Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird im bestätigenden Teil bestätigt, im abändernden Teil aber dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes in der Hauptsache wieder hergestellt wird. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.624,-- bestimmten anteiligen Gerichts- und Zeugengebühren binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Im übrigen werden die Kosten der Parteien in allen drei Instanzen gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Die *****stadt K***** als Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** der KG K***** räumte der A. *****Gesellschaft mit beschränkter Haftung am 27. Juli 1978 das Baurecht ein. Die klagende Garagierungsgesellschaft ist die Mieterin des auf der Liegenschaft von der Bauberechtigten errichteten Tiefgaragenobjektes mit 286 Kraftfahrzeugabstellplätzen, dessen Nutzung von der Bauberechtigten der Ä***** eingeräumt worden war. Die klagende Partei betreibt die Garage seit dem Jahr 1981.
Die Beklagte ist Eigentümerin einer benachbarten Liegenschaft.
Auf dem an die Tiefgarage angrenzenden Grundstück besteht ein Kaufhaus der Q***** Aktiengesellschaft, das zugleich und in baulicher Einheit mit dem Garagenobjekt errichtet wurde. Das Kaufhaus ist über Gänge unmittelbar von der Tiefgarage aus erreichbar. Türen schließen die Gänge von den technischen Einrichtungen der Garage ab, die durch eine mit dem Kaufhaus gemeinsame Lüftungs- und Klimaanlage ausgestattet ist. Diese soll die Luftumwälzung in den beiden Objekten sichern. Die Abluft aus dem Kaufhaus dient als Zuluft für den Garagierungsbau, sonst wird Frischluft durch einen Schacht aus dem öffentlichen S*****park angesaugt, der jedoch nicht zum Abblasen von Abluft vorgesehen war. Die Behörde schrieb luftdichte Rückschlagklappen vor. Nur bei einem Brand sollte durch den Luftschacht eine Ausblasung möglich sein.
Die Beklagte meinte, die Lüftungsanlage werde auflagenwidrig betrieben, weil Abluft aus der Garage durch den in den S*****park mündenden Lüftungsschacht ausgeblasen werde.
Sie brachte Anfang Mai 1987 an einer Zugangstüre zum Lüftungsschacht, die nicht versperrt war, ein Vorhängeschloß an. Sie übermittelte dem Bürgermeister der *****stadt und einem Vertreter der Ä***** einen Schlüssel, beobachtete die Funktion der Lüftungsanlage und fertigte längere Zeit hindurch Fotos an. Sie stellte fest, daß die Lüftungsklappen für die Abluft der Garage offen waren und daß die zur Ansaugung der Abluft aus dem Kaufhaus und allfälliger Frischluft aus dem Park vorgesehenen Ventilatoren nicht betrieben wurden. Erst gegen Ende Mai 1987 bemerkten Leute der Garagengesellschaft, die keinen Schlüssel für das Vorhängeschloß erhalten hatten, dieses Schloß und entfernte es.
Gegen Ende Juni 1987 holte die Beklagte den Betriebsleiter der Garagengesellschaft zu dem Lüftungsschacht und wies dort mit ihrem Bruder die Ausblasung von Abluft nach. Die Austrittsöffnung wurde mit einer Kunststoffolie abgedeckt, durch deren Aufwölbung das Ausblasen dargestellt wurde. Außer dem Betriebsleiter und dem Techniker der klagenden Partei sahen zwei Manager des Kaufhauses zu. Der Betriebsleiter meinte, die Lüftungsklappen müßten offen sein, der Schacht sei aber versperrt. Er erlaubte der Beklagten nicht, das Schloß mit einer Eisensäge aufzusägen, und gestattete ihr auch nicht, weitere Versuche an dem Lüftungsschacht vorzunehmen. Dennoch deckte die Beklagte am 29. Juni 1987 und am 1. Juli 1987 die Öffnung des Lüftungsschachtes im S*****park für jeweils mehrere Stunden eigenmächtig mit Brettern und Gartengeräten ab. Als Leute der klagenden Partei dies bemerkten, forderten sie die Beklagte auf, die Abdeckung zu entfernen, oder entfernten sie selbst. Der Betriebsleiter verständigte am 29. Juni 1987 auch die Feuerwehr, weil durch die Abdeckung der Öffnung, die im Fall eines Brandes im Kaufhaus als Rauchabzug dient, eine Gefahrenlage bestand. Auch hätte die Frischluftansaugfunktion nicht oder nur gemindert eingesetzt werden können. Eine konkrete Beeinträchtigung des Ansaugvorganges oder eine Gefährdung von Personen wurde nicht bewirkt; ein deshalb gegen die Beklagte eingeleitetes Strafverfahren ist eingestellt worden.
Im Juli 1987 erstmals und in der Folge wiederholt forderte der Betriebsleiter die Beklagte auf, als "unerwünschte Person" die Garage nicht mehr zu betreten. Sie hielt sich nicht daran. Unter anderem hielt sich die Beklagte am 2. April 1988, 11. Mai 1988 und 6. Juni 1988 innerhalb der Garagenanlage oder auch nur in deren Eingangsbereich auf, ohne dort ein Auto eingestellt zu haben. Daß die Beklagte Namensschilder abriß, steht nicht fest.
Auf den Parktickets und durch Anschlag wird darauf hingewiesen, daß die Einstellung von Fahrzeugen in der Tiefgarage zu den Bedingungen der Garagenordnung stattfindet, nach der Verstöße bei Dauernutzverträgen zur Kündigung und bei Kurzparken zum Ausschluß von der weiteren Benützung der Garage führen.
Die klagende Garagierungsgesellschaft erhob am 27. Mai 1988 gegen die Beklagte die Klage, der Beklagten zu untersagen, die von der klagenden Partei in ausschließlicher Nutzung betriebene Tiefgaragenanlage sowie die Zugänge zu den betriebsnotwendigen Schachtanlagen, insbesondere Lüftungsschächten im äußeren Durchgangsbereich zum Kaufhaustrakt zu betreten, wenn keine ordnungsgemäße gerichtliche oder behördliche Ladung erging, die Schachtanlagen in Augenschein zu nehmen, im Schachtbereich Lichtbildaufnahmen herzustellen, und betriebsnotwendige Lüftungsschächte an ihrer Austrittsöffnung abzudecken. Die Beklagte habe die Objektnutzung durch die dazu ausschließlich berechtigte klagende Partei nachhaltig gestört, weitere Gefahren und Schäden seien zu besorgen.
Die Beklagte trat dem Klagebegehren entgegen, weil sie nur als Nachbarin ihre Rechte im Bau- und Gewerbeverfahren wahrgenommen habe. Durch ihre Beweissicherungsmaßnahmen habe sie den Nachweis erbringen können, daß der Lüftungsschacht mißbräuchlich verwendet werde. Die öffentliche Garage dürfe auch sie benützen. Eine Wiederholungsgefahr sei auszuschließen. Sie habe die Beweise im Verwaltungsverfahren ohnedies schon erbracht. Die Behörde habe die geforderten Auflagen erteilt. Das Verlangen der klagenden Partei sei Schikane. Sie habe weder ein Schloß noch Schilder entfernt.
Das Erstgericht untersagte der Beklagten, die zur Tiefgarage EZ ***** KG K***** gehörigen, betriebsnotwendigen Schachtanlagen zu betreten, diese Anlagen in Augenschein zu nehmen, im Schachtbereich Lichtbildaufnahmen herzustellen und Abdeckungen der betriebsnotwendigen, zur Tiefgarage gehörigen Lüftungsschächte an ihren Außenöffnungen vorzunehmen; wies aber das Mehrbegehren ab, der Beklagten auch das Betreten der Tiefgarage und der Zugänge zu den betriebsnotwendigen Schachtanlagen, insbesondere der Zugänge zu den Lüftungsschächten im äußeren Durchgangsbereich zum Kaufhaustrakt zu verbieten.
Den festgestellten, eingangs dargestellten Sachverhalt beurteilte das Erstgericht dahin, daß die klagende Partei auch als Bestandnehmerin einen quasidinglichen Rechtsschutz genieße und als Garagenbetreiberin unberechtigte Eingriffe Dritter in ihre Rechte abwehren dürfe. Aus einer Parteistellung im gewerberechtlichen Verfahren könne die Beklagte nicht ableiten, sie sei zu "Beweissicherungsmaßnahmen" berechtigt. Ihr komme nicht Notwehr zugute. Das Betreten der Lüftungsanlagen und Schächte habe sie zu unterlassen und sie dürfe auch nicht die Öffnungen ins Freie abdecken. Da sie auf ihrem Recht beharrte, sei die Wiederholung solcher Eingriffe nicht ausgeschlossen, selbst wenn es der Beklagten gelungen sein sollte, zusätzliche Auflagen der Behörde zu erwirken. Da das Baurecht zum Zweck der Errichtung einer öffentlich zu betreibenden Tiefgarage gegen einen Bauzins von S 1,-- im Jahr eingeräumt wurde, sei anzunehmen, daß die innerstädtische Verkehrslage entschärft und eine Parkgelegenheit geschaffen werden sollte, also die Garage der Allgemeinheit zur Verfügung stehe. Ein Rechtsanspruch der klagenden Partei, der Beklagten, die gegen die Garagenordnung nicht verstoßen habe, schlechthin die Benützung der Garage und der Verbindungsgänge zu untersagen, bestehe nicht. Die Beklagte könne die öffentlich zugänglichen Garagenräumlichkeiten im üblichen Maß und unter Einhaltung der Garagenordnung benützen und die allgemein zugänglichen Verbindungen zum Q*****KAUFHAUS begehen. Ein willkürlicher Ausschluß als unerwünschte Person stehe in Widerspruch zu den übernommenen Beschränkungen, wenn die Durchgänge auf der im Eigentum der Stadt stehenden Liegenschaft sonst der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.
Gegen den stattgebenden Teil erhob die Beklagte Berufung, gegen den abweisenden Teil die klagende Partei.
Das Berufungsgericht bestätigte den abweisenden Teil, wies aber in Abänderung des erstgerichtlichen Urteils auch das weitere Unterlassungsbegehren ab.
Im wesentlichen meinte das Berufungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung, die Beklagte habe zu Recht Selbsthilfe ergriffen. Jahrelang sei durch die Abluftimmission die benachbarte Liegenschaft der Beklagten beeinträchtigt worden. Sie habe ihre Interessen betrieben, aber erst durch ihr Vorgehen ihre Angaben nachweisen und dokumentieren können. Nur dadurch habe sie schließlich im Verwaltungsverfahren in dritter Instanz eine weitere Auflage erreicht, daß der Zuluftschacht im S*****park mit dicht schließenden und selbsttätig wirkenden Rückschlagklappen auszustatten ist, so daß - außer im Brandfall - keine Luft aus dem Kaufhaus in den S*****park ausgeblasen werden kann. Da es bei der Behörde zu derart langen Verzögerungen kam, sei die Beklagte berechtigt vorgegangen, weil staatliche Hilfe zu spät gekommen wäre. Ihre Selbsthilfe habe zur Rettung ihrer notwehrfähigen Güter Gesundheit und Vermögen gedient, weil das behördliche Verfahren sich Jahre hinzog und keine Vorsorge getroffen wurde. Sie habe sich in den gebotenen Grenzen gehalten. Die Beklagte dürfe auch vom Betreten der Garagenanlage nicht willkürlich ausgeschlossen werden. Eine Störung des Garagenbetriebes durch das Begehen sei weder erfolgt noch beabsichtigt. Die Betreiberin einer öffentlichen Garage sei verpflichtet, jedermann und auch die Beklagte die allgemein zugänglichen Teile betreten zu lassen. Ein Verbot des Betretens sei nicht gerechtfertigt, weil die Beklagte ein Fahrzeug in der Garage einstellen, aber auch als Mitfahrerin oder Begleiterin eines Garagenbenützers, die sonst der Allgemeinheit geöffneten Teile und Zugänge zum Kaufhaus benützen dürfe.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil den zu lösenden Rechtsfragen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei, die die Abänderung in die volle Stattgebung ihres Unterlassungsbegehrens anstrebt, ist zulässig und auch teilweise berechtigt:
Rechtliche Beurteilung
Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 24. Oktober 1990 zu 3 Ob 603/90 (= ecolex 91, 155) darlegte, kommt allein schon der Rechtsfrage erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu, ob und inwieweit einer Privatperson das Betreten sonst für die Allgemeinheit offen gehaltener Räumlichkeiten untersagt werden kann.
Die klagende Gesellschaft mbH betreibt auf Grund vertraglicher Regelungen mit der Bauberechtigten auf einer Liegenschaft der öffentlichen Hand als Mieterin ein Parkgaragenunternehmen und will die Beklagte, die als Eigentümerin einer benachbarten Liegenschaft im Verwaltungsverfahren ihre Interessen mit Nachdruck wahrnimmt (vgl OGH 13 Os 5/90-13 vom 13. Juni 1990 zu II 2 = Elfter Bericht der Volksanwaltschaft), vom Betreten der Tiefgaragenanlage ausschließen, vor allem aber auch die Unterlassung eigenmächtiger Eingriffe in ihre Nutzungsrechte durchsetzen.
Daß der Einwand der Beklagten versagt, die klagende Partei sei nicht Eigentümer der Anlage und daher zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruches nicht berechtigt, haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt. Auch der Mieter von Geschäftsräumlichkeiten kann für die Dauer seiner Bestandrechte an sich darüber verfügen, wem er den Zutritt gestattet oder nicht. Nach neuerer Rechtsprechung steht auch dem Bestandnehmer die unmittelbare Unterlassungsklage gegen jeden Störer zu, nachdem die analoge Anwendung des § 372 ABGB auf den Mieter schon länger anerkannt war (Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 5 zu § 372; SZ 10/10; JBl 1990, 447 = WoBl 1990, 42 = ImmZ 1990, 80 = EvBl 1990/73 verstärkter Senat).
Soweit die klagende Garagierungsgesellschaft sich gegen einen Eingriff der Beklagten wehrt, der über das bloße Betreten der Garagenanlage und den Durchgang in das Kaufhaus hinaus geht, ist sie nicht nur zur Abwehr befugt, sondern auch im Recht: Als Bestandnehmerin verfügt sie nicht nur über die Räume zum Abstellen von Kraftfahrzeugen innerhalb der öffentlichen Tiefgarage im Innenstadtbereich der *****stadt, sondern auch über die dadurch für Kraftwagen und Benützer erforderlichen Verkehrswege in und zur Anlage und auch über die Betriebseinrichtungen zur Versorgung und Entsorgung der in baulicher Einheit mit einem Kaufhaus errichteten Tiefgarage. Dazu gehören alle Schächte und Betriebseinrichtungen zum Ansaugen von Frischluft oder zum Ausblasen von Abluft, gleich, ob sich die Ausgänge dieser Einrichtungen auf derselben oder einer benachbarten Liegenschaft befinden. Diese Betriebseinrichtungen sind in der Regel, mögen sie stets versperrt gehalten worden sein oder gelegentlich unversperrt geblieben sein, nur für Befugte zugänglich und stehen der Allgemeinheit nicht offen. Die klagende Garagierungsgesellschaft darf daher Unbefugte vom Betreten der betriebsnotwendigen Schachtanlage ausschließen und muß auch nicht dulden, daß ohne ihre Zustimmung innerhalb dieser Betriebsräume Fotos aufgenommen werden.
Daß es nicht angeht, im Freien angelegte Außenöffnungen der betriebsnotwendigen Lüftungsschächte der Tiefgarage abzudecken und dadurch den Luftstrom zu be- oder verhindern, und daß eine solche Störung des Betriebes von der Garagierungsgesellschaft abgestellt werden kann und muß, versteht sich von selbst. Sie hat nämlich dafür zu sorgen, daß eine solche Abdeckung unterbleibt. Damit hat es nichts zu tun, ob die Funktion der Be- und Entlüftungsanlage konsensgemäß war oder behördlichen Auflagen nicht entsprach, und es ist auch ohne Belang, ob durch die Abdeckung eine konkrete Gefährdung für Personen oder Sachen bestand. Ohne ihre Zustimmung hatte keine Privatperson in die Funktion der Lüftungsanlagen einzugreifen, selbst wenn es zum Austritt von Abluft und zu Immissionen gekommen war, wodurch sich die Beklagte als Eigentümerin der benachbarten Liegenschaft beeinträchtigt sah. Grundsätzlich hat die Beklagte daher auch solche Eingriffe zu unterlassen.
Wenn es um die Einhaltung der behördlichen Auflagen geht, muß der Betreiber der Behörde oder den von ihr Beauftragten (Sachverständigen) den Zutritt gewähren und die erforderlichen Prüfungsmaßnahmen dulden, nicht aber auch Privatpersonen, selbst wenn sie Parteistellung im Behördenverfahren genießen oder sonst berechtigte Interessen verfolgen, nachforschen lassen.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes liegt kein Fall der zulässigen Selbsthilfe der Beklagten vor. Nach § 344 ABGB kann der Besitzer, wenn richterliche Hilfe zu spät kommen würde, gegen ihn gerichtete Gewalt mit angemessener Gewalt abwehren, doch verweist § 19 Satz 1 ABGB Rechtssuchende in erster Linie an die zuständige Behörde. Jedem, der sich in seinem Recht gekränkt zu sein erachtet, steht es frei, seine Beschwerde vor der durch die Gesetze bestimmten Behörde anzubringen. Wer sich aber mit Hintansetzung derselben der eigenmächtigen Hilfe bedient, ober, wer die Grenzen der Notwehr (§ 3 StGB) überschreitet, ist dafür verantwortlich. Voraussetzung erlaubter Selbsthilfe ist, daß staatliches Einschreiten zu spät käme (Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 17 zu § 19; SZ 51/56 ua), weil sonst Selbsthilfe immer schon zulässig wäre, wenn die Verfahrensdauer unmittelbares Eingreifen der Behörde nicht erwarten läßt (EvBl 1987/131 ua). Gegen eine überlange Dauer des Verwaltungsverfahrens gibt es Abhilfen. Die Dauer des gewerberechtlichen Verfahrens kann Selbsthilfe nicht rechtfertigen. Es mag Fälle geben, in denen wegen der besonderen Dringlichkeit schon die zu besorgende Verzögerung der Behördenhilfe ein Eingreifen vor Maßnahmen der Behörde erlaubt ist, doch die hier drohenden Gefahren für die Güter der Beklagten nicht so schwerwiegend oder unmittelbar schädigend, daß es unzumutbar gewesen wäre, das Verwaltungsverfahren zu betreiben und die dort ergehenden Anordnungen abzuwarten. Es geht hier auch nicht darum, daß die Beklagte durch ihre Eingriffe in den Besitz und die Funktion eine (weitere) Schädigung ihrer Gesundheit oder ihres Eigentums durch die von der Anlage ausgehenden Immissionen verhindern wollte, sondern um die bloße Beschaffung von Beweisen für ihre Behauptungen. Das Anliegen, sich Beweise zu beschaffen, rechtfertigt aber weder das Betreten der nur Befugten zugänglichen Betriebsräume noch des Eingriffes in die Funktion des Luftaustausches an den ins Freie mündenden Schachtöffnungen gegen den Willen des Betreibers der Tiefgarage.
Das Erstgericht hat daher ohne Rechtsirrtum einen den Unterlassungsanspruch der klagenden Partei aufhebenden Rechtfertigungsgrund nicht angenommen. Die für den Anspruch maßgebliche Wiederholungsgefahr liegt vor. Die Beklagte hat die Abwehr des Klagebegehrens nicht allein darauf gegründet, daß weitere Eingriffe auszuschließen seien. Sie hat vielmehr daran festgehalten, zu ihrer "Beweissicherung" berechtigt gewesen zu sein und sich rechtmäßig verhalten zu haben. Bei der Art ihrer Rechtsdurchsetzung kann sich eine neue Gelegenheit zu Nachforschungen nach der Funktion der Be- und Entlüftungsanlage auch dann ergeben, wenn die von ihr angestrebten behördlichen Auflagen erteilt und eingehalten wurden. Es sind nämlich weder Funktionsstörungen noch ein Verstoß der Garagenbetreiberin gegen die Auflagen mit Sicherheit auszuschließen und ebensowenig, daß in einem solchen Fall die Beklagte wieder versuchen könnte, in der Öffentlichkeit nicht zugängliche Betriebsräumlichkeiten und Schachtanlagen einzudringen oder Luftöffnungen abzudecken. Ist ein künftiger Verstoß nicht auszuschließen, so fehlt dem Unterlassungsanspruch nicht die Berechtigung, auch wenn der gesetzte Verstoß abgeschlossen ist (vgl Fasching, ZPR, Rz 1069 mwH; SZ 55/61; SZ 60/289). Nur dann, wenn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge ein künftiges Zuwiderhandeln nicht zu erwarten ist, hat der Kläger darzutun, daß konkrete Umstände dennoch die Besorgnis eines weiteren Zuwiderhandelns rechtfertigen (SZ 57/9). Vertritt der auf Unterlassung in Anspruch genommene Beklagte den Standpunkt, zu dem beanstandeten Handeln berechtigt zu sein, so wird die ernste Besorgnis weiterer Eingriffe anzunehmen sein (JBl 1984, 608 ua). Die Beklagte beharrt aber darauf, daß es sich um einen rechtmäßigen Akt der Selbsthilfe handelte (Revisionsbeantwortung S 11).
Hingegen hat die klagende Partei keinen Anspruch darauf, daß die Beklagte die Tiefgarage nur betrete, wenn "eine ordnungsgemäße gerichtliche oder behördliche Ladung zugrunde liegt". Es wurde nicht behauptet, daß die klagende Partei, abgesehen von den Parkscheinen, die zum Abstellen von Kraftfahrzeugen erworben werden müssen, eine Beschränkung des Personenkreises, der die während der Geschäftsstunden offen gehaltenen Garagenräume betreten darf, vornahm und insoweit Kontrollen durchführte. Darauf, ob die klagende Partei als Betreiberin einer öffentlichen Garage dem Kontrahierungszwang unterliegt, kommt es dabei gar nicht an. Auch wenn noch andere Parkgaragen im Innenstadtbereich Parkraum anbieten, wird jedenfalls davon auszugehen sein, daß die klagende Partei nicht willkürlich Kraftfahrer abweisen darf, weil ein solches Vorgehen an sich sittenwidrig wäre. Auch außerhalb eines Kontrahierungszwanges ist aus dem Grundrecht auf Persönlichkeitsschutz jeder diffamierende Ausschluß von der Inanspruchnahme einer Leistung zu vermeiden, wenn eine hinreichende sachliche Rechtfertigung nicht gegeben ist. Dies folgt bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung aus der mittelbaren Drittwirkung (Krejci in Rummel, ABGB2, Rz 69 zu § 879) des Grundrechts auf Ehre (Aicher in Rummel2, Rz 18 und 31 zu § 16). Maßgebend ist, daß bei dem Zusammenprall der Interessen des Befugten, nach seiner Disposition Verträge zu schließen, und den Interessen anderer, nicht diskriminierend ungleich behandelt zu werden, die durch die guten Sitten gezogenen Grenzen nicht überschritten werden (3 Ob 603/90 vom 24. Oktober 1990 = ecolex 91, 155).
Auch wenn die klagende Partei nicht verpflichtet wäre, den öffentlichen Zugang auf dem im Eigentum der Stadtgemeinde stehenden Grundstück allgemein zu eröffnen, etwa auch den Durchgang zum Kaufhaus zu gestatten, so folgt aus der bestimmungsgemäßen Verwendung des Tiefgaragenobjekts, daß sie nach Maßgabe vorhandener Stellplätze und der Garagenordnung Kraftfahrern das Abstellen ihrer Fahrzeuge ermöglicht und dabei den Zugang nicht nur den Lenkern, sondern auch Mitfahrern, aber ebenso Personen gewährt, die von dem befugten Kraftfahrer ermächtigt sind, Gegenstände aus dem Wagen zu holen oder sie dort zu verwahren, oder die einen Lenker oder Mitfahrer zum Fahrzeug begleiten, etwa um beim Einsteigen oder beim Tragen behilflich zu sein. Die klagende Partei hat sich nie darauf berufen, daß diesem unbestimmten und nach der Art der Absicht beim Begehen der Parkgaragendecks nicht kontrollierbaren Personen der Zutritt verwehrt wird. Wenn sie der Beklagten verbietet, den Garagenbereich zu betreten, und davon allein den Fall einer Vorladung durch Gericht oder Behörde ausnimmt, liegt der Grund nicht in einer sachlich zu rechtfertigenden Vorsichtsmaßnahme gegen eine übermäßige Inanspruchnahme der Tiefgarage durch Fußgeher, sondern ersichtlich darin, daß die Beklagte als Anrainerin und Partei in die klagende Partei treffenden Verfahren vor der Verwaltungsbehörde "unerwünschte Person" ist. Soweit der Beklagten Eingriffe in nicht der Allgemeinheit offen stehende Betriebsräumlichkeiten verboten wurde, ist die klagende Partei gegen deren Betreten ausreichend gesichert. Die Besorgnis weiterer Eingriffe rechtfertigt nicht das Verlangen, der Beklagten diskriminierend ganz allgemein das Betreten der sonst unkontrolliert von Fußgehern benützten Durchgänge zu untersagen. Der Zutritt ist der Beklagten nur zu den betriebsnotwendigen Schachtanlagen, wie überhaupt aller nicht der Allgemeinheit offen stehenden Betriebsräume verwehrt, nicht aber zum äußeren Durchgangsbereich zum Kaufhaustrakt, mag auch von dort ein Zugang zu Lüftungsschächten möglich sein. Der Rechtsschutz der klagenden Partei ist durch das erwirkte Verbot ausreichend gesichert. Auch wenn ein Zuwiderhandeln der Beklagten vorlag, ist das daraus abgeleitete Verlangen der klagenden Partei, die Beklagte deshalb überhaupt vom Betreten der Tiefgarage auszuschließen, selbst wenn jeder andere Mensch dort Zutritt hat, zu weitgehend.
Das ganz allgemein gehaltene Verbot ist wegen der die Person der Beklagten treffenden Diskriminierung als die erwähnten Grenzen überschreitend sittenwidrig und daher nicht durchsetzbar, weil es zum Ausdruck bringt, daß die Beklagte innerhalb des Garagenbereiches nicht geduldet wird, weil sie auf ihren Anrainerrechten beharrte und diese mit großem Einsatz verfolgte. Daß die Beklagte den Garagenbereich stets nur betreten werde, ohne jemand zu einem abgestellten Wagen zu begleiten oder mitzufahren, ist nicht erwiesen, so daß die in der Entscheidung zu 3 Ob 603/90 vom 24. Oktober 1990 gewonnenen Erkenntnisse nicht uneingeschränkt auf den nun zu entscheidenden Fall übertragen werden können.
Im Ergebnis hat daher das Erstgericht zutreffend auf Untersagung der Eingriffe erkannt, die sich auf innerbetriebliche Einrichtungen der klagenden Garagierungsgesellschaft beziehen, das zu weit gehende weitere Begehren aber abgewiesen.
Infolge der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes in der Hauptsache hat der Oberste Gerichtshof über den Kostenersatz zu entscheiden. Es ist dem Erstgericht beizupflichten, daß bei dem Ergebnis die Kosten gegeneinander aufzuheben sind, weil jede Partei teils obsiegte und teils unterlag und in Ermangelung einer gesonderten Bewertung der mehreren Unterlassungsansprüche davon auszugehen ist, daß sie sich dem Gewicht nach etwa die Waage halten. Davon sind die Parteien auch ausgegangen, als sie jeweils von einem (halben) Berufungsstreitwert von S 100.000,-- ausgingen und nach dieser Bemessungsgrundlage die Pauschalgebühr von S 4.000,-- beibrachten (ON 25 und ON 26). Die Rügen beider Teile, daß ihr Obsiegensanteil doch den des Gegners überwiege, und mit denen sich das auch im Kostenpunkt angerufene Berufungsgericht nicht befassen mußte, weil es das Klagebegehren zur Gänze abwies, sind unberechtigt. Während zwar das erlassene Verbot die Interessen der klagenden Partei mehr berührt als die Abweisung ihres Mehrbegehrens, ist einerseits mangels Bewertung eine Gewichtung überhaupt nicht möglich, doch wiegt das Verbot, die Garage auch im allgemein zugänglichen Bereich zu betreten, im Eingriff in die Rechtssphäre der Beklagten gleich schwer wie die Untersagung des weiteren Betretens interner Betriebsräume, der Aufnahme von Fotos und der Abdeckung von Schachtöffnungen. Es kann nicht allein auf die Sicht der klagenden Partei ankommen. Nur ein deutlich erkennbares Ungleichgewicht zwischen Obsiegen und Unterliegen könnte nach § 43 Abs 1 Satz 1 ZPO (iVm § 50 ZPO) eine andere verhältnismäßige Kostenteilung erfordern.
Auch wenn die Kosten gegeneinander aufgehoben werden, ist der durch Art V Z 1 GGG BGBl 1984/320 eingefügte Satz 3 des § 43 Abs 1 ZPO zu beachten, wonach die von den Parteien getragenen (ua) Gerichtsgebühren und Gebühren der Zeugen jeweils verhältnismäßig mit dem Teil zuzusprechen sind, der dem Ausmaß ihres Obsiegens entspricht. Soweit es sich um solche Kosten handelt, hat daher bei Kostenaufhebung jede Partei gegen die andere Anspruch auf Ersatz der Hälfte. Dies ergibt den im Spruch festgesetzten Betrag, wobei wegen des Charakters der Kostenentscheidung nur mehr der nach Gegenüberstellung errechnete Unterschiedsbetrag zuzusprechen ist.
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