schiedsspruch sei mit Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung im Sinn des Art XXV EGZPO unvereinbar; darunter seien jene unverzichtbaren Wertvorstellungen zu verstehen, die das österreichische Recht prägen. Dabei spielten Verfassungsgrundsätze eine tragende Rolle. Zu den geschützten Grundwerten gehörten ua das Verbot der Ausbeutung der wirtschaftlich oder sozial schwächeren Partei, Verstöße gegen die guten Sitten, der Schutz von Treu und Glauben oder besonders krasse Verstöße gegen die Grundsätze des Vertragsrechtes, wie Zwang oder List. Ein wesentlicher Grundsatz des österreichischen Vertragsrechtes sei auch das Prinzip der Vertragsautonomie, dh daß jede Partei, die Leistung nach frage, sich aussuchen könne, mit welchen Interessenten sie schließlich zu welchen Bedingungen kontrahiere. Insoweit herrsche Abschluß- und Gestaltungsfreiheit. Ein ebenso wichtiger Grundsatz des österreichischen Vertragsrechtes sei jedoch der Grundsatz des Kontrahierungszwanges und der Gleichbehandlung aller Interessenten, soweit dies als notwendiges Korrektiv zur Privatautonomie geboten erscheine. Der Grundsatz der Privatautonomie beruhe auf den Gedanken, daß einander grundsätzlich gleichberechtigte und privatautonom handelnde Personen gegenüberstehen. Je ungleicher das Kräfteverhältnis zwischen den Beteiligten, je gestörter im rechtsgeschäftlichen Bereich die Vertragsparität sei, desto intensiver müsse die aus einer Ungleichgewichtssituation entstandene grundrechtliche Wertung auf das Vertragsrecht durchschlagen. Bei übermächtigen Anbietern bzw Nachfragern sei die Abschlußfreiheit relativiert; insbesondere Monopolisten unterlägen einem Kontrahierungszwang zu allgemein üblichen und angemessenen Bedingungen. Dabei sei die Gleichbehandlung aller Interessenten geboten und als notwendiges Korrelat zum Kontrahierungszwang auch ein Inhaltszwang dahin gegeben, daß zu angemessenen Bedingungen abgeschlossen werde. Entsprechendes gelte auch dann, wenn eine Vertragspartei der anderen wirtschaftlich oder aus anderen Gründen deutlich überlegen ist. Typische Ungleichgewichtslagen zwischen Verhandlungspartnern schränkten die Freiheit zur Gestaltung des Vertragsinhaltes ein. Da Kontrahierungszwang ohne Gestaltungszwang, das heißt Verpflichtung zum Gleichbehandlungsgrundsatz und zum Vertragsabschluß zu angemessenen Bedingungen, sinnlos wäre, sei der Gestaltungszwang mit dem Kontrahierungszwang notwendig verbunden.

Hier ergebe sich der Kontrahierungszwang der Beklagten mit der Klägerin zu gleichen Bedingungen wie für die L***** GmbH und die T***** GmbH daraus, daß die Beklagten im Rahmen des Amtlichen Handels an der Wiener Börse ein gesetzliches Vermittlungsmonopol hätten. Die Beklagten seien daher Monopolisten, deren sich die Klägerin zwingend bedienen müsse, um ihre Kundenorders ausführen zu können. Die Klägerin sei sogar gesetzlich zur Einschaltung der Beklagten verpflichtet; dies gelte auch für alle Kundenorders, die sie durch eigene Bemühungen akquiriere und für die dann die Beklagten nunmehr zur Gänze die Courtage verrechnen, ohne zum Zustandekommen dieser Aufträge irgendetwas beigetragen zu haben. Die willkürliche Differenzierung des Schiedsspruches verstoße gegen das mit dem Kontrahierungszwang der Beklagten verbundene Gleichbehandlungsgebot. Durch das durch den Schiedsspruch sanktionierte Verhalten der Beklagten sei das Unternehmen der Klägerin in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht; diese Situation sei mit einer existenzgefährdenden Liefersperre vergleichbar. § 16 ABGB sei die Grundlage des Kontrahierungszwanges. Ein Verstoß dagegen und gegen das Gleichbehandlungsgebot verletze die Gute-Sitten-Klausel des § 879 ABGB. Über diese Klausel finde der verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz im Wege der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte ebenso seinen Eingang in das Vertragsrecht, wie der Grundsatz der Erwerbsfreiheit über den Kontrahierungszwang Eingang in das Privatrecht finde. Der vorliegende Schiedsspruch sanktioniere eine Verletzung dieses Kontrahierungszwanges und des damit verbundenen Gleichbehandlungsgrundsatzes und sei daher mit Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar.

Die Beklagten brachten vor, in Punkt 1 des Erkenntnisses werde nur festgestellt, daß die nunmehrige Klägerin keinen Anspruch auf Ermäßigung der vom Landeshauptmann für Wien gemäß § 39 Abs 2 BörseG bestimmte Mäklergebühr habe. Dem Börsesensal stehe für die von ihm vermittelten Geschäfte kraft Gesetzes die Mäklergebühr (Sensarie, Courtage) zu (§ 39 Abs 1 BörseG). Die Höhe der Mäklergebühr werde vom Landeshauptmann unter Berücksichtigung des volkswirtschaftlichen Interesses an einem funktionsfähigen Börsehandel, der Art der Verkehrsgegenstände und der Umsätze, sowie unter Bedachtnahme auf die Erzielung eines angemessenen Einkommens durch den Börsesensal bestimmt. Für die Festlegung von Ermäßigungen enthalte das Gesetz keine gesetzliche Deckung. Streitgegenstand des Schiedsverfahrens sei die Feststellung gewesen, daß die Klägerin gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Ermäßigung dieser vom Landeshauptmann für Wien bestimmten Mäklergebühren habe, mit anderen Worten, daß die hier klagende Partei die vom Landeshauptmann für Wien festgelegten Mäklergebühren auch tatsächlich und in vollem Umfang zu entrichten habe. Das Schiedsgericht habe eine derartige Feststellung getroffen.

In einer auf Art XXV EGZPO gestützten Klage könne nur der Einwand des Verstoßes gegen zwingende Rechtsvorschriften bzw der Unvereinbarkeit mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung erhoben werden. Prozeßgegenstand sei daher ausschließlich die Frage, ob die Entscheidung des Börsenschiedsgerichtes mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung (un)vereinbar sei bzw gegen zwingende materielle Rechtsvorschriften verstoße, wenn sie ausspreche, daß der Klägerin kein Anspruch auf Ermäßigung der vom Landeshauptmann für Wien festgesetzten Mäklergebühren zustehe, sodaß sie die gesetzlich festgesetzte Mäklergebühr zu bezahlen habe. Eine Ermäßigung sei eine Frage des dispositiven Rechtes und daher allein deshalb dem Anwendungsbereich des Art XXV EGZPO entzogen.

Verfahrensgegenständlich könne nur Punkt 1 des Schiedsspruchs sein, also die Feststellung, daß der Klägerin kein Anspruch auf Ermäßigung der vom Landeshauptmann für Wien gemäß § 39 Abs 2 BörseG bestimmten Mäklergebühren zustehe. Ob anderen Personen (Gesellschaften) ein derartiger Anspruch zustehe, sei in diesem Verfahren nicht zu klären. Der Gleichheitssatz werde nicht schon dadurch verletzt, wenn die belangte Behörde einer Person gegenüber einen Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen releviert, anderen gegenüber jedoch nicht; ausschließlich die konkrete Entscheidung sei auf ihre Rechtsrichtigkeit zu prüfen. Nach Punkt 2 des Schiedsspruchs sei nur das gegen zwei andere Gesellschaften gerichtete Feststellungsbegehren abgewiesen worden. Weitere Rechtswirkungen als diejenige, daß die begehrte Feststellung nicht getroffen wurde, seien mit der Abweisung der Feststellungsklage nicht verbunden.

Das Prinzip der Gleichbehandlung habe der Gesetzgeber in § 26 Abs 1 BörseG für den Börsehandel (§ 23 BörseG) und nicht für Börsegeschäfte (§ 27 BörseG) festgeschrieben. Der Grund, warum die Klägerin gegen den Schiedsspruch Sturm laufe, liege in Wahrheit darin, daß sie zwei anderen Börsemaklern eine Ermäßigung neide, die die Beklagten nicht freiwillig gewähren, sondern auf Grund einer von den Beklagten als unrichtig, aber nicht mit den Mitteln des Art XXV EGZPO bekämpfbar empfundene Entscheidung.

Das Erstgericht sprach im Urteil aus, der Schiedsspruch des Schiedsgerichtes der Wiener Wertpapierbörse vom 7.5.1992, AZ E 1/92, sei im Punkt 1 unwirksam; das Mehrbegehren auf Unwirksamkeitserklärung des gesamten Schiedsspruches wies das Erstgericht ab; es vertrat die Rechtsansicht, die Unwirksamkeit nach Art XXV EGZPO entspreche in Funktion und Verfahren der Aufhebungsklage gegen Schiedssprüche gemäß § 595 Abs 1 Z 6 ZPO. Das Gericht habe den Schiedsspruch nicht dem Grunde nach zu überprüfen, sondern sich im Urteil nur darauf zu beschränken, inwieweit der Schiedsspruch gegen Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung bzw zwingende Rechtsvorschriften verstoße. Demnach könne auf Grundlage des Art XXV EGZPO nicht beurteilt werden, ob und welchen Parteien des Schiedsverfahrens ein Anspruch auf Ermäßigung der gemäß § 39 Abs 2 BörseG festgelegten Maklergebühren zukomme. Das Gericht habe jedoch vom gesamten Umfang des Schiedsspruches auszugehen, weil im besonderen der von der Klägerin angeführte Grund der Ungleichbehandlung zwischen ihr und den im Schiedsverfahren Erst- und Zweitbeklagten nicht isoliert zu betrachten sei, sondern durch einen Vergleich der die jeweiligen Parteien betreffenden Entscheidungen zu beurteilen sei.

Gemäß Art XXV EGZPO sei zu überprüfen, ob der angefochtene Schiedsspruch den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung widerspreche bzw gegen zwingende Rechtsvorschriften verstoße, deren Anwendung auch bei einem Sachverhalt mit Auslandsberührung nach § 35 IPRG durch Rechtswahl der Parteien nicht abbedungen werden kann. Die Vorschrift betreffend die Verrechnung der Courtagen sei nicht zwingend; mangels opinio iuris handle es sich bei der über einen längeren Zeitraum andauernden Art der Verrechnung nur der halben Courtage-Sätze an die Freien Makler nicht um Gewohnheitsrecht.

Zur Definition der Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung seien die tragenden Grundsätze der Bundesverfassung heranzuziehen, wozu jedenfalls auch der Gleichheitsgrundsatz zu zählen sei. Die Bindung des Monopolisten an den Gleichheitsgrundsatz sei als Grundwertung der österreichischen Rechtsordnung zu betrachten. Die Stellung eines Marktmächtigen dürfe nicht dazu führen, den Wettbewerb unter den mit ihm kontrahierenden Partnern durch ungleiche Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Den Sensalen komme auf einem speziellen Gebiet des Börsehandels eine beherrschende Stellung zu, weil es den Freien Maklern verwehrt sei, ohne Vermittlung der Sensale Geschäfte im Bereich des Amtlichen Handels abzuwickeln, der zumindest bei den drei im Schiedsverfahren beklagten Parteien einen Großteil ihrer Erwerbstätigkeit ausmache. Durch diese Stellung der Börsesensale ergebe sich ihre Verpflichtung, mit den jeweiligen Partnern zu gleichen Bedingungen zu kontrahieren; die Festschreibung der verschiedenen Behandlung durch einen Schiedsspruch sei nicht mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung vereinbar, sofern nicht wichtige Gründe für eine verschiedene Behandlung sprechen.

Nicht ausreichend erscheine jedenfalls die Begründung, daß bis zur Einführung des BörseG 1989 ein bis zu diesem Zeitpunkt überschaubarer Personenkreis von dem Abkommen der Freien Makler und der Sensale betroffen gewesen sei, der sich nunmehr unbegrenzt ausweiten könnte. Dies gelte umsomehr, als der angefochtene Schiedsspruch eine Ungleichbehandlung zwischen Parteien begründe, die gleichermaßen beim Zustandekommen der Vereinbarung aus dem Jahr 1949 nicht beteiligt gewesen seien. Auch das Inkrafttreten des BörseG am 1.2.1989 könne als Differenzierungskriterium nicht überzeugen, weil dieses Gesetz nur die Zulassungsbestimmungen für Freie Makler geändert habe. Auch eine Unterscheidung in AG und GmbH vermöge die unterschiedliche Behandlung nicht zu erklären. Zu bedenken sei, daß die bisherigen Möglichkeiten aller an der Börse zugelassenen Makler, nur die halben Courtage-Sätze an die Börsesensale abzuführen, einen wesentlichen Ertragsbestandteil aller Freien Makler darstelle. Die seit 1989 bestehende neue gesetzliche Regelung der Zulassung von Aktiengesellschaften zur Tätigkeit als Freie Makler an der Wiener Börse könne nicht zur Begründung dafür dienen, daß ein geschäftliches Handeln in dieser Gesellschaftsform regelmäßig einen nicht aufzuholenden Wettbewerbsnachteil mit sich bringe.

Da es sich bei den drei Beklagten im Schiedsgerichtsverfahren um formelle Streitgenossen im Sinn des § 11 Z 2 ZPO gehandelt habe und demnach der Rechtsstreit für die einzelnen Streitgenossen verfahrensrechtlich selbständig zu betrachten sei, könne das Urteil im Verfahren nach Art XXV EGZPO nur den Teil des Schiedsspruches erfassen, der die Klägerin selbst direkt betreffe; die Unwirksamerklärung habe sich daher auf Punkt 1. des Schiedsspruches zu beschränken. Das Begehren der Klägerin, auch Punkt 2. des Schiedsspruches aufzuheben, sei mangels Anfechtungslegitimation der Klägerin abzuweisen.

Diese Teilabweisung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und führte rechtlich aus, zur Beurteilung des Vorliegens von Unwirksamkeitsgründen sei der Schiedsspruch in seiner Gesamtheit, also auch bezüglich des die dort Erst- und Zweitbeklagten betreffenden Teiles, zu berücksichtigen. Gemäß § 39 BörseG stehe dem Börsesensal für die von ihm vermittelten Geschäfte die Mäklergebühr (Sensarie, Courtage) zu. Die Höhe der Mäklergebühr werde vom Landeshauptmann unter Berücksichtigung des volkswirtschaftlichen Interesses an einem funktionsfähigen Börsehandel, der Art der Verkehrsgegenstände und der Umsätze sowie unter Bedachtnahme auf die Erzielung eines angemessenen Einkommens durch den Börsesensal bestimmt, wobei vor der Festsetzung der Gebühr der Börsekommisär, die Börsekammer sowie die Interessenvertretung der Börsesensale, falls eine solche eingerichtet sei, zu hören seien. § 39 BörseG iVm der aufgrund des Abs 2 erlassenen Verordnung sei keine zwingende materielle Rechtsvorschrift. Wo das Gesetz daneben abweichende Parteienvereinbarungen oder abweichende Handelsbräuche zulasse, sei Art XXV EGZPO unanwendbar. Das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die Courtage der Börsesensale durch privatrechtliche Vereinbarung gestaltet werden könne und daß die tatsächliche geübte Courtage-Teilung nicht geeignet gewesen sei, Gewohnheitsrecht zu erzeugen.

Als Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung würden vor allem die tragenden Grundsätze der Bundesverfassung, aber auch des Strafrechts, des Privat- und des Prozeßrechts sowie des öffentlichen Rechts verstanden, wobei für die Vereinbarkeit nicht der Weg oder die Begründung, sondern das Ergebnis des Schiedsspruches maßgeblich sei. Der Inhalt der geschützten Grundwertungen des österreichischen Rechtes lasse sich im einzelnen nicht definieren und sei auch zeitlichen Veränderungen unterworfen. Verfassungsgrundsätze spielten jedenfalls eine tragende Rolle; selbstverständlich seien nicht alle Verfassungsnormen vom ordre public geschützt, sondern nur solche, die Ausdruck unverzichtbarer Grundwertungen des rechtlichen und sozialen Zusammenlebens seien, etwa persönliche Freiheit, Gleichberechtigung etc. Durch § 16 ABGB würden die verfassungsmäßig garantierten Grundrechte zu privatrechtsrelevaten Grundwerten, die der Privatautonomie Grenzen setzen. § 16 ABGB werde so zur Grundlage des Kontrahierungszwanges, der für den Monopolisten aus dessen Bindung an den Gleichheitssatz abzuleiten sei. Dieser Gedanke sei insofern erweiterungsfähig, als auch dem Marktmächtigen eine Kontrahierungspflicht auferlegt werden könne, sofern durch sein Verhalten andere Unternehmen in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht würden oder doch zumindest ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt werde.

Aus den relevanten Bestimmungen des BörseG in ihrer Gesamtheit ergebe sich, daß die Beklagten im Rahmen des Amtlichen Handels an der Wiener Börse ein gesetzliches Vermittlungsmonopol gemäß § 56 Abs 2 BörseG besitzen. Die Klägerin müsse sich als Freier Makler kraft Gesetzes zur Durchführung sämtlicher Kundenorders der Beklagten bedienen; es stehe ihr keine zumutbare Ausweichmöglichkeit offen. § 29 Abs 1 BörseG ändere nichts daran, daß sich die Klägerin bei der Abwicklung von Geschäften im Amtlichen Handel der Beklagten bedienen müsse und insbesondere auch eine Glattstellung von Kauf- und Verkaufsordern bei den Börsesensalen erfolge. Gehe man aber von einer Monopolstellung der Beklagten und daraus folgend einem Kontrahierungszwang gegenüber den Freien Maklern, darunter insbesondere der Klägerin, aus, so sei die Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber den beiden weiteren Beklagten im Schiedsverfahren zweifellos sachlich nicht gerechtfertigt. Das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß der Umstand, daß sich nach Einführung des BörseG im Jahr 1989 der Personenkreis der Freien Makler unbegrenzt ausweiten könne, die im Schiedsspruch festgelegte Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen vermöge. Sollten diese veränderten Verhältnisse Einfluß auf die Geschäftsgrundlage des Abkommens aus dem Jahr 1949 haben, so müßte dieser Einfluß jedenfalls alle Makler betreffen und nicht nur diejenigen, die nach Inkrafttreten des BörseG zugelassen wurden. Das Berufungsgericht teilte ebenfalls die Rechtsansicht des Erstgerichtes, wonach die Gesellschaftsform, in der die Freien Maklerfirmen betrieben werden, nicht deren ungleiche Behandlung sachlich rechtfertige. Im übrigen verstoße die Ungleichbehandlung auch gegen die elementaren Grundsätze des Wettbewerbsrechtes, zumal bei derzeit sechs an der Wiener Börse tätiger Freien Maklern die Verpflichtung der Klägerin zur Abführung des gesamten Courtage-Satzes an die Beklagten bestehe, hingegen die beiden anderen im Schiedsverfahren beteiligten Maklerfirmen nur die halben Courtage-Sätze abführen müßten; dies bewirke, daß diese Maklerfirmen einen nicht zu egalisierenden Wettbewerbsvorteil gegenüber der Klägerin erlangen. Da die Einkünfte der Freien Makler mit im Amtlichen Handel notierten Papieren nach dem von den Beklagten nicht substantiiert bestrittenen Vorbringen der Klägerin rund zwei Drittel ihrer Gesamteinkünfte ausmachen, sei der Einwand der Klägerin, daß dadurch ihre wirtschaftliche Existenz bedroht sei, durchaus begründet.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, wobei es diese Aussprüche (abgesehen von Paragraphenzitaten) nicht begründete.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig und berechtigt.

Die Klägerin ficht das Erkenntnis des Schiedsgerichtes der Wiener Wertpapierbörse mit Klage ausschließlich nach Art XXV EGZPO als unwirksam an.

Mit Unwirksamkeitsklage nach Art XXV Abs 1 EGZPO idF ZVN 1983 kann ein Erkenntnis des Börsenschiedsgerichtes (neben dem weiteren - hier bedeutungslosen - Fall der unrichtigen Entscheidung über den Differenzeinwand in Streitigkeiten, die nicht Börsegeschäfte zum Gegenstand haben) dann angefochten werden, wenn das Erkenntnis mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist oder gegen zwingende Rechtsvorschriften verstößt, deren Anwendung auch bei einem Sachverhalt mit Auslandsberührung nach § 35 IPR-Gesetz durch eine Rechtswahl der Parteien nicht abgedungen werden kann.

Die Unwirksamkeitsklage entspricht in ihrer Funktion vollkommen der Aufhebungsklage gegen Schiedssprüche gemäß § 595 ZPO (Fasching, LB2, Rz 2248; Fucik/Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 1 zu Art XXV EGZPO). Mit der ZVN 1983 wurde die Bestimmung des Art XXV EGZPO für das Börsenschiedsgericht mit der für private Schiedsgerichte geltenden Neufassung des § 595 Abs 1 Z 6 ZPO idF ZVN 1983 in Übereinstimmung gebracht. Nach dem vor der ZVN 1983 geltenden Art XXV Abs 1 erster Fall EGZPO war die Unwirksamkeitsklage dann zulässig gewesen, wenn das Erkenntnis gegen zwingende Rechtsvorschriften verstößt. Nach dem Bericht des Justizausschusses (1337 Beil 15. GP 7) waren zum geltenden Wortlaut dieser Bestimmung Bedenken erhoben worden, daß Sprüche des Börsenschiedsgerichtes in zu weitgehendem Umfang wegen Verstoßes gegen zwingende ausländische Vorschriften für unwirksam erklärt werden könnten. Die Bestimmung für das Börsenschiedsgericht solle deshalb mit der für private Schiedsgerichte geltenden Neufassung des § 595 Abs 1 Z 6 ZPO in Übereinstimmung gebracht werden. Damit sei sichergestellt, daß nur solche zwingenden Rechtsvorschriften einen Schiedsspruch unwirksam machen könnten, denen Wertungen zugrundeliegen, die auch für die österreichische Rechtsordnung maßgebend sind.

Der erste Fall des Art XXV EGZPO (gleichlautend mit dem ersten Fall des § 595 Abs 1 Z 6 ZPO) entspricht der ordre public-Formulierung des § 6 IPRG; diese Bestimmung dient der Abwehr untragbarer Ergebnisse bei der Anwendung fremden Rechts. Als solche Grundwertungen werden vor allem die tragenden Grundsätze der Bundesverfassung, aber auch des Strafrechts und des Privat- und Prozeßrechts sowie des öffentlichen Rechts verstanden werden müssen, wobei für die Vereinbarkeit nicht der Weg oder die Begründung, sondern das Ergebnis des Schiedsspruchs maßgeblich ist. Daß der Kreis der hier geschützten Grundwertungen enger ist als der Bereich des zwingenden Rechts, ergibt sich schon aus dem zweiten Aufhebungsgrund, der nur Verstöße gegen solches zwingendes Recht als Aufhebungsgrund gelten läßt, das selbst bei Sachverhalten mit Auslandsbeziehung nicht durch eine Rechtswahl der Parteien abgedungen werden könnte (Fasching, LB2, Rz 2248).

Zur Frage des Umfangs des Anfechtungsbereichs des § 595 Abs 1 Z 6 ZPO führt Fasching (LB2, Rz 2231) aus, da das Gesetz nicht unterscheide, sei dieser Unwirksamkeitsgrund nicht auf internationale Schiedsverfahren beschränkt; auch inländische Schiedssprüche könnten nicht bereits wegen jeden Verstoßes gegen zwingendes Recht angefochten werden.

Auch nach Rechberger (in Rechberger, Rz 10 zu § 595) kann ein Schiedsspruch keinesfalls wegen eines jeden Verstoßes gegen zwingendes Recht angefochten werden.

Schönherr (Neuerungen im Schiedsverfahren nach österreichischem Recht, RIW 1983, 745 [746 f]) nimmt beim Anfechtungsgrund des § 595 Abs 1 Z 6 ZPO ebenfalls keine Einschränkung vor.

Mellis (Zur Neuordnung der Bestimmungen über die Schiedsgerichtsbarkeit in der Österreichischen Zivilprozeßordnung, in FS Bülow (1981) 129 [138]) verweist darauf, daß nicht ganz auf den Verstoß gegen zwingende Rechtsvorschriften verzichtet worden sei; diese Anfechtungsmöglichkeit sei jedoch auf Rechtsgebiete eingeengt worden, die weder in der inländischen noch in der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit eine Rolle spielen.

Reiner (Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit nach österreichischem und französischem Recht, ZfRV 1986, 162 [218]) kritisiert die Bestimmung des § 595 Abs 1 Z 6 ZPO und führt aus, dieser Anfechtungsgrund zeige wieder, daß man interne und internationale Schiedsverfahren nicht unter einen Hut bringen könne. Das Kriterium der "Unvereinbarkeit mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung" passe zwar für internationale Schiedsverfahren, aber warum sollte ein in Österreich zwischen Österreichern in einer rein österreichischen Angelegenheit erlassener Schiedsspruch nicht generell wegen Verletzung zwingenden österreichischen Rechts angefochten werden können ? Die Einschränkung auf die "Unvereinbarkeit mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung" sei nicht gerechtfertigt. Da sei ja noch die alte Regelung besser gewesen, da man den Begriff "Verletzung zwingender Rechtsvorschriften" in internationalen Fällen differenzieren, dh sachgerecht entsprechend eng auslegen konnte und auslegen hätte können. Nur die Verletzung zwingender Bestimmungen des nach dem österreichischen IPR-Gesetz anwendbaren Konsumentenschutzrechts, des Arbeitsvertragsrechts sowie des auf Verträge über die Benützung unbeweglicher Sachen oder Überbauten anwendbaren Rechts führe automatisch zur Aufhebung des Schiedsspruches, ohne daß geprüft zu werden brauche, ob damit auch Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung verletzt wurden.

Backhausen (Schiedsgerichtsbarkeit unter besonderer Berücksichtigung des Schiedsvertragsrechts 168 f) erwähnt diese Kritik Reiners und führt weiters aus, obwohl allein mit der Z 6 ein Verstoß gegen zwingendes materiellen Recht geltend gemacht werden könne, werde eine Differenzierung, wie sie die überwiegende deutsche Lehre vornehme, zwischen einem weitgefaßten internen und einem enggefaßten internationalen ordre public - Begriff nicht möglich sein. Denke man diese Theorie zu Ende, so würden internationale Schiedssprüche in Österreich in weiterem Umfang anerkannt werden als österreichische Schiedssprüche. Diese Absicht werde aber dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden können. Daraus folge, daß nach der neuen Rechtslage eine Anfechtungsmöglichkeit wegen Verstoßes gegen zwingendes materielles Recht im Regelfall nicht gegeben sein werde.

Weder Reiner noch Backhausen, die zwar diese Bestimmung kritisieren, vertreten somit die Ansicht, daß de lege lata bei inländischen Schiedssprüchen jede Verletzung zwingenden materiellen Rechts geltend gemacht werden könnte. Fasching (aaO) und Rechberger (aaO) zitieren somit Backhausen unrichtig, daß jede Verletzung zwingenden Rechts geltend gemacht werden könnte.

Krilyszyn/Bajons (Zur Internationalisierung des österreichischen Schiedsrechts, in Jahrbuch für die Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit Band 1 [1987] 234 [242]) vertreten die Rechtsansicht, offensichtlich würden durch die Neuformulierung des § 595 Abs 1 Z 6 ZPO nur Rechtssachen erfaßt, die Auslandselemente aufweisen. Denn nur auf solche sei das in der Vorschrift ausdrücklich angeführte IPRG überhaupt anwendbar und daher in einem Rechtsfall schon rein begrifflich denkbar; und nur in diesen könne es auch aufgrund des angewandten ausländischen Rechts zu einem Verfahrensergebnis kommen, das in österreichischer Sicht ordre public-widrig sei. Bei einem Schiedsspruch, der unter Anwendung eigenen inländischen Rechts ergangen sei, könne sich die Frage hingegen so nie stellen. Dies schon deshalb nicht, weil sich die Parteien dort, wo ihnen eine Rechtswahl verwehrt sei, dem inländischen Recht nicht entziehen könnten, und sie sich hier wiederum den staatlichen Gerichten nur insoweit entziehen dürften, als die Rechtssache selbst vergleichsfähig, dh disponibel sei. Demnach erschließe sich der Umfang der staatlichen Kontrollbefugnis in rein inländischen Schiedssachen erst aus dem systematischen Zusammenhang mit § 577 Abs 1 ZPO, der die objektive Schiedsfähigkeit der Sache an ihre Vergleichsfähigkeit binde. Was den Parteien verboten sei, könne aber den Schiedsrichtern, die ihre (sachliche) Entscheidungsbefugnis von diesen ableiten, nicht erlaubt sein. Demnach könnten sich auch diese nicht sanktionslos über zwingendes Inlandsrecht hinwegsetzen.

Dieser Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden. Für eine Einschränkung der Bestimmung auf Rechtssachen, die Auslandselemente aufweisen, bietet der klare Wortlaut des § 595 Abs 1 Z 6 ZPO keinen Anhaltspunkt. Keineswegs wird danach vorausgesetzt, daß im konkreten Rechtsstreit das IPRG anwendbar und eine Rechtswahl möglich ist. Vielmehr wird nach diesem Kriterium die Grenze der Überprüfbarkeit festgelegt.

Für die Unwirksamkeitsklage nach Art XXV EGZPO ist weiters zu beachten, daß die Zuständigkeit des Börsenschiedsgerichtes hier nicht von einem Schiedsvertrag abhängig war; vielmehr liegt ein Erkenntnis des Börsenschiedsgerichtes vor, das in diesem Fall ohne Schiedsvertrag zuständig war (vgl Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit2 Rz 11; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit5 521). Da das Börsenschiedsgericht nicht aufgrund einer Schiedsvereinbarung der Parteien tätig wurde, ist hier die auf die Grenzen der Vergleichsfähigkeit gegründete Argumentation von Krilyszyn/Bajons (aaO) nicht tragfähig. Die Unwirksamkeitsklage nach Art XXV EGZPO hat hier vielmehr die Funktion, eine Überprüfung des nicht mit Rechtsmittel bekämpfbaren Erkenntnisses des Börsenschiedsgerichtes in besonders gravierenden Fällen zuzulassen. Jedenfalls in diesem hier allein zu beurteilenden Fall stellt ein Verstoß gegen zwingendes Recht allein noch keinen Grund für eine Unwirksamkeitsklage dar; vielmehr muß es sich auch bei einer Rechtssache ohne Auslandselemente nach Art XXV EGZPO um einen Verstoß gegen den ordre public oder gegen zwingendes Recht handeln, das auch nicht durch eine Rechtswahl gemäß § 35 IPRG ausschaltbar wäre.

Zur Konkretisierung der mit Unwirksamkeitsklage nach Art XXV EGZPO zu überprüfenden Gesetzesverletzungen ist bei einer Rechtssache ohne Auslandselemente besonders § 16 ABGB heranzuziehen, über den die allgemeinen Wertvorstellungen der verfassungsmäßig garantierten Grundrechte in die Privatrechtsordnung einfließen (vgl Aicher in Rummel, ABGB2, Rz 30 zu § 16 mwN).

Bei der Prüfung, ob mit der vorliegenden Unwirksamkeitsklage eine derartige Rechtsverletzung geltend gemacht wird, ist nur mehr zu beurteilen, ob Punkt 1 des Schiedsspruches, in dem ausgesprochen wurde, daß die Klägerin keinen Anspruch auf Ermäßigung der vom Landeshauptmann für Wien gemäß § 39 Abs 2 BörseG bestimmten Mäklergebühr habe, unwirksam ist. Das Ersturteil wurde in der Abweisung des Mehrbegehrens auf Unwirksamerklärung des gesamten Schiedsspruchs von der Klägerin nicht angefochten und ist daher in Rechtskraft erwachsen.

Für die Beurteilung, ob eine mit Unwirksamkeitsklage nach Art XXV EGZPO geltend zu machende Gesezesverletzung vorliegt, ist zuerst die Rechtsnatur des Courtage-Teilungsabkommens zu klären, dessen Weitergeltung der Klägerin gegenüber in dem von ihr nunmehr bekämpften Erkenntnis des Börsenschiedsgerichtes verneint wurde.

Hiezu liegt das - im Verfahren vor dem Börsenschiedsgericht verlesene - Protokoll der Wiener Börsekammer über die Sitzung des Unterausschusses zur Regelung der Courtagen zwischen Sensalen und Freien Maklern vom 5.März 1949, 10.00 bis 11.15 Uhr, Nr 4/49, vor. Danach berichtete der Generalsekreträr nach Eröffnung der Sitzung durch den Vorsitzenden, daß der aufgrund des Beschlusses der Plenarsitzung vom 3.3.1949 zusammengetretene Ausschuß damit betraut worden sei, die Frage der Courtage im Geschäftsverkehr zwischen den Sensalen und den Freien Maklern zu prüfen und, sofern ein Vergleich zwischen den beiden Gruppen nicht zustandekomme, selbst einen entsprechenden Vorschlag auszuarbeiten und dem Präsidium zur Genehmigung zu unterbreiten, der hiedurch dann für beide Teile verbindlich sei. In einer eingehenden Erörterung wurden die Fragen vor allem vom sozialen und wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet; es wurde auch erwähnt, daß das bisherige Übereinkommen zwischen den Sensalen und den Freien Maklern betreffend die Sensarie bereits mit 31.März 1949 ablaufe. Der Vorsitzende faßte das Ergebnis mit den anwesenden Börseräten und dem Börsekommissär wie folgt zusammen:

"Der Ausschuß macht folgenden Vorschlag:

Die Freien Makler zahlen den Sensalen folgende Courtagen:

Im Schranken: Die halbe Courtage;

In Bundesschuldverschreibungen: 1/2 %o vom Kurswert.

Die Sensale zahlen beim Freien Makler die halbe Courtage."

Die Vertreter der Sensale und der Freien Makler wurden ersucht, nach Rücksprache mit ihren Berufsgruppen bis Mittwoch, den 9.März (1949) dem Generalsekretär mitzuteilen, ob sie diesen Vorschlag annehmen. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, wird der Ausschuß selbst einen Vorschlag ausarbeiten und diesen dem Präsidium zur Beschlußfassung vorlegen. Dieses Ergebnis der Sitzung wurde laut Protokoll einstimmig angenommen. Unstrittig ist, daß dieser Vorschlag von den Berufsgruppen der Sensale und der freien Makler angenommen wurde und daher die in Aussicht genommene Beschlußfassung der Wiener Börsekammer unterblieb.

Der Beurteilung der Rechtsnatur dieses Aktes ist das damals geltende BörseG vom 1.4.1875, RGBl 67, idF des BörseüberleitungsG vom 8.7.1948, BGBl 160, zugrundezulegen. Nach dem Selbstverständnis der damaligen Wiener Börsenleitung (siehe Organisation und Arbeitsweise der Wiener Börse, Heft XX der Schriftenreihe der Österreichischen Bankwissenschaftlichen Gesellschaft, Manz 1962, 13 f), besitze die Wiener Börse eigene Rechtspersönlichkeit und werde durch ihre Organe selbst verwaltet. Sie sei jedoch weder eine Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuches oder seiner Nebengesetze noch ein dem Vereinsrecht unterliegender Verein. Vielmehr müsse sie als eine aufgrund des Börsegesetzes errichtete autonome juristische Person eigener Art angesehen werden, die unter staatlicher Aufsicht stehe. Dies entspricht auch der Ansicht ihres damaligen Generalsekretärs Dr.Rinterbacher (ÖBA 1963, 3), der die Börse als selbständige Körperschaft unter staatlicher Aufsicht definierte. Diese Beurteilung wurde aber von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts nicht geteilt. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.10.1950 Z 2049/49 = VwGH Slg 1693/A stelle sich die aufgrund des § 2 BörseG erlassene Börseordnung (vom BM für Finanzen im Einvernehmen mit dem BM für Handel und Wiederaufbau unter Z 61.344-17/49 vom 16.8.1949 genehmigt) als eine durch Gesetz gedeckte generelle Norm, als eine Verordnung dar. Der berufsmäßige Abschluß von Börsegeschäften bilde eine Erwerbstätigkeit, deren Ausübung durch Börsegesetz und Börseordnung näher geregelt sei. Nach § 26 BörseO (Statut) führe die Leitung der Wiener Börse den Titel "Wiener Börsekammer". Kartenausschuß und Vollversammlung die gemäß § 51 BörseO Organe der Kammer seien, entscheiden über die Zulassung zur oben beschriebenen Erwerbstätigkeit. Wie § 50 BörseO deutlich zeige, kommen der Kammer auch weitere hoheitliche Befugnisse zu. Die Börsekammer erfülle sohin auf dem Gebiete des Börseverkehres Aufgaben des Bundes und sei zu diesem Zweck auch mit einem Imperium dh mit der Befugnis ausgestattet, sowohl bestimmte allgemeine Anordnungen zu treffen (§ 3 des Gesetzes) als auch individuelle Entscheidungen und Verfügungen (insb gemäß § 50 Abs 2 Pkt 10 und 11 BörseO) zu erlassen. Es handle sich also um die Erledigung von Angelegenheiten, die gemäß Art 10 B-VG der Vollziehung nach in den Zuständigkeitsbereich des Bundes fielen. Somit liege eine Betrauung der Börsekammer mit bestimmten Aufgaben der Bundesverwaltung vor, die der Kammer auf diesem eng umschriebenen Gebiet den Charakter einer Behörde verleihe. Auch der Verfassungsgerichtshof (VfGH Slg 3576/1959) ging davon aus, daß die Börsekammer zu hoheitlichem Handeln ermächtigt sei (§ 2 Abs 2 BörseO). Die Börsekammer sei jedenfalls im Umfang der Ermächtigung des § 2 Abs 2 BörseO eine Verwaltungsbehörde. Beschlüsse der Wiener Börsekammer über die Einbeziehung von Wertpapieren in den geregelten Freiverkehr und über ihre Herausnahme aus diesem Verkehr seien generelle normative Akte die sich nicht an individuell bezeichnete Personen, sondern an alle Besitzer solcher Wertpapiere und alle Personen wendeten, die sich mit dem Handel dieser Wertpapiere (Ankauf, Verkauf usw) beschäftigten; der Kreis der Normadressaten sei daher gattungsmäßig durch das Merkmal einer bestimmten rechtlichen Beziehung zu einem Wertpapier gekennzeichnet. Der bekämpfte Beschluß der Wiener Börsekammer (den Handel in Aktien der Lenzinger Zellwolle- und Papierfabrik Aktiengesellschaft bis auf weiteres einzustellen) sei demnach eine Verordnung im Sinne des Art 139 B-VG. Dies führte dazu, daß Brünner/Pauger, Das System des Rechts der österreichischen Kreditwirtschaft 47, die Börse als selbstverwaltungsähnliche Körperschaft öffentlichen Rechts betrachteten (siehe nunmehr §§ 2 Abs 1, 27 BörseG 1989, BGBl Nr 555). Folgerichtig wurde mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13.12.1988 VfGH Slg 11.938 die Bestimmung des § 2 Z 2 und 5 BörseG 1875 als verfassungswidrig und die gesamte Börseordnung (Statut für die Wiener Börse I Teil, Verordnungsblatt der Wiener Börsekammer Teil I Nr 550/1984) als gesetzwidrig aufgehoben. Der Gerichtshof führte aus, es sei dem Gesetzgeber im Rahmen der Verfassung nicht verwehrt, die Aufgaben der Börse auch privatautonom errichteten Institutionen zu überlassen und sich auf die wirtschaftsaufsichtsrechtliche Überwachung der Gestion solcher Einrichtungen zu beschränken oder ihnen allenfalls durch Gesetz auf bestimmte einzelne Hoheitsbefugnisse zu übertragen. Das geltende Börserecht sei jedoch, wie in den Entscheidungen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts dargetan worden sei (VwSlg 16.093 A und VfSlg 3576/1959), anders konzipiert. Börsen seien nach dieser Rechtslage durch Gesetz und Verordnung öffentlich-rechtlich eingerichtet. In diesem Sinne sprächen auch Brünner/Pauger von Börsen als selbstverwaltungsähnlichen Körperschaften öffentlichen Rechts. An dieser Qualifikation ändere auch nichts, daß die Börsen neben Hoheitsaufgaben auch Geschäfte mit den Mitteln des Privatrechts besorgen könnten.

Die Rechtsverhältnisse der - nicht der Gewerbeordnung unterliegenden (§ 2 Abs 1 Z 10 GewO) - Börsesensale waren im Börsesensalegesetz BGBl 1949/3 geregelt. Börsesensale sind die für eine Börse amtlich bestellten Handelsmäkler (§ 1 Abs 1). Ihre umfangreichen Pflichten waren im § 4 des Gesetzes geregelt. Der Abschnitt IV des Börsesensalegesetzes trägt die Überschrift Mäklergebühr. In den §§ 13 und 14 BörsesensaleG (jetzt § 39 BörseG) wird bestimmt, daß dem Börsesensal für die von ihm vermittelten Geschäfte die Mäklergebühr (Sensarie, Courtage) zustehe. Die Höhe der Mäklergebühr wird vom Landeshauptmann bestimmt, der vorher den Börsekommissär und die Börseleitung zu hören hat. Der Börsesensal hat die Mäklergebühr zu fordern, sobald das Geschäft geschlossen und, wenn ein bedingtes ein unbedingtes geworden und von ihm seiner Verpflichtung wegen Zustellung der Schlußnoten Genüge geschehen ist, unbeschadet anderweitiger Bestimmungen durch Börsestatuten. Ist unter den Parteien nichts darüber vereinbart, wer die Mäklergebühr bezahlen soll, so ist diese in Ermangelung besonderer Bestimmungen im Börsestatute von jeder Partei zur Hälfte zu entrichten. Berufserfordernis für Börsesensale war unter anderem die Ablegung der Börsesensalprüfung und die Ernennung durch die Börseleitung nach Maßgabe des Bedarfes und Bestätigung durch den Landeshauptmann (§ 17 Abs 1). Börsesensale stehen unter der Dienstaufsicht des Börsekommissärs, sie unterliegen der Disziplinargewalt der Börsenkammern. Die Vereinbarungen einer anderen Vermittlungsgebühr und einer anderen Art der Entrichtung wurde für zulässig angesehen (Organisation und Arbeitsweise der Wiener Börse aaO 57).

Den Freien Maklern stand die Vermittlung der im geregelten Freiverkehr gehandelten Wertpapiere zu. Die Freien Makler üben ihre Tätigekeit aufgrund eines Gewerbescheines und eines Auftrages der Wiener Börsekammer aus. Die Aufsicht über die Freien Makler führte ein Sensal. Die Freien Makler unterlagen den allgemeinen Bestimmungen über Börsebesucher einschließlich dem dort angeführten Ordnungs- und Disziplinarstrafrecht. Da sie in aller Regel protokollierte Kaufleute waren, kommen für sie die Bestimmungen des 8. Abschnittes des ersten Buches des HGB über die Handelsmäkler zur Anwendung (Rintersbacher in FS Krasensky 271). Die Courtage der Freien Makler war nicht hoheitlich geregelt (Organisation und Arbeitsweise der Wiener Börse aaO 58).

Weder das Börsengesetz und das Börsesensalegesetz noch das damals geltende Börsestatut sahen eine hoheitliche Entscheidungsbefugnis der Börsekammer vor, die Rechtsbeziehungen zwischen Börsesensale und Freien Maklern in der Frage einer Teilung der ihnen jeweils zustehenden Courtage zu treffen. Der Hinweis des Unterausschusses für den Fall, daß sich Börsesensale und Freie Makler nicht einigen könnten, werde ein Vorschlag ausgearbeitet und dem Präsidenten zur Genehmigung unterbreitet werden, kann daher nur als Druckmittel verstanden werden, daß die an der Regelung wirtschaftlich interessierten und namentlich erfaßbaren Kreise die Frage der Gebühr und eines allfälligen beiderseitigen Verzichtes autonom regeln. Es handelt sich daher mangels Entscheidungsbefugnis hoheitlich handelnder Organe bei der zwischen allen Mitgliedern der Berufsgruppen der Börsesensale und der Freien Makler des Jahres 1949 abgeschlossenen Vereinbarung um eine Vereinbarung des privaten Rechts, deren Geltungsbereich eben nach diesen Regeln des Privatrechtes zu finden ist. Dies entsprach auch der Ansicht des damaligen Generalsekretärs Dr.Lang anläßlich der Sitzung des Unterausschusses vom 5.3.1949, wonach die Regelung der Courtagefrage der freien Vereinbarung zwischen den Börsesensalen und den Freien Maklern überlassen bleibe.

Verträge zu Lasten Dritter sind jedenfalls dem Dritten gegenüber unwirksam (Rummel in Rummel2 Rz 1 zu § 880 a ABGB; Apathy in Schwimann Rz 1 zu § 880 a ABGB; Koziol-Welser10 I 309; Ehrenzweig/Mayrhofer, Schuldrecht allgemeiner Teil3 193). Die Verpflichtung eines Dritten ohne dessen Zustimmung würde dem Grundsatz der Privatautonomie (Selbstbestimmung) widersprechen (Jagermann in Staudinger13 Rz 64, 77 vor § 328 BGB mwN; vgl für rechtsgeschäftliche Nachfolgeklauseln als Verträge zu Lasten Dritter Koppensteiner in Straube, HGB Rz 3 zu § 139 mwN, ferner BGHZ 68, 225, 231; Gottwald in MünchKomm3 Rz 141 zu § 28 BGB). Da Börsesensale jedenfalls nur natürliche Personen sein können, mußte seit 1949 jedenfalls ein Wechsel in den Personen der Börsesensale eingetreten sein. Eine Bindung neuer Börsesensale an die Vereinbarung aus dem Jahr 1949 konnte nur dadurch bewirkt worden sein, wenn entweder eine ausdrückliche oder schlüssige Vertragsübernahme mit allen jeweils tätig werdenden Freien Maklern vorlag oder, sollte die Vereinbarung aus dem Jahr 1949 ihrem Zwecke nach eine Option für neu hinzugekommene Börsensensale und Freie Makler enthalten, wenn auf eben diese Art durch einseitige Erklärung ein Vertragsbeitritt erfolgte. Diese Problematik sieht die klagende Partei selbst ein, erklärte sie doch schon in der Klage (wenn sie auch in höheren Instanzen eine andere Argumentationslinie einschlug) ausdrücklich, ihr Recht auf Teilung der Courtage nicht auf den Vertrag, sondern auf Gewohnheitsrecht zu stützen. Daß sich der geltend gemachte Anspruch aber nicht auf Gewohnheitsrecht stützen läßt, wurde von den Vorinstanzen bereits zutreffend dargelegt. Eben diese Sichtweise gilt aber auch für die beiden Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die vor dem Schiedsgericht der Wiener Wertpapierbörse siegreich blieben. Die klagende Partei stellte in diesem Verfahren keine Behauptungen in der Richtung auf, daß die Ausdehnung der Vereinbarung aus dem Jahr 1949 auf die beiden Gesellschaften mit beschränkter Haftung auf Grund einer der beiden geschilderten rechtlichen Möglichkeiten erfolgt sei. Das Börsenschiedsgericht stellte auch derartige rechtlich erhebliche Willenserklärungen nicht fest, sondern ging ohne weitere Begründung von der Geltung der Vereinbarung aus dem Jahr 1949 auf alle späteren Börsesensale und Freien Makler aus. Die beiden vor dem Börsenschiedsgericht siegreichen Gesellschaften mit beschränkter Haftung können sich damit aber ebensowenig wie die klagende Partei auf die Rechtsgrundlagen einer Vereinbarung aus dem Jahr 1949 berufen.

Die klagende Partei erblickt nun den Verstoß gegen die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung vor allem darin, daß die beklagten Börsesensale kraft Kontrahierungszwanges zu den gleichen Bedingungen wie zu den im schiedsgerichtlichen Verfahren siegreich gebliebenen Freien Maklern abschließen müßten. Gewiß muß Kontrahierungszwang mit Inhaltszwang verknüpft sein, da er sonst praktisch wirkungslos wäre (Rummel aaO, Rz 10 zu § 861). Bestand aber materiellrechtlich keine Grundlage - eine solche wurde jedenfalls trotz entsprechendem Vorbringen der Beklagten von der klagenden Partei nicht behauptet - für die Abweisung des Feststellungsbegehrens gegen die beiden im Verfahren vor dem Börsenschiedsgericht siegreichen Freien Maklern, so ist es der klagenden Partei unter Berufung auf Abschluß- und Inhaltszwang verwehrt, eine Gleichstellung mit diesen beiden Freien Maklern zu erzwingen.

Die vom Landeshauptmann mit Verordnung bestimmte Mäklergebühr soll gerade die inhaltliche Gleichbehandlung aller Auftraggeber und damit auch der Freien Maklern sichern. Die Berufung der klagenden Partei auf § 35 Abs 1 Z 3 KartellG erfolgte erstmals in der Revisionsbeantwortung; selbst wenn dessen Voraussetzungen vorlägen, bliebe es den Sensalen überlassen, wie sie den diskriminierenden Mißbrauch abstellen. Dies kann in Zukunft genauso durch Kündigung der Vereinbarung gegenüber denjenigen Freien Maklern erfolgen, denen bessere Bedingungen eingeräumt wurden.

Der klagenden Partei ist somit der Nachweis, daß die Entscheidung des Börseschiedsgerichtes mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar sei, nicht gelungen. Ob der Schiedsspruch aus anderen Gründen unrichtig sei, führte nicht zu dessen Unwirksamkeit.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher im Sinne der Abweisung des gesamten Klagebegehrens abzuändern.

Die Entscheidung über die Prozeßkosten und Kosten der Rechtsmittelverfahren gründet sich auf § 41 ZPO bzw §§ 41, 50 ZPO.

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