OGH 3Ob555/55

OGH3Ob555/5516.11.1955

SZ 28/247

Normen

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §9
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §9

 

Spruch:

Registrierte Marken genießen den Schutz nach dem UWG. bereits auf Grund ihrer Registrierung.

Voraussetzungen für die Verwechslungsfähigkeit im Sinne des § 9 Abs. 3 UWG.

Entscheidung vom 16. November 1955, 3 Ob 555/55.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Erstklägerin als Inhaberin und die Zweitklägerin als Lizenznehmerin der Wort- und Bildmarke "Uhu" stellen das Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, die weitere Verwendung der Bezeichnung "Uhu" bei Ausstattung des von ihr vertriebenen Toilettpapiers zu unterlassen und den Klägerinnen den Betrag von 10 S an Schadenersatz zu bezahlen, mit der Begründung, die "Uhu"- Erzeugnisse der Erstklägerin hätten in Österreich Verkehrsgeltung, die beklagte Partei verwende die Bezeichnung "Uhu" für das von ihr vertriebene Toilettpapier, nütze daher ohne Entfaltung eines eigenen Aufwandes die Verkehrsgeltung und Beliebtheit der klägerischen Erzeugnisse aus und verstoße dadurch gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Die widerrechtliche Verwendung der "Uhu"- Marke sei geeignet, in den maßgeblichen Verkehrskreisen Verwechslungen herbeizuführen, die eine Schwächung der Werbekraft der Klägerinnen zur Folge haben könnten. Im Zuge des Rechtsstreites stellten die Klägerinnen auch das Eventualbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, die Verwendung der Bezeichnung "Uhu" in Blockbuchstaben, wie auf der Toilettpapierschleife Beilage 2, für Toilettepapier im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen.

Das Prozeßgericht wies das Hauptbegehren ab und gab dem Eventualbegehren statt. Es stellte fest, daß die Marke "Uhu", auf die sich die Klägerinnen stützen, eine Wortmarke ist, bestimmt für die Warenklassen 2, 6, 11, 13, 32 und 34, mit der Priorität 4. Mai 1951, am 3. Oktober 1951 im österreichischen Markenregister unter der Nr. 23.708 eingetragen. Die Marke ist für folgende Waren bestimmt: Pflaster, Tier- und Pflanzenvertilgungsmittel, Entkeimungs- und Entwesungsmittel, Mittel zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln, Farben, Stempelfarben, Tuschen, Tinten, Tintentabletten, Tintenpulver, Firnisse, Lacke, Klebestoffe, Klebelacke, Kitte, Filmkitte, Wichse, Schuhcreme, Mittel zum Putzen und Haltbarmachen von Leder, Bohnermasse, Bohnerwachs, Schreibwaren, Büro- und Kontorgeräte außer Möbeln, Federhalter, Füllhalter, Füllbleistifte, Bleistifte, Kopierstifte, Farbstifte, Minen für Blei-, Kopier- und Farbstifte, Schreibfedern jeder Art, Stempelkissen, Farbbänder, Waschmittel, Bleichmittel, Stärkeerzeugnisse für technische Zwecke, Farbzusätze zur Wäsche, Fleckentfernungsmittel, Rostschutzmittel, Putz- und Poliermittel, Schleifmittel. Die Marke "Uhu" der beklagten Partei wurde für die Warenklasse 27 (Toilettepapier) unter der Nr. 24.086 mit der Priorität 14. September 1951 am 17. Oktober 1951 eingetragen und ist nach ihrem Wortlaut "Uhu-Toilettepapier, Spezial-Naßkrepp" nur für Toilettepapier bestimmt. Nach Ansicht des Prozeßgerichtes dienen die Waren, für welche die beiderseitigen Marken bestimmt sind, auch anderen Verwendungszwecken, und es ist der Absatz dieser Waren in keiner Weise voneinander abhängig. Die "Uhu"-Waren der Klägerinnen und Toilettepapier seien zwar Waren, die beide in gleichen Geschäften, wie Drogerien, Papierhandlungen und Parfümerieläden, verkauft würden, doch könne, wenn man das Wort "Uhu" lediglich als solches und nicht seine Gestaltung in einer bestimmten Schriftform in Betracht ziehe, nicht angenommen werden, daß durch die Bezeichnung der beiderseitigen Waren mit dem Wort "Uhu" bei den Verbrauchern, welche die maßgebliche Masse der beteiligten Verkehrskreise darstellen, die Meinung erweckt werde, daß das "Uhu"- Toilettepapier aus derselben Herkunftsquelle stamme wie die "Uhu"- Waren der Klägerin. Das Wort "Uhu" könne nicht als starkes Zeichen angesehen werden, welches dem Publikum ausschließlich in Verbindung mit Waren eines bestimmten Unternehmens vor Augen tritt. "Uhu" sei teils als Wort-, teils als Wortbildmarke registriert, und zwar auch für andere Unternehmungen mit einer früheren Priorität als der der Marke "Uhu" der Erstklägerin. Es könne auch nicht als bewiesen angenommen werden, daß bei der Bezeichnung "Uhu" schon von sogenannter Notorietät dieser Bezeichnung für die "Uhu"-Waren der Klägerinnen gesprochen werden könne und daß in der Masse des kaufenden Publikums die jedermanns, wenn er das Wort "Uhu" hört, die "Uhu"-Waren der Klägerinnen auftauchen. Eine absolute Verkehrsgeltung des Wortes "Uhu" für die "Uhu"-Waren der Klägerinnen sei nicht bewiesen. An "Uhu"-Waren in Österreich seien nur "Uhu"- Klebstoffe und "Uhu-Line" (Wäschesteife) bekannt; sie kämen erst auf Grund einer im Jahre 1950 der Zweitklägerin erteilten Lizenz auf den Markt. Es werde auch erst seit dieser Zeit für sie eine ausgedehnte Reklame betrieben. Diese kurze Zeit lasse die Erwerbung der absoluten Verkehrsgeltung des Wortes "Uhu" für andere Waren unwahrscheinlich erscheinen. Da somit eine Verwechslungsfähigkeit im weiteren Sinne nicht vorliege, seien die Voraussetzungen des § 9 UWG. nicht gegeben. Hingegen liege in der Verwendung des Wortes "Uhu" in Blockbuchstaben eine Verwechslungsfähigkeit im weiteren Sinne, weshalb dem Eventualbegehren stattzugeben sei. Für das Schadenersatzbegehren fehle es an jeder Begründung.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Schadenersatzbegehrens, hob das Urteil des Prozeßgerichtes im übrigen unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Prozeßgericht zurück. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes könne das Unterlassungshauptbegehren auf § 9 UWG. dann gestützt werden, wenn die für das Toilettepapier der beklagten Partei gebrauchte Bezeichnung geeignet sei, Verwechslungen mit der besonderen Bezeichnung hervorzurufen, deren sich die Klägerinnen für ihre Waren befugterweise bedienen. Bei den Erzeugnissen der klagenden Parteien und denen der beklagten Partei handle es sich nicht um gleichartige Waren, da auch die mit der Bezeichnung "Uhu" geschützten Schreibwaren der Klägerinnen nicht dem Toilettepapier der beklagten Partei gleichartig seien, wenn auch beide Waren aus Papier hergestellt würden. Es sei aber zu berücksichtigen, daß sowohl Toilettepapier als auch Klebemittel weitgehend in den gleichen Detailgeschäften verkauft werden. Die Frage der Verwechslungsfähigkeit hänge auch weitgehend von den Begleitumständen ab, unter denen die Waren in den Verkehr gebracht würden; die Verwechslungsgefahr sei eine erhöhte, wenn das Publikum daran gewöhnt sei, die Waren in den gleichen Verschleißstellen aufzufinden. Nach Meinung des Prozeßgerichtes sei zwar eine Verwechslungsgefahr weder dem Gutachten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft noch den Aussagen der vernommenen Zeugen zu entnehmen, doch stütze sich das Gutachten ausschließlich auf die Befragung von Händlern und Industriellen, die vom Prozeßgericht vernommenen Zeugen seien ausschließlich Händler; in Händlerkreisen werde in der Regel eine Verwechslungsgefahr zwischen den Waren der beiden Streitteile nicht bestehen. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr und der Frage, wie weit die Markenbezeichnung "Uhu" ausschließlich oder überwiegend Verkehrsgeltung habe, komme es nur auf die Ansicht der Verbraucher an, die die Erzeugnisse der Klägerinnen und der beklagten Partei beim Einzelhändler erwerben. Über die Ansicht der Verbraucherkreise müßten daher vom Erstgericht noch Beweise aufgenommen werden; vorher könne nicht gesagt werden, ob in den beteiligten Verkehrskreisen eine Verwechslungsgefahr zwischen den Waren der Klägerinnen und dem Toilettepapier der beklagten Partei bestehe. Es sei daher das Verfahren ergänzungsbedürftig. Über das Eventualbegehren könne erst entschieden werden, wenn eine Entscheidung über das Hauptbegehren ergangen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der beklagten Partei Folge und trug dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufungen beider Streitteile auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Frage, ob die Klägerinnen die für sie registrierte Wortmarke "Uhu" allein oder nur mit bestimmten Zusätzen verwenden, ist für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falles ohne Bedeutung, weil die Marke "Uhu" allein schon durch die Registrierung geschützt ist und die Klägerinnen daher, auch wenn sie die Marke "Uhu" im Verkehr nur mit bestimmten Zusätzen verwendeten, dennoch berechtigt wären, die Untersagung der Führung ihrer Wortmarke "Uhu" unter den Voraussetzungen des § 9 UWG. zu begehren. Auch daß die Bezeichnung "Uhu" von der beklagten Partei im Zusammenhang mit ganz bestimmten, untereinander sich stark unterscheidenden Farbenkombinationen verwendet wird, würde die Annahme mißbräuchlicher Verwendung der Marke "Uhu" durch die beklagte Partei, nicht ausschließen, da die Verwendung von bestimmten Farbenkompositionen eine Verwechslungsgefahr nicht beseitigt. Aus der Fassung des § 9 Abs. 3 UWG. geht hervor, daß registrierte Marken den Schutz nach dem UWG. ebenso wie nach dem Markenschutzgesetz bereits auf Grund ihrer Registrierung genießen, ohne daß es der Feststellung bedarf, ob sie tatsächlich im Verkehr als Kennzeichen des Unternehmens gelten (Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage, betreffend das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Nr. 464 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, I. GP., S. 10). Es ist daher auch die Ansicht des Rekurses verfehlt, daß nicht der theoretische Besitz einer Marke, sondern nur die tatsächliche Art und Weise der Verwendung der Marke im geschäftlichen Verkehr maßgebend sei. Es ist aber auch nicht richtig, daß, wie der Rekurs vorbringt, es eine Unzahl "Uhu"-Marken gebe. Denn nach der im Akt erliegenden Auskunft des Patentamtes sind, von den Marken der Erstklägerin und der beklagten Partei abgesehen, nur eine Marke "Uhu" für Arzneimittel und chemische Erzeugnisse für Heilzwecke und Gesundheitspflege zugunsten einer Firma Johann K. in Wien, eine andere für Bücher (Kalender, Modealben, Musikhefte und Journale) zugunsten des Deutschen Verlages in Berlin sowie eine dritte für Strumpfwaren zugunsten einer Fa. Werner U. in Westfalen registriert, wobei es sich in keiner Weise um verwandte Warengattungen handelt.

Der Rekurs ist nur insoweit berechtigt, als er sich dagegen wendet, daß das Verfahren nach der Annahme des Berufungsgerichtes nicht spruchreif ist. Entscheidend für die Frage der Verwechslungsfähigkeit im Sinne des § 9 Abs. 3 UWG. ist es, ob die Waren im allgemeinen in Geschäften gleicher oder ähnlicher Art feilgehalten und daher im allgemeinen von den gleichen Kreisen der Bevölkerung gekauft werden (RGZ. 118, 201; MuW. 25, 91; 27, 377; GRUR. 1932 S. 1119) oder ob wenigstens die Waren nach Ursprung, Herkunft oder Verwendungsweise, nach der regelmäßigen Fabrikations- oder Werkstätte oder nach ihren Verkaufsstellen einander so nahe stehen, daß beim Durchschnittskäufer die Meinung entstehen kann, die Waren stammten aus dem gleichen Fabrikations- oder Geschäftsbetrieb (GRUR. 1928 S. 591, 1943 S. 343), wobei eine Gleichartigkeit nur dann zu verneinen ist, wenn die Abnehmer der Ware Fachleute sind, die über die Verschiedenheit der Herkunft und des Verwendungszweckes genau unterrichtet sind (MuW. 26, 282). Die Marke "Uhu" der Erstklägerin ist nicht nur für Klebemittel und Wäschesteife, sondern u. a. auch für Schreibwaren registriert. Zur Warengattung Schreibwaren gehören auch Papierwaren, wie Schreibpapier u. dgl. Wenn auch der Verwendungszweck des Schreibpapiers ein vollkommen anderer ist als der des Klosettpapiers, so handelt es sich doch um verwandte Artikel; es werden überdies die Erzeugnisse der Klägerinnen, insbesondere Klebemittel und Wäschesteife, im Kleinhandel in den gleichen Geschäften verkauft wie das Toilettepapier der beklagten Partei, nämlich in Papierhandlungen, Parfümerien, Drogerien und Haushaltsartikelgeschäften, und es handelt sich hiebei im wesentlichen um den gleichen Abnehmerkreis. Durch die Bezeichnung der Ware der beklagten Partei mit der Marke der Erstklägerin kann in dem durchschnittlichen Käuferpublikum der Eindruck erweckt werden, daß das mit der Marke "Uhu" bezeichnete Toilettepapier der beklagten Partei aus den Erzeugungsstätten der Erstklägerin stamme. Hiezu bedarf es nicht der Aufnahme von irgendwelchen Beweisen; diese Möglichkeit ergibt sich bereits aus den Erfahrungen des täglichen Lebens. Dadurch, daß die beklagte Partei für ihre Erzeugnisse eine Bezeichnung verwendet, die als Marke für die Erzeugnisse der Klägerinnen mit einer früheren Priorität als der der beklagten Partei registriert ist, macht sie sich die Arbeit, Mühe und Werbetätigkeit der Klägerinnen zunutze, welches Verhalten gegen die Bestimmung des § 9 Abs. 3 UWG. verstößt.

Im Hinblick auf diese Rechtslage erscheint das Verfahren spruchreif und bedarf es keiner weiteren Beweiserhebungen, weshalb dem Rekurse Folge zu geben und dem Berufungsgerichte die neuerliche Entscheidung über die Berufungen beider Streitteile aufzutragen war.

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